Was ist Glaube?: Unterschied zwischen den Versionen

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(Der Weg zum Glauben)
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Version vom 20. September 2020, 17:04 Uhr

Michael Hahn

Einführung in seine Gedankenwelt
mit einer Auswahl aus seinen Werken

Von Gottlob Lang (1921)
Quellverlag der Ev. Gesellschaft, Stuttgart

Inhaltsverzeichnis des Buches
Kapitel davor:
Der Heilsprozess

Der Heilsprozess

B. Nach späteren Texten

In der späteren Periode schließt sich Hahn enger an Bibel und Kirchenlehre an, auch in der Ausdrucksweise. Dennoch verleugnet sich auch hier seine eigenartige Auffassung nicht. Wir heben aus der Überfülle der religiösen Zeugnisse das heraus, was uns für ihn charakteristisch zu sein scheint. Dort, wo er an das Neue Testament sich anlehnt, kommen natürlich auch andere Gedanken aus der Welt der Schrift zur treuen Reproduktion, die hier, wo es sich um das Eigene der Welt Hahns handelt, übergangen werden müssen. Dies sei vorausgeschickt, weil die Darstellung den Schein der Einseitigkeit erwecken könnte.

1. Der Anfang des Glaubenslebens

Schon im Begriff der Buße, der in jeder sittlich gearteten Religion als enges Eingangstor am Anfang steht, geht Hahn seine eigenen Wege. Das Moment des Schuldgefühls vor Gott tritt verhältnismäßig zurück; im Vordergrund steht das Gefühl der Unzulänglichkeit, des Zurückbleibens hinter dem Ziel, das jenes ungestillte Suchen auslöst, das ja die „Weisheitslieder“ durchzieht. Der Mensch hat, wie Hahn gerne sagt, (seit dem Fall) eine „leere Herzensewigkeit“, die von seiner Unergänztheit herkommt, wohl ihm, wenn er diesen Mangel schmerzlich fühlt. Das Augustinische: „Du hast uns zu dir geschaffen, und unser Herz ist unruhig in uns, bis es Ruhe findet in dir“ (Hahn hat es wohl kaum gekannt), – kehrt in ergreifenden Variationen wieder. (Vgl. im Vorhergehenden besonders das Lied: O Herrlichkeit, o Lichtwelt-Sonne, S. 52). „Welch ein sich selbst quälender, schrecklicher Feuerwurm (das Bild aus Mk 9:44) ist die Seele ohne die Herrlichkeit Gottes, ohne das Licht des Lebens! Denn immer sucht sie in den Kreaturen, was nur in Gott, dem Ursprung, zu finden ist. Sie sucht also und findet nicht und kehrt sehr unruhig in sich selbst zurück, bis sie müde wird aller Dinge und wieder in dem Lebenslicht sucht, was sie verloren hat.“ (System, S.329.) Und eine Stufe weiter: „Wenn sich die gottsuchende Seele müde gesucht hat, so findet sie immer mehr eine leere Gottes-Ewigkeit in ihr, und findet unter dem Suchen alles eitel und spürt sehr dunkel, dass ihr eine Allgenügsamkeit fehlt. Diese ist die uns mangelnde Herrlichkeit Gottes...“ (System, S.300).

Je gründlicher diese Vorstufe durchkämpft wird, desto begieriger wird das Leben aus Gott empfangen, desto fester ist es gegründet. Hahn warnt davor, es sich (und andern in der Seelsorge) zu leicht zu machen und die Qual abzukürzen: „Wer gar zu leicht zu etwas kommt, kann solches nie recht reiflich schätzen“ (System, S. 595).

Hahns weitere Ausführungen über den Heilsweg treten vielleicht am deutlichsten heraus, wenn man sie sich abheben lässt von der Rechtfertigungslehre, die nicht bei Luther selbst, aber in der lutherischen Kirche ausgeprägt wurde. Sie lässt sich in den Satz zusammenfassen: „Glaube nur, dass Jesus für dich gestorben ist, dann sind deine Sünden vergeben, du bist Gottes Kind und aus Gnade gerecht gesprochen.“

Als Dank für diese Gnadenerweisung folgt, scharf von der Rechtfertigung getrennt, die Heiligung, die aber immer unvollkommen bleibt, und für deren Mängel die tägliche Vergebung der Sünden eintritt.

Diese Lehre, ursprünglich aus der Not eines geängstigten Gewissens geboren, sah Hahn zum Ruhepolster werden, das allem ernsten Streben nach Vollkommenheit und Jesusähnlichkeit gefährlich wird, ja dieses für unnötige Werkheiligkeit erklärt. Wenn wir uns erinnern, dass es ihm um die Wiederherstellung einer verlorenen, umfassenden Herrlichkeit des Menschen zu tun ist, verstehen wir, dass er dieser Lehre mit scharfer Kritik und lebhaftem Bedürfnis nach Ergänzung gegenübersteht.

Hahn kritisiert diese Heilslehre, indem er sagt: durch sie wird der alte Adam verbunden, ehe er sich verblutet hat, ja ehe er recht verwundet ist; „wenn ich mir, um Ruhe zu finden, ehe Unruhe sie gebiert, mir etwas zueigne, das mich noch nicht angeht, so finde ich nur falsche und nicht wahre Ruhe“ (System, S.216). Diejenigen, die nur den Trost in der Bibel suchen und ihre herbe Wahrheit, und ihre hohe Zielsetzung beiseite setzen, nennt er kurzweg „Bibeldiebe“ (XII, 229; 72. Brief). Und weiter: diese einseitig vorgetragene Heilslehre macht, dass die Christenheit immer beim Grundlegen stehenbleibt, nie aber richtig zu bauen anfängt (System, S. 205. Vgl. zum Ganzen ebenda den 8.Brief über die Versöhnung und den 11. Brief über Rechtfertigung).

Er ergänzt diese Lehre durch einen anderen Begriff vom Glauben, von der zu erringenden Gerechtigkeit, von Christi Werk und von dem, was der Mensch selbst zur Erlangung des Heils beizutragen hat. (Wertvolles Gut der vorreformatorischen Kirche wird damit unbewusst wieder aufgenommen. Vgl. Adam Möhler, Symbolik (vom katholischen Standpunkt).

a) Glauben ist für Hahn mit der evangelischen Kirche: Vertrauen auf Gottes, in Christus erschienene, Gnade und dankbares Bejahen der Verkündigung derselben im Evangelium. Er kann sagen: „Gott hat uns alle mit sich versöhnt (tatsächlich, objektiv), aber nur der hat Teil daran, und nur der macht Gebrauch davon, der im Glauben es anhört und annimmt“ (System, S.201). Aber Glaube ist ihm noch etwas anderes. Er bezeichnet damit eine „Magia“, ein Wollen des Übersinnlichen, ein aus der Tiefe des Geistes heraufsteigendes Sich-Ausstrecken, Sich-Öffnen für göttliche Einflüsse und Sich-Aneignen derselben. Diesem antwortet Gott und gibt sich hin; und wenn so Geist mit Geist zusammenkommt, die göttliche und die menschliche Tinktur zusammenfließt, dann ist die Geburtsstunde eines neuen Lebens, eines neuen Menschen da. (Der Glaube ist die Gebärmutter, die den göttlichen Samen aufnimmt, II, 341; 17. Brief, und öfter.)

Diese Art von Glauben ist zunächst von allen dogmatischen Voraussetzungen frei, und Hahn sieht denn auch, hierin wohl von einem Hauch, der ihm sonst so fremden Aufklärung berührt, die überraschende Konsequenz, dass auch Juden, Heiden und Türken, denen es mit ihrem ernsten Gottsuchen ernst ist, Glauben, und zwar seligmachenden Glauben haben können; wenn sie Gottes Willen tun, so ist er eben damit in ihnen wirksam und wird sie weiterführen.

Auf der andern Seite aber kommt Hahn auf eine höchst eigenartige Weise, die seiner systematischen Begabung, und seinem Verständnis des Protestantismus gleichermaßen Ehre macht, dazu, aus dem Leben des Glaubens einen Glaubensinhalt zu erschließen. Der Gläubige stößt, wenn er Christus erkennt, nicht auf etwas seinem Wesen Fremdes, sondern so, wie wir das natürliche Leben, das wir als uns gegeben vorfinden, auf unsere Eltern zurückführen, so führt der aus Gott Geborene sein geistliches Leben auf seine stammväterliche Mutter zurück, er hat als Objekt des Glaubens nichts anderes als das, was er sich, vermöge der Glaubens-Magia, bereits angeeignet hat, und in was er wesentlich verwandelt worden ist. So kann es Hahn wagen, einen psychologischen Aufbau der Erkenntnis aus dem Glauben zu geben, der in seiner ganzen Tiefe sich nur deswegen nicht dem Leser erschließt, weil das Wort Glaube beständig in verschiedenem Sinn gebraucht wird: bald = annehmen der Wahrheit auf Autorität hin, bald = Kraft, göttliches Wesen in sich hereinzuziehen (IV, Hebr, S. 535-581); 43. bis 45. Brief, auszugsweise s. u. S. 173ff).

b) Aber auch die andern Begriffe werden in eine Verwandlung mit hineingezogen. Unter Gerechtigkeit vor Gott versteht jene Heilslehre eine zugerechnete Glaubensgerechtigkeit; Hahn versteht darunter eine reale Lebensgerechtigkeit, Erbgerechtigkeit (die Christus auf seine Gläubigen vererbt), wie er gerne sagt. „Die Kinder Gottes wollen nicht von außen gerecht sein, sondern gerecht geboren von innen“ (System, S. 290). Rechtfertigung und Heiligung rücken bei Hahn so nahe, dass sie ineinanderzufließen scheinen.

Würde ihm entgegengehalten, dass die Heilsgewissheit damit in Gefahr komme, weil ja niemand von sich sagen kann, dass er die Lebensgerechtigkeit jetzt schon habe, so antwortet er: Gott sieht uns in unserem Stammvater Christus schon für vollkommen an, weil wir es werden, wenn wir in ihm bleiben (System, S. 285); er sieht auf das was wird mehr als auf das, was wirklich ist (System, S. 289).

c) Auch die Rolle Christi wird eine andere. Wenn er uns noch so lebendig vorgemalt wird als der, der für uns Gottes Willen verkörpert, getan und gelitten hat, es bleibt doch ein historischer Glaube ohne verwandelnde Kraft. Hahn sagt: „Was Christus für mich erreicht hat, das will der Geist, den er mir dadurch erworben, auch in mir, und durch mich in meiner Person erreichen.“ (XII, 223; 32. Brief.) Es muss soweit kommen, dass Jesus und sein Geist in uns herrscht und lebt als ein sich immer weiter enthüllendes Lebensgesetz; so nur wird der Mensch, wie er werden soll: ein Tempel und heiliges Wirkungs-Gefäß des lebendigen „Gottes“ (XII, 218; 32. Brief), ja, „ein kleiner Gott und Christus“ (II, Jak 295; 49. Brief).

d) Aus dem allem geht hervor, dass Hahn durchaus keine Selbsterlösung lehrt, sondern auch hier ist alles Gottes Werk. Der Glaubensbaum ist im Element der Herrlichkeit und göttlichen Barmherzigkeit gewurzelt, und zieht von dort alles an, was ihn befähigt, Glaubensfrüchte zu tragen (II, 2.Petr. 192; 45. Brief). „Die Lebensgerechtigkeit, die aus der Glaubensgerechtigkeit fließt, ist ebenso Jesu Verdienst, Kraft und Wirkung, wie das, was Christus in seiner Person für uns getan hat, denn es ist ja kein anderer Christus, der in seiner Person alles für uns durchgemacht hat, als der, welcher es in uns und in unserer Person auch durchmachen muss.“ (II, Gal. 81; 37. Brief). „Der Geist, den wir als Stoff und Samen der neuen Geburt erlangt haben, kann [überhaupt] nicht abgetrennt, obgleich zugeteilt, betrachtet werden, kann also nicht außer(halb) seiner Mutter bestehen, welche Geist ist.“ (II, Apg. 33; 2. Brief).

Aber das Werk Gottes hat Raum für das Mitwirken des Menschen; und Hahn empfindet es als seinen geschichtlichen Beruf, mehr dies zu betonen als das andere. Es ist falsch, uns bequem zu sagen: die Gnade tut alles, wenn man darunter versteht: weil Jesus alles für uns getan hat, brauchen wir nichts zu tun. Es kommt für das, was erreicht wird, sehr darauf an, ob in uns ein ernstes Streben ist nach Volljährigkeit, Ausgeburt und Vollendung; ob ein Kämpfen ist gegen erkannte Sünde; ob ein Unterwerfen alles Sinnlichen, aller unteren Kräfte. Kommt schließlich alles auf den Christus in uns an, so muss auch alles, was auf Christi Weg zur Herrlichkeit lag, in jeder Seele neu durchgelitten und durchgekämpft sein, und da muss der Mensch dabei sein:

„Der Glaube, von dem wir reden, ist zwar pures Gotteswerk; aber der Mensch muss allerdings mitwollen und mitwirken; denn so, wie die Menschen nicht können, wenn Gott nicht will, so kann auch Gott nicht, wenn der Mensch nicht will; ob er schon allmächtig ist, denn hier tut seine Allmacht keinen Eingriff in die menschliche Freiheit; auch ist es nicht genug, dass der Mensch sage: ich will ja, wenn er nicht mitwirkt. Denn es ist klar, dass er nicht im Ernst will, wenn er nicht mitwirkt; er muss beides: ernstlich wollen und mitwirken, denn wenn Gott nur wollte und nicht mitwirkte, was würde herauskommen? ebenso auch umgekehrt. Darum, wenn du fühlst, dass Gott anfängt, Glauben in dir zu wirken; ergreife mit ernstem Willen die Gelegenheit, und nahe dich demselben Wollen und Wirken Gottes; und das ist es ja, was du kannst und was du sollst! Jetzt wirkst du ja mit, wenn du dich dem Wollen und Wirken Gottes nahst.“ (IV, Hebr. 514f; 42.Brief).

