Auf dem Weg zum Jüngsten Gericht

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Abschrift des Buches: Der da war, und der da ist und der da kommt!
Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Aus dem Gemeinschaftsblatt für innere Mission Augsb. Bek.: "Reich-Gottes-Bote“ (1918-26)
Selbstverlag des Bibelheims „Bethanien", Langensteinbach

weitere Abschriften hier:

Inhaltsverzeichnis:
Kapitel davor:
89. Die gerichteten Richter Röm 2:1-10 (1923)

90. Auf dem Weg zum Jüngsten Gericht

  • Röm 2:9-16 (ELB) (9) Bedrängnis und Angst über die Seele jedes Menschen, der das Böse vollbringt, sowohl des Juden zuerst als auch des Griechen; (10) Herrlichkeit aber und Ehre und Frieden jedem, der das Gute wirkt, sowohl dem Juden zuerst als auch dem Griechen. (11) Denn es ist kein Ansehen der Person bei Gott. (12) Denn so viele ohne Gesetz gesündigt haben, werden auch ohne Gesetz verlorengehen; und so viele unter Gesetz gesündigt haben, werden durch Gesetz gerichtet werden (13) - es sind nämlich nicht die Hörer des Gesetzes gerecht vor Gott, sondern die Täter des Gesetzes werden gerechtfertigt werden. (14) Denn wenn Nationen, die kein Gesetz haben, von Natur dem Gesetz entsprechend handeln, so sind diese, die kein Gesetz haben, sich selbst ein Gesetz. (15) Sie beweisen, daß das Werk des Gesetzes in ihren Herzen geschrieben ist, indem ihr Gewissen mit Zeugnis gibt und ihre Gedanken sich untereinander anklagen oder auch entschuldigen - (16) an dem Tag, da Gott das Verborgene der Menschen richtet nach meinem Evangelium durch Jesus Christus.

Das letzte Gericht

Auf den Weg zum Jüngsten Gericht ist die Menschheit seit dem Sündenfall. Das Jüngste Gericht ist das letzte, das abschließende Gericht; es ist das Gericht, an welchem für die ganze Menschheit die endgültigen Urteile der Seligkeit und der Verdammnis gesprochen werden. Endgültig ist bis heute noch kein Urteil gesprochen. Es wirkt sich im Sichtbaren und im Unsichtbaren nur der Tod als der Sünde Sold aus. Der a n d e r e T o d, wo Seelen unter ausgesprochenem Gerichtsurteil stehen, ist noch nicht vorhanden; darum auch noch nicht die volle, endgültig zugesprochenes Seligkeit. Hier ist alles noch im Laufe und im Werden, und es läuft für die ganze Welt auf den letzten oder Jüngsten Tag, oder auf das Jüngste Gericht hinaus. Die Sache zwischen Gott und Mensch, welche durch den Sündenfall in ein Gesperre und Elend kam, muss durch einen klaren Abschlussakt wieder in Ordnung kommen. Das ist nicht so gemeint, als ob das Jüngste Gericht d a s l e t z t e wäre, was zwischen Gott und Kreatur geschieht. Es ist gewiss nicht das letzte; aber es ist ein klarer und runder Abschluss, ein Gerechtigkeitsabschluss.

Das letzte und doch auch wieder nicht das letzte - aber weit hinausliegend übers Jüngste Gericht - ist noch ein Gnadenabschluss: nicht Gericht, sondern Gnade in Christo Jesu hat das letzte Wort. Aber das Jüngste Gericht kommt und ist ein gewaltiger und klarer Abschluss, und die ganze Kreatur wird in ihm, wenn auch in sehr verschiedner Weise, vertreten sein. Auf dieses Jüngste Gericht weist unser heutiger Text uns hin mit seinen Eingangsworten: „Trübsal und Angst über alle Seelen der Menschen, die da Böses tun, den Juden vornehmlich und auch den Griechen; Preis aber und Ehre und Friede allen denen, die da Gutes tun, vornehmlich den Juden und auch den Griechen.“ Du fragst aber: warum schiebt denn der Herr dieses Jüngste Gericht so weit hinaus? Wäre es nicht besser, wenn es längst gehalten worden wäre? Dann wäre doch Klarheit und nicht immer das Warten und Harren, und es würden nicht immer neue Millionen geboren, welche diesem Gericht entgegengehen müssen. Sieh, das kommt von der G e d u l d Gottes und von Seiner liebreichen Gnade.

