Was ist der Mensch, dass Du seiner gedenkst?

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Von Daniel Muhl

Einführung

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Als ich früher die Psalmen las, waren sie für mich mehr ein Ausdruck von Emotionen, von Freude über den Herrn und von Kummer über die Schwere des Alltags.

Diese Inhalte sehe ich in den Psalmen nach wie vor, aber was ich immer mehr realisiere ist die wunderbare Tatsache, dass sie mit vielen Prophezeiungen über den Messias gefüllt sind und diese Prophezeiungen faszinieren mich immer mehr. Das ist eines der einmaligen Geheimnisse der Bibel: Man kann sie immer wieder von einer neuen Seite entdecken. Diese unterschiedlichen Seiten möchte ich auch hier an Psalm 8 deutlich machen. Die Psalmen wurden – wie auch die anderen Schriften der Bibel – durch den Heiligen Geist inspiriert und dadurch sind sie auch Wort Gottes. Aber diese Worte wurden in vielen Fällen nicht so inspiriert, dass Gott den Schreibern die Worte verbal diktierte, sondern so, dass der Geist die Schreiber Dinge erleben ließ, die in ihnen ganz bestimmte Gefühle und Gedanken auslösten, so dass sie dann die Texte niederschrieben. So dürfen wir das auch in diesem Psalm erkennen: David erkannte, wie klein, schwach und wie elend der Mensch ist. Er sah die eigene Beschränktheit und das eigene Unvermögen sowie die Unzulänglichkeiten seiner Mitmenschen. Gleichzeitig staunte er über die unfassbare Größe Seines Gottes! Vielleicht waren solche Erfahrungen und Empfindungen die Grundlage und der Auslöser, den Ps 8 zu schreiben. Aus neutestamentlicher Sicht wissen wir, dass dieser Psalm auch ein ganz besonderer Christus-Psalm ist. Ob dem David bereits bewusst war, dass er hier den erniedrigten und erhöhten Messias beschreibt, wissen wir nicht so genau. Vielleicht hatte er eine Ahnung davon, als er vom Menschensohn schrieb, aber ich glaube kaum, dass er den vollen Umfang, von dem was er geschrieben hat, erfassen konnte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Schreiber des Wortes Gottes, erst nach ihrem irdischen Leben die ganze Fülle „ihrer Texte“ erfassen werden.

Bibeltext

Zuerst möchten wir den gesamten Psalm vorlesen:

  • Ps 8:1 - Ein Psalm Davids, vorzusingen, auf der Gittith. 2 HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen, du, den man lobt im Himmel! 3 Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet um deiner Feinde willen, dass du vertilgest den Feind und den Rachgierigen. 4 Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast: 5 was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschensohn, dass du sich seiner annimmst? 6 Du hast ihn wenig niedriger gemacht denn Gott, und mit Ehre und Schmuck hast du ihn gekrönt. 7 Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk; alles hast du unter seine Füße getan: 8 Schafe und Ochsen allzumal, dazu auch die wilden Tiere, 9 die Vögel unter dem Himmel und die Fische im Meer und was im Meer geht. 10 HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen!

Der herrliche Gott und der erniedrigte Mensch

Dieser Psalm ist eingefasst in eine ganz wichtige Aussage:

  • HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen!

David beginnt diesen Psalm mit der Herrlichkeit des Namens JHWH’s und er endet damit. Die Herrlichkeit Seines Namens steht am Anfang und auch am Ende und irgendwie lässt uns das auch an die Aussagen erinnern, die uns zeigen, dass der Sohn Gottes vor Grundlegung der Welt beim Vater eine wunderbare Herrlichkeit hatte:

  • Joh 17:5 - Und nun verherrliche du, Vater, mich bei dir selbst mit der Herrlichkeit, die ich bei dir hatte, ehe die Welt war!

So hat alles angefangen und so wird auch alles enden, wenn Paulus schreibt:

  • Röm 11:36 - Denn aus ihm und durch ihn und zu ihm hin sind alle Dinge! Ihm sei die Herrlichkeit in Ewigkeit! Amen. 