Der großartigen lutherischen Paradoxie: Sünder – in der Selbstbetrachtung – und doch Gottes geliebtes Kind – in Gottes Urteil; verdammt und begnadigt in einem Atemzug – wird Hahn nicht ganz gerecht. Aber er hat als Gegenüber nicht ein Geschlecht mit der Klosterfrage Luthers: wie kriege ich einen gnädigen Gott? – sondern ein Geschlecht, das des gnädigen Gottes von vornherein gewiss ist, das freilich selig werden, und gefühlsmäßig die Wonnen der Gotteskindschaft genießen, aber ja nicht zu geistlich werden, und Gott zu nahe kommen will. „Der alte Adam möchte gern auch ohne Tod das Leben erben.“ Ihm möchte Hahn einen Riegel schieben, indem er betont:

„Träume sind es, Vergebung der Sünden sich einbilden, ohne in der Lichts-Gemeinschaft mit Gott durch Christus zu stehen. Meinung ist’s, selig werden wollen, ohne Geburt aus Gott, ohne Geist und Sinn Jesu. Niemand ist gerecht als der, welcher durch Neugeburt gerecht geboren ist. Niemand hat Vergebung der Sünden, als der wirklich im Werden in der Geburt Gottes ist, denn dieser ist ja angenommen... Die Sünde, die man liebt, wird nicht vergeben.“ (System 288f).

Hahn ist sich dabei klar bewusst, dass er zwischen zwei Fronten steht: Auf der einen Seite die Gesetzesreligion, nicht bloß im Alten Testament, sondern im Rationalismus der damaligen Zeit als bloße Morallehre vertreten – ihr gegenüber muss er betonen, dass man göttliche Kraft, Befreiung durch göttlichen Geist braucht. Auf der anderen Seite das zu rasch angeeignete, und zu bequemem Verzicht umgedeutete Evangelium – ihm gegenüber galt es zu zeigen, was Gott will, und was das den Menschen kostet. Die große Auseinandersetzung mit beiden Fronten finden wir in dem „Lied vom Gesetz und Evangelium“, das den Systemband krönt. (System 593ff)

Wohl weiß man, dass Gesetzlichkeit
Nicht ist der wahren Christen Sache,
Und dass die eigne Heiligkeit
So greulich wie der Höllendrache,
So schrecklich wie die Heuchelei
Und Selbstgerechtigkeit auch sei;
Doch auch das alte Adams-Wiegen*
Heißt ja ein schrecklich Selbstbetrügen,
Und geht nicht Kinder Gottes an,
Weil man sonst schrecklich fallen kann.
*(Hätscheln des alten Adams)
Herr! lass dein Evangelium
Nur lauter Kraft und Leben werden!
Ging das Gesetz streng mit mir um,
So wie mit Manchem hier auf Erden:
So lasse mich auch werden frei,
Dass ich nur dir recht fruchtbar sei!
Lass mich auch Andern Wahrheit sagen,
Nie mit zu viel Gesetz sie plagen,
Und doch mit Evangelium
Nicht wie ein Prasser gehen um.

Aus der Tiefe

(XIII, 478, Lied 177)

Noch tiefer musst du in dich gehen,
Und deinen ganzen Seelzustand
Ursprünglich lernen hier verstehen,
Er ist dir noch zu unbekannt,
Sonst trieb‘ etwas dich innig an,
Zu beten, wie man soll und kann.
Soll etwas tief vom Herzen kommen,
So muss es drinn erwecket sein.
Das, was noch nicht ist wahrgenommen,
Macht auch nicht Sorge, Qual und Pein,
Und man bringt so in falscher Ruh‘
Viel Stunden und auch Tage zu.
Kann ein Abgrund dem andern schreien,
Wenn einer noch verschlossen ist?
Wie kannst du ein Gehör verleihen
Dem, welchem du zu ferne bist?
Kehr also tiefer in dich ein,
Alsdann wird beides möglich sein.
Wie kann Gott tiefer dich erwecken,
Wenn du nicht tiefer in dich gehst?
Wie kann die Hölle dich erschrecken,
Wenn du noch ferne von ihr stehst?
Kehr‘ ein und lass entdecken dir,
Das Böse einzusehen hier.
Die Hölle muss man durchpassieren,
Wenn man ins Reich der Himmel will.
Das Eigne muss man da verlieren,
Sonst kriegt man nichts aus Gottes Füll‘,
Weil Gnadenhunger erst erwacht,
Wenn Hölle gleichsam durchgemacht.
Lass deinen Abgrund erst erwachen
In deiner Herzensewigkeit,
Gewiss, das wird dir Füße machen,
Zu suchen Gottes Herrlichkeit.
Dich quälet eine Höllenpein
So lang du ohne sie sollst sein.
Die Herrlichkeit, die wir verloren,
Die Gott durch Christus wieder schenkt,
Wird freilich nur in dem geboren,
Der ins Erbarmen Gottes sinkt.
Dies Sinken aber geht hinein
Durch Angst und Hölle, Tod und Pein.
Wirst du die Angst von ferne wittern,
So weiche nicht aus dir heraus,
Und sollte gleich die Qual erschüttern
Den äußern Leib, das ganze Haus;
Es muss die Sache, wie gedacht,
Doch einmal werden durchgemacht.
Zu was ich gar zu leicht gelange,
verliere ich auch gar zu leicht.
Macht uns ein Ding nicht angst und bange,
Und wirkt’s nicht manche Herzensbeicht‘,
Kennt man nicht seine Schrecklichkeit,
So flieht man es nicht allezeit.


Was ist Glaube?

Aus der Darlegung des Wesens des Glaubens zu Hebr 11:1

(IV, Hebr 504-508; 42.Brief)

Was ist Glaube und was ist lebendiger Glaube? Ach, dass ich es sagen könnte, wie ich es erkenne! Ach, dass es mir gegeben werden möge durch den Geist, auch in deutlichen verständlichen Reden zu sagen, was es ist um den Glauben, um seine Art und Natur, um sein Leben und Wesen. Erstlich ist das durchaus kein Glaube, der nicht lebendig ist, und ein solcher kann nicht anders geheißen werden, als: Einbildung und Meinung. Die Person, die solche Einbildungen hat, kann wohl natürlich leben; aber das, was sie Glauben nennt, lebt nicht, und ist kein eigentliches wahres Bestandwesen. Da aber in der Menschenseele, die aus unteren und oberen, aus zeitlichen und ewigen Kräften besteht, folglich sterblich ist, sich die Ewigkeit, die ihr der Schöpfer in den Zentral-Sitz des Lebens, nämlich ins Herz, gegeben hat, regen und bewegen kann, indem sie ihre hohen Bedürfnisse zu fühlen gibt, kann es geschehen, dass eben diese höheren Bedürfnisse den Menschen unruhig machen; merkt er darauf, so wird er unruhiger und noch bedürftiger. Nun aber wird ihm bekannt gemacht, oder ist ihm bekannt und er versteht: er solle wollen, wie das höchste Wesen will; denn dem erwachten Nachdenklichen ruft ja die Weisheit auf allen Straßen und Gassen [zu]. Und siehe, es regt sich etwas in ihm, das will, so wie Gott will. So viel, als er dies erkennt, und ob er auch Gott nicht recht kennt; er fühlt Ihn, denn er hat Gewissen und Gottgefühl. Und Gott hat sich im Fall dieses Recht behalten, dass er die menschliche Seele durchgehen und durchwohnen kann. Daher, sobald die Seele will wie Gott, naht sich der ohnmächtige Wille dem Allmächtigen; und nun ist er Magia und Gotthunger. Ob er aber schon lebendig ist, so ist er darum noch nicht Licht; erst dann, wenn das magische Gottbegehren anhaltend, und durch alles Hindernis durchbrechend ist, und nichts anderes das Gottwollen unterbrechen und vereiteln kann; dann erst kann der magische Glaubenshunger für seine leere Herzens-Ewigkeit das Licht des Lebens empfangen, also Leben und unvergängliches Bestandwesen; und wenn er das empfangen hat, ist er erst lebendiger Glaube und hat alles des Guten unsichtbare Art und Natur.

So ist denn nur für Erste, der Glaube ein tief in der Seele sich regender magischer aber ewiger Hunger, welchen freilich jeder, in dem er erwacht oder erweckt ist, in das Licht des Lebens, in den verherrlichten Gottmenschen einführen sollte; denn er ist derselbe Lebensbaum, der die leere Herzens-Ewigkeit im Menschen aufleben [lassen] und anfüllen kann.

Ehe die magisch hungrige Begierde den [Lebensbaum] hat, ist sie zu feurig hungrig, und dabei ist etwas Quälendes. Denn obschon der magische Glaube eine menschliche kreatürliche Kraft ist, die nur der Schöpfer und sein Geist in Bewegung setzt, und nachdenkend und hungrig macht, so wird doch von der Seele gefordert, dass sie glauben soll, zumal sich Gott der Schöpfer in keiner Seele unbezeugt lässt. Wer also der Unruhe in sich Gehör gibt und will, was Gott will, der fängt an zu glauben, aber freilich mit der ihm vom Schöpfer verliehenen und durch seinen Geist erweckten Kraft. Und demnach ist es freilich Gottes Werk, dass wir glauben (Joh 6:29), aber nicht jedermanns Ding ist es doch (2Thes 3:2).

Wenn ich denn nun schreibe, der Glaube habe es mit unsichtbaren Dingen zu tun, und er selbst sei eben von derselben Art und Natur, so habe ich mir ja nicht widersprochen, wenn ich ihn eine Kraft-Magia einer ewigen Seele nannte. Soll ich ihn dann aber nicht eine mögliche Anziehungskraft in der Seele des unsterblichen Menschen nennen? Oder hätte ich ihn zurecht so genannt? Antwort: Nein, denn Möglichkeit ist nicht Wirklichkeit. Es ist wohl in der Seele die Kraft der Möglichkeit. Wenn diese zur Wirklichkeit erweckt ist, kann sie erst Glaubens-Magia genannt werden; und dann wäre eben dieselbe Anziehungskraft dasjenige unsterbliche, ewige Ding, welches den Samen der Herrlichkeit Gottes wieder fassen, und zu einer neuen Kreatur wieder einnehmen kann, und wenn es ihn dann in sich genommen hat, ist nicht nur das was genommen hat, lebendig, sondern im Besonderen ist das lebendig, was es in sich nahm; denn was nahm, ist Seele, und das, was die genommen hat, ist Geiststoff zur neuen Kreatur.

So ist denn nun, ihr meine Lieben! in der menschlichen Seele eine vom Schöpfer anerschaffene Anziehungskraft, eine Kraft des Begehrens und Einnehmens. Dass ich gesagt habe, dass sie ewig sei, beweist ja, dass dem Menschen die Ewigkeit in den Zentralsitz des natürlichen Lebens gegeben ist (Pred 3:11). Nun kann ich aber dieselbe Kraft wohl eine Magia, nicht aber eine Glaubens-Magia nennen, solange die unersättliche unruhige Menschenseele, die immer sucht und wünscht, und in keinem Ding Genüge hat, dieses ihr Verlangen in die Sinnlichkeit und Vergänglichkeit einsetzt; sondern erst dann gebührt ihr der Name Glaubens-Magia, wenn die Seele nüchtern und nachdenklich, erweckt und gottsuchend wird; welches dann, wie die Erfahrung lehrt, durch Beobachtung des Gesetzes in der Seele einen großen Kampf absetzt, weil, wenn sie Gott glaubt und ihn will, Seinen Willen zu tun verlangt, die angeborenen und fest gewordenen Sündenlüste nur wütender macht, weshalb dann auch die Seele bei solchem Glauben an Gott und ihrem gehemmten Gottesverlangen nicht selig sein kann, denn das Spiel wird ihr immerdar durch das Sündengesetz in ihren Gliedern verdorben (Röm 7:9-24), und mithin ist ihr Glaube noch solange kein seligmachender Glaube, bis ihr das Evangelium zu einer seligmachenden Gotteskraft wird, bis sie durch dasselbe erlangt, was die gläubige Seelen-Magia eigentlich will, nämlich die Kraft der Herrlichkeit Gottes...

Sollte es nun nicht klar sein, dass da die Kraft ewig ist, welche der Schöpfer rühren und bewegen, ja unruhig machen kann, dass das Glauben mit Recht vom Menschen gefordert wird, und dass ihn das Nichtglauben mit Recht verdammt. Denn alle Seelen werden gerügt und bewegt in dem gottfühlenden herrlichen Organ des Gewissens; aber wie viele weichen da aus, wie viele zerstreuen sich und führen die starke (Sehn)Sucht in die Sinnlichkeit ein; wollen also nicht glauben, ob sie gleichwohl könnten, und Gott den Glauben in ihnen hat wirken wollen!!

Glauben außerhalb der Christenheit

(IV, Hebr S.591; 46. Brief)

Ich habe Verdruss an den Menschen, die dem Menschen die Erkenntnis Gottes entweder beschränken, oder gar absprechen wollen. Es ist zwar wohl wahr, dass wir von uns selber die Tüchtigkeit, als nämlich von uns selber, nicht haben, etwas Gutes zu denken. Wahr ist es auch, dass der bloß natürliche Mensch von den Dingen des Geistes nichts vernimmt. Aber das ist auch wahr, dass ein Gewissen, ein Gott-mit-Wissen, ein Wahrheits-Gefühl in dem Menschen anzutreffen ist, auch nach dem Fall, sonst wäre in ihm keine Glaubens- und Wiedergeburts-Möglichkeit; wenn denn nun, der alles durchdringende Gottesgeist diese Möglichkeit berührt und bewegt, und gewissermaßen in eine Wirklichkeit versetzt, und die Seele spürt eben dieser sanften, stillen, tiefverborgenen Wirkung nach, so kann sie schon erkennen, dass ein göttliches Wesen sei. Wenn das nicht so wäre, wie hätte Paulus sonst... der Seele ungläubiger Heiden ein Gottes-Gefühl zugestanden (Röm 2:14).