Gott möchte nicht den Tod des Sünders

Gott möchte eben nicht den Tod und die Verdammnis des Sünders, sondern dass er sich bekehre und lebe. Darum möchte Gott alles vorher so einrichten, dass jeder Gefallene, und im Sünden- und Todeswesen Stehende die Gnade ergreifen kann. Wie furchtbar muss Gericht, und zwar das entscheidende, das Verdammungs-Gericht sein, wenn Gott alles daran wendet, um die Sünder davor zu bewahren! Weil nun die Sünderwelt entsetzlich halsstarrig, unglaublich auf ihr Ichwesen erpicht ist, muss Gott unglaubliche Geduldswege, aber auch unfassbare Zerbruchswege gehen, bis Er nach Recht und Gerechtigkeit das Abschlussgericht halten kann. Es soll keiner in das Verderben des anderen Todes fallen, ohne nach seinem eigenen Willen, und es soll keiner den anderen Tod schmecken, er habe denn das Leben gesehen und es selbst ausgeschlagen. Das erfordert aber viele Veranstaltungen Gottes, bis hier die Menschheit reif ist. Darum geht der Wettlauf heute noch weiter, obwohl er in unseren Tagen allen Anzeichen nach stark zum Ziele eilt. In die Hauptveranstaltungen Gottes vor dem Jüngsten Gericht lässt uns nun unser heutiger Text einen tiefen Blick tun .Was Gott alles tut und getan hat, um die in ihrem Eigenwesen ins Gericht, ja ins Verdammungsgericht und ins Verderben eilende Menschheit davor zu bewahren und daraus zu retten, davon steht die Hauptsache in unseren Versen.

Auf dem Weg zum Gericht

Zunächst und zuerst sagt unser Text, dass wir auf dem Wege zum Gericht sind. Und er sagt uns, dass es bei diesem Gericht eine doppelte Entscheidung gebe: entweder Trübsal und Angst oder Preis, Ehre und Frieden. Es geht also einem doppelten Ziel entgegen, wie jetzt schon alles doppelt läuft, nur noch nicht klar entschieden. Schon über diesen ersten Punkt täuschen sich die Menschen sehr. Sie meinen, nach dem Tod hörten die Unterschiede auf. Und sehr viele meinen, nach dem l e i b l i c h e n T o d sei man aller Trübsal und Angst enthoben. Sie sind der Ansicht, allen Gestorbenen gehe es gut; das merkt man auch an den Grabinschriften unserer Friedhöfe. Das ist eine arge Täuschung, ein großer Selbstbetrug. In der uns unsichtbaren Welt wird viel gelitten, da gibt es große Trübsal und Angst. Und viele sind, die warten drüben einer großen Trübsal und Angst entgegen. Es gibt - auf die Menschheit im ganzen gesehen - zwei Ziele. Wir werden am Schluss unserer Betrachtung dessen innewerden, dass es in Wahrheit drei Ziele sind, aber für die Gesamtmenschheit i n ihrer M a s s e kommen zwei Ziele in Betracht: Seligkeit oder Verdammnis, rechts oder links. Geben wir uns darüber keiner Täuschung hin, sondern sein wir recht klar. Wenn die Leiden dieser Zeit gering sind gegenüber der Herrlichkeit der Gotteskinder, so sind die Leiden dieser Zeit auch gering gegenüber der Angst und Trübsal der Verdammten. Tue keinen Betrugsdunst um die Wahrheit. Es kommt ein Tag, und das ist ein Tag des Gerichts - da heißt es entweder Preis, Ehre und Frieden, oder Trübsal und Angst. Sieh nur ernst und klar diesen Tatbestand an und frage dich, wo du und die Deinen landen werden!