Herrlichkeit am Anfang, als alles aus Gott kam und Herrlichkeit am Ende; genau wie in hier Psalm 8! Und was ist dazwischen? Dazwischen liegt die Erniedrigung des Menschen und des Menschensohnes. Dazwischen liegt der Herabstieg des Sohnes Gottes, bis zum Tod am Kreuz! Diese Erniedrigung war so groß, dass der Sohn des Allmächtigen sich in die größte Gottesferne begab. Sein Zustand am Kreuz könnte man auch mit anderen Worten Davids beschreiben:

  • Ps 22:7 - Ich aber bin ein Wurm und kein Mann, der Menschen Hohn und der vom Volk Verachtete.

Schauen wir uns doch bei Regenwetter einmal einen Wurm auf dem nassen Asphalt genauer an und vergleichen wir ihn doch einmal mit unserem Leib. Der Leib eines Menschen ist zehntausendmal schöner herrlicher und komplexer als der Leib eines Wurmes. Aber Jesus, in Seiner Erniedrigung, war im Vergleich zu der Herrlichkeit, die Er vorher hatte, wie ein Wurm im Vergleich zu einem Menschen. Das hebr. Wort für Wurm heisst tola und hat die Wurzel yala, was so viel bedeutet, wie „übereilt reden“, „voreilig sprechen“ oder „hinunter schlucken“. Die letzte Bedeutung erinnert mich auch an die Bedeutung, die uns Paulus in 1Kor 15 aufzeigt, wie der Tod in Sieg verschlungen wurde, indem sich Jesus am Kreuz zur Sünde machen ließ. Er wurde genau wie die eherne Schlange in der Wüste von der Erde erhöht. Am Kreuz von Golgatha war der Herr wie ein elender Wurm, der die ganze Sünde und den Tod verschlang.

Das Lob der Kinder

Doch bevor die Erniedrigung des Menschensohnes in Ps 8 erwähnt wird, kommt eine schöne, aber auch etwas seltsame Aussage:

  • Ps 8:3 - Aus dem Munde der jungen Kinder und Säuglinge hast du eine Macht zugerichtet um deiner Feinde willen, dass du vertilgest den Feind und den Rachgierigen.

Aus Munde der Unmündigen hat sich Gott eine Stärke zugerichtet oder gegründet. Wie sollen wir das verstehen? Wo wird diese Stärke sichtbar? Wir wissen; es ist eine Spezialität unseres Gottes, mit den Schwachen, den Elenden und den geistig Armen Heilsgeschichte zu machen. Er nimmt nicht die Starken und die Selbstbewussten, sondern die geistig Armen und in den Kindern richtet sich Gott Stärke zu. Wie oft belächeln wir Kinder in ihrem einfältigen Glauben und merken nicht, dass sie mit ihrem einfältigen Vertrauen Gott oft näher sind, als wir, die wir scheinbar so Vieles verstehen. Er wirkt durch die Unmündigen und durch die „geistig Armen“ Dinge mit Ewigkeitswert! Durch ein gestohlenes Sklavenmädchen aus Israel, schenkt Gott den entscheidenden Hinweis für die Heilung des Naaman. Weder studierte Ärzte noch andere Heiler konnten dem Naaman den ultimativen Tipp für seine Heilung geben. Interessanterweise lesen wir hier, dass diese Demonstration der Stärke Gottes hier wegen Seiner Feinde geschieht. Als ich diese Stelle das erste mal bewusst las, habe ich mich gefragt, was das genau mit den Feinden Gottes zu tun hat und ob sich die Feinde Gottes von diesen Unmündigen beeindrucken lassen werden? Sie werden von der Kraft Gottes, die in den Schwachen mächtig gewirkt hat und Dinge mit Ewigkeitswert bewirkt haben, irgendwann einmal beeindruckt sein. Sie werden sehen, dass die intellektuell Schwachen durch ihr Vertrauen auf Gott wesenhafte Dinge bewirken konnte, währenddem sie lediglich Schrott für das Feuer hergestellt haben. Aber die erste Bedeutung dieser Aussage finden wir bei Jesus im Tempel:

  • Mt 21:12 - Und Jesus trat in den Tempel ein und trieb alle hinaus, die im Tempel verkauften und kauften; und die Tische der Wechsler und die Sitze der Taubenverkäufer stieß er um. 13 Und er spricht zu ihnen: Es steht geschrieben: „Mein Haus wird ein Bethaus genannt werden.“; ihr aber macht es zu einer Räuberhöhle. 14 Und es kamen Blinde und Lahme im Tempel zu ihm, und er heilte sie. 15 Als aber die Hohenpriester und die Schriftgelehrten die Wunder sahen, die er tat, und die Kinder, die im Tempel schrien und sagten: Hosanna dem Sohn Davids!, wurden sie unwillig 16 und sprachen zu ihm: Hörst du, was diese sagen? Jesus aber spricht zu ihnen: Ja, habt ihr nie gelesen: „Aus dem Mund der Unmündigen und Säuglinge hast du dir Lob bereitet.“? 17 Und er verließ sie und ging zur Stadt hinaus nach Bethanien und übernachtete dort.

