Adventswissen und Adventswesen

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Abschrift des Buches: Der da war, und der da ist und der da kommt!
Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Aus dem Gemeinschaftsblatt für innere Mission Augsb. Bek.: "Reich-Gottes-Bote“ (1918-26)
Selbstverlag des Bibelheims „Bethanien", Langensteinbach

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Inhaltsverzeichnis:
Kapitel davor:
90. Auf dem Weg zum Jüngsten Gericht Röm 2:9-16 (1924)

91. Adventswissen und Adventswesen

  • Röm 13:11-14 (ELB) (11) Und dies tut als solche, die die Zeit erkennen, daß die Stunde schon da ist, dass ihr aus dem Schlaf aufwacht! Denn jetzt ist unsere Rettung näher, als da wir zum Glauben kamen : (12) Die Nacht ist weit vorgerückt, und der Tag ist nahe. Lasst uns nun die Werke der Finsternis ablegen und die Waffen des Lichts anziehen! (13) Lasst uns anständig wandeln wie am Tag; nicht in Schwelgereien und Trinkgelagen, nicht in Unzucht und Ausschweifungen, nicht in Streit und Eifersucht; (14) sondern zieht den Herrn Jesus Christus an, und treibt nicht Vorsorge für das Fleisch, dass Begierden wach werden!

Advent der Gläubigen

Das ist ein Text für Gläubige in Christo. Er stammt aus dem Haupt-Gemeinebrief. Er zeichnet das sonderliche Adventswissen und das ihm entsprechende sonderliche Adventswesen der Gläubigen.

Die Gläubigen in Christo haben nicht nur die allgemeinen Advente welche alle Welt hat, sie haben besondere Advente. Schon das Einwohnen des Heiligen Geistes in ihren Herzen ist ein sonderlicher Advent der gottgeborenen Geister, über welchem sie tief gebeugt anbeten. Dann haben aber die Gläubigen noch einen besonderen Advent in ihrem Herrntag. Der große Tag, an welchem der Herr Seiner Gemeine erscheinen, und sie sammeln und anziehen wird als Seinen verherrlichten Leib, das ist der heiß ersehnte, innigst erwartete Advent der Gläubigen. Von ihm redet im Grunde der Apostel Paulus auch in unseren vorliegenden Versen. Das ist das tief innerlich geheime, selige Adventswissen der Kinder Gottes. Der Apostel legt es in unseren Versen noch etwas aus und erweitert es.

Er sagt zuerst: „Wir Gläubigen in Christo wissen dieses - nämlich die günstige, selige Zeit.“ Ja, wer zum Heiland gekommen ist, der weiß, dass er in einer besonders seligen Zeit lebt. Allen Menschen, welche nicht aus Gott geboren sind, ist das Geheimnis unserer Tage verborgen, es bleibt ihnen ein Geheimnis. Der Apostel nennt an anderen Orten, sonderlich im Epheserbrief und im Kolosserbrief, den großen Grundcharakter dieser unserer Tage ein Geheimnis. Er sagt, dass es zu allen Zeiten und Geschlechtern ein Geheimnis gewesen sei, dass es auch jetzt nur geoffenbart sei den Aposteln und Propheten und Gliedern der Gemeine. Und dies dem Glauben geoffenbarte Geheimnis ist das G e m e i n e - G e h e i m n i s, nämlich dass Gott in Christo in diesen Tagen aus den Menschen eine Kindschaftsgemeine ruft, welche ist der Leib Christi.

Kindschaft und Erbschaft in Christus

Jetzt in diesen unseren Tagen kann der gläubige Mensch das Höchste erlangen im Himmel und auf Erden, nämlich die Kindschaft und Erbschaft in Christus und mit Christus. Dazu sind nicht alle Menschen berufen, sondern nur eine Auswahl aus Gnaden. Es ist das Beugendste was es gibt, und doch auch wieder das Erhebendste, wenn man sich hineingezählt wissen darf durch des Geistes Zeugnis unter die Schar der Kinder Gottes, wenn das „Abba, lieber Vater!“ geistesmäßig im Herzen aufgegangen ist. Allen nicht wiedergeborenen Menschen bleibt dies Gemeine-Geheimnis fremd. Sie können das Königreich Gottes in seinem inneren Aufbau nicht sehen. Die großen und weiten religiösen Scharen verlachen das Gemeine-Geheimnis und halten es für einen Ausbund von Torheit. Auch die großen Kirchen haben es weithin verloren und, wir möchten sagen, verlieren müssen, weil es nicht Sache der vielen ist. Uns aber, die wir glauben, ist dies Geheimnis der Brudergemeine, wo der Heiland der Erstgeborene ist unter vielen Brüder, aufgegangen.