Man muss einen Unterschied machen zwischen dem allgemeinen, und dem eigentlichen wahren lebendigen Christenglauben. Denn bekanntlich glauben Türken, Juden und auch unbekehrte Christen, dass ein einiger Gott, und ein göttliches Wesen sei; es glauben das sogar auch viele Heiden; sie haben aber bekanntlich verschiedene Meinungen, und wenn alle nichts weiter glauben, als dass ein einziges göttliches Wesen sei, so tun sie zwar wohl daran, wie Jakobus sagt Jak 2:19. Aber was tun sie weiter als die Teufel? Denn auch in der Hölle wird dies geglaubt, aber mit Zittern. (Hieraus ist klar, dass in der Hölle mehr geglaubt wird, als die Atheisten und Gottes-Verleugner glauben.) Es ist aber dieser Glaube doch nur ein allgemeiner Glaube, vielleicht mit Recht so genannt. Und wenn freilich aus allen Nationen, Türken, Heiden, Juden und Christen, Seelen sind, die Gott, dieses einige göttliche Wesen, fürchten und dabei des Rechttuns sich befleißigen, so können sie selig werden und Gott angenehm sein. Wenn aber bei allen Nationen der Erde, beim Glauben an ein einzig göttliches Wesen kein Gott-Fürchten und Recht-Tun gefunden wird, so sind sie Gott ebenso angenehm wie die Satane und Teufel; denn diese glauben was auch sie glauben; darum nannte ich es allgemeinen Glauben. Bekannt ist der Unterschied aller Nationen in ihren Glaubensbekenntnissen, darum halten wir uns nicht dabei auf. Es heißt in unserem 11. Kapitel, im 6. Vers (Hebr 11:6): Wer zu Gott kommen will, muss glauben, dass er sei, und dass er denen, die ihn suchen, ein Vergelter sein werde. Wer in aller Welt dies glaubt, welcher Nation er auch sein mag, kann ihn also glauben, kann ihn fühlen und finden, kann ihn fürchten und recht tun, kann glauben, dass er Bestrafer und Vergelter sein werde, kann ihn und sein unsichtbares Wesen auch erkennen, in und aus der Natur, welche ist ein wahrer Spiegel des unsichtbaren Wesens und der unsichtbaren Kraft und Göttlichkeit (Röm 1:20). (Er) kann also nach seiner Erkenntnis Gott auf seine Weise suchen, Ihm dienen und angenehm sein, denn sein Glaube ist nicht allgemeiner Glaube, wie er auch unter bösen Geistern ist; denn diese fürchten zwar Gott, aber darum, weil sie nicht recht tun. Der Recht-Täter zeigt, dass er den besonderen eigentlichen seligmachenden Glauben hat, und ob er Christus nicht kennt und bekennt, ist er doch sein, ist erkauft und wird selig, und das durch Christus; denn der teure Erlöser weiß, dass er nicht schuld ist; Er denkt an ihn und wird ihn retten, reinigen und selig machen; also der ist so ziemlich rechtgläubig, der Gott fürchtet und dabei recht tut, doch nicht so, wie wahre lebendige Christen, denn da ist’s was anderes...

Oder sollen wir denn zweifeln, dass nicht auch der göttlich-menschliche Geist sein Werk in ihnen haben könne? Zweifeln: ob nicht auch in ihnen ein Geistes-Leben gewirkt, und erzeugt werde? Geht doch der Geist des verherrlichten Gottmenschen in alle Lande aus? Sollte Er etwa als Geist der Herrlichkeit nicht auch sein Gotteswerk wirken, wo doch der ewige Geist vorgearbeitet hat, oder wo der Geist der Ewigkeit in einer Seele nach ihm hungert? Oder sollte dieser, in der magischen Seelen-Kraft erzeugte Hunger, nicht Gottes Werk sein? Oder sollte er nicht dieselbe erweckte Glaubensmöglichkeit sein, von welcher vorher geschrieben? Oder sollte Gott diese vergeblich ziehen und erwecken, und gleichsam sich selber in dem Abgrund der Seele nicht erhören? Glaubt aber, was ihr wollt! es ist kein Glaubensartikel, aber mich berechtigt die Schrift, so zu glauben, wie ich noch mehr beweisen könnte, wenn es sein müsste. Wenn es demnach so sein müsste, so gäbe es unter allen Nationen Gottesverehrer und Gottgläubige. Nur schade aber, dass diese nicht mit den Lehren des Christentums bekannt sind; was sollte alsdann aus ihnen Herrliches werden?? – Manches wird ihnen freilich einst am Tisch im Reiche Gottes ersetzt werden, wenn die Kinder des Reiches werden ausgestoßen sein.

Der Weg zum Glauben

(IV, Hebr, S.535-539; 43. Brief)

Die erste Berührung mit Gott.
Ich fange damit an, dass der Nachdenkliche anfängt zu glauben, dass er selbst sei und dass, sofern er nicht wäre, er nicht denken könnte; er wird also glauben, dass es ihm nicht nur von einem Dasein träumt, weil ihm, so er nicht wäre, auch nicht träumen könnte; da er also glaubt, dass er ist, glaubt er auch, dass alles ist, was er sieht, hat also auch das Sichtbare glauben, und seine Zweifel überwinden müssen; wenn er nämlich sich fragte, ob er sei, oder ob ihm nur träume, dass er sei. Er glaubt nun, dass alles sei, was er sieht, und glaubt insofern noch nichts [Weiteres]; aber nun kommt ihm der Gedanke von innen heraus: wenn das alles, was da ist, ist und du auch bist; woher ist alles und auch du? Er hat innerliches Gottesgefühl, das sagt ihm, dass alles sein Dasein von einem höheren Wesen haben müsse; er liest im Buch seines Gewissens, das lautet wie die Schrift, es zeugt auch von Gott. Er betrachtet das Buch der Natur und sieht, dass darin Gottes ewige Kraft wirkt; und weil er glaubt, und ein Gottes-Gesuch in sich spürt, hat er ein Glaubens-Gemerk, dass alles Sichtbare von den unsichtbaren Kräften Gottes sein müsse. Ohne dass er es also recht begreifen kann, glaubt er, dass ein Gott sei, nicht darum, weil es die Kirche glaubt, sondern weil er es fühlt und ein fast deutliches Gemerk davon hat, er sucht, denn er ist von Gott gezogen, das selige Wesen, das ihm ruft, das ihn zieht. Und ihm wird zur Qual das, was ihn hindern will, denn er glaubt gewiss, dass Gott sei, und dass er denen, die ihn suchen, ein seligmachender Vergelter sein werde. Er hält Schrift, wenn er sie hat, und Erfahrung zusammen, es stimmt überein, es ist in ihm das Bestrafende und Seligsprechende wirksam, Wohl und Weh empfindet er, Wohl im Licht, Weh in der Sünde und Finsternis. Und da in ihm die Lichts-Liebe bei allen Versuchungen der Finsternis die Oberhand hat, kann er nicht anders, als in der Qual-Angst, unter allen Anfechtungen um Erlösung, nach Erlösung schreien, sein magischer Glaubenshunger wird immer gottbegieriger, denn er kann ohne Gott und sein Lebenslicht nicht im Sein bestehen, und nun schlägt das Evangelium bei ihm an, sein Glaubenshunger ergreift sehnsuchtsvoll das Lebenslicht, und die Kraft der Herrlichkeit, mithin den Lichts- und Lebens-Samen zu einer neuen Kreatur. Und so hat er in seine Glaubensbegierde empfangen die durch Christus erworbene Glaubens-Gerechtigkeit... also aus Glauben in Glauben, und daraus wird sodann die wahre Lebens-Gerechtigkeit geboren, und ein solcher ist ein wahrer Gläubiger; dieser glaubt der ganzen heiligen Schrift und hat das Glück, alles lebendig zu erfahren. Nun, meine Lieben! muss ich die Frage ändern und fragen: was kann, was wird, was darf ein solcher Christ, der es durch Zeugung aus Gott ist, aus Schrift und Erfahrung glauben? Aber nicht wahr: das heißt viel auf einem Atemzug gefragt? doch ja, zu viel nicht. Denn da ein solcher Christ Geist von Geist gezeugt ist, und also den Geist aus Gott empfangen hat, kann er auch wissen und glauben; zuerst glauben, hernach verstehen, was ihm und allen Kindern, die von derselben Mutter geboren sind, also von Gott gegeben ist. Denn eben der ihm gegebene Geist kann in den Tiefen Gottes forschen, und bis in seinen Muttergrund gründen; er kann mit Gottes Auge sehen, und zentralisch von innen heraus schauen, alsdann sieht er mit dem Glaubens-Auge, was ihm von Gott gegeben worden; dass er also die Sache nicht nur glaubte, sondern sogar wesentlich empfing und, sozusagen, sah und erkannte. Nun ist er aber freilich in diesem Zustand gelehrter als alle seine Lehrer, es sei denn, dass auch diese aus eben demselben Muttergrunde geistlich geboren (wurden).

Glaubt also nach dem, was bereits geschrieben ist, ein aus Gott Geborener etwas, das er nicht selbst ist, da er doch ein kleines Ganzes vom großen Ganzen ist, und da er also nichts Fremdes, nichts anderes glauben darf, als was er selber hat und ist, hat er ja guten Grund mit seinem Glauben; denn es ist kein leeres eingebildetes Ding, was er glaubt, ebenso wenig, als es ihm träumen kann, ob er etwa nur sei; eben sowohl, dass er nicht träumen könnte, wenn er nicht wäre; ebenso wenig er an seinem irdischen Dasein zweifeln darf und kann; ebenso wenig, wenn er sich anders besinnt, kann er an seinem ewigen Sein, an seiner geistlichen Individualität und Wesenheit zweifeln. Und wie er nicht an der Ursache des Daseins der sichtbaren Dinge zweifeln darf, die er doch leiblich sieht; ebenso wenig an den unsichtbaren geistlichen ewigen Dingen, die er mit seinem Geistesauge sieht; und wenn er das nicht immer sieht, weil es oft verdeckt ist im Leibesleben, so hat er doch ein Gefühl davon; ist ihm auch dies in Anfechtungsstunden entzogen, so hat er doch noch gewiss ein wahres Glaubens-Gemerk...

So wenig ein verständiges Kind, welches über sein Dasein (nach)denkt, an Vater und Mutter zweifeln kann, wenn es denn die Herkunft des natürlichen Menschen begreift; ebenso wenig kann der geistliche Mensch zweifeln, dass ihn eine väterliche Mutter geboren, und ein mütterlicher Vater gezeugt habe; und wie sollte er nicht beide in einem Bilde glauben und erkennen, da er doch weiß, dass in Gott die Aktions- und Reaktions-Kraft, die wirkende und leidende Tinktur ungetrennt ist; dass es natürlich im Menschen vor dem Fall nicht anders war, und im wiedererneuerten Ebenbild Gottes nicht anders sein wird; wie sollte sonst sein Geist in die Geburtsquelle forschen, wenn er das nicht so fände?

Die Schönheit eines reifen Glaubenslebens

(IV, Hebr 513ff; 42.Brief)

Der Glaube, von dem wir hier schreiben und lesen, hat seine magische Wurzelkraft in dem Lämmlein, in dem sich alle Kräfte Gottes zur neuen Schöpfung fassen. Darum folgt der Gläubige dem Lämmlein nach. Er ist einem Baume gleich, versetzt ins himmlische Wesen in Christus; sein Stamm geht durch die Lichtwelt und seine Äste durch die Paradieswelt; seine Glaubensfrüchte aber trägt er in der äußeren Welt sichtbar, aber nur Seinesgleichen bekannt. Die Reifen werden ins Lichtreich gesammelt und machen Gott und den Engeln Freude; rechte Kenner sehen und fühlen in den Früchten schon hier die edle himmlische Tinktur; und in Gottes Garten, wo viele solche Glaubenspflanze stehen, da riecht es kraftvoll und lieblich.

Der lebendige Glaube macht den Menschen, der ihn hat, ähnlich der Blume zu Scharon und einer Rose im Tale dieser Welt. Die schöne und kraftvolle Tinktur des Blutes Jesu lässt sich schön blühend an manchen Gläubigen erblicken, und seine holden Freundlichkeitsstrahlen verbergen sich nicht immer an ihnen. Es macht ihn der Glaube zu einem Signum und Charakter der Lichtwelt und Offenbarer der Lichts-Kräfte Gottes in der Liebe. Denn obschon der Glaube für sich betrachtet ohnmächtig wäre, so ist er aber in Gotteskräften wie allvermögend, und der gläubige Beter wirkt mit Gotteskräften; wie könnte er sonst sich selber besiegen, da doch kein Pardel seine Flecken ändern, noch ein Mohr seine Haut in Weißes umwandeln kann? Wie könnte ein Mensch, der ans Böse gewohnt ist, Gutes tun ohne die Kraft des Glaubens, das heißt, so Gutes tun, dass es auch im hellen Licht Gottes als gut gelten könnte?

Nun möchte aber mancher wünschen und sagen: Ach, dass ich auch ein Gläubiger wäre und einen solchen lebendigen Glauben hätte! Liebe Freunde! so denke ich gerade auch, und nicht nur wünsche ich, ein solcher Gläubiger zu sein, sondern ich darf sagen, dass ich schon mehr als tausendmal darum gebeten habe. Nun kann ich zwar nicht sagen, dass ich gar keinen Glauben habe, denn das wäre gelogen, aber doch ist mein Glaube nicht immer, wie ich ihn wünsch; ich muss so viele Zweifel fühlen. Diese unerträglichen Dinge! Ach warum sind doch diese?? Liebe Freunde! bei mir ist’s oft hintendrein, als ob mir aus den Zweifeln ein hellerer stärkerer Glaube geboren würde. Zage auch du nicht! denn Gott will auch solchen Glauben in dir wirken, weil du ihn wünschest und verlangst; nur musst du anhaltend wollen und dich nicht lassen abhalten. So wolle denn du, meine Seele, nur Gott in seiner Herrlichkeit, so willst du, wie du sollst und wirst selig.

Die Rechtfertigung

(System 283)

In dieser Darlegung zeigt sich besonders, dass Hahn die Verbindung mit Gott nicht bloß als eine real-objektive, sondern als eine zugleich durch persönliche Glaubenshingabe, erlebte schildern kann.