In diesen 6 Versen wird ein unglaubliches Spannungsfeld aufgezeigt. Zuerst legt sich Jesus mit denen an, die aus dem Hause Gottes eine Räuberhöhle gemacht haben, indem sie den Tempel zu einem Shopping-Center umfunktionierten. Im Hause Gottes sollen keine Geschäfte gemacht werden. Im Hause Gottes soll der angebetet und gelobt werden, der allen alles gibt. Die Händler haben sich kaum um die Anbetung Gottes gekümmert; sie haben lediglich eine gute Geldquelle gefunden. Benutzen wir den Tempel Gottes (die Gemeinde Jesu) auch dafür, um gute Geschäfte zu machen? Wenn Christen hauptsächlich deshalb in die Gemeinde Gottes kommen, weil sie von der Gemeinde profitieren, dann sind sie zu Händlern und Geldwechslern im Hause Gottes geworden und es kommt der Tag, wo der Herr ihre Tische umwirft! Da wo die Beziehung zu Gott hergestellt und gepflegt wird, darf nie und nimmer das Geschäft, der Profit oder das eigene Ansehen im Vordergrund stehen! Kaum ist der Kampf gegen die geldgierigen Händler und Finanzjongleure beendet, kommt es zu einem eigenartigen Szenenwechsel! Jesus heilt die Blinden und die Lahmen. Was für eine seltsame Szene? Zuerst wird der Unmut des Herrn sichtbar, Er verursacht vmtl. einen großes Aufsehen und alle schauen wahrscheinlich mehr oder weniger sprachlos zu und sind gespannt was jetzt geschieht. Fällt jetzt Feuer vom Himmel oder werden die Händler mit Aussatz bestraft? Wie reagiert die Obrigkeit und was sagt das Volk dazu? Die Situation war so spannungsgeladen, dass vielleicht etliche einen beginnenden Volksaufstand befürchteten. Viele stehen vermutlich sprachlos und mit offenem Mund da, aber eine Volksgruppe bewegt sich. Die Blinden hören die Anklage Jesu und konnten ihn orten. Sie sagen sich: „Das ist unsere Chance! Wir haben schon oft von seinen Wundern gehört und jetzt ist er da! Vielleicht heilt Er auch uns!“ Die Lahmen taten das Gleiche! Irgendwie war das unpassend! Wie kann man mit seinem persönlichen Problem zum Herrn gehen, währenddem Er die geldgierigen Geschäftsleute geißelt? Wahrscheinlich rechneten die Menschen mit allen möglichen Szenarien, aber wohl kaum mit der anschließenden Reaktion Jesu! Er heilte die Blinden und die Lahmen. Jerusalem ist eine Stadt der Blinden und Lahmen! Warum? Vor der Eroberung Jerusalems durch David lesen wir Folgendes:

  • 2Sam 5:6-8 - Und der König zog mit seinen Männern nach Jerusalem gegen die Jebusiter, die Bewohner des Landes. Und sie sagten zu David: Du wirst nicht hier hereinkommen, sondern die Blinden und die Lahmen werden dich wegtreiben. Sie wollten damit sagen: David wird nicht hier hereinkommen. 7 Aber David nahm die Bergfeste Zion ein, das ist die Stadt Davids. 8 Und [zwar] sagte David an jenem Tag: Wer die Jebusiter schlägt und in den Wasserschacht gelangt und die Lahmen und Blinden [erschlägt], die der Seele Davids verhasst sind ...! Daher sagt man: Ein Blinder und ein Lahmer dürfen nicht ins Haus kommen. 