Wir sehen den überwältigenden Gottinhalt des gegenwärtigen Äons, dass jetzt die herrliche Zeit der Sammlung der Gemeine ist. Wir wissen dieses „die günstige, köstliche Zeit“. Das Gottzeitalter der Gemeine ist das größte und tiefste von allen Gottzeitaltern. Etwas Größeres und Herrlicheres kann ein Mensch nie erreichen, als aus Gnaden in die große Gotteinheit hineingenommen zu werden durch Glauben, in die Gotteinheit, wo es heißt: „Ich in ihnen und sie in Mir, gleichwie Du, Vater, in Mir und Ich in Dir.“ Der Glaube weiß diesen Advent, weiß, dass die günstige Zeit gekommen ist, in Christo Jesu die Kindschaft und Miterbschaft zu ergreifen.

Und der Glaube sieht unter all dem konträren und verkehrten Wesen die Gemeine wachsen. Der Glaube sieht unter all dem Vielerlei auch des religiösen Lebens dies Geheimnis sich ausgebären. Darauf ruht auch die Gemeinschaft der Heiligen. Sie suchen sich, sie lieben sich, sie schließen sich zusammen - die Teilhaber dieses geoffenbarten Geheimnisses. Und sie bauen sich, und ermahnen sich, und festigen sich, und gründen sich mitten in der verkehrten und unschlachtigen Welt. Sie kaufen die Zeit aus mitten in der bösen Zeit, sie brauchen jede Stunde der für sie guten, köstlichen Zeit. Dass diese Stunde jetzt ist, das ist der große, selige Gegenwarts-Advent der Gläubigen.

Die Gemeinezeit

Paulus zeichnet uns die günstige Gegenwartszeit näher, indem er sagt: „Es ist die Stunde da, aufzustehen vom Schlaf.“ Eine A u f e r s t e h u n g s - und A u f e r w e c k u n g s z e i t nennt der Apostel die gegenwärtige, günstige Gemeine-Zeit. Eine Auferweckungszeit vom Schlaf, so nennt er sie. Die Sünde bringt Schlaf. Schlaf ist der Bruder des Todes. Als Adam ([1Mo 2]) in die Sünde fiel, da überfiel ihn auch ein tiefer Schlaf - der erste. Unsere gegenwärtige Zeit ist eine solche, in welcher man aus aller Schlafes- und Todesgebundenheit frei werden kann. Gläubige in Christo sind Auferstandene und Aufgewachte. Alle Welt liegt in einem Schlaf-Taumel. Bei den Gläubigen heißt es: „Aufgewacht, der du schläfst und aufgestanden von den Toten, so wird dich Christus erleuchten.“ Gläubige sind Erweckte. Sie sind Kinder des Tages. Sie sind Sehende in sich hinein, in die Welt, in Gott - und sollen es immer besser werden. Es gibt in der schlafenden, todverfallenen Welt eine Gemeine der Wachenden und Wachen. Dazu müssen alle Gläubigen je länger, je mehr zu rechnen sein.

Der Glaube hat einen Wachseins-Sinn. In weckt alles neu und tiefer auf: Freud und Leid, Schwer und Leicht. Während die Welt im Ich-Wesen immer tiefer in den Schlaf fällt, während es selbst von den Jungfrauen der erwählten jüdischen Braut heißt, sie entschliefen alle - stehen die Kinder Gottes im Wache-Stand. Sie leben im auferweckten Heiland; bei ihnen geht es aus Klarheit in Klarheit. Das ist aber Wache-Wesen. Und jede neue Zeit weckt die Gläubigen mehr auf. Denn es zielt alles auf den Tag ihrer Vollendung. Wir wissen, dass jetzt Wache-Zeit ist; wir leben im Glauben, im Oberen, wo nicht geschlafen wird.

Laufende und Eilende

Wir sind Laufende und Eilende. Wir gehen einer Vollendungsstunde entgegen, nach welcher uns brennend verlangt. Paulus sagt: „Unser Heil ist jetzt näher, denn da wir gläubig wurden.“ Unter „Heil“ versteht der Apostel die Vollausgeburt des Heils, die Vollendung des Heils. An vielen Stellen steht das Wort „Heil“ für „vollendetes Heil“. Paulus will sagen: aufstehen vom Schlaf tut not; denn die Ausgeburt und der Abschluss unseres Heils stehen vor der Tür. Paulus war ständig des Tages der Vollendung der Gemeine gewärtig. Das Kommen des Herrn zur Verherrlichung der Gesamtgemeine war ihm ein täglich erwartetes. Darum war ihm auch dieser Tag von der Stunde seines Gläubigwerdens an bis dahin, wo er den Römerbrief schrieb, schon viel näher gerückt. Alle lebendigen Gläubigen stehen in der Erwartung dieses Tages. Der Tag der Zukunft des Herrn ist der Tag der Vollendung des Heils, das wir anfänglich in uns tragen.

