Wesen und Ende der alten Natur

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Abschrift des Buches: Die zwei Naturen in dem Kinde Gottes
Verfasser: E. W. Bullinger (1874)

Autorisierte Übersetzung aus dem Englischen:
Verlagsbuchhandlung Hermann Rathmann, Marburg an der Lahn (1957)

In englischer Sprache, hier erhältlich:
Two Natures in the Child of God

Siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Die zwei Naturen in dem Kinde Gottes

II. Wesen und Ende der alten Natur

Nachdem wir die verschiedenen Namen betrachtet haben, welche der alten Natur in der Schrift gegeben werden, wollen wir nun sehen, was über diese Natur selbst und über ihr Ende gesagt wird.

Das erste, was wir erfahren ist:

Sie kann nicht verändert werden

Was aus dem Fleisch geboren (oder gezeugt) ist, ist Fleisch und bleibt Fleisch. Keine bekannte Macht kann es in Geist verwandeln. Die Menschen reden von einer Veränderung der Natur; aber es ist im Grund nur ein Geschwätz, das an den Tatsachen nichts ändert. Die Menschen werden nicht müde in ihren Anstrengungen, das Fleisch zu verbessern, aber sie erleben stets bittere Enttäuschungen. Immer wieder beweisen sie die Tatsache, dass weder Erziehung noch Religion die alte Natur verändern oder eine neue mitteilen können.

Das Fleisch kann bis zu einem hohen Grade ausgebildet werden. Neben den groben Lüsten des Fleisches (Eph 2:3) stehen die verfeinerten Wünsche des Gemüts (griech. dianoia = Gedanken, Denksinn, Denkart); aber sie sind gleicherweise fern von Gott (Eph 2:13) und unter seinem Zorn (Eph 2:3). Das Fleisch kann sehr religiös gemacht werden. Diese beiden können in der Tat sehr wohl zusammengehen, denn Religion besteht aus Satzungen, Gebräuchen und Zeremonien. Sie besteht in Essen und Trinken. Sie gedeiht bei Gelübden, Verpflichtungen und Abzeichen. All das ist äußerlich und ist für das Fleisch. Alles dies liegt unter der Macht des Fleisches. Dasselbe kann Tage halten und Feste und Fastenzeiten (Kol 2:16.20.21). Es hat Freude an Lebensregeln und schwelgt in Satzungen. Alles dient dem Fleische, und das religiöse Fleisch neigt zu diesen Dingen genau so wie das gottlose.

Daher die Gefahr eines sogenannten religiösen Dienstes, in welchem etwas ist, das dem Fleische dient, oder wo Vorsorge für das Fleisch getroffen wird. Hinreißende Musik, herzbrechende Geschichten, feurige Aufforderungen, das alles vermag sogenannte Bekehrungen hervorzurufen; es ist aber Menschenwerk, daher halten solche Bekehrte auch nicht aus. Daher auch die große Sorge, ob solche Bekehrungen von Dauer sind. Sie mögen für Wochen oder Monate oder auch Jahre anhalten, sie werden aber nie für die Ewigkeit bestehen. Alle diese äußeren Dinge werden durch den Gebrauch zerstört. Sie sind aus dem Fleisch geboren (Kol 2:22).

Nur was aus dem Geiste geboren (oder erzeugt) ist, ist Geist (Joh 3:6). Was Gott tut, wird für ewig sein (Pred 3:14); und: Jede Pflanze, die mein himmlischer Vater nicht gepflanzt hat, wird ausgerottet werden (Mt 15:13). Diese Worte wurden von dem Herrn zu denen gesprochen, deren Religion aus dem Fleische war und in Waschungen und in der Verrichtung langer Gebete bestand, zu solchen, die Gott mir ihren Lippen ehrten und behaupteten, der Mensch werde durch das verunreinigt, was in den Mund eingeht. (Mt 15:11)

Sie betrafen die Schriftgelehrten und Pharisäer von Jerusalem (Mt 15:1) und sie gelten heute allen, welche Lehren verbreiten, die nichts als Menschengebote sind (Mt 15:9); welche die Menschen religiös machen, durch Einwirkung auf die Gefühle des Fleisches und sie auch heilig zu machen suchen, indem sie sagen: Berühre nicht, koste nicht, betaste nicht (Kol 2:21). Sie gelten denen, die das, was in den Mund eingeht, mehr beachten, als das, was aus dem Herzen kommt. (Mt 15:11), als ob das eine übernatürliche Macht besäße, welche das andere beeinflussen könnte.