Auf mannigfaltige Weise habe ich es probiert, von solchem (nach dem Vorhergehenden: eines Charakters des Zorns Gottes und eines Kinds der Hölle und Unseligkeit.) Zustand loszukommen, hat mir aber nicht gelingen wollen. Je mehr ich das Gesetz Gottes betrachtete, je mehr sah ich meine Ungestalt und Finsternis; je mehr ich mich entschloss nach dem Gesetz Gottes zu leben, je mehr regte sich in mir das Sündengesetz, bis ich also meiner Gerechtigkeit, die ich noch zu haben glaubte, starb. Jetzt war ich ein Toter und Verfluchter, alle Hoffnung war dahin, bis ich gleichsam so tot war, dass nichts von meiner eigenen Gerechtigkeit sich regte. In solchem Zustand stand ich lange; endlich wurde mir auf einmal Jesus mit seinem Verdienst vorgemalt im Evangelium, und ich bekam Hoffnung und Hilfe. Vorher schätzte ich mich auf immer und ewig dahin [verloren] und glaubte, dass mir gar nicht mehr zu helfen wäre. Mir wurde klar, dass ich ein übernatürliches, ein göttliches Leben nötig habe, wenn ich nach Gottes Gebot und Willen leben wolle, wenn ich sollte selig werden; dieses göttliche Leben allein sei imstande, das finstere verkehrte Drachenleben in mir zu überwinden und zu zerstören. Dieses Leben aber erlange ich auf keine andere Weise, als durch den Glauben an Christus, welcher der lebendig machende Geist, der andere Adam sei. Wer aus Ihm geboren sei, der habe Leben und Geisteskraft, Gott gefällig zu wandeln. Ich wandte mich zu Ihm, vom Vater gezogen, wurde lieblich angeblickt (ein echter Lutherton!), und es gefiel mir Jesus, der Abglanz der Herrlichkeit, im ersten Augenblick so wohl, dass ich Ihm das Herz ergab. Und in der Tat empfand ich geistvolle Einflüsse von Licht und Leben; ich empfand schon die Seligkeit im Gesetze der Freiheit, und von nun an ging mein Durst nach Jesus-Ähnlichkeit, nach Vollendung und Ausgeburt, und fiel mir nimmer schwer, nach dem Willen Gottes zu leben. Ich empfand das höhere Geistes- und Lebensgesetz Jesu in meinem natürlichen Lebensumlauf regierend, und konnte nun Frucht des Lebens tragen. Aber abwechslungsweise war es so; und Unachtsamkeit bei so vielen verführenden Dingen in der großen Welt, die ihre Gleichheit fanden in mir, der kleinen Welt, machten, dass ich oft wieder eine Zeitlang Unruhe fühlte. Das Wort Gottes aber half mir zurecht, indem es mir zeigte, wie ich nur mich erneuern, nur zum Gnadenthron wenden dürfe; Gott habe mir die Sünde, die ich ewig nimmer zu tun, zu üben und zu lieben verlange, schon vergeben, und sehe mich in Christus, meinem Stammvater und in Seinem göttlich-menschlichen Geist als meine Ausgebärerin für vollkommen an, weil ich es gewiss werden würde, wenn ich in demselben Vater und in derselben Mutter bleiben werde. Mir wurde auch gezeigt, wie keine angeborene Sünde und Finsternis, wenn sie sich im Wiedergeborenen fühlen lässt, verdammlich sei, sofern wider sie in der Kraft der angeborenen Lebensgerechtigkeit gestritten werde, welche dem Glauben angeboren wird aus Christus. Solcher Gestalt erfuhr ich die Rechtfertigung, und so kann ich sie beschreiben.

2. Die Entwicklung

Während bei vielen Darstellungen des Glaubenslebens der Hauptton, und fast die einzige Aufmerksamkeit auf den Anfang, die sogenannte Bekehrung fällt, ist für Hahn das Gegenteil charakteristisch. Der Anfang des Glaubenslebens kann ein ganz einfacher, kaum beachteter Lichts-Eindruck sein, der aufgenommen wird und Frucht schafft. Ihm ist vielmehr wichtig, das Glaubensleben als einen Prozess, eine wachstümliche Entwicklung aufzuzeigen, bei der keine Stufe übersprungen werden kann, keine aber auch das Ziel darstellt. Es handelt sich bei ihm zugleich um einen im höheren Sinn physischen Prozess, den Aufbau eines Geistleibs aus Lichtstoff, dessen Organe zur Erfassung des göttlichen Lebens ausgeboren, gebildet, gepflegt werden müssen, ehe sie benützt werden können. Aber auch das geistliche Ziel ist ein so hohes, dass es nicht mit einem Male erreicht werden kann. Es handelt sich darum, dass alle Folgen des Falls Adams ausgetilgt werden: der Mensch muss erneuert werden nach dem Bilde Christi, seine Zerrissenheit muss durch den Einfluss göttlicher Tinktur ergänzt werden, er muss vereinigt werden in der Tiefe seines Wesens mit Gott, und er muss herrschen über die niederen Kräfte seiner Natur wie ein König über seine Untertanen – dann erst ist er ein kleines Ganzes von einem großen Ganzen, ja ein kleiner Gott und Christus geworden. Die Entwicklung dazu braucht Zeit und Geduld. Weder von hohen Worten noch erregten Gefühlen jugendlichen Feuers lässt sich Hahn etwas vormachen, dass etwas erreicht ist, was nicht geburtsmäßig errungen wurde – und zwar bei sich selbst, wie in der Seelsorge bei andern. Wir treffen hier eine Nüchternheit, die zugleich einen echt schwäbischen Zug seines Wesens darstellt. Wenn er den Mystiker mit einem Male in die Tiefe der Gottheit sich stürzen sieht, kommt ihn etwas Neid an, aber er fasst sich, und will lieber seinen eigenen langsamen sicheren Weg gehen:

„Ich verlange Volljährigkeit und Vollkommenheit. Du weißt im Voraus, dass du mein Alles bist, und dass ich am allerliebsten in dem Allerinnersten deines Heiligtum sein möchte. Es ist wohl den Mystikern, die das alles übergucken nicht übel zu nehmen, aber sie werden es ganz anders finden; ich begehre nichts zu überspringen. Du hast mir gezeigt Räume der Seligkeit, in denen du dich unterschiedlich offenbarst; ich begehre mich in keinen grenzenlosen Raum der Unergründlichkeit auf einmal zu verlieren, wo alle Geschöpflichkeit gleichsam aufhören soll. Du hast mir gezeigt, dass Geistleiblichkeit vollkommene Seligkeit sei, und Harmonie mit vollkommenen Geistern, in Geistleibern vollkommenes Vergnügen; ich will also nicht einem heiligen "Weiß-nicht-was" wie ein Unding überlassen sein. Es ist auch nicht dein Wille, dass ich das wollen solle, mein Gott! Denn wenn ich das wollte, würde es nur Mangel des Verstandes und wahren Begriffs der Sache sein. Ich habe geistliche Sinnlichkeit in Körperlichkeit unsterblicher, unzerstörbarer Substanzen in deinem Lichte erkennen dürfen; darum ist mein Seelengeist in Mäßigung, nichts zu überfliegen, ohne vorher die Flügel zu haben, dass ich nicht falle (VI, 2.Abt, 914ff; zu Psalm 84).

Was ist nun der Weg zu diesem Ziel? Welches sind die hauptsächlichen Förderungen und Hemmungen auf ihm? Das ist das Hauptthema des Hahnischen Schrifttums und man müsste als Antwort eigentlich die ganze Fülle seiner seelsorgerlichen Briefe ausschreiben. Dieses Grundthema gibt seiner Lehre die Gestalt einer praktischen Lebensanweisung, um die sich alle theosophischen Gedankengänge nur wie Ranken legen. Einige Grundzüge heben sich deutlich heraus.

1. Der Weg zur Vollkommenheit ist ein Weg der Mystik, der Konzentration auf das Allerinnerste des Seelengrundes. „Christus, sofern er die Herrlichkeitsmutter seiner Gläubigen ist, ist in der Seele des Menschen zu suchen... so muss demnach der Mensch immer einkehren und inne bleiben, wenn er in Christus als in seiner Mutter bleiben will... wir schreien zu Ihm, nicht allein zu Ihm aus uns hinaus, da Er überall allgegenwärtig ist, sondern auch zu Ihm hinein, da Er im Allerinnersten nahe ist (II, Petr 190; 45.Brief).

Daher ist die größte Gefahr die Auskehr, das Sich-Beschäftigen mit der Kreatur, das Eingehen in die Vielfalt. „Kehr ein, ach kehr doch nicht aus!“ Dabei ist es durchaus nicht von entscheidender Bedeutung, ob dieses Sich-Verlieren ein geistliches Mäntelchen umgelegt bekommt. „Manchen erhascht der Feind durch Allgeschäftigkeit und Vielwirksamkeit, dass er nicht mehr mit dem Herrn zusammenfließt, also nicht Kraft zum Fruchttragen anzieht. Einen andern macht er nach geistlich scheinenden Wissenschaften begierig, dass er lieber ohne Gottesgeist forscht und liest, statt zu beten und einzudringen; wieder einen andern beredet er, was er ein Gotteswerkzeug werde, wenn er sich in den und jenen Umtrieb einlasse, viel gewinne, und dann der Gemeinde des Herrn damit diene; abermals einen andern weist er in ein närrisches Dösen (Träumen) und untätiges Horchen in der Eigenheit an, damit er ja allerhand Gaukeleien und Phantasie erwecke.“ (II, Petr 192f; 45. Brief.) Jede Auskehr, auch wenn sie nachher bereut und vergeben wird, ist verbunden mit einem Verlust an Kraft, an Tiefe des Schauens, an Vollendungsmöglichkeiten. Insofern ist Hahn Mystiker; die straffe sittliche Zielsetzung und das Bedürfnis nach dem Aufbau einer geistleiblichen Gotteswelt ergänzt aber diesen rein religiösen Verinnerlichungstrieb.

Das Mittel der Konzentration und Einkehr ist das Gebet. Er unterscheidet einmal ein dreifaches Beten nach seiner Quelle: ob es komme aus dem Vorrat des Gedächtnisses oder aus der Fülle des Herzens, also den seelischen Erregungen, oder aus dem Geistquell der Wiedergeburt (XII, 699; 98. Brief). Das Beten auf dieser höchsten Stufe ist ein Sich-Hineinbeten in Gottes Wesen, ein Eindringen in die Tiefen, ein Zusammenfließen mit Gott, der ein Geist ist. „Brich durch die kleine Welt und durch alle Natureigenschaften und durch das Feuer, das ums Paradies [ist], und solltest du es, wie Elias, siebenmal nacheinander probieren müssen.“ 1Kö 18:43; (VI, 1.Abt, 199; zu Ps 3). Mächtig bricht in den niedergeschrieben Gebeten, und in den Gebetsliedern die Leidenschaft einer Feuerseele durch, die das, was sie liebt, nicht nur verherrlichen, sondern sich ganz zu eigen machen will. Folgerichtig ist dann auch die Wirkung des Gebets: es ist ein Mit-Gott, d.h. mit göttlichen Kräften wirken in der kleinem Welt des Innern, wie hinaus in die große des All. „Die Mitwirkung der Seele mit den Kräften Gottes ergreift mit ihrer geschöpflichen Unmächtigkeit die Kräfte der Allmächtigkeit, und der Seele geschieht nach ihrem Glauben, welcher die Kräfte der All-Wirksamkeit, indem er mit denselben wirkte.“ (III, Kolosser 114; 34. Brief.) Den Verzicht auf mündliches Gebet, wie er in mystischen Kreisen als das Vollkommenste gepflegt wurde, empfindet Hahn als etwas Unnatürliches.

2. Der Weg zur Vollkommenheit ist weiter ein Weg der Zucht, da beides, Natur und Geist, altes und neues Wesen noch ungeschieden sind, und die aus beiden kommenden Kräfte durcheinanderwogen. Darum braucht die Seele Zucht. Dabei ist es Hahns Grundsatz: zuerst der natürliche, darnach der geistliche Mensch (1Kor 15:46), der natürliche Mensch stellt den Acker dar, in den der göttliche Same aufgenommen, und die Frucht erzielt werden soll. Die Zucht ist darum nicht gerichtet auf Vernichtung des natürlichen Lebens als solches, sondern auf vollständige Herrschaft des Geistesmenschen über das Naturleben. Die Seele muss sich, um diese Geistesfreiheit zu erlangen, durchleuchten und durchrichten lassen, nicht mit einer einmaligen Buße, sondern in beständiger Vertiefung und Verfeinerung – das Leben des Christen muss eine fortwährende Buße, ein immerwährendes Wachen – denn „die Anfechtungen vermehren sich mit der Zunahme der Geistesstärke“ (XII, 188; 29. Brief).

Die erste Aufgabe der Zucht ist, ans Licht zu stellen, was da ist an Sünde und Unordnung. Dabei wird der Christ die Erfahrung machen: „Nie empören sich die sinnlichen Dinge so, als wenn wir am meisten dagegen streiten wollen“ (psychologisch ganz richtig beobachtet!) (IV, Hebr 670; 50. Brief). Diesen demütigenden „Herausstellungen“ soll man sich aber nicht in hochmütigem Trotz, oder in scheinbarer Geistlichkeit entziehen wollen, denn es muss zutage kommen, aus welchen Quellen der verschiedenen Leben jeder Gedanke entspringe, woher die und jene Nebengedanken gekommen sind. Wen Gott nicht erniedrigen kann, den kann er auch nicht erhöhen, wen er nicht arm und klein machen kann, dem kann er auch den Reichtum nicht mitteilen. Hahn verfolgt deshalb auch in der seelsorgerlichen Praxis den Weg, wo ein Fall vorgekommen ist, nicht in diesem zu wühlen, sondern mit Milde und Bestimmtheit darauf zu dringen, dass er in Redlichkeit und Lauterkeit geoffenbart wird und zu einer Demütigung, zu einer Durchrichtung führt (Beleg s. S. 209). Dann ist er nicht umsonst gewesen. Die Zucht ist nicht bloß als eine innere verstanden, sondern zugleich als eine äußere in dem Sinn, dass der das Licht Liebende der Ermahnung zugänglich sein soll. „Wer Licht liebt, liebt auch den, der ihm im Licht die (noch vorhandene) Finsternis zeigt.“ (XII, 360; 51. Brief.) Die ganze brüderliche Gemeinschaft ist auf gegenseitige liebende Zuchtübung angelegt. Doch darf dies nicht mechanisch geschehen: er weiß von Zuständen, wo wenige Kinder Gottes uns verstehen und auch diese sich zurückhalten, denn „es (was in der Seele vorgeht) ist des Herrn Werk, und niemand soll ihm drein schwätzen“ (VI, 1.Abt, 309; zu Psalm 18).