Kein Ansehen der Person

Und sieh, an diesem Jüngsten Tag, zu d e m du auf dem W e g bist, da gibt es kein Ansehen der Person, da hilft nicht Geld noch Gut, weder Amt noch Stellung, weder Wissen noch Können - da gilt nur das i n n e r s t e H e r z. Das ist ganz gleich, wer oder was du warst - da wird das Herz und seine Gesinnung offenbar, und dies wird ausschlaggebend sein. Da steht der Höchste ganz genauso da wie der Geringste, und der Geringste genauso wie der Höchste. Da ist jeder von allem ausgezogen und nur die P e r s o n, das nackte Wesen, das dein Wesen war, steht da. Da gilt auch nicht dein äußeres Tun und Lassen, sondern dessen i n n e r e r S i n n. Sei dir klar bewusst, es kommt ein Tag, wo alles, das Allerinnerste, herauskommt, wo es nur nach deinem inneren Wesen geht. Gehe nicht um diese Wahrheit herum, stelle dich ganz hinein. Der Apostel sagt klipp und klar: Trübsal und Angst denen, die das Böse tun; Preis, Ehre, Friede denen, die das Gute tun. Und das musst du nun recht verstehen. Es heißt nicht: denen, die B ö s e s tun; oder denen, die G u t e s tun. Es heißt vielmehr: denen, die d a s B ö s e tun; und denen, die d a s G u t e tun - d a s Böse und d a s Gute!

Das ist aber der innere Grundsinn, ob du auf dich, auf Welt, auf Kreatur gerichtet bist, auf Erde und Gegenwart; oder ob du auf Gott, auf Ewigkeit, auf alles, was vor dem Ewigen steht und geht, gerichtet bist. Jeder Mensch hat einen G r u n d s i n n, und dieser Grundsinn ist entweder auf das Ich-Wesen, auf das Böse, oder auf das Gott-Wesen, auf das Gute, gerichtet. Im Johannesevangelium Joh 3 redet der Heiland auch von diesem Grundsinn und nennt ihn so: „Wer das A r g e tut“ oder die Finsternis liebt, und wer „die W a h r h e i t tut“. Dieser Grundsinn des Menschen muss zur Offenbarung kommen, und bis zum Jüngsten Gericht ist es soweit, dass er bei allen offenbar ist. Um nun bei den Menschen diesen Grundsinn zur Offenbarung und zur Entfaltung zu bringen, hat Gott, ehe denn der große und schreckliche Tag kommt, verschiedene Veranstaltungen. Nach unseren Versen ist die erste Veranstaltung Gottes, die allen Menschen auf dem Weg zum Jüngsten Gericht entgegentritt: d a s G e s e t z. In verschiedener Weise, aber in fester, zur Entscheidung strebender Weise ist uns das Gesetz gegeben zur Offenbarung unseres Wesens. Vom Gesetz reden drum die Röm 2:12-15 unseres Textes.