Nein! Die Natur des alten Menschen kann nicht verändert werden (Röm 8:7). Denn sie ist dem Gesetze Gottes nicht untertan, denn sie vermag es auch nicht. Das löst die Frage endgültig für jeden, der dem Worte Gottes untertan ist.

Hat man dies einmal erfasst, so wird es uns unmöglich, zu bitten: Reinige unsere Herzen in uns; denn es erhebt sich natürlich die Frage: Welches Herz? Das alte oder das neue? Wenn das alte: Das kann nicht gereinigt werden. Wenn das neue: Das hat keine Reinigung nötig. David konnte sagen: Schaffe in mir, Gott ein reines Herz, aber das ist etwas ganz anderes, ein neu geschaffenes Herz ist gerade das Gegenteil davon, dass das alte Herz gereinigt werde.

Diese einfache Tatsache und Wahrheit aus Gottes Wort ist eine Axt, die der ganzen modernen Lehre von den reinen Herzen an die Wurzel gelegt ist, die Lehre von jenen, die durch Werke geheiligt werden möchten, obwohl sie aus Gnaden gerechtfertigt wurden. Ihnen allen gilt der Tadel von Gal 3:3: Seid ihr so unverständig? Im Geiste (oder der neuen Natur) habt ihr angefangen; wollt ihr es denn nun im Fleische vollenden (oder euch selbst vollenden)?

Gerade die Hauptlehre von den zwei Naturen in dem Kind Gottes berichtigt jenes moderne Gerede, das so viele Seelen beunruhigt. Anstatt dass die letzteren in dem Kampf, über welchen sie trauern, gerade die Grundlage ihres Glaubenslebens sehen, suchen sie die Frage dadurch zu lösen, dass sie die alte Natur reinigen und verbessern, was gänzlich unmöglich ist.

Über alle diese Lehren und Anstrengungen läutet die Totenglocke die ernsten Worte:

Sie vermag es nicht.

Das andere was wir erfahren, ist, dass die alte Natur nur ein Ende hat.

Ihr Ende ist der Tod

Das Fleisch und alles, was dazu gehört, seine Religion und seine Gottlosigkeit, seine Tugenden und seine Laster, das alles endet im Tod. Alles ist für die Zeit bestimmt und nicht für die Ewigkeit.

In Adam sterben alle (1Kor 15:22). Die Gesinnung der des Fleisches ist der Tod (Röm 8:6).

Verbunden mit dem Leib heißt die alte Natur dieser Leib des Todes (oder dieser zum Tode bestimmte Leib) (Röm 7:24)

Nichts als der Tod kann das Ende alles dessen sein, was vom Fleische ist. Vom Fleisch ist es geboren. Der erste Adam wurde vom Staub der Erde gemacht. Zum Staub kehren alle seine Nachkommen zurück (1Mo 3:19)

Wer auf sie sät, erntet Verderben

Die dritte Tatsache ergibt sich aus der zweiten:

Wer auf sein Fleisch sät, wird von dem Fleische Verderben ernten. Alle Anstrengungen, das Fleisch zu verbessern, alle für das Fleisch getroffenen Vorsorge, alle mit dem Fleisch verbundenen Satzungen, sie alle enden in Verderben und Tod. Sie sind dazu bestimmt, durch den Gebrauch abgenutzt und zerstört zu werden. Doch hat unser Thema auch eine glücklichere und gesegnetere Seite.

Es gibt nämlich eine neue Natur, wie wir in unserem nächsten Kapitel sehen werden.

Lies weiter:
III. Kennzeichen der neuen Natur