Babylon im Land Sinear

Aus Bibelwissen
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Historie von Albert Schwarz
aus privater Abschrift im Eigenverlag
mit freundl. Genehmigung von Joh. Ullmann

Siehe auch zum gleichen Thema:
1. Teil: Das Geheimnis Babylons
2. Teil: Die Stadt Babylon
3. Teil: Auf hoher Warte

sowie: Das dritte Babel im Land Sinear

siehe weitere interessante Abschriften

Babylon im Land Sinear

von Albert Schwarz

Der Turm zu Babel

Von diesem mächtigen Bauwerk heißt es im ersten Buch Mose, Kapitel 11; Vers 3 und 4:

  • 1Mo 11:3.4 „Und sie sprachen untereinander: Wohlauf, lasst und Ziegel streichen und brennen! Und nahmen Ziegel zu Stein und Erdharz zu Kalk, und sprachen: Wohlauf, lasst uns eine Stadt une einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, dass wir uns einen Namen machen! Denn wir werden sonst zerstreut in alle Länder.“

Was davon übrig blieb und was man von ihm ausgrub, war nur noch ein ungeheures Fundament von 90 Metern Breite und eben derselben Länge. Die Frage des Baumeisters ist bis heute unbeantwortet und die Forschungen nach seinem Ursprung verlieren sich in die nebelhaften Fernen sagenumsponnener, längst vergangener Zeiten, die von Macht und Größe erfüllt waren.

Die in der Bibel zitierte Sprachenverwirrung, mit welcher Gott jene schlug, die vermessen genug waren, einen Turm zu errichten, der an Gestalt und Größe etwas für die damaligen Zeiten Unerhörtes war und einer Gotteslästerung gleichkam, dürfte geschichtlich gesehen als ein politisches Ereignis zu bewerten sein.

Die an dem Bauwerk beschäftigten Völkerstämme fielen infolge politischer Wirren auseinander und verließen das unvollendete Werk. Später wurde der Turm durch einen uns unbekannten Eroberer Babylons bis auf die Fundamente zerstört und blieb über Hunderte von Jahren eine Stätte der Verwüstung und Zerstörung.

Zwölfhundert Jahre v. Chr. beginnt der König der Babylonier, Nabupolassar, den Turm von seinen Fundamenten aus wieder aufzuziehen. Seinem Sohn Nebukadnezar hinterließ er in Keilschrifttafeln eingegraben die Worte: „Zu jener Zeit gebot mir Marduk, den Turm Babels, der in der Zeit vor mir geschwächt worden, zum Einsturz gebracht war, sein Fundament an die Brust der Unterwelt fest zu gründen, während seine Spitze himmelan strebe.“ Und Nebukadnezar, sein Sohn fuhr fort: „Etemenaukis Spitze aufzusetzen, dass mit dem Himmel sie weltteifere, lege ich Hand an.“

In ungeheuren Terassen hat sich der Turm erhoben. Herodot gibt acht aufeinander stehende Türme an, einer immer kleiner als der andere, bis auf den kleinsten, auf dem hoch oben über allem Land, sich der Tempel erhob.

Etemenauki heißt: Grundstein Himmels und der Erde.

So erhob sich, umgeben von einer Ringmauer ungeheuren Ausmaßes, der Turm von Babylon aus der Ebene. 90 Meter breit war sein Fundament und 90 Meter war auch die Höhe dieses Turmes. 33 Meter hoch war das erste Geschoss, 18 Meter das zweite, je 6 Meter das dritte, vierte, fünfte und sechste. 15 Meter aber war der Tempel Marduks, des Gottes von Babylon, gedeckt mit Gold und geschmückt mit blauen Ziegeln, weithin leuchtend und die Reisenden grüßend.

Robert Koldewey, der Mann, welcher die Fundamente des Turmes bloßlegte, berichtet über seine Empfindungen, die ihn eines Abends bei der Betrachtung der gewaltigen, von ihm in jahrelanger Arbeit freigelegten Mauerreste bewegten: „Aber was sind alle diese schriftlichen Nachrichten im Vergleich zu der Klarheit der Anschauung, die wir aus der Ruine selbst gewinnen, wenn sie auch stark zerstört ist!

Das kolossale Massiv des Turmes, den die Juden des Alten Testaments als Inbegriff menschlicher Überheblichkeit betrachteten, inmitten der stolzen Priesterpaläste, die weiten Vorratshäuser der zahllosen Fremdengelasse, weiße Wände, bronzene Tore, drohende Festungsmauern ringsum mit hochtragenden Portalen und einem Wall von tausend Türmen - es muss ein überwältigender Eindruck der Größe, der Macht und der Fülle gewesen sein, wie es ähnlich selten in dem weiten babylonischen Reiche gewonnen werden konnte.“

85 Millionen Ziegelsteine waren zum Bau des Turmes verwandt worden, und unzählige Sklaven hatten ihre Hände unter dem Pfeifen der Peitschen der Aufseher geregt, bis der Turm in den Himmel ragte zu Ehren ihres Gottes Marduk.