Zweierlei Gesetz

Zweierlei Gesetz kennt das Wort: das erste, das geoffenbarte Gottgesetz, welches die Juden ursprünglich bekommen haben, und das in den menschlichen Herzen geschriebene Gesetz, welches alle Nationen haben. Der I n h a l t des Gesetzes ist der gleiche, nur die F o r m der Offenbarung ist verschieden. Wo das Gesetz durch besondere äußere Offenbarung auch noch v o r dem Menschen steht, also nicht nur i n den Menschen, da hat es m e h r L i c h t, aber darum auch mehr Verantwortung. Heutzutage durch die großen christlichen Volkskirchen, welche a u c h allermeist das Gesetz treiben, und es mit ihren Massen treiben lassen müssen, steht es so: weite Völkermassen - auch aus den Nationen, wir Deutschen inbegriffen - stehen, außer den Juden, auch unter dem geoffenbarten Gesetz. Die Mehrzahl der Menschheit steht aber noch nur unter dem ins Herz geschriebenen Gesetz. Unter dem Gesetz aber steht alles; das ist eine allgemein gültige Haushaltung Gottes. Dieses Gesetz will nun g e t a n sein. Das Gesetz ist, wie unser Text sagt, nicht zum H ö r e n gegeben, sondern zum Tun. Wie gewaltig treibt das geoffenbarte Gesetz zum Tun! Durch seinen Fluch und seinen Segen, den es ausspricht, durch die Bestrafung jeder Übertretung treibt es mächtig zur Erfüllung.

Aber auch das, in die Herzen geschriebene Gesetz treibt zum Tun. Darum sagt unser 15. Vers, es sei nicht nur das G e s e t z in die Herzen geschrieben, sondern des G e s e t z e s W e r k. Wir tragen das G e s e t z als B e f e h l im Herzen. Wir können ihm nicht gleichgültig gegenüberstehen, es will T a t haben. Darum haben wir neben dem ins Herz geschriebene Gesetz auch noch das G e w i s s e n, diesen M i t w i s s e r. Die Gewissen stachelt zum Tun an, lobt das Gute, straft das Böse. Und dazu haben wir noch die sich verklagenden und entschuldigenden Gedanken. Wir machen uns Vorwürfe, und wir suchen uns aus der Schlinge der Schuld zu ziehen. Das alles treibt zum Tun. Und es ist kein Friede in uns, bis das Gesetz getan ist. Wann, wo und wie wir das Gesetz nicht tun, haben wir Unfrieden. Das Jüngste Gericht steht im geoffenbarten Gesetz als Verdammnis, im inneren Gesetz als Schuldurteil auf; darum verklagen und entschuldigen sich die Gedanken. Weil nun der sündige, im Ich-Wesen gefangene, und von Natur drunter verhaftete Mensch das Gesetz n i e g a n z tut, ja weil er oft das Gute, das er will, nicht tut, sondern das Böse, das er nicht will, so steht ein inneres Gericht und ein Schuldurteil auf: Gewissen und Gedanken sind Verurteiler; und wer das geoffenbarte Gesetz noch hat, der hat sein Urteil auch schriftlich und gedruckt vor sich.

Beide führen zum Gericht

Darum reden auch unsere Verse n u r vom V e r u r t e i l e n des G e s e t z e s, nicht vom S e l i g s p r e c h e n. Das Gesetz spricht nur den Täter selig, und gibt nur dem Täter Frieden. Ist's nicht getan, so richtet es. Das ist bei allem Gesetz so. Darum sagt unser 12. Vers: Welche o h n e G e s e t z, d.h. ohne äußerlich geoffenbartes, nur nach dem innerlich geschriebenen Gesetz gesündigt, es also nicht getan haben, die werden ohne Gesetz verloren werden, d.h. in den anderen Tod des Jüngsten Gerichts fallen; welche aber unter dem geoffenbarten Gesetz gesündigt haben, die werden durchs Gesetz verurteilt werden. Hier heißt es dann: die J u d e n vornehmlich und auch die Griechen. Die Juden sind alle die, welche das geoffenbarte Gesetz noch haben, die werden durch dies Gesetz gerichtet, und da gehören wir dazu. Welche nur das innere Gesetz haben, also kein „geoffenbartes“ Gesetz, gehen nach diesem inneren Gesetz verloren, wenn sie dasselbe nicht tun. So treibt das Gesetz, weil wir alle ihm nicht nachkommen, ins Gericht; es treibt in Trübsal und Angst; es stellt zur Linken im Jüngsten Gericht.