Der Hahnische Frömmigkeitstypus ist damit der genaue Gegensatz zu allem Gefühlschristentum, das die subjektive Empfindung des Friedens und der Freude pflegt. Er macht von vornherein ein Fragezeichen an alles Christentum, das nur jauchzen und danken kann, und nichts mehr an sich zu klagen findet, weil er hier die Gefahr der Selbsttäuschung in der Nähe findet. Alle Erregung wird daraufhin geprüft, ob sie aus dem sinnlich-seelischen Gebiet kommt, so sehr, dass man manchmal fragt, ob er dem ganz gerecht wird, dass wir nun einmal sinnlich-seelische Wesen sind. Mit einer Energie und Ehrlichkeit, die nur im eigenen Kampf mit sich selbst errungen sein kann, verfolgt er das Sinnlich-Seelische bis in seine letzten Schlupfwinkel. Die Verehrung, die zu den älteren Brüdern aufblickt, wird daraufhin untersucht, ob sie nicht eine feine Form der Menschenanbetung ist. Die Anhänglichkeit der Gemeinschaftsglieder wird daraufhin geprüft, ob sie nicht Kreaturen-Liebe ist, die Gott etwas entzieht (vgl. den Briefabschnitt „Kreatürliche und geistliche Liebe“, S. 215). Die Freudigkeit zum Bezeugen des Erlebten, namentlich bei jungen Christen, stimmt bedenklich im Blick darauf, dass sie sich etwas darauf einbilden können. (Auch der Verzicht auf allen Reiz des Schönen in der Verehrung Gottes, und in der brüderlichen Aussprache gehört in diesen Zusammenhang; es ist ein bewusster Verzicht, nicht bloß ein Nicht-Können.) Ja nicht einmal das ist ein Zeichen der gottgefälliger Frömmigkeit, dass überhaupt verleugnet und gekämpft wird: „Manche in des Herrn Armee meinen, wenn nur geschossen und geschlagen sei, so gelte das schon – ob Natur und Eigensinn dabei fortleben oder nicht. Sie überwinden sich in etwas und sehen schon, wie sie sich in etwas entschädigen, sie treiben das Natur- und Eigenheitsfeuer nur aus einem Winkel in den andern, und was sind das anderes, als Spiegelfechtereien. Bei solchen Aktionen stirbt der alte Mensch auf einer Seite, dass seine Eigenheit mehrfältig leben möge.“ (IV, Hebr 655; 49. Brief.) – Ein solcher Drang nach Reinheit der Willenshingabe wird selten gefunden werden.

3. Auch die Leiden auf dem Weg des Christen treten unter den Gesichtspunkt der Zucht, ja des Gerichts über den alten Menschen, das deswegen ein Gnadengericht heißt, weil es dem Menschen etwas vom jenseitigen Gericht erspart. Das Leiden ist eingeordnet in einen genauen individuell angepassten göttlichen Erziehungsplan und dient dazu, den Menschen auszuziehen, vom Eigenen zu befreien, und damit dem Geistesmenschen zum Durchbruch zu verhelfen. Das scheinbar größte Hindernis ist als stärkstes Förderungsmittel des inneren Menschen gemeint. Gerne wird es mit einem Schmelzungsprozess beschrieben oder als solcher dargestellt; in einer solchen Schilderung heißt es: „Kaum hat die in ihr selbst dunkelsehende Seele einen blitzschnellen Farbenstrahl mögen in der chaotischen Materie wahrnehmen, so ist schon ein stärkerer Feuergrad in der Gerechtigkeit Gottes vorhanden, da dann die Seele neue Abgründe der Finsternis sich in ihr offenbaren sieht.“ (XI, 2.Abt, 443; 51. Brief.)

Das Bewusstsein, dass die Leiden und Demütigungen so, wie sie kommen, nötig sind, begleitet die Seele in die dunkelsten Finsternisse und ist geradezu ein Reifegrad; es muss soweit mit einer Seele kommen, dass man von ihr sagen kann: sie hätte im Grunde, in Gottes Führung verliebt, nicht entlaufen mögen, ob sie auch hätte daraus kommen können (XI, 2.Abt, 444). Auch zum Weg-Beten der Leiden hat der Christ nicht volle Freiheit: „Wenn die Rute weggeschafft wird, werden sie mit etwas Ärgerem gezüchtigt oder..., es entgeht ihnen ein großer Nutzen auf jene Welt.“ (XII, 81; 10. Brief.) „Du denkst freilich“, redet er einmal einen an, „ich bin in aller Welt zu nichts ungeschickter als zu diesem, lass es sein, darum sollst du dieses lernen.“ (XII, 241; 33. Brief.) Der gereifte Christ will es nicht anders: Israel muss durch Recht, durch Anwendung göttlicher Rechtsmaßregeln, erlöst werden.

Als Grund, warum auch Fromme und im Glauben an Christus Stehende, von diesen Gerichten nicht verschont werden können, gibt Hahn auch an: Gott kann anderen Kreaturen gegenüber, namentlich dem Satan gegenüber, die Gläubigen nicht anders verherrlichen als auf rechtmäßige Weise, und dazu gehören die in jeder Seele wiederholten Leiden Christi. Es entspricht dieser Auffassung des Leidens, dass die seelsorgerlichen Briefe an solche, die in schweren Heimsuchungen stehen, auffallend ernsten Ermahnungscharakter tragen; es ist Hahn weniger um Trost im gewöhnlichen Sinn zu tun als darum, die Betroffenen zur Erkenntnis der im Leiden liegenden Aufgabe zu erziehen (Beispiel Seite 221: Wie die Leiden...). Diese hohe Schätzung der Bedeutung des Leidens im Christenleben hindert nicht, dass Hahn alles selbstgewählte Leiden, die Askese im gewöhnlichen Sinn, ablehnt. Denn in allen selbstgewählten Leiden und Opfern liegt die Versuchung, dass die Eigenheit sich verstecke, und einen feineren Weg des Selbstruhms und der Selbstbehauptung suche. Deshalb sagt er etwa: Widerstehe in allem der alten Natur, soweit es sich tun lässt, doch mache aus dem Christentum keine Parade, und übe soweit als möglich das Beste heimlich. „Die Strenge ist schon nicht mehr einfältig, wenn er seine Strenge weiß und damit gesehen werden will.“ (III Kol 171; 36. Brief.) Nicht Standesveränderung, sondern Sinnesänderung ist das Schwere und Entscheidende! Vgl. den köstlichen Brief an eine Dienstmagd, die sich in gottseligen Müßiggang zurückziehen will (Seite 106).

Zwei Züge fallen im Blick auf den Heilsprozess ins Auge. Es ist, aufs Ganze gesehen, ein schwerer und immer steiler werdender Weg, den Hahn in seinem Christentum geht, und gehen heißt. Es kommt nie zu einer Erhebung, wie z.B. bei Paul Gerhardt, zu einem Abwerfen der Last: „Der Brauchbarste ist der, der aus Erkenntnis seiner Grundverdorbenheit voll Misstrauen gegen sich selbst ist“ (XII, 263; 36. Brief), und es bleibt bei dem etwas ängstlichen Trost: „man hofft, es werde zu seiner Zeit besser ausfallen, als man es sich selber einzugestehen das Herz hat“ (XII, 249; 34. Brief). Und doch zieht es sich durch die seelsorgerlichen Briefe hindurch, wie anziehend und anfeuernd er auf männliche Charaktere unter beiderlei Geschlechtern gewirkt hat. Einen besonders ernster Ton bringt der Gedanke noch herein, dass jedes Abgleiten und jeder Stillstand im eigentlichen Sinn nicht wieder hereinzuholen ist, jeder Makel, ob man auch gerettet wird, sich unauslöschlich der Entwicklungsgeschichte einprägt. Den bezeichnendsten Ausdruck findet dieser Gedanke in der Deutung der Geschichte vom verlorenen Sohn. Nach Hahn bleibt dem älteren Sohn, der daheim geblieben ist, ein Vorzug; der verlorene Sohn ist wohl heimgekommen und freundlich aufgenommen worden, aber als „Zölling (Höriger) und Beisasse“, sein Erbe wird ihm nicht wieder ersetzt [er wurde aber wieder als Sohn angenommen und bekam das beste Kleid und den Ring als Zeichen der Mitherrschaft!] – dem Daheimgebliebenen allein wurde gesagt: alles, was mein ist, das ist dein. (XII, 2.Abt, S.226; 117. Brief und öfter. Ob Hahn hier Jesu Meinung getroffen hat, scheint fraglich. Denn gegen eine solche Rangordnung hätten die Pharisäer, auf die sich zweifellos der ältere Sohn bezieht, kaum etwas einzuwenden gehabt; dass die zu Gnaden angenommenen Zöllner und Sünder ihnen gleichgestellt werden sollen, das erzürnte sie und fanden sie so unbegreiflich. Die souveräne Gnade Gottes kommt in diesem Ansatz zu kurz.) Darum ist es Hahn so wichtig, dass der Gnadenlauf in jungen Jahren beginnt, und mit stets gleichem Eifer fortgesetzt wird.

Dann aber bezeichnet das Hahnische Frömmigkeitsbild einen hohen Grad von Tiefe und Innerlichkeit. Das, was im modernen Christentum so wichtig genommen wird: Das Wirken des Christen nach außen tritt ganz zurück gegenüber dem, was man mit sich selbst zu tun hat. Wenn die Aufgabe des Christen so bestimmt wird: gerettet, um zu retten (heute gerettet, um morgen schon andere zu retten), so würde Hahn dem entgegenhalten: ein Kind kann kein Kind erziehen, es muss erst selbst wachsen. Auch dieses Wirken an andern ist, oder kann sein eine Art Selbstsucht, eine Form, in der die Eigenheit ihr Betätigungsfeld sucht. – Aber auf der höchsten Stufe der Bewährung kommt es doch zu einer Missionsaufgabe, zwar nicht in bewusster Einwirkung, aber durch unbewusste Geistesmacht. Die, die ausgeboren sind, werden zu Mittelsubstanzen, durch die Christus sich mitteilen und siegend wirken kann, zu Priesterseelen, die durch barmherziges Mittragen fremder Not und Schuld, das Salz der Erde sind. Ja, der Segen priesterlicher Persönlichkeiten geht auf geheimnisvollen Wegen heiligend und erlösend hinaus in die untermenschliche Kreatur. (Der Christ, ein lebendiger Altar, s. S. 199).

Herrschaft des Geisteslebens über das Naturleben

(IV, Hebr 526; 43.Brief)

Durch Verheißung und Evangelium empfängt der Glaube die Kraft und den Samen der Herrlichkeit, in der er selig ist, und durch diese empfängt er ein neues Licht-, Geist- und Glaubensleben, und in demselben Samen liegt das Geistes-Gesetz, die Kräfte der sieben Geister Gottes, die sich enthüllen und entwickeln zur neuen Jesus ähnlichen Kreatur, sofern die lichtliebende Seele lichtliebend und in Jesus, als der Herrlichkeit Gottes, mithin in seiner eigentlichen Mutter bleibt; mithin ist bei solchen gläubigen Seelen das Geistesleben das eigentliche, das herrschende Leben zum Herrschen in ihnen geboren, und herrscht gläubig über Natur und Sinnlichkeit; das Fleisch und sein niedersinnliches Naturleben ist der Acker des Geistes, und als eine kleine Welt des Geistesreiches voller Untertanen, nämlich voller Sinnen-Arten und verkehrter Willensneigungen, und werden also dem Fleische vom Geiste in seinen Forderungen Schranken gesetzt, indem nicht alles wahre Bedürfnisse sind, was das Herz gelüstet, wenn zeitliche und ewige Kräfte untereinander [gegeneinander (Gal 5:17)] liegen und untereinander wollen. Denn hier hat der Glaubensgeist sein Geschäft, wissend, dass der Mensch nicht vom Brot allein lebt.

Das Glaubensleben ist ein Geistesleben, und umgekehrt: das Geistesleben ein Glaubensleben. Ja ihr wisset es, dass der Geist zum Herrschen geboren ist, weil er königliches Geblüts und Herkommens ist; aber auch das werdet ihr wissen oder ihr sollt es wissen, dass er im Stande der Minderjährigkeit ist, und somit also nicht ein abgesondertes individualistisches, ihm zwar zuteilgewordenes, aber nicht getrenntes Leben hat, folglich außer[halb] seiner Mutter nicht bestehen, noch weniger herrschen kann. Ist er doch im Leibesleben kaum als geboren, geschweige als volljährig zu betrachten, und darum hat er immer seine väterliche Mutter nötig, und muss immer wieder mit Gebet und Ringen wiederkehren aus aller Natur und Sinnlichkeit. [Es folgt eine Ausführung über das Gebet als ein mit Gottes Kräften wirken.]