Nicht wie die ägyptischen Königsgräber, die Pyramiden, war der Turm errichtet für einen Einzigen, sondern er war für alle bestimmt, nämlich für die, welche Marduk als den höchsten der Götter verehrten.

Welch ein Bild muss es gewesen sein, wenn sie aus dem Tempel herbeiströmten, wo sie das erste Mal vor Marduk geopfert hatten, vor seiner Statue, die nebst Thron, Schemel und Tisch nach Herodots Angaben ein Gewicht von 800 Talenten gehabt haben sollte, und aus purem Golde gewesen sein soll.

In den Priesterräumen fand sich sozusagen das „Urtalent“, eine steinerne Ente - „ein richtiges Talent“ nach eingemeißelter Inschrift - im Gewicht von 29,68 Kilogramm. Danach bestand diese Statue Marduks nebst Zubehör - wenn man Herodot glauben will - aus rund 23 700 Kilogramm puren Goldes.

Ringsumher, eingefasst von einer Mauer, erhoben sich die Häuser, in denen die Pilger wohnten, wenn sie an den großen Festtagen von weither kamen, sich vorzubereiten zur Prozession. Doch auch Häuser für die Priester Marduks, die, als Priester eines Gottes, der die Könige krönte, zweifellos von Macht waren. So war dieser Hof, in dessen Mitte sich Etemenauki erhob, der babylonische Vatikan, doch dunkler und von einer zyklopischen Pracht.

Tukulti-Ninurta, Sargon, Sanherib und Assurbanipal stürmten Babel und zerstörten auch Marduks Heiligtum, Etemenauki den Turm von Babel. Nabupolassar und Nebukadnezar bauten ihn wieder auf.

Noch einmal aber wurde der Turm zerstört. Xerxes, der Perser, hinterließ nichts als Schutt, den dann Alexander der Große auf seinem Zuge nach Indien vor sich sah. Wieder stand ein Faszinierter vor den gewaltigen Trümmern. Zwei Monate lang ließ er 10 000 Menschen arbeiten, um den Schutt zu beseitigen, schließlich sein ganzes Heer, von 600 000 Tagelöhnern spricht Strabo.

27 Jahrhundete später stand vor demselben Platz der abendländische Gelehrte Koldewey. Nicht auf der Suche nach Ruhm, sondern nach Wissen. Nicht mit 10 000 Menschen, sondern mit nur 250. Aber in elfjähriger Tätigkeit durfte er 800 000 Tagelöhne ausgeben. Und dann war erkennbar, wie es ausgesehen hätte - dies Bauwerk sondergleichen.

aus „Das neue Zeitalter“ Nr: 3 / 18.01.1951

von Fritz Richter


Babylon

(einheimisch Bab-ilu, „Tor Gottes"), Hauptstadt des alten Babylonien, eine der ältesten größten und prächtigsten Städte der Alten Welt, schon seit zwei Jahrtausenden in Trümmern liegend.

Es erstreckte sich auf beiden Seiten des Euphrat in Form eines Vierecks, von dessen Seiten jede (nach Herodot) eine Länge von 120 Stadien (22 km) hatte.

Das ungeheure Ganze, so wie es König Nebukakdnezar (604-561 v. Chr. wieder aufgebaut hatte, bedeckte also einen Raum von ca. 490 qkm (viermal mehr als London), und ward von einer 200 Ellen hohen, und 50 Ellen dicken Mauer mit 250 Türmen und 100 ehernen Toren umschlossen, auf welcher bequem mehrere Wagen nebeneinander fahren konnten.

Außer dieser äußeren waren noch eine mittlere und eine innere Mauer vorhanden. Auf der Westseite deckten morastige Seen, auf den drei anderen Seiten tief ausgegrabene Euphratarme die Stadt; eine prachtvolle Brücke führte über den Euphrat.

In der Nähe derselben lag, an beiden Ufern des Stroms erbaut, die Königsburg (Akropolis), aus zwei Palästen bestehend und von einer einfachen Mauer von resp. 20, 40 und 60 Stadien Länge eingeschlossen, welche mit Darstellungen von Jagd- und Schlachtszenen in Relief verziert waren.