Wer wäre bei einem Werke nicht auf den Tag des Fertigwerdens gerichtet? Und wir sind es umso mehr, als die ganze Welt um uns herum an dieses Werk Gottes - die Bildung seines Leibes - nicht glaubt. Noch ist’s ja verborgen und unter Kreuz. Der Tag des Kommens des Herrn ist der Anfang der Offenbarung. Paulus zählt die Tage bis auf diesen Tag der Offenbarung. Ihm, dem alten Paulus, ist der Tag schon viel näher als dem frisch zum Glauben gekommenen Paulus. Wieviel näher ist dieser Tag uns, die wir so sichtlich in den End-Wehen stehen! Wer die Gemeine sieht und glaubensmäßig in ihr steht, der steht auch im Erwarten des Tages. Er braucht den Tag so nötig wie das Brot; denn dieser Tag ist der Garant für alles, was wir geglaubt haben; er ist der große Rechtfertiger der leidenden Gemeine. Das ist das Adventswissen der Gläubigen - ihr Tag und sein ständiges Näherkommen. Alle Gläubigen, von Paulus an, haben ihn immer nah geglaubt, und er ist nah und bleibt nah: Hier gibt es keine Täuschung. Die Hoffnung, die lebendige, hat das Gehoffte nah und fest.

Die Nacht ist vorgerückt

Freilich, unser Adventswissen hat noch eine dunkle Seite, eine Nachtseite. Ehe ein Tag anbricht, muss die Nacht vorüber sein. Ehe die Tages-Offenbarungen hell hereintreten können, müssen die Nacht-Offenbarungen ausgereift sein. Paulus hat von seiner Zeit den Eindruck: die Nacht ist vorgerückt, der Tag ist nah. Alles was er sah im Judentum und in dessen Verstockung, was er sah im Römerreich und in dessen Zermürbung, ließ ihn ein gewaltiges Vorrücken der Nacht und ein Nahen des Tages sehen. Es war so, wie er sah. Und doch war die ganze Nachtausreifung noch nicht gekommen. Aber in unseren Tagen reift es aus. Das Judentum wirft in der Masse Gesetz und Propheten weg, und geht den Weg zur Weltherrschaft im Eigen-Sündenwesen. Die Nacht rückt vor. Die Nationen rüsten sich zum großen Endweltmachtreich. Und das jüdische Volk, das zur Hure gewordene Weib, setzt sich auf das Tier und nimmt die Zügel in die Hand. Da ist’s nicht mehr weit zur Nachtvollendung. Es wird ja diese Nachtvollendung mit künstlichen Licht erhellt sein. Es wird alles nach Licht aussehen. Und die Gemeine wird wie ein elend Nachtlicht sein.

Aber wenn die Nacht vorrückt, geht sie zu Ende, dann kommt der Tag. Unser Adventswissen weiß, dass unser Tag anbricht, wenn die Nacht den Höhepunkt erreicht hat. Alles Welt-Ichwesen ist uns Nacht. Seine Zusammenballung unter jüdischer Führung bringt die Vollendung der Nacht. Wir wissen, die Welt muss in Nacht auslaufen. In dieser Nacht leuchtet das Gemeine-Licht. Die Nacht-Zunahme bedeutet Wehen für die Gemeine. Aber die größeren Druckwehen bringen näher zur Ausgeburt. Und so werden wir immer stärkere Tag-Hoffer, je mehr wir sehen, dass die Nacht vorrückt. Das ist das Spezial-Adventswissen der Gemeine, dass sie diese Nacht und ihr Vorrücken sieht und nach ihr die Offenbarung des Herrntages. Die christliche Welt sieht die Nacht nicht und will sie nicht sehen. Sie hofft immer im großen auf neuen Tag. Wir wissen: Nacht, Vorrücken der Nacht und dann z u n ä c h s t : T a g der G e m e i n e.