Die priesterliche Aufgabe an der Natur

(X, Lied 24, V. 9ff)

Priester sind die Gotteskinder,
Segenskinder sind sie auch;
Sie verschlingen nichts, wie Sünder,
Ungesegnet in den Bauch.
Durch danksagende Gebete
Machen sie vom Fluche frei.
Merk es, was Gott gerne hätte,
Was an dich sein Wille sei!
Mach die Kreatur nicht seufzen,
die der Fluch so hart bedrückt,
Welche unter ihrem Krächzen
Fast von lauter Fluch erstickt.
Ringe mit den Eigenschaften,
Bis der Segen Fluch verschlingt.
O das Beten wird schon haften,
Wenn es gläubig in Gott dringt!
Auf den heiligen Altären
Brennt das heil’ge Feuer fort,
Und verzehrt zu Gottes Ehren
Alle Gaben immerfort.
Dies heißt mir das rechte Danken
Und der rechte Priesterstand.
Doch ich will mit niemand zanken,
Welchem er nicht so bekannt.
Selbst die Gabe schätzt sich glücklich,
Wenn ein solcher sie geneußt,
Weil er sie wie augenblicklich
Wie aus dem Verderben reißt.
Steigen wollen die Naturen
Wie an einer Leiter auf;
Auch die stummen Kreaturen
Suchen solchen Gang und Lauf.
Mach mich, Herr, zur Priesterseele,
Dass ich alles segnen kann,
Dass kein unrecht Ding mich quäle
Und dass mich nichts klage an!
Dankend lass mich alles segnen,
Was doch soll gesegnet sein;
Deinen Geist lass mir begegnen,
Denn er wirket dies allein!

Der Weg der Konzentration

Ganze Entschiedenheit
(Nach mündlicher Tradition an eine Müllers-Tochter vom Schwarzwald. Sie war an ein Verhältnis mit einem jungen Mann gebunden und klagte Hahn über Mangel an Glaubensfreudigkeit.
Liederband Nr. 400)

Die Seelen sind übel dran,
In welchen sich Jesus nicht kann
Nach seinem Begehren
Vollkommen verklären,
Da sie doch auch schon viel Gutes getan.
Ach sage, was hindert es doch,
Was steht denn im Wege ihm noch?
Sie halten nicht stille,
Bis er sie erfülle,
Bis er sie bringt an sein Seligkeitsjoch.
Ihr Wille, ihr Herz ist nicht fein
Auf eines gerichtet allein,
Sie wanken und schielen;
Wie kann sie dann füllen
Jesu im innersten Grunde so rein?
Der Will‘ der nur eines begehrt,
Ist feste von allem gekehrt;
Das, was er soll hassen,
Das wird er verlassen;
Dieser wird bald in sein Urbild verklärt.
Im Willen liegt freilich die Macht,
Denn Gott hat sie in ihn gebracht.
Wer will, der kann wollen
Das, was er wird sollen;
Sie flieht vorm Tage die finstere Nacht.
Sprich, Herz, vor dem heiligen Licht
Nicht mehr: ich kann immer noch nicht;
Sag: ich hab nicht wollen
So, wie ich hab sollen.
Dieses ist Ursach‘, warum mir’s gebricht.
Herz, ach, überleg‘s nicht zu lang,
Sonst weicht der lebendige Drang,
Sonst weicht sie, die Gnade;
O das wär ja schade!
Dieses bedenke, macht es dir gleich bang‘.
Bedenke dein Seligkeitsheut,
Die Gnade hat Grenzen und Zeit;
Lass die nicht verschwinden,
Und bleib nicht dahinten,
Eile in Jesu geöffnete Seit‘.
Halbiere doch länger nicht mehr,
Gib ihm doch den Willen ganz her;
Du musst dich ermannen;
Denn keinem Tyrannen (nicht für einen Tyrannen)
Fordern freilich die Herzen nicht mehr.
In Jesu wird Herzen so wohl,
Er macht sie so seligkeitsvoll;
Nur Friede und Freude
Ist sie, ihre Weide;
Seele ich sage dir hier, was ich soll.
O Jesu, so zieh mich doch los,
Mach alles mir klein und dich groß!
Zieh mich, mein Verlangen,
Und nimm mich gefangen,
Dass es mir falle, das edelste Los.
Mein Jesu! ein Ding das vergeht,
Das nicht in dem Lichte besteht,
Das lehr‘ mich verschmähen,
Ihm gänzlich entgehen;
Höre doch, was meine Seele dich fleht!

Heilige Abgezogenheit

(System 309f)

Der Umgang mit Gott macht göttlich, der Umgang mit Kreaturen kreatürlich. Ein geistlich gesinnter Mensch steht den Einflüssen Jesu offen; der irdisch gesinnte ist ihnen verschlossen. Kehre immer wieder ein, und lass dich nichts binden. Alles ist eitel und eine Verzehrung des Geistes; es muss sich doch endlich alles Jesu ergeben, und ohne Schmerzensgeburt geht es nie ab. Darum nur frühzeitig daran, so kann man zur Erstlingsherrlichkeit gelangen und kommen. Was uns das Zukünftige vor dem Auge der Seele wegzaubern will, ist uns ein Satan, den wir hinter uns jagen sollen. Der Glaube und nicht die Vernunft muss herrschen, sonst geht’s übel zu in der Ökonomie unseres Gnadenberufs und Standes. Alles im Blick auf Jesus, in Kraft seines Geistes tun, heißt wohl gewirkt; sonst ist oft die größte und scheinendste Beschäftigung nur Müßiggang. Nichts hält [besteht] in jenem Feuer die Probe, als was aus dem Ursprung geflossen ist und wieder dahin eindringen darf.

O dass wir mehr darum bekümmert sein möchten, wie wir den Unrat des ungeistlichen Wesens immer aus dem Herzen schafften; als wir bekümmert und bemüht sind, andere zu reformieren! Denn wir können weiter nichts ausrichten, als an uns ausgerichtet worden ist. Wenn wir einfältig auf Jesus blickten, würde uns seine Fülle erfüllen: und wie Sonnen in ihrem System Götter der Natur sind, so würden wir in unserem Zirkel ohne Selbstsucht sein: schätzbare Lichter der Welt. Gleichen wir nicht der unersättlichen Hölle, wenn wir den Hunger, dem nur Gott allgenugsam sein kann, in die Kreatur einführen? Machen wir uns nicht zu Götzen unter unseren Nebenmenschen, wenn wir von ihnen wollen geachtet sein? Ach, dass wir unsere Sättigung im Ausstrahlen der göttlichen Vollkommenheit möchten finden, und das Ausfließen der vollkommenen Jesusgedanken uns tränken möchte! Keine Speise nährt unsere Seelengeister, wie das Tun des Willens Gottes. Solche Ebenbilder Jesu sind Lichter in der Welt und ein Salz der Erde. Nichts verweigert ihnen die Natur, nichts wird ihnen die Wahlstimme versagen, wenn sie zu Königen erwählt werden sollen; denn priesterlich gehen sie mit allen um und segnen, was unter Fluchs-Banden seufzet. O selige Leute!

Warnung, sich zu verlieren

(XI, 2.Abt, 415f; 47. Brief)

Immanuel!
Geliebte Schwester!
Siehe zu, dass nicht Vorwitz deine Sache verderbe und dich zu einer geistlichen Hure mache; denn die verlorene Jungfrauschaft kann nicht leicht wiedergefunden werden. Es ist freilich viel, wenn Gott denen am gläsernen Meer mit Harfen ersetzt, was den Lammesjungfrauen durch Wiedergeburt geheiligt, und gegeben worden ist! Kehre ein, sammle die Seelenkräfte in einen Grund vor dem uranfänglichen Eins, und werde das leidende Teil seines Wirkens. Selbst seine Harfe, sein Instrument, darauf er in dir spielt, lass dich die Schlange nicht betören, vom Versuchsbaum zu essen, dass deine Kräfte außer der Einheits-Harmonie kommen und disharmonisch klingen, sonst bist du auf lange verstimmt.

Einer ist und soll dein Vorwurf [im Sinn von Vorbild] sein, das uranfängliche Eins. Du kannst nicht Jungfrau bleiben, du werfest denn alle deine Blicke auf dasselbe, und zwar so, dass deine Blicke von dem lichtsmagnetischen Liebesgrund zeugen, und die daraus dringende Liebes- und Lichts-Tinktur das wirkende Feuerleben der Eins der Dreiheit in einem Punkt fasse. Nur auf diese Weise magst du den Herrn erkennen und von Ihm erkannt werden; nur auf diese Weise mag das höchste Glaubensvermögen sich in dir offenbaren. Überschaue nicht jenes Kreuz zwischen zwei Geburten und versäume nicht, den Vorwitz samt allen Unarten daran zu ertöten. Der Baum des Lebens mag dich so ansehnlich und reizbar nicht dünken, bis durchs Essen von demselben höhere Stimmen in dir erweckt werden. Indessen ist Gift in dem scheinenden Versuchungsbaum, und in dem [davon] Essenden wird die Hölle erweckt, und ein Pein-Gefühl empfindet die Seele. Der, der dich gemacht hat, ist dein Mann; versuche es, ehe du versuchst, in der Unterschiedlichkeit der Nullen die Einheit zu kosten. Das uranfängliche Eins ist ein Brunnen der Herrlichkeit, daraus trinke du.

Ich muss den in dir sich regenden Vorwitz brüderlich warnen, ehe die Jungfrauschaft verloren ist; so darf ich nicht an dem mich rächen, was sie derselben beraubte. Hat sie dieselbe einmal feilgetragen, so ist es kein Wunder, dass sie Kaufleute getroffen hat; ich muss zusehen, dass ich sie heiße innenbleiben, wie Jungfrauen zustehet und gebühret, bis ihnen Der begegnet im Grunde, der ihnen allgenugsam ist. Es sind der Geister viele, die nachdenkende Seelen bewirken und verderben wollen; wenn sie sich nur vom Vorwitz treiben lassen, ist es bald um die Jungfrauschaft geschehen. Alles möchte aus einem Munde rufen: kehre ein und bleibe innen; alles nämlich, was nicht verderben und beflecken will. Es ist ein übles Ding, wenn Brautwerber des Herrn, selber die ausgehenden Jungfrauen zu Huren machen, und es wird schwere Verantwortung bringen. Ich, Gott gebe mir Gnade, will Dir auf Dein Schreiben antworten; aber nicht damit Deinen allenfalls vorhandenen Vorwitz vergnügen; dem uranfänglichen Eins will ich Dich suchen näherzuführen. Folge gerne nach und gaffe beim Folgen nicht hin und her, dies und das zu beschauen, sonst fürchte ich, das Du meinen Geist aus dem Gesicht verlierst, und der Wind dir die Bahn verweht, dass du keine Spur mehr hast. 1792

Gebetslieder

(X, Nr.92)

Quellgrund der Ewigkeiten,
O unerschöpflich Meer!
Gib mir zu allen Zeiten
Aus dir das Leben her.
Der Umlauf deiner Kräfte
Zieh mich ins Eins hinein;
Der Gottheit reine Säfte
Lass mich genießen fein.
Der Kreislauf deines Lebens
Belebt das ganze All;
Drum schrei ich nicht vergebens
Zu dir vom Erdenball.
Du woll‘st ein zweifach‘ Leben
Mir, o mein Jehova!
Aus dir und in dir geben,
Mir bleiben immer nah‘.
Einfach in dir zu leben*
Im Geist der Ewigkeit
Kann nichts als Unruh geben
Dort und in dieser Zeit.
(Nämlich: nur als Geschöpf)
Ein Leben will ich haben
Im Geist der Herrlichkeit;
Denn alle Geistesgaben
Sind auch für mich bereit.
Ich grenze mit dem Willen
An deinen Ausgang hin;
Drum woll‘st du mir erfüllen
Herz, Geist, Gemüt und Sinn.
Zieh mich auch hin ins Weben
Der sieben Geister-Kraft:
So werd‘ ich doppelt leben
In dir und deiner Macht.
Ich will nur dich im Grunde
Als deine Kreatur;
Jehova, Gott im Bunde,
Bewahre mich dir nur!


Liederband Nr. 54, gekürzt

Quillt mir der Lebensstrom von innen,
So schweigen alle meine Sinnen,
Mein Geist sinkt in denselben ein.
Hier wird er an- und aufgenommen;
Durch dieses Wasser kann er kommen
Zur Mutterähnlichkeit allein.
Dies ist’s, was ich begehr
Nach dem verlangt mich sehr.
O mein Leben,
Ich bitte dich,
Erhöre mich,
Eröffne dich mir innerlich!
Lass mich in meinem heißen Trachten,
O Strom des Lebens! nicht verschmachten;
Mein Leben sei dein Wunderthron!
Sei du die Seele meiner Seelen,
Und lass dein Leben mich durchquellen,
Erhöhter Gott- und Menschensohn!
Führ Lebensfeuer ein
In Seele Fleisch und Bein,
Männliches Leben
Der Gotteskraft,
Der Ursprungsmacht!
Du bist die Quell‘, nach der ich tracht‘.
Ach halte mich in dir verborgen,
So endet sich mein ängstlich‘ Sorgen!
Auf Erden ist mir seelenbang.
Lass auf mich sehn dein Aug‘ hienieden,
Verbirg mich ganz in deinen Frieden,
Sei du in allem Tun mein Drang!
Was ich denk‘, red‘ und tu‘,
Gescheh‘ in Fried‘ und Ruh‘
Dir zur Ehre
Und mir zum Heil!
Sei du mein Teil.
Gib, dass ich nach dem Kleinod eil‘!

Der Weg der Zucht

Was für eine Wohltat es für eine Seele sei, wenn sie Gott suche, und wenn er sie auf ihr eigenes Herzverderben zur Demütigung führen könne.
(XII, S.3; 1.Brief)

Immanuel!
In demselben vielgeliebter Bruder!
Dein klägliches Schreiben habe ich erhalten und gelesen; es hat mich aber sehr erfreut, und zwar aus allerlei Ursachen, die ich dir zeigen werde, dass du sehen kannst, dass es bei mir nicht Schadenfreude ist.

Bisher hielt ich dich eben bloß für einen die Wahrheit liebenden Menschen, und nicht für meinen eigentlichen Bruder; ich dachte: dass es mit dir noch allerlei werden könnte, und dass du noch auf diese oder jene Seite fallen, oder auch gar wieder zur Welt geraten könntest; aus deinem Schreiben aber habe ich erkannt, dass du wahrhaftig mein Bruder bist, und dass etwas wahrhaft Göttliches in dir vorgegangen sei, und dass ein Same des Lichts in dir liegen müsse; weil sonst der schwere Kampf zwischen Fleisch und Geist, zwischen Licht und Finsternis nicht derart in dir beginnen würde. Ich erkenne im Licht der Wahrheit: dass es die recht eigentlichen Proben zur erkannten und angenommenen Wahrheit sind, und dass diese eine notwendige Folge seien bei all denen, wo sie wurzelhaft, rein und bewährt werden sollen, und dass in Ermangelung dessen eine Seele nur ein geistloses Wissen habe.