Nahe dabei, auf der Ostseite erblickte man die hängenden Gärten, wahrscheinlich von Nebukadnezar angelegt und aus einem Terassenpalast mit Säulen und Swibbogen und einer Bleidecke bestehend, auf welche so viel Erde aufgetragen war, als die Bewurzelung der größten Bäume forderte.

Nördlich des Königspalastes auf dem Ostufer befand sich der berühmte babylonische Turm, ein Tempel des Bel oder Marduk, nach Herodot 192 m hoch und zu den sieben Weltwundern gerechnet. Als das höchste je auf Erden aufgeführte Bauwerk, erhob sich dasselbe inmitten eines von Mauern umschlossenen heiligen Bezirks, und bestand aus einem mächtigen Unterbau und sieben, den Planeten geweihten Stufentürmen von verschiedener Farbe, deren Durchmesser nach oben immer kleiner wurden; außen führte um alle Türme herum eine Wendeltreppe in die Höhe.

Im obersten Stockwerk, dem Allerheiligsten, befand sich neben einem goldenen Tisch ein für die Gottheit zubereitetes Lager, woselbst eine jungfräuliche Priesterin die Nacht verbrachte. - Nach Diodors Bericht stellte man in dem obersten Gemach astronomische Beobachtungen an.

Der bekannten biblischen Erzählung vom babylonischen Turmbau (1Mo 11:1-9) liegt vielleicht eine historische Beziehung auf diesen Tempel zu Grunde; in ihrer eigentümlichen Färbung aber ist sie wohl ein etymologischer Mythos (indem der Name Babel als „Verwirrung“ gedeutet wird), um die auffällige Verschiedenheit der Sprachen und Nationen auf der Erde zu erklären.

Die eigentliche Stadt wurde von lauter geraden Straßen mit zum Teil drei- und vierstöckigen Häusern gebildet und zählte ihre Bevölkerung sicher nach Millionen; aber ebenso sicher ist es, dass ihre riesigen Mauern weite Strecken Garten- und Ackerlandes umschlossen.

Die gewaltige Stadt, die Alexander der Große (der hier starb) größer machen wollte, als sie je gewesen, geriet nach der Gründung von Seleukeia und Ktesiphon in raschen Verfall und war in der Mitte des 2. Jh. n. Chr. bereits Ruine. Ihre Trümmer liegen in der Wüste bei dem heutigen Hillah am Euphrat, südlich von Bagdad, und bilden drei Haufen ungeheurer Schuttberge.

Sie wurden seit dem 16. Jh. öfters besucht und sind namentlich in neuester Zeit von Rich, Loftus, Fresnel Oppert, Rawlinson, Layaard u. a. gründlich durchforscht worden. Die bedeutendsten dieser Ruinen, die durch kolossale Größe, nicht durch Schönheit imponieren, sind: der sog. „Kasr“ (Burg), der für den Palast Nebukadnezars (Akropolis) gilt, mit dem besterhaltenen Mauerwerk; südlich davon der Hügel „Amran“, den man für den Rest der hängenden Gärten ansieht; nördlich von Kasr der ca. 40 m hohe, 180 m lange Hügel „Babil“, in welchem man mit Bestimmtheit den „Turm zu Babel“, den Tempel des Himmelsgottes erkannt hat, und isoliert im SW der „Birs Nimrud“ (Nimrodsturm) genannte Hügel.

Dies und die noch wohl erhaltene innerste Stadtmauer ist im Wesentlichen, was vom gewaltigen Babel übrig geblieben. Die Trümmer bestehen aus teils gebrannten und mit Namensstempeln versehenen, teils ungebrannten Lehmbatzen, die durch Kalk, Mörtel oder Erdharz verkittet sind. Platten mit Bildwerk, wie in Ninive oder Kolosse von Stein finden sich hier nicht.

Als Erbauer der Stadt wird Belos genannt, doch ist das Vorhandensein von Babel als Residenz der babylonischen Könige erst seit dem 16. Jh. bezeugt.

Seit der Unterwerfung Babyloniens unter assyrische Herrschaft (s. Babylonien, Geschichte) war es der Sitz assyrischer Unterkönige und war 683 bei einem Aufstand gänzlich zerstört. Erst Nabopolassar und Nebukadnezar bauten die Stadt nach Wiederherstellung der Unabhängigkeit Babyloniens von neuem aufs prächtigste auf. Letzterer vollendete den großartigen, von seinem Vater begonnenen Palast, errichtete den Göttern Marduk (Belos) und Nabu hohe, turmartige Tempel und baute die gewaltigen Mauern, welche die ganze Stadt umgaben.