Die Blinden und die Lahmen waren im Haus Gottes, obwohl sie da eigentlich nicht hingehören! Aber Jesus heilt sie! Die geistlichen Führer in Israel waren in den Augen Gottes blind, weil sie trotz des Wortes Gottes, die Wahrheit, bzw. den Messias nicht erkannt haben. Sie waren auch geistlich lahm, weil sie trotz besseren Wissens, sich nicht aufgemacht haben und den Witwen und Waisen geholfen haben. Meines Wissens heilte Jesus in Jerusalem nur Blinde und Lahme! Warum aber machte Er das gleich nachdem Er die Händlertische umgeworfen hat? Dadurch offenbarte Er Seine Vollmacht! Er war bevollmächtigt im Tempel Dinge anzuordnen und das Unrecht zu bestrafen! Die Schriftgelehrten wussten ganz genau, dass der Herr selbst, die Augen der Blinden öffnet (Jes 42:7 / Jes 35:4-5) und jetzt geschah es vor ihren Augen und sie hätten erkennen können, dass Er der Messias ist. Alle sollten sehen, dass Er der Herr ist, der den Blinden die Augen öffnet. Jetzt war es offenbar, aber was nicht wahr sein durfte, konnte auch nicht wahr sein! Während oder nach diesem Geschehen schreien die Kinder auch noch in diese ganze Szenerie hinein:

Diese ganze Szenerie löste in den Hohepriestern und Schriftgelehrten ein große Unwilligkeit aus, so dass sie zu Jesus sagten: „Hörst du, was diese sagen?“ Damit wollten sie deutlich machen: „Die machen dich zum Messias und du wärest ja völlig vermessen, wenn du dem zustimmen würdest!“ „Hosanna“ heißt so viel wie „Hilf doch“ oder „Rette doch jetzt“. Jetzt antwortet Jesus mit Ps 8:3 und sagt:

  •  »Aus dem Munde der Unmündigen und Säuglinge hast du Lob zugerichtet«?

Was im AT mit Stärke oder Kraft wiedergegeben wird, wird hier mit Lob benannt. Jesus macht uns dadurch auch deutlich, dass im Lob Gottes eine große Stärke und Kraft liegt. Nach diesem Wort verließ Jesus die Menschenmenge und die Schriftgelehrten wussten genau, was nach dieser zitierten Aussage von Ps 8:3 folgte:

  • „um deiner Bedränger willen, um zum Schweigen zu bringen den Feind und den Rachgierigen.“

Den Schriftgelehrten war klar, dass Jesus sie damit als Bedränger und Feinde des Herrn bezeichnete. Sie, die sich ein Leben lang um die Schriften gekümmert haben und sie, die sich bemühten die Gebote Gottes einzuhalten, sollen jetzt plötzlich die Feinde Gottes sein, nur weil so ein armseliger Prediger aus Nazareth scheinbar ein paar Blinden die Augen aufgetan hat. Das war bestimmt ein inszenierter Zaubertrick, aber der Messias kann es auf keinen Fall sein, denn dieser hätte den Schriftgelehrten Wertschätzung gegeben!

Der Himmel und der kleine Mensch

Wenn wir in Psalm 8 weiterlesen, dann wird zuerst noch einmal auf die Größe Gottes hingewiesen:

  • Ps 8:4 - Wenn ich sehe die Himmel, deiner Finger Werk, den Mond und die Sterne, die du bereitet hast:

Wenn wir heute aus dem Weltall auf die Erde schauen, dann kann man mit bloßem Auge keinen Menschen mehr sehen. Die Menschen sind so klein, dass sie wie ein Bakterium unsichtbar auf der Erde rumkriechen. Aus tausend Kilometer Höhe sieht die Erde noch beeindruckend groß aus, aber wenn wir von der Sonne auf die Erde schauen würden, wäre es schon sehr schwierig, die Erde auszumachen. Ich weiß nicht einmal, ob wir die Erde da mit bloßem Auge noch sehen könnten. Die Astronomen sagen, dass unser Sonnensystem nur ein ganz kleiner Punkt in unserer Galaxie ist und sie erklären auch, dass es so viele Galaxien gibt, dass wir sie noch gar nicht richtig zählen können. Ob die Astronomen mit ihrem Bild vom Universum recht haben, weiß ich nicht und ich könnte mir auch gut vorstellen, dass die Wirklichkeit noch einmal etwas anders aussieht. Aber aus astronomischer Sicht, ist der Mensch - was der dreidimensionale Raum betrifft - ein absolutes Nichts! Da kann David mit Recht fragen: „Was ist der Mensch, dass Du seiner gedenkst?“ Das Weltall, bzw. die Himmel, führen uns unsere Kleinigkeit und unsere materielle Unbedeutsamkeit vor Augen. Aber der dreidimensionale Raum ist für Gott nicht das Maßgebliche, sondern das Geistliche!
Im Geistlichen sieht es aber genauso aus! Wer die Liebe, die Vollkommenheit und Gerechtigkeit Gottes nur ein wenig erkannt hat, der weiß, dass er als Mensch aus sich selbst ein absolutes Nichts ist! Damit soll nicht gesagt sein, dass unsere Seelen wertlos wären, ganz im Gegenteil; unsere Seelen sind so wertvoll, dass Gott den höchsten Preis dafür bezahlt hat! Aber aus uns selbst können wir nicht einmal ansatzweise den Wertmaßstäben Gottes genügen. Wenn wir uns und unsere Mitmenschen anschauen und unser Herz, unser Denken und Handeln ins Licht Gottes stellen, dann sind wir völlig erbärmliche Kreaturen. Im Vergleich zu Gott sind wir wie Eins zu Unendlich oder wie Null zu Eins! Als junge Menschen hatten wir alle so unsere Pläne und wir wussten eigentlich ganz genau, was wir einmal besser als unsere Eltern machen werden und als die Kinder dann erwachsen wurden und wenn man dann Schwiegerkinder und Enkelkinder bekommen hat, dann wird einem immer mehr bewusst, was in der eigenen Familie und Erziehung schief lief und was wir alles falsch gemacht haben. Es ist sogar so, dass wir wahrscheinlich erst ein Bruchteil von dem erkannt haben, was wir in den Augen Gottes wirklich falsch gemacht haben! Wenn wir dann auch die Verhaltensweisen unserer Brüder und Schwestern sehen, wie sie mit gewissen Verhaltensweisen und Charaktereigenschaften immer wieder ins gleiche Fettnäpfchen treten, obwohl sie aus unserer Sicht eigentlich ein gutes und liebendes Herz haben, dann wird uns auch hier immer wieder bewusst:

  • Ps 8:5 - was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschensohn, dass du sich seiner annimmst?

Ja, dass Gott an uns denkt und uns liebt, ist immer wieder ein Grund zum Staunen und ein Anlass sich darüber zu freuen, gerade auch dann, wenn wir sehen, wie fehlerhaft und unvollkommen wir alle sind!

Der Menschensohn

Aber wenn wir den Hebräerbrief lesen, dann wird uns auch bewusst, dass diese Stelle sich in erster Linie auf unseren Herrn bezieht:

  • Hebr 2:5-10 - Denn nicht Engeln hat er den zukünftigen Erdkreis unterworfen, von dem wir reden; 6 es hat aber irgendwo jemand bezeugt und gesagt: «Was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, oder des Menschen Sohn, dass du auf ihn achtest? 7 Du hast ihn ein wenig unter die Engel erniedrigt; mit Herrlichkeit und Ehre hast du ihn gekrönt; 8 du hast alles unter seine Füße gelegt.» Denn indem er ihm alles unterwarf, ließ er nichts übrig, das ihm nicht unterworfen wäre; jetzt aber sehen wir ihm noch nicht alles unterworfen. 9 Wir sehen aber Jesus, der ein wenig unter die Engel erniedrigt war, wegen des Todesleidens mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt, damit er durch Gottes Gnade für jeden den Tod schmeckte. 10 Denn es geziemte ihm, um dessentwillen alle Dinge und durch den alle Dinge sind, indem er viele Söhne zur Herrlichkeit führte, den Urheber ihrer Rettung durch Leiden vollkommen zu machen. 

Die Menschwerdung Jesu, Seine Erniedrigung bis zum Tod am Kreuz und die Tatsache, dass Er Seine Seele in den Tod ausgeschüttet hat, stellt eine Erniedrigung unter die Engel dar. Da wo in Ps 8:5 steht, dass der Herr den Sohn des Menschen annimmt, steht im Hebräischen das Wort „paqad“. Dieses Wort wird sehr häufig als Gemusterte übersetzt und meint damit, „die zum Heer gemusterten Leute“. Männer, die für die Armee ausgewählt wurden, hat man entsprechend gemustert, man hat sie aus dem Volk herausgestellt und hat sie in den Dienst gestellt. Dieses Wort wird aber auch sehr häufig mit „heimsuchen“ übersetzt. Vielleicht werden wir da auch an die ernsten Worte aus 2Mo 20:5 erinnert, wo der Herr sagt:

  •  „Du sollst dich nicht vor ihnen niederbeugen und ihnen nicht dienen; denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifernder Gott, der die Ungerechtigkeit der Väter heimsucht an den Kindern, an der dritten und an der vierten Generation derer, die mich hassen;“

Götzendienst und Ungerechtigkeit führen dazu, dass der Herr die Kinder bis in die vierte Generation heimsucht, indem Er sie mustert, aus dem Volk herausstellt und sie in Seine Erziehungsschule nimmt, damit sie umkehren und Frucht bringen. Dieses hebr. paqad finden wir aber zum ersten Mal da, wo der Herr die Sarah heimsucht, so dass sie mit Isaak schwanger wurde. Durch die Heimsuchung Gottes entstand der verheißene Nachkomme. Die Heimsuchung Gottes ist in vielen Fällen nicht unbedingt angenehm, aber sie lässt Frucht entstehen! Man könnte Ps 8:5 auch wie folgt übersetzen:

  • was ist der Mensch, dass du seiner gedenkst, und des Menschensohn, dass du ihn heimsuchst, dass du ihn musterst, dass ihn herausnimmst, damit er Frucht bringt?

Das Todesleiden Jesu und die Tatsache, dass Er im absoluten Gehorsam das Leid erduldete, bewirkte eine unübertreffliche Herrlichkeit und Ehre. Das Weizenkorn das starb, brachte viel Frucht! Darum heißt es im Vers 6:

  • Ps 8:6 - Du hast ihn wenig niedriger gemacht denn Gott, und mit Ehre und Schmuck hast du ihn gekrönt.

Aus Phil 2:9-11 wissen wir, dass Jesus von Gott einen Namen bekommen hat, der über jedem Namen steht! Er wurde mit Herrlichkeit und Ehre gekrönt und Er durfte sich zur Rechten Gottes setzen, so lange, bis Gott Ihm alle Seine Feinde zum Schemel Seiner Füße gelegt hat.
Wenn wir die Psalm- und die Hebräerstelle neben einander stellen, dann entdecken wir kleine, aber sehr aufschlussreiche Unterschiede: Im NT wird gesagt, dass der Mensch (Jesus Christus) ein wenig unter die Engel (angelos) erniedrigt wurde. Im Hebräischen steht nicht Engel (malak), sondern Älohim. Älohim ist die Mehrzahlform von El (Gott). An dieser Stelle geht es also eindeutig um die Götter, die auch in Ps 82:1 angesprochen werden. Wenn Älohim als Schöpfergott in Erscheinung tritt – wie wir das in 1Mo 1 sehen – dann dürfte es sich um Vater, Sohn und Heiliger Geist handeln und auch wenn Gott spricht „lasset uns Menschen machen“, dürfte dies der Fall sein! Aber wenn Gott die Götter, bzw. die Älohim anspricht, dann sind es die Engel, die in Ps 82 auch als Söhne des Höchsten und in Hi 1 als Söhne Älohims angesprochen werden.
Weil der himmlische Vater Seinen Sohn heimgesucht, gemustert und auserwählt hat, wurde Er zum Lamm Gottes, dass die Schuld des gesamten Kosmos trug. Aber der Vater hat Ihn auch angenommen, indem Er Ihn aus den Toten auferweckte und Ihm den Platz zu Seiner Rechten gab! Jetzt ist Er der Herr über alle Werke und deshalb lesen wir auch ab Vers 7:

  • Ps 8:7 - Du hast ihn zum Herrn gemacht über deiner Hände Werk; alles hast du unter seine Füße getan: 8 Schafe und Ochsen allzumal, dazu auch die wilden Tiere, 9 die Vögel unter dem Himmel und die Fische im Meer und was im Meer geht.

Da wir gläubigen Christen zum Leib dieses wunderbaren Herrn gehören, sind auch wir zu Herrscher berufen und darum erklärt uns Paulus auch, dass wir die Engel und den Kosmos richten werden, obwohl wir von Natur aus unnütze Knechte und genau betrachtet, arme und elende Würmer sind! Der Psalm endet, wie er begann:

  • Ps 8:10 - HERR, unser Herrscher, wie herrlich ist dein Name in allen Landen!

Der Name Jesu steht über allen Namen, Amen!