Und da zeigt es sich nun, wer d a s G u t e tut, und wer d a s B ö s e tut. Wer dem Bösen anhängt, schlägt sich das Gesetz mit seiner strengen Forderung aus dem Sinn, und verlacht das Gericht; wer dem Guten anhängt, der kommt in Trübsal, Angst und Sorge, weil er das Gute nicht getan hat und das Gericht sieht. Wer dem Bösen anhängt, sieht das Gericht nicht, selbst wenn es ihm im Nacken sitzt. Der Gerechte, welcher das Gute tun will, aber nicht tut, ist innerlich zerbrochen und arm. So kam Paulus unter dem Gesetz, weil er das Gute tun wollte, zu dem Schrei: „Ich elender Mensch, wer wird mich erlösen!“ Luther kam unter dem Gesetz zu dem Schrei: „Ach, meine Sünde, meine Sünde, meine Sünde!“ Selig, wen das geoffenbarte oder das eingeschriebene Gesetz zum armen Sünder macht, in Angst und Nöte bringt!

Reif für die Rettung

Was hat’s denn bei dir schon gewirkt? Das ist Gottes Wille, dass das Gesetz uns i n s G e r i c h t werfe, s o l a n g e wir noch a u f dem W e g e sind, ehe denn der große, schreckliche Tag komme. Das ist Gottes Wille, dass wir schreien lernen nach Rettung aus dem Gericht, auf dass wir nicht in dasselbe fallen. Darum hat Gott die ganze gerichtsverfallene Menschheit unter das Gesetz getan, solange sie noch auf dem Wege ist, dass sie schreien lernen: wer rettet mich? So sterben nun Millionen Menschen, auch Heiden, wenn sie gar nichts vom Wort gehört haben, in solcher Angst und Not, und gerade darin sind sie reif für die Rettung. Sind sie in Not, und gerade darin sind sie reif für die Rettung. Sind sie innerer Angst und Furcht, dann hat das Gesetz seinen Dienst an ihnen getan, dann kann auch das Evangelium, wenn es kommt, seine Wirkung tun. Ach, dass an allen, allen Menschen das Gesetz seine Aufgabe erfüllte, dass es hieße, wie wir’s im Katechismus lernen: „Ich verlorener und verdammter Mensch!“ Das Gesetz stellt uns alle z u r L i n k e n. Hat es dich auch schon dahin gestellt, dann hat es seinen Zweck erreicht.

Wir preisen Gott für Seine wunderbare Gesetzesveranstaltung und sind traurig, dass so viele Menschen durchs Gesetz sich noch mehr i n s B ö s e treiben lassen, indem sie mit ihrer eigenen „Lappen-Gerechtigkeit“ (Mt 9:16) selbstgerecht, oder gar lose Gesetzesverächter im fleischlichem Wesen werden. Aber am Gesetz scheiden sich schon die Geister, und sonderlich in unserer gesetz-auflösenden Zeit geht eine Reife auf den Gerichtstag durch die Völker. Du aber zerbrich unter dem nicht getanen Gesetz und sieh dich nach Rettung um! Das ist die weitere, noch seligere und größere Veranstaltung, welche Gott aufgerichtet hat für die zum Gericht marschierende Menschheit: die R e t t u n g s m ö g l i c h k e i t in C h r i s t o J e s u, unserem H e r r n. Das sagt unser Text im letzten Vers: „Auf den Tag, da Gott das Verborgene der Menschen richten wird durch Jesum Christum, laut meines Evangeliums.“