Belos soll damals 2 Mill. Einwohner gehabt haben. Im Jahre 538, unter dem babylonischen König Nabonetos, ward die Stadt von Kyros erobert, jedoch geschont und zur dritten Hauptstadt der medisch-persischen Monarchie erhoben.

Nach der Empörung der Babylonier gegen Dareios Hystaspis (518) wurden Mauern und Tore niedergerissen, viele Einwohner verjagt und getötet. Xerxes raubte aus dem Belostempel die goldene Statue des Gottes und beschädigte den Tempel selbst, der seitdem verfiel. Alexander der Große beabsichtigte seine Wiederherstellung, starb aber vor Ausführung dieses Plans in dem Palast des Nebukadnezar.

Den härtesten Stoß erlitt Babel unter der Herrschaft der Seleukiden durch die Erbauung der Stadt Seleukeia und die derselben verliehenen Privilegien. Handel und Einwohner wandten sich jetzt von Babel weg, und schon um 130 wurde auf dem größten Teil des, von den Mauern eingeschossenen Stadtraums Getreide gebaut. Unter den noch übrigen Einwohnern waren sehr viele Juden.

Zur Zeit des Hieronymus (gest. 420 n. Chr.) benutzten die Partherkönige die Ruinen von Babel mit den noch stehenden Mauern als Wildgehege zur Jagd. Seit der Herrschaft der Araber verschwand der Name Babel ganz aus der Geschichte, und im 10 Jh. wusste man von der Stadt nur, dass an ihrer Stelle ein kleines Dorf, Namens B a b e l , stehe.

Vgl. Rich, Memoirs on the ruins of Babylon (4. Aufl. London 1839); Layard, Discoveries in the ruins of Nineveh und Babylon (das. 1853; deutsch Leibzig 1856); Oppert, Expedition en Meopotamie (Par. 1857-64, 2 Bde.); Kiepert, Karte der Ruinenfelder von Babylon (Berlin 1883)

Babylonien

(In der Bibel Schinear und Babel, seit dem 9. Jh. v. Chr. auch Chaldäa genannt), im Altertum Name des von Semiten (vorher von Sumeriern) bewohnten Tieflandes am untern Euphrat, und Tigris, dem heutigen Irak Arabi entsprechend.

Es zeichnet sich durch große Fruchtbarkeit aus, doch konnte seine allseitige Anbaufähigkeit nur durch viele, vor den Überschwemmungen des Euphrat schützende Kanäle und Dämme ermöglicht werden.

Dergleichen waren Naarsares oder Naharmalcha (Königsfluss), von Nebukadnezar (604-561) angelegt, und drei andere ihm parallele Kanäle, alle noch in arabischer Zeit schiffbar, doch jetzt versandet; ferner ein Kanal, der nördlich von Babylon vom Euphrat abzweigte und in den See Strophas (jetzt Bahr Nedschef) mündete; der Pallakopaskanal, der südlich von Babylon bis in das Meer führte.

Auch ein künstlich angelegter See von 75 km Umfang diente (nach Herodot) zum Schutz des Landes gegen Überschwemmung. Durch kleinere Kanäle, welche sich nach allen Richtungen hin verzweigten, erhielt der Boden seine ungemeine Fruchtbarkeit.

Weizen und Gerste gewährten 200- und 300-fältigen Ertrag, außerdem gediehen Datteln, Sesam, Hülsenfrüchte, Äpfel und andere Obstarten in Fülle.

Nur an Holz und Steinen war das Land arm; man verwendete daher als Baumaterial eine häufig vorkommende vortreffliche Ziegelerde, und statt Mörtels das Erdharz, das z. B. bei Is (heute Hit) in reichlicher Menge aus dem Boden quoll.

Der zwischen dem Euphrat und der arabischen Wüste liegende südwestliche Teil hieß auch Chaldäa (im engeren Sinn), während Babylonien dann vorzugsweise die Ebene zwischen dem Euphrat und Tigris bezeichnete.

Zur Verteidigung des Landes gegen Einfälle kriegerischer Nachbarn war im Norden zwischen dem Euphrat und Tigris die sog. medische Mauer (s. d.) gezogen.

Die bedeutendsten Städte Babyloniens waren: Babylon mit Borsippa, Orchoe, Terdon, Sittake, Pirisabora, Sipphora, und die später entstandenen oder unter neuem Namen vergrößerten: Seleukeia, Apameia, Ktesiphon u. a.

Die Fruchtbarkeit und die geographische Lage Babyloniens an zwei mächtigen Strömen, welche die bequemste Verbindungsstraße zwischen Ost- und Westasien darbieten, forderte von selbst die Bewohner zu regsamer Tätigkeit und Betriebsamkeit auf. So kam es, dass hier frühzeitig eine künstliche Agrikultur, Architektur, Schifffahrt, Handel und Wissenschaft erblühten.