Ein sonderliches Adventswesen

Dieses unser Adventswissen bringt nun ein ganz sonderliches Adventswesen. Wir legen alle Auswirkungen der Finsternis ab. Da ist zunächst das persönliche Eigen- und Ich-Wesen. Was das Ich-Wesen auswirkt, ist uns Finsternis, einerlei ob es noch so gleißt und glänzt und hoch einhergeht. Wir sind in Christo dem eigenen Ich, als dem Todeswesen, gestorben und wollen ihm in Christo täglich sterben. Wir halten uns auch von allen Auswirkungen der Finsternis fern. Was auf staatlichem, wirtschaftlichem, sozialem, religiösen und sittlichem Gebiet das Ich-Wesen Großes und Gewaltiges wirkt, das gehört für uns zum Vorrücken der Finsternis. Dem ganzen überwältigenden, nach außen sich spreizenden Wesen der Welt stehen wir als Fremdlinge gegenüber. Wir haben in unserem Adventswissen auch den Blick für die Finsternis, und halten uns von ihr in all ihren Formen, auch den glänzendsten, fern, es ist das wachstümlich. Vieles und manches Finsterniswesen hängt uns eine kürzere oder längere Wegstrecke an. Wir befinden uns aber im Geiste in einem Ablege-Prozess. Unser natürlicher Mensch will immer und immer wieder seine Auswirkungen haben und hat sie auch. Der Glaube aber will ablegen und legt ab. Der Gläubige wird von Stufe zu Stufe weltfreier, finsternisfreier.

Die Waffen des Lichts

Aber auch gottangezogener. Wir ziehen an die Waffen des Lichtes. Das Licht ist nicht in uns selbst. Darum müssen wir es anziehen. Die Finsternis ist in uns selbst, darum legen wir ihre Auswirkungen ab. Das Licht steht uns zur Verfügung in Christo. Wer es anzieht, kann es nur im Kampfe gegen die Finsternis anziehen, darum gibt es Waffen des Lichts. Wir haben ein Schwert des Geistes; wir haben einen Schild des Glaubens; wir haben einen Helm des Heils; wir haben einen Panzer der Gerechtigkeit, einen Gurt der Wahrheit. Es sind lauter Schutzwaffen. Die Finsternis greift an, das Licht deckt sich in Christo. Wir brauchen ständig Bewahrung, die nehmen wir in den Waffen des Lichts. Unser Adventswesen ist Finsternis-Ausziehung, Lichtes-Anziehung; so können wir endlich als Finsternis-Ausgezogene in die vollendete Licht- und Tagesgemeinschaft eingehen. „Wir wandeln ehrbar als am Tage.“ Ist der T a g unsere Hoffnung, so sind wir auch Tagesleute. Die Gläubigen sind offen und offenbar. Sie stehen im Lichte, da sieht man die Flecken. Sie verstecken nichts, sie bekennen. Man kann sie sehen und darf sie sehen. Lichtes Aufrichtigkeit und Lichtes-Klarheit muss ihr Wesen sein. Drum ist ihnen fremd, was die Finsternis braucht. Fressen und Saufen, Kammern und Unzucht meiden sie. Die Welt lebt in der Nacht, Nachtleben ist ihr Element. Der Gläubige ruht des Nachts und wirkt am Tage. Auch die tieferen Finsternismächte, die dem Eigenwesen entspringen, meidet der Glaube. Neid, Streit, Eifer sind ihm widerwärtig. Es demütigt tief, wo diese Nacht uns noch fasst. Liebe, Friede, Geduld möchten wir anziehen.

Wort, Gebet und Gemeinschaft

Wir sind freilich noch im Fleische, und das Fleisch quält uns hart, einen jeden in seiner Art. Darum ist es uns ein Anliegen, immer mehr den Herrn Jesum Christum anzuziehen. Christum anziehen können wir nur im Heiligen Geiste. Darum leben wir in Wort, Gebet und Gemeinschaft, damit das Geisteswesen in uns erstarke. Der Heilige Geist nimmt Christi Auferstehungswesen und bringt es in uns zur Ausgeburt. Geist ist Licht; Geist ist Leben. Der verklärte Heilige Geist ist Christuslicht und Christusleben.

Im Heiligen Geist regulieren und ordnen wir auch unser Leibesleben. Aus dem Leib kommen die Finsternisbegierden. Der Leib will geistgezügelt sein. Darum pflegen wir den Leib nur soviel, als not ist. Wir nehmen ihn in Geisteszucht, damit seine Begierden nicht die Überhand bekommen. Leibes-Zügelung gehört zum Adventswesen der Gläubigen. Geistesanziehung Christi und Leibeszucht: so kann der neue Mensch wachsen, welcher geistleiblich verklärt am Tage des Herrn dastehen soll.

Ein Adventswissen um geistleibliche Herrlichkeit mit allen Gläubigen bedingt ein Adventswesen des Lichtes und im Lichte. Der Herr schenke uns durch Seinen Heiligen Geist viel geistliches Adventswissen mit kraftvoller Auswirkung in lichtesmäßigem Adventswesen!

Lies weiter:
92. Aus Hoffnung in Hoffnung Röm 15:4-13