Lass dich also nicht wundern, wenn dir etwas ganz seltenes, nie erhörtes Leiden widerführe; glaube auch nicht, dass es auf Zerstörung deines Grundes abgesehen sei, denn es sind Leidenserfahrungen, die alle wahren Kinder Gottes treffen, und zu ihrer Reinigung, Läuterung und Bewährung höchst notwendig und unentbehrlich sind; und dieses will ich beweisen. Gott widersteht den Hoffärtigen in allem, und es muss ihnen endlich misslingen, sie mögen es treiben, solange sie wollen; aber den Demütigen gibt er Gnade, sodass es ihnen mit Gott immer gelingen muss. Da also solche Leiden wahrhaftige, innerliche Demütigungen sind, sind sie wahre Gnade und verraten recht deutlich Gottes Werk und Führung; wo es nicht so ist, fehlt es, dass es nicht kommen kann, am Grunde selbst, und somit an der großen Hauptsache.

Dieser Grund darf [kann] (um erschüttert werden zu können) nur insofern unlauter sein, dass ein Mensch nicht rechter Art erweckt ist, dass er nicht lauter allein Gott, seine ewige Ruhe und seiner Seele ewige Seligkeit in ihm sucht; sondern, ob er schon das auch vorgibt, sein Selbstgesuch [Ich-Wesen] mehr fühlen und spüren lässt, sodass er etwas sein und werden will; ein solcher Mensch wird gerne im Lauf der Zeit eigensinnig und hochmütig, in sich selbst und seine Grundsätze verliebt, er ist zu allerlei Arten der Phantastereien fähig, und selten ist er recht einzuleiten [zurechtzubringen], denn der Mangel an Selbsterkenntnis und wahrer Demütigung lässt ihn vom Selbstklugsein nicht so leicht abkommen. Dergleichen etwas ist immer auch mit dabei wahrzunehmen, wenn man die edelsten und rechten Kinder Gottes fragt und hört; deshalb müssen auch die unangenehmen Dinge zur Demütigung immer erfolgen, damit ihr Grund sowohl als das, was darauf gebaut wird, gereinigt, geläutert und bewährt werden.

Diesem kann man ausweichen, wenn man es gewohnt ist, sich selber zu führen, und in Eigenwirksamkeit sich auf allerhand Art selber zu helfen; dies ist aber ein großes Unglück, das man nicht allgemein erkennt. Dies trifft den unlauter suchenden Menschen zu seinem eigenen Gericht.

Wohl dem Menschen, den Gott führt, dem er den Weg mit Dornen vermacht, dass er nicht ausweichen kann; sein Glück ist größer als er glaubt; denn klar ist’s: dass in seinem Gottsuchen ein hoher edler Gotteszug gewirkt hat, bis höhere Sinnen eröffnet worden sind, welche Geist empfangen konnten, der also wider das Fleisch gelüstet und den Zweikampf verursacht {Gal 5:17). Der Widerstand aus dem Reich der Finsternis wird bei dem, den Gottes Geist führt, nie der empfangenen Kraft überlegen sein, ob es schon der Mensch meint; denn Gott ist getreu und lässt uns nicht über das geistliche Vermögen versucht werden, er schafft immer der Sache einen erträglichen, heilbringenden Ausgang (1Kor 10:13); das sehen wir aber oft erst hintennach.

Wer sich aber in Eigenheit selbst in Versuchung führt und in Dinge wagt, in denen er etwa andere gesehen, und nach denen es ihn gelüstet hat, der hält seine Kraft für stärker als sie ist, und leidet Schaden oder geht gar zu Grunde, ob er gleich zu einer Partei sich hält und den Schein und die Form derselben behält.

Da aber, mein Bruder, die Demütigungen von der Art, wie du mir geschrieben hast, so gut und heilsam sind, so leide dich damit als guter Streiter Jesu Christi, und werde nicht mutlos; der Glaube ist es, der Welt samt ihrem Fürsten überwindet; dieser Glaube, wenn er wirklich rechter Art ist, wirkt ausharrende Geduld und diese wird gekrönt.

Du hast lange genug in [der] Garnison [Kaserne/ Truppenunterkunft] gelegen; denn dort spricht man zwar viel von Kampf und Streit, macht aber wenig Beute und wird nicht recht praktisch geübt. Schaue du nicht auf andere, die etwa länger in [der] Garnison liegen, es hat seine Ursachen, der Feldherr weiß, dass sie nicht bestehen, und dass er sie nicht brauchen kann.

Du wirst aber denken: ach Gott! das ist alles schon recht; aber wenn ich nur keine Wunden, keine schädlichen Hiebe davongetragen hätte; es wäre alles schon recht, wenn es nur keine Verfehlungen abgesetzt hätte. Wahr ist es, dass es besser wäre; aber das sind eben die Dinge, die uns demütigen müssen; wären wir also schon vorher demütig, so müssten solche Dinge nicht sein; wir werden aber erst recht und genug gedemütigt sein, wenn wir der Vollendung näher gekommen sein werden.

Es sind zweierlei Übel zu betrachten: das physikalische, angeborenen Erbübel, und das aus demselben entspringende moralische, von Gottes Wort abweichende Übel; das erste müssen wir in unsern finstern Versuchungsstunden fühlen, und zwar nach dem Grad der geistlichen Kraft, soweit es erträglich, und für uns gut und heilsam ist; aber eben dies erste Übel will uns zu dem andern verleiten, wider den Geist der Wahrheit, der in uns ist, und das gibt also den Zweikampf; je mehr wir nun der Wahrheit zugetan sind, je weniger lassen wir uns hinreißen und abbringen.

Ist es also, dass wir noch der Wahrheit in vielem mangeln und also noch mehr oder weniger schwach geistlich sind, so will das also deutlich beweisen, dass wir durch ernstliches Eindringen in Gott, und also stets wiederholtes Gebet im Herrn uns sollen zu stärken trachten, so werden wir, wie jene Glaubenshelden, stark im Streit, ja wir werden gestärkt in unserer Schwachheit. Wer also das ernstliche und demütige Gebet, das aus der in den Versuchungen entstandenen Selbsterkenntnis kommen soll und muss, unterlässt und nicht stets treibt, der kann nicht zunehmen, wachsen und gedeihen, also keinen Nutzen davon haben, und muss entweder verschont bleiben, und also verderben oder in den Versuchungen erliegen, dass es abermals auf nichts hinausläuft, weil es auf nichts angefangen war, indem es sonst nicht so gehen könnte und gehen würde.

Wer sein Verderben, das er in dunklen, finstern Versuchungsstunden fühlen und wahrnehmen muss, zu verbergen trachtet, und keinen Lichts-Kindern offenbart, der tut solches aus einem heimlichen Hochmut des Herzens; und so, wie er also im Wahn ist, dass er es vor Kindern Gottes verhehlen könne, so kommt er auch bald dahin, dass es selbst Gott verborgen sein könne; zum Wenigsten denkt er nicht so genau darüber nach, und wendet sich auf die Seite der Selbsthilfe und treibt es, solange er kann; und wie er sich selbst täuscht, so glaubt er auch Gott zu beruhigen und, deutlich gesagt: zu täuschen; das tust du aber nicht, mein Bruder, du hast es erkannt und bist da, wo du hättest kleiner geschätzt werden können, nun besser geachtet. Du wirst also (dein Schreiben zeigt es) gefunden haben, dass das Offenbarwerden im Licht ein großer Vorteil ist; du wirst dich daher dieses Vorteils in Zukunft mehr bedienen, und so wirst du ein ungeheucheltes Kind Gottes, und also ein Kind des Lichts werden.

Lass andere frömmer scheinen, als sie es sind, sie scheinen es nur vor solchen, die vor Gott nichts bedeuten, die selber nicht mit Gott die Herzblätter betrachten [sich von Gott richten lassen]. Ein wahres Kind Gottes denkt, dass der, welcher nichts vom Verderben fühle, nichts von finstern Versuchungsstunden klage oder zu klagen habe, noch nicht in die Gemeinschaft der Lichts-Kinder gehöre, und ob er gleich so fromm wäre, wie der strengste Pharisäer. Bitte also zum Beschluss [Abschluss] mit diesem Wenigen vorlieb zu nehmen. 1804

Gegen das Gefühlschristentum

(X, Lied 313. Aus dem Reimbrief: Uns beide hört man öfters klagen...)

Gefühle, die vom Gottesgeiste,
Sind bei den Seelen nicht das meiste,
Die dem Gefühl ergeben sind*.
Es lässt sich dem Gefühl nicht trauen,
Es ist nicht viel darauf zu bauen,
Nicht ratsam einem Gotteskind.
Ist’s gleich ein großer Schein
Dem, der’s nicht siehet ein,
So ist’s eben gewiss nicht not
Wie’s täglich Brot,
Es setzt so manche nur in Not.
(*D.h.: dem Geistesleben entsprungene Regungen sind meistens gerade nicht bei den Seelen zu finden, die das religiöse Gefühlsleben bewusst pflegen.)
Das Gottes- und das Himmelsfühlen,
Ist wahr, ist nicht bei den Gespielen
Des Lammes stets und immerdar.
Ihr Lauf ist etwas rau und schwerer,
Bei ihnen, scheint es, hält es sehrer,
Und es ist auch in etwas wahr.
Doch schicken sie sich drein,
Denn es soll also sein,
Gott will’s haben. Drum schick dich gern
Und folg dem Herrn,
Er ist gewiss nicht halb so fern.

Kreatürliche und geistliche Liebe

(XII, S.377f; 53. Brief)

Mein lieber Bruder! Die wunderbare Beschaffenheit deiner Seele von allerlei Kräften, Willensneigungen, Affekten und Begierden, Gedanken und Sinnenarten, ist mir begreiflich, daher es mir wohl wunderbar, aber nicht sonderbar mit derselben vorkommt; weil ich alle, die ich kenne, am meisten meine eigene, auch so befinden kann. Dass du ein Verlangen in dir findest, welches liebt und geliebt werden will, ist auch nichts sonderbares Unerhörtes; denn ich denke: das ist in uns allen so; nur ist in dem einen dies Liebesverlangen mehr, und im andern weniger in der rechten Ordnung; denn ein gereinigtes, geistliches, ja sogar ein Gott geheiligtes Liebesverlangen weiß, was liebenswürdig ist, was es in und mit Gott lieben darf und kann, und von wem es geliebt werden will. Dieses Liebesverlangen ist ein aus dem wahren Licht entspringendes, jungfräulich-edles Tinktur-Wesen, das sich nicht mit allem, wie eine blinde Magia, vermengen und vereinigen will; sie liebt nicht Fleisch und Geist, Natur und Gnade, Licht und Finsternis, Person im Fleisch, Natur- und Geistesgaben mit gleicher Liebe, sondern: was nicht in Gott, mit Gott, durch Gott und zu Gott geliebt werden kann, also mit vereinigender Liebe, alles das wird nur mit einer erbarmenden Liebe geliebt. Kann ich also eine schwesterliche Person nicht so lieben, das heißt: kann ich sie nicht mit göttlicher Liebe, als geistlich nach ihrem Innern, mit erbarmender Liebe nach dem Äußern lieben, so will ich sie lieber nicht lieben, und will nicht geliebt werden von ihr; das heißt noch deutlicher: alle andere Liebe versage ich ihr und mir, weil ich nicht solche Dinge lieben will, womit ich mich dem allein Liebenswürdigen verhasst machen würde; zumal: je liebenswürdiger mir etwas ist, je edler dünkt es mir, je glücklicher achte ich mich, solches zu lieben und von demselben geliebt zu werden. Da nun aber ein unbeschreiblicher Unterschied ist zwischen Gott und der Kreatur, besonders zwischen dem Urquell alles Lichts und der Finsternis und Sünde; wie auch der Sinnenlust beim andern Geschlecht; wie sollte ich dann der Sinnenlust so viel Raum geben, dass ich damit die ewige Liebe auch nur im Geringsten betrübte? Nein, ich würde nicht völlig bei Sinnen sein, wenn ich das täte; ich würde beides, meines Berufs und Adels vergessen. So lerne denn also auch du, mein lieber Bruder, also lieben, so wirst du Gott nicht betrüben! Entsage aller andern Liebe, so kannst du im Herrn alle wahren Kinder Gottes lieben, auch die Schwestern in aller Keuschheit.

Mitfreude und Sorge im Blick auf ein neuerwachtes Geistesleben

(XI, 1.Abt, 737f; 118. Brief)

Immanuel!
Mir in demselben, vielgeliebter Bruder!
Dein Schreiben lautet nun gar anders, als ehemals, und nun darf ich mich auch mit dir freuen, nachdem ich mit dir getrauert habe. So viel ich teilnahm mit dir zu trauern, so viel werde ich auch Teil bekommen, mich zu freuen. Nun hast du etwas von dem gefunden, was du gesucht; jetzt hast du Hoffnung zum Ganzen. Nicht wahr: Trübsal hat geduldige Ausharrung haben müssen, dass der Glaube bewährt würde? Nicht wahr: aus der ausharrenden Geduld, ist Erfahrung und Bewährung gekommen, und aus allem diesem Hoffnung? Weil es nun so ist, und du es jetzt selber hinten drein siehst, so mache dich nur gefasst auf noch mehr Glaubensläuterungen, zu noch weiteren Proben und mäßige die Freude, die du jetzt hast, im Blick auf dieselben. Kommen sodann wieder finstere Stunden, so mäßige die Traurigkeit im Andenken an die Freude, die du jetzt hast, und an die friedsame Frucht der Gerechtigkeit, die du jetzt erntest. Weil du aber keines von beidem kannst ohne Christus, so bitte ihn, den Pfleger heiliger Güter, dass er alles wohl in Gewahrsam nehmen, und dir zu jeder Zeit das Nötige zuteilen wolle. Gewöhne dich daran: mit und in ihm dich zu freuen, und gehe ja nicht verschwenderisch mit dem um, was er dir gab; es ist bald etwas verprasst, das unter viel Schmerzensgeburten erreicht wurde; es freut sich alles im schön blühenden Maien, aber es gibt Zufälle, dass die Herbstfreude nicht gar groß wird. Weil es also noch nicht Herbst bei dir und in dir ist, und deine Freude eine Maienfreude ist, weil nach einem langen kalten Winter der Dunkelheit, der Frühling der Gnade in dich kam, und das Licht in dir aufging, dass der Lebensbaum in dir blüht, so wünsche ich: dass kein Umstand, kein Zufall für dich unglücklich sein möge; dass die Herbstfreude bei deiner Ausgeburt und vollkommenen Frucht noch viel größer sei. Indessen freue dich als einer, der selig ist in einer blühenden Seligkeitshoffnung.