Die babylonische Industrie war mannigfach und blühend, besonders behaupteten die Webereien einen hohen Rang. Die wollenen, leinenen und baumwollenen Gewänder der Babylonier waren auch im Ausland beliebt; namentlich wurden die Teppiche, einer der Hauptgegenstände des orientalischen Luxus, nirgends so prächtig gewebt wie in Babylon. Außer Webereien lieferte Babylonien namentlich wohlriechende Wasser, Goldschmiedearbeiten, zierlich geschnitzte Handstöcke und vorzüglich geschnittene Steine zu Siegelringen.

Den Landhandel betrieben die Babylonier durch Karawanen, östlich nach Indien und Baktrien, westlich nach Vorderasien und Phönikien. Nach zuletzt genannten Ländern brachten die Babylonier teils eigene Fabrikate, teils arabische und indische Waren, und zwar den Euphrat hinauf bis Thapsakos und von da durch Karawanen weiter.

Der Handel auf dem Euphrat geschah durch sog. lederne Schiffe. Der Seehandel ward meist durch Araber über den Persischen Meerbusen nach Indien betrieben. Die Etappen dieses Seehandelsweges im Persischen Golf waren Gerrha, wo sich seit der Eroberung Babyloniens durch die Perser flüchtige Chaldäer niedergelassen hatten, dann weiter südöstlich Regma und das Vorgebirge Maketa. Hauptgegenstände desselben waren arabischer Weihrauch, indische Spezereien, Elfenbein, Ebenholz, Edelsteine und persische wie indische Perlen.

Kunststraßen führten von Babylonien nach Baktrien, Medien, Persien, Armenien, Indien, Vorderasien und Arabien. Der Reichtum, mit welchem Kunstfleiß, Handel und Landbau die Babylonier überschütteten, hatte Üppigkeit und Schwelgerei in seinem Gefolge, und besonders war die Hauptstadt Babylon schon früh in dieser Beziehung weithin verrufen. -

Die Religion der Babylonier

Die Religion der Babylonier war eine Naturreligion, in welcher die Gottheit als personifizierte Naturkraft und zwar in menschlicher Weise, als Mann und Weib, aufgefasst ward.

Der älteste Gott ist El; der dritte, Bel oder Baal (Marduk), der „Herr des Alls“, stellt das schaffende, aber auch zerstörende Element in der Natur dar; die Göttin Bilit oder Baaltis (die Mylitta Herodots), „die König und Mutter der Götter“, ist das empfangende und gebärende Prinzip, die Göttin der Liebe, der Fruchtbarkeit und Geburt.

Ihr gegenüber steht Istar als Göttin des Krieges und des Verderbens. Mit der Bilit verschmolzen, ist sie die abwechselnd Leben und Segen, Tod und Verderben bringende Göttin, wie die Aschera- Astarte der Phöniker und Kartharger.

Daneben herrschte in Babylonien ein kompliziertes System des Sterndienstes. Ein geschlossener Priesterstand suchte durch Opfer und Zauberei Unglück abzuwenden, war mit Vogel- und Opferschau beschäftigt, las den Charakter und das Schicksal der Menschen, bevorstehende Witterung, Erdbeben, Sonnen- und Mondfinsternis in den Sternen, und pflanzte mancherlei Kenntnisse durch Famlienüberlieferung fort.

Die Sterndeutekunst

Die Sterndeutekunst fand in Babylonien schon ihre vollkommene Ausbildung und Anwendung. Ein ganzes Priesterkollegium lag der Beobachtung des gestirnten Himmels ob, wobei wohl der weitschauende, genau orientierte Belosturm als Sternwarte diente.

Die Babylonier verstanden bereits, eine Mittagslinie zu ziehen, und den Sonnenstand oder die Tagesstunde zu bestimmen. Im “Almagest“ des Ptoloemäos sind uns Angaben über mehrere Mondfinsternisse nach babylonischer Berechnungsart erhalten, die von den neueren Berechnungen nur 9 Minuten abweichen. Der Lauf des Mondes scheint die babylonischen Priester überhaupt viel beschäftigt zu haben: sie entdeckten, dass 223 Monderneuerungen ungefähr 19 Sonnenjahre ausmachten, fanden aber auch den übrig bleibenden Unterschied und kamen so auf ein genauere Periode von 600 Jahren, wie sie auch schon wussten, dass die tägliche mittlere Bewegung des Mondes 13 Grad 10’35 beträgt, was mit unseren Tafeln bis auf die Sekunden übereinstimmt. - Sogar eine rückgängige Bewegung der Sonne von Westen nach Osten, und die ungefähre Peripherie der Erde waren ihnen nicht unbekannt, obgleich sie sich die Erde hohl und von der Gestalt eines halben Eies dachten.