Aufhebung des Gerichts

Dieser Vers bezieht sich nicht auf das Jüngste Gericht, wie es in unserer Übersetzung aussieht. Dieser Vers sagt vielmehr: das Evangelium von Jesus Christus, diese Freudenbotschaft der vollzogenen Rettung und Versöhnung, bringe das Verborgenste der Menschen ans Licht, an den Tag, und richte sie, damit sie dem Jüngsten Gericht entfliehen möchten. Im Heiland verkündigen wir Vergebung der Sünden, Aufhebung des Gerichts und der Verdammnis und ewiges Leben. Wer nun innerlich im Gerichtstag steht, der ergreift diese frei dargebotene Rettung, und dann wird ihm der Gerichtstag zum Segenstag, er bringt ihm Preis, Ehre, Frieden; denn Jesus hat uns errettet durch den eigenen Tod von Verdammnis und vom anderen Tod. Diese selige Botschaft für Gerichtsverfallene: nichts als demütig gläubig Jesum annehmen - wird nun allen Menschen verkündigt. Jetzt schon in der Zeit der Gemeine ergeht der Ruf an weite Kreise, obwohl wir uns nicht täuschen dürfen: es wird w e n i g volles E v a n g e l i u m verkündigt! Aber es kommt noch ein Zeitalter, das des Königsreichs Gottes von Zion aus, da wird’s hüben und drüben voll verkündigt. Alle müssen die Möglichkeit bekommen, Christum klar zu ergreifen, damit sie bewahrt werden vor der Verdammnis.

Volle Rettung in Christus

Das Blut Christi und das Leben Christi ganz für uns, volle Rettung, ganze Seligkeit frei zu ergreifen in Buße und Glauben: da offenbart sich, wer sich als gerichtsreif erkannt hat. Da wird’s offenbar, wer dem Bösen anhängt, wer dem Guten. Je mehr du einen Heiland brauchst, umso mehr hängst du dem Guten an. Deine Stellung zu Jesus, wenn Er dir verkündigt ist, zeigt an, ob du aus dem Argen, aus dem Ich-Wesen, oder ob du aus der Wahrheit bist, aus dem Ich-zerbrochenen Wesen. O Gerichtsverfallener, nimm den Gerichtsbefreier an! Wer Jesum hat, der hat ein seliges Warten des Gerichts; der Gerichtstag bringt ihm Preis, Ehre und Frieden; denn er hat d a s G u t e getan, er hat Jesum gebraucht und angenommen. Gelobt sei der Herr, der auf den Weg zum Gericht solche Rettung gestellt hat!

Ich will dir aber noch einen köstlicheren Weg zeigen, wenn du ihn verstehst. Es gibt Seelen, die sind in sich ganz zerknickt und werfen sich mit Geist und Seele und Leib ganz auf den Herrn Jesum Christum. Er ist nicht nur der Heilandsretter f ü r sie, ihnen gibt Er Seinen Heiligen Geist innewohnend und ist i n ihnen. Sie sind aus Ihm geboren, Seine Eigentumskinder. Das ist freilich ein tägliches Sterben in dieser Gegenwartszeit, aber auch ein seliges Leben in Seiner Gemeinschaft. Diese Glaubensmenschen, diese geistbegnadeten Königspriester stehen in ständigem Selbstgericht, aber auch in immer tieferer Gnade. Sie stehen auch im Weltgericht: alle Welt richtet sie; aber sie stehen im Heiland. Sieh, diese Eigentumsleute kommen überhaupt nicht ins Jüngste Gericht als zu Richtende, nein, sie kommen mit dem Heiland als Mitrichter. Das sind die „geringsten Brüder“ (Mt 25), an denen der Herr die anderen richtet. Diese Gläubigen in Christo haben nicht mehr das Gericht zum Ziel, sondern ihren ihnen entgegenkommenden Herrn schon vor dem Sturz des Antichristen und vor dem Tausendjährigen Reich. Sie sind Kinder, darum sind sie auch Erben! Bei dieser Kampfes- und Glaubenssiegerschar wüsste ich dich gar gerne. Flehe darum! Es ist doch groß, nicht auf dem Weg zum Jüngsten Gericht, nicht zur Rechten und nicht zur Linken zu wallen, sondern in dem Herrn zu dem Herrn, allzeit im Herrn und beim Herrn!

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91. Adventswissen und Adventswesen Röm 13:11-14 (1926)