Bruder! nun erfährst du die Herzensfreude; nicht wahr: dieser ist gar keine Freude gleich? Sollte ich diese wollen stören? Bewahre mich der Herr; darf ich sie aber nicht, wenn ich kann, mäßigen, dass sie dauerhaft und beständig werde? Ja ich darf dir sagen, wie sie in acht zu nehmen sei. Nur im Herzen magst du den blühenden Lebensgeruch, ich meine, die in dir wirkende, herzerweiternde Lebensgnade im Geist, auf deine Brüder ausduften lassen...

Sieh zu, dass nicht dein Herz und dein Sinn eingehe in das, worin dein alter Mensch zuhause ist; gehe nicht vom Ursprung zur Kreatur, von der Einheit in die Mannigfaltigkeit, von dem Reinelement in die geschiedenen Elemente, sonst verlässt du die Temperatur, und dann ist das in dir blühende Paradies in Gefahr zu weichen, und in sein Zentrum zu kehren; dann kann keine Frucht herauskommen, über die man sich am Herbsttag der Einernte freuen könnte...

Freilich könnte sich die vielgeschäftige Schlange dazu schlagen, und mit ihrer heilig scheinenden Zauberkraft dich wollen von dem einfältigen Aufschauen auf Jesus abbringen, und in geistliche Vielfalt verkehren. Halte demnach mehr aufs Gebet, als aufs Reden mit Menschen; mehr auf das Aufmerken auf Gott, als auf viel Bücher lesen; mehr auf Gehorsam gegen die Augenleitungen Jesu, als auf Übungen, die in die Sinne fallen und Achtung anderer an sich locken. Beschaue dich immer auf der Seite, in welcher du Jesus nicht gleichst, und lass dich solche Finsternis in die Freiheit bringen, so wird nach und nach die Frucht des Lebens zur Reife gelangen, die jetzt so schön blüht. Du weißt, dass die Unordnung der Elemente mehr auf diesen als auf andere Plätze fällt, und an einem Ort mehr als am anderen verdirbt; ebenso sind auch nicht alle Gemeinschaften oder Gesinnungen gut für dich: die sind für dich am besten, zu welchen dich Jesus selber weist, und deiner inneren Geisteslage am besten nützen. Andere können wohl für andere, aber nicht für dich sein. Zieh mit deiner Glaubensbegierde nur das an, was auf deinen Grund passt und ein unverderbliches Gold ist.

Wenn sich in dir das Lebenslicht aus der Finsternis hervorgetan hat, wirst du etwas gefunden haben, wie es in einem meiner Lieder heißt: Kreuz ist die Scheidung von zweien Geburten usw. Du verstehst: kein Kreuz aus Holz, Stein oder anderem Material; nein, sondern eine sich auseinanderdehnende Kreuzgeburt, die zwischen Geist und Fleisch, zwischen Natur und Gnade im Umlauf des Lebens bleibt; an diesem Kreuz muss alles, was aus der alten Geburt ausgeht, sterben; alles, was sich über das Kreuz emporschwingen will, untergehen, damit der neue Mensch wachse und zunehme, und du stark werdest, durch den Einfluss des Geistes Jesu am inneren Menschen. Jede Abkehr vom Ursprung macht eine Um- und Rückkehr notwendig; jede Rückkehr führt, um aus dem Natürlichen ins Geistliche überzugehen, notwendig auf das Kreuz. An diesem wird das, was sich angehängt hat, und nicht ins Geistliche übergehen kann, getötet und abgetan; anders kann es nicht gehen; wo es anders geht, geht es nicht richtig, und nicht ins wahre geistliche Element der Gnade; immer findet das wahre Kind Gottes, dass ihm kein Cherub vor dem Paradies ist, so viel es mit dem Willen auf dem Grund ersunken geblieben und auf dem Kreuz geruht hat. Aber dem, was es durch Abkehr des Willens vom Kreuz, aus der unteren Geburt angezogen, findet es den Eingang versperrt, und eben das muss es den Engel abschneiden lassen, sich auf dem Kreuz in Gelassenheit einsenkend. Hiermit habe vorlieb, bis auf ein andermal; meine Umstände erlauben es nicht, dass ich weiter schreibe. Betrachte das Wenige genau und desto öfter, es kann dir vielleicht sagen, was du haben willst; ich fühle etwas davon im Geist, und habe durch die Gnade des Herrn gewirkt, dem ich dich empfehle. 1792.

Der Weg des Leidens

In der Anfechtung

(VI, 1.Abt, 308; zu Ps 18)

Wenn sich dir in der Verdeckung des göttlichen Lichts alle Abgründe der Hölle öffnen, wenn Todesengel nach deinen Lebenswurzeln greifen, wenn aus dem erschrecklichen Ur-Dunkel der schwindelhaften Finsternis ungeheure Schreckgestalten auf dich dringen; wenn du in einen grenzenlosen Ungrund der verdrießlichsten Langwierigkeit, oder in einen seelenbangen, engen Raum der Zusammenpressung gesetzt wirst; wenn du auf einem bodenlosen Meer stürmende, über dir zusammenschlagende Wellen erblickst, nicht wissend, wann du untersinkst; wenn dich dünkt, dass Gott sich vor dir vermauert habe, und sich Ewigkeiten weit von dir entfernt; wenn ein rauschendes Gezisch von tausend Zweifeln, und noch ein ungeheureres, dunkles Donnergewitter des Zornes Gottes dir entgegentobt; wenn, sage ich, aller Grimm der zeitlichen und ewigen Natur dir droht, dann bist du erst recht wohl dran, und in den Augen Gottes geachtet, mehr als viele andere.

Wie die Leiden und Versuchungen immer nach unserm Glaubens- und Geistesvermögen abgemessen seien.

(XII, S.349; 50. Brief)

Immanuel!
In demselben vielgeliebte Schwester!
Sehr gut kann ich mir die Vorstellung machen, dass dich das Hinscheiden deiner Schwester nicht allein in großes Leidwesen, sondern auch in eine neue Anfechtungslage versetzt hat. Dass aber dies kein Ungefähr, vielmehr aber so in deinen Kampflauf hinein verordnet sei, muss ich dir im Voraus versichern, dieweil ich weiß und glaube, dass denen, die Gott lieben, alle Dinge zum Besten dienen, die nämlich nach dem Liebesvorsatz Gottes berufen sind. Ich kann mir vorstellen, dass für dich eine besondere Probezeit und Versuchungsstunde nunmehr eingetreten sei, in welcher du recht viel erbeuten und gewinnen kannst; aber auch sehr viel verlieren und einbüßen; je nachdem du in der Liebe Gottes bleibst, oder tiefer darein eingehst, oder dich aus derselben herausziehen lässt. Und kurz: es kann ein entscheidender Kampf werden, der dir bevorsteht, wo es mit dir weit besser oder weit weniger wird, je nachdem du dich wendest.

So wenig der Heilige Geist Jesus gleich nach seiner Taufe in die Wüste geführt hat, dass er da in der Versuchung sollte verderbt, verführt und besiegt werden; ebenso wenig hat dich Gott aus der Absicht in deine jetzige Lage kommen lassen; aber ebenso, wie unser anbetungswürdiges Haupt in die Versuchungs-Proben kommen, und durch sein Bestehen Überwinder werden musste; ebenso sollst auch du in seiner Kraft bestehen und Überwinderin werden. Darum lass dich dieses nicht befremden, denn nein! dir widerfährt nichts Seltenes (1Petr 4:12). In den finsteren Versuchungs-Stunden, darein du nun kommen kannst, wird dir dein innerer verborgener Herzensgrund offenbar und herausgekehrt werden; du wirst Dinge innewerden, die du nicht vermutet hättest; du wirst sie in einer solchen Kraft erfahren, als du nie gedacht hast; aber glaube und halte den Grundsatz fest: Gott ist getreu und lässt keinen über sein Vermögen versucht werden (1Kor 10:13); doch hat ein solcher all sein Geistvermögen aufzubieten, sofern er bestehen will, dass es ihm kann zum Besten dienen, wie Gott es will. –

Es kann nicht sein, das uns unser innerer Grund verborgen bleibe; denn sonst bliebe er auch unbesiegt und unverändert; mithin kann das, was uns aus dem Licht in die Finsternis hineinziehen will, Ursache zu noch größerer Erleuchtung werden, sofern lauter Lichts-Liebe im Herzen ist. Natürlich können wir in solcherlei Anfechtungen nicht bleiben wie wir sind; denn lieben wir nicht lauter rein, und allein Gott und die Wahrheit, so stellt sich das, was verborgen war, in solchen Umständen heraus, und kann nicht länger verborgen bleiben; wir sind aber darum nicht schlimmer und nicht besser vor Gott, als wir zuvor waren, nur vor uns und andern erscheinen wir anders, als wir zuvor erschienen; daraus erhellt die Notwendigkeit der Versuchungsstunden bei einer Seele, die einst im Licht wohnen und selig sein soll. Da nun nach dem Bisherigen auch du nicht ohne Anfechtung bleiben kannst, weil du Gottes Dienerin sein willst, so mache dich gefasst auf eine wichtige Probezeit und bedenke, dass sehr viel davon abhängt auf Zeit und Ewigkeit. Vergiss nicht, dass du nicht allein viele unsichtbare Feinde habest, die sich der Gelegenheit bedienen, und dich sehr anfechten werden, sondern, dass auch viele Zuschauer und Beobachter um dich seien, welche es genau in acht nehmen, wie du die empfangenen Lichts-Kräfte anwenden wirst. Nicht werden die Boten des Lichts immer nur müßige Zuschauer sein, die eben freudige Nachrichten im Lichts-Reich anzubringen verlangen; sie werden auch auf gottgeziemende, zuverlässige Weise Unterstützungen leisten. Daraus erhellt, dass wir in solchen Umständen ein Augenmerk der beiden unsichtbaren Welten sind, und dass unser Verhalten der einen Freude, und mithin der anderen Leid und Verdruss machen kann. Dies soll der gute Streiter Jesu Christi bedenken, und sich männlich halten mit dem Schwert des Geistes in seinem Kampfe.

Einer Dienstmagd

die in einer Mischung von Bequemlichkeit und Übergeistlichkeit ihrem Dienst entsagen und sich in die Stille zurückziehen wollte.
(XIII, 534; Lied 201)

Ist unser Heiland denn gekommen,
Dass er sich lasse dienen hier?
Das Gegenteil hab‘ ich vernommen,
Sein Wort wir es auch sagen dir.
Er kam und wollte andern dienen,
Und also Gott mit uns versöhnen,
Hat also deinen Stand geehrt.
Und diesen solltest du verachten?
Nach einem andern Stande trachten?
Das finde ich mit Recht verkehrt.
Denn wollt‘ es Gott nicht also haben.
Hätt‘ er es nicht also gefügt.
Zu jedem Stand gibt er auch Gaben,
Zu deinem hast du auch gekriegt.
Gesundheit ist dir ja gegeben,
Und Leibeskräfte auch daneben,
Die hat vielleicht ein andrer nicht.
Wie kommt’s, dass du dich willst beschweren?
Ach, untersuche dein Begehren
Genau in Gottes reinem Licht.
Wer kann denn sorgenfreier leben,
Als du in deinem Dienst und Stand?
Der Unterhalt wird dir gegeben,
Indem du dienest mit der Hand.
Du musst dir keinen Kopf zerbrechen,
Kannst frei mit unserm Heiland sprechen
In allem, was du machst und tust.
Die Sorgen werden dich nicht stören,
Noch dir die Zeit und Kraft verzehren;
Denn willst du nicht, du auch nicht musst.
Wer andern dient um Gottes Willen,
Und das allein im Blick auf Gott,
Wird seine Pflichten recht erfüllen,
Er hält sich ja nach Gottes Wort.
Ich denk, das heißt dem Herrn gedienet,
Der uns durch sich mit Gott versöhnet,
Und also denen Menschen nicht,
Obgleich, so wie man ist verpflichtet,
Daneben ihnen Dienst verrichtet,
Tut man doch seine Liebespflicht.
In einem stillen Stüblein sitzen,
Sieht man für einen Vorteil an,
Und doch mag dies nicht allen nützen,
Weil doch der Feind auch dahin kann.
Die erste Ansicht kann uns freuen,
Wir denken: dort ist kein Zerstreuen,
Und ach, man nimmt das Herz hinein,
Das will den Irrweg immer gehen;
Und sollt‘ es keinen Menschen sehen,
So denkt es öfters doch nicht rein...
Lass doch kein Stüblein dich verführen,
Weil viele ihre Lebenszeit
Darin elendiglich verlieren
Mit lauter Geistverzehrlichkeit.
Ist es gleich nicht dazu gegeben,
Vielmehr darin dem Herrn zu leben,
Legt’s selten einer darauf an.
Der Geizgeist sucht sich zu gesellen
Und sucht sich dabei fromm zu stellen,
Will er’s im frommen Röcklein kann.
Mein Heiland, mache mich zufrieden
Mit meinem sehr geringen Stand.
Dem deinen ist er gleich hienieden,
Gib, dass ich bleib an deiner Hand.
Willst du mich aus demselben führen,
So lass mich nur dich nicht verlieren,
Gib, dass ich mich nicht selber führ‘.
Ich könnte es wohl besser meinen,
Doch könnte es nur also scheinen,
Und endlich dennoch schaden mir. 1818

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