Geschichte

Der Höhepunkt babylonischer Kunst und Wissenschaft fällt in die Zeit der Unabhängigkeit (seit 626 v.Chr.). Die Regierung war nach asiatischer Weise despotisch. Der König thronte, unsichtbar für das Volk, von einem glänzenden Hofstaat umgeben, in seinem Palast; Satrapen herrschten mehr oder minder unabhängig in den Provinzen.

Über die älteste Geschichte Babylons berichtet der Geschichtsschreiber Berosos, dass die Babylonier die Anfänge ihrer Kultur, Sprache und Wissen, Künste und Schrift, Ackerbau und Baukunst durch O a n n e s erhielten, ein Wundergeschöpf, halb Fisch, halb Mensch, das dem Persischen Meer entstieg, den Tag über auf dem Land verweilte und des Nachts ins Meer zurückkehrte.

Zehn Könige, deren erster Aloros und deren letzter Xisuthros geheißen, herrschten nun 120 Saren oder 432 000 Jahre lang über das Land, bis Bel die Menschen durch eine große Flut vernichtete. Xisuthros rettet sich vor der Sündflut mit Tieren aller Art auf ein Schiff, ward an das armenische Hochgebirge getrieben, und nach Gründung eines neuen Reichs zu den Göttern erhoben, worauf zahlreiche Könige aus verschiedenen Dynastien, einer medischen, chaldäischen, arabischen und assyrischen, 36 000 Jahre bis auf Nabupolassar regierten.

Obgleich die erhaltenen babylonischen Inschriften nicht so zahlreich und belehrend sind wie die assyrischen, namentlich keine chronologischen Anhaltspunkte gewähren, erfahren wir, nachdem ihre Entzifferung gelungen ist, aus ihnen doch so viel, dass Babylonien in ältester Zeit von dem Volk der S u m e r i e r (s. d.) bewohnt wurde, welche die Grundlagen der babylonischen Kultur geschaffen haben.

Ihre uralten Priesterstädte und Herrschaftssitze waren Ur (das Ur Kasdim Abrahams, jetzt Mughnir), Arku oder Erech (Warka), Larsak (Senkereh, Nipur (Niffer), Agani (Lippara) u.a.

Ein sumerischer Stamm waren die Chaldäer, nach denen der Sünden besonders Chaldäa hieß. Von Süden wanderten dann S e m i t e n ein, welche sich unter den Sumeriern niederließen und ihre Kultur, Religion, Keilschrift u. a. annahmen. Doch beweist die Auswanderung von Semiten (wie die Abrahams und der Hebräer aus Ur Kasdim, dem Ur der Chaldäer), dass Reibungen zwischen beiden Völkern vorkamen.

Als ein König von Ur wird Likbagas genannt. Dann fielen, 1635 Jahre vor dem assyrischen König Assurbanipal, wie derselbe in einer Inschrift von etwa 650 v. Chr. berichtet, also um 2280, die Elamiten in Babylonien ein, und elamitische Könige, wie Kudur-Nanchundi, Kudur, Mabuk u. a., herrschten etwa 300 Jahre über Babylonien, bis bei Beginn des 2. Jahrtausends, um 1980, Sargon I. von Agani (Sippera) in Nordbabylonien die Herrschaft an sich riss, auch Syrien eroberte, und dem Semitismus zum Übergewicht verhalf; er ließ die religiösen Gesänge und die astronomischen Tafeln der Sumerier ins Semitische übersetzen und in Arku aufbewahren.

Später folgte die von Hammurabi gegründet Dynastie der Kass (Kassier), welche Babylon zur Hauptstadt und Residenz machte, und die Anlegung des Kanalsystems begann.

Von Babylonien aus wurde Assyrien bevölkert, das sich aber 1500 unabhängnig machte und im 9. Jh. das Übergewicht über Babylonien erlangte, ja es um 700 sich auf 70-80 Jahre gänzlich unterwarf.

Erst nach dem Tode des assyrischen Königs Assurbanipal (626) erlangte Babylonien unter Nabupolassar wieder Selbstständigkeit. Derselbe verband sich 609 mit Kyaxares von Medien zum Kampf gegen Assyrien, und ward nach dem Untergang Ninives der Gründer des neubabylonischen Reichs, welches aus Babylonien auch Mesopotamien und Syrien umfasste, und den höchsten Glanz unter seinem Sohn und Nachfolger Nebukdadnezar (604-561) erreichte.

Dieser, der noch während der Regierung seines Vaters die Ägypter bei Karchemis (605) besiegt hatte, unterjochte Phönikien und zerstörte das Reich J u d a, dessen König Zedekia (586) mit dem größten Teil seines Volks nach Babylonien (s. babylonische Gefangenschaft) geschleppt ward.

Nebukadnezar stellte das Kanalsystem wieder her und erweiterte es, vergrößerte Babylon und Borsippa (Birs Nimrud) durch kolossale Prachtbauten, umgab Babylon mit einer großartigen Befestigung, und erbaute die Medische Mauer. Doch kurz nach seinem Tod (561) fing sein Reich an, der Auflösung entgegenzugehen.

Sein Sohn Evilmerodach wurde schon 559 von Neriglissar, dem Gemahl seiner Schwester, ermordet; Neriglissar fiel 556 in einer Schlacht wider Kyros; sein unmündiger Sohn Labosoarchad kam nach neun Monaten durch eine Verschwörung um, durch welche Nabonetos (bei Herodot Labynetos, bei Daniel Belsazar) König ward.

Unter ihm rückte um 538 Kyros wider die Hauptstadt Babylon an, besiegte das babylonische Heer vor den Mauern derselben und drang während eines Festes bei Nacht durch das trocken gelegte Flussbett des Euphrat in die Stadt ein, wobei Nobonetos selbst das Leben verlor.

Von jetzt an bildete Babylonien eine Satrapie des Perserreiches, welche 1000 Talente Tribut zahlte. Während der Empörung des Pseudo-Smerdis erhob sich auch Babylon und konnte erst nach 18-monatiger Belagerung 518 von Dareios I. wiedererobert werden, welche die Babylonier für ihren Abfall bestrafte.

Zur Zeit Alexander d. Gr. war Bagophanes Statthalter daselbst; er übergab den Makedoniern Babylon, worauf makedonische Statthalter eingesetzt wurden. Nach Alexanders Tod (323) wurde das Land auf der Versammlung zu Triparadeison 321 Seleukos I. zugesprochen, der es aber erst von Antigonos erkämpfen musste.

So kam Babylonien zum syrischen Reich, dem es um 140 durch die Parther entrissen wurde.

Unter römische Botmäßigkeit kam es nur vorübergehend unter Trajan 114 n. Chr., Septimus Serverus 199 und Julian 363.

Als die Kalifen 636 dem neupersischen Reich der Sassaniden ein Ende gemacht hatten, eroberten sie auch Babylonien, das nach dem Sturz der Kalifenherrschaft wieder eine Zeitlang unter persischer Obergewalt stand, bis sich 1638 die Türken desselben bemächtigten, die es noch jetzt im Besitz haben.

Vgl. Niebur, Geschichte Assurs und Babels seit Phul (Berlin 1857); Joh v. Gumpach, Abriss der babylonischen Geschichte von 2500 bis 528 v. Chr. (Mannheinm 1854); Oppert, Histoire des empires de Chaldee et d’Assyrie (Versailles 1865); Lenormant, Manuel d'histoire ancienne l’Orient (9. Aufl. Par 1882; 3. Bd.; deutsch bearbeitet von Busch, 2 Aufl. Leizig 1873); Mürdter, Kurzgefasste Geschichte Babyloniens und Assyriens (Stuttgart 1882); Rawlinson, Egypt und Babylon (London 1885)

Babylonische Gefangenschaft

(Babylonisches Exil), der Aufenthalt der Juden im babylonischen Reich nach ihrer Besiegung durch Nebukadnezar.

Nachdem bereits 722 v. Chr. die Einwohner des Reichs Israel nach Assyrien weggeführt worden waren, erfuhr Juda dasselbe Schicksal durch den König Nebukadnezar von Babylonien. Nach der Besiegung Jojakims 597, und dann nach der Zerstörung Jerusalems 586 führte er alle irgendwie hervorragenden Personen nach Babylon und ließ nur eine geringe Menge niedern Volks zur Bestellung des Landes zurück. Die Dauer dieses Exils wird in runder Zahl auf 70 Jahre angegeben, genauer berechnet sie sich von 597 bis 527, in welch letzterem Jahr Kyros die Erlaubnis zur Rückkehr gab.

Obgleich das Los der Verbannten kein allzu hartes war, da sie nicht eigentlich gefangen gehalten wurden, sondern als Ansiedler Beschäftigung und Nahrung fanden, und manche von ihnen nicht nur zu Wohlstand und Reichtum, sondern auch zu hohen Ehrenstellen gelangten, so wurden doch der Fall Israels, die Zerstörung des Tempels, die Unmöglichkeit des altherkömmlichen Gottesdienstes, der Mangel und die Bedrückung einzelner, der Hohn und der Spott der Gegner desto mehr als schweres Volksleiden und göttliches Strafgericht empfunden, je lebendiger die Erinnerung an Jerusalems Herrlichkeit und frühere Hoffnungen war. Viele Psalmen, die Klagelieder Jeremias, einzelne Stellen Hesekiels geben auf ergreifende Weise die Volksstimmung wieder.

Auf der andern Seite wurde aber die babylonische Gefangenschaft eine Periode der Läuterung, aus der das israelitische Volk national und religiös wie neugeboren hervorging. Der Gegensatz zu dem siegreichen, aber entarteten Heidentum stärkte das Nationalgefühl und den religiösen Glauben. Mit Inbrunst horchte man auf die Weissagungen und Tröstungen der Propheten, deren Ansehen stieg.

So wurde ihre religiöse Anschauung allgemeiner Volksglaube, statt eines beschränkten Stammgottes lernte man in Jehovah den Herrn der Welt erkennen, unter dessen mächtiger Obhut man sich wusste.

Die religiöse Hoffnung auf Errettung gewann neuen Schwung, als die babylonischen Herrscher in Wollust und Schwelgerei entarteten und der Perser Kyros seinen Siegeslauf begann. Die prophetischen Aussprüche verkündigten einen nahen Untergang Babels, und bezeichneten Koresch (Kyros) offen als den Gesalbten Gottes, so vor allen der jüngere Jesaja.

Wirklich erließ auch Kyros 537 den Aurruf an die Juden zur Rückkehr in die Heimat und zum Wiederaufbau des Tempels. Durch seinen Schatzmeister Mithridates ließ er den Juden alle geraubten Tempelgefäße wieder ausliefern, 5400 Gefäße von Gold und Silber; auch mit andern Gaben wurden die Abziehenden versehen.

Unter der Führung Serubabels, der aus davidischem Geschlecht stammte, brachen 42 360 freie Juden mit 7337 Knechten auf; sie führten 736 Rosse, 245 Maultiere, 435 Kamele und 6720 Esel mit sich (vgl. Esr 2:64ff.)

Anfangs konnten sie nur einen kleinen Teil des Landes Juda in Besitz nehmen, bis neue Zuzüge ihre Zahl und ihre Kraft vermehrt hatten. Mit religiöser Begeisterung wurden nun der Tempel und die Reorganisation des Gemeindelebens begonnen, und trotz mancher Störungen und Ränke konnte 515 der neue Tempel eingeweiht werden.

Von größter Bedeutung wurde eine zweite Einwanderung unter dem Schriftgelehrten Esra (458), deren Folge eine strenge Reinigung des Volks nach levitischen Grundsätzen, und die Durchführung des Ritualgesetzes im gesamten Leben des Volkes war.

Nehemia gelang es dann, die Wiederherstellung der Mauern Jerusalems, und des politischen Daseins des neubegründeten Volks, zu Ende zu führen. -

Babylonische Gefangenschaft (Kirche) nennt man auch den gezwungenen Aufenthalt der Päpste in Avignon statt Rom 1209-77.

“Der weiße Elefant von Bagdad“

So ein Botschaftsgebäude hat die Welt noch nicht gesehen: Die US-Mission in der irakischen Hauptstadt Bagdad bricht alle Rekorde.

Sie steht auf einem Gelände von über 400 000 Quadratmetern, sechsmal so umfangreich wie der Uno-Komplex in New York, zehnmal so weitläufig wie die neue Vertretung in Peking....

Neben 15 offiziellen Botschaftsgebäuden stehen auf dem Gelände 6 Apartmenthäuser mit 619 Einzelzimmer-Wohnungen - alle bombensicher gebaut....

Die ausführende Firma hat ihren Sitz in Kuwait, die Bauarbeiter stammen aus Bangladesch und Nepal - Iraker sind nicht beteiligt. Der Komplex verfügt über ein eigenes Kraftwerk, Kino, Schönheitssalons, Tennisplatz, und ein großer Pool sind ebenso vorhanden wie ein Postamt und Handy-Netz (Vorwahl wie in New York).

Der amerikanische Autor William Langewiesche schreibt:

mit diesem Komplex werde klar, dass es den US-Politikern nicht um die Modalität eines Irakrückzugs gehe, sondern um das Bleiben zu welchem Zweck, unter welchen Umständen, zu welchen Kosten auch immer.
Aus dem Spiegel - Nr. 42/2007) [1]

Siehe auch:
Der weiße Elefant aus Bagdad aus WELT 09.07.2003

Lies auch:
Das dritte Babel im Land Sinear (von August Fuhr)