Praktische Schlussfolgerungen

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Abschrift des Buches: Die zwei Naturen in dem Kinde Gottes
Verfasser: E. W. Bullinger (1874)

Autorisierte Übersetzung aus dem Englischen:
Verlagsbuchhandlung Hermann Rathmann, Marburg an der Lahn (1957)

In englischer Sprache, hier erhältlich:
Two Natures in the Child of God

Siehe weitere Abschriften
Inhaltsverzeichnis

Die zwei Naturen in dem Kinde Gottes

VIII. Praktische Schlussfolgerungen

Was unsere Verantwortlichkeit den zwei Naturen gegenüber betrifft, bleiben nun noch einige Punkte zur Besprechung übrig, welche mehr unter das Kapitel: Praktische Schlussfolgerungen oder Ratschläge fallen und die folgerichtig dem entspringen, was die Schrift uns gelehrt hat. Nicht, dass wir unsere Leser unter irgendwelche Regeln oder Vorschriften bringen wollen. Es gibt aber nach dem, was wir aus dem Worte Gottes gelernt haben, gewissen Verpflichtungen, welche nicht umgangen werden dürfen, wenn wir den vollen Segen und die Früchte der Lehre in unserer eigenen Erfahrung genießen wollen.

Es genügt nicht, die Wahrheit festzuhalten, welche die zwei Naturen lehret. Die Wahrheit muss vielmehr uns festhalten,wenn wir ihren Wert und ihre Kraft erfahren sollen. Was bedeutet es, dass die Wahrheit uns festhält?

Das Fleisch nicht beachten

Wir werden täglich das Fleisch unbeachtet lassen und alle seine Lockerungen und Ansprüche verleugnen. Wir haben zu bedenken, dass obwohl wir „nicht im Fleisch sind, doch das Fleisch in uns ist, und dass wir es nie loswerden können, bis zur Entrückung zum Tod oder zur Auferstehung.

Wenn wir daran nicht täglich denken, sind wir jedem Irrlehrer und Irrtum preisgegeben. Wir laufen Gefahr, durch eine der neuen Moden und modernen Methoden, der Künste und Erfindungen der Religion des Fleisches irregeführt zu werden. Alle diese Irrtümer in Lehre und Praxis stammen aus dieser eine Quelle, nämlich dem anerkennen der Fähigkeiten und Ansprüche der alten Natur.

Das ist das Wesen und die Grundlage aller falschen Religionen, wie man es in der römischen Kirche und sonst wo sieht. Wir finden es kurz angesprochen in einem römisch-katholischen Buch: (Der Glaube unserer Väter). „Wir werden aufgefordert durch Jesu Leiden und Sterben für uns, ihn nachzuahmen durch die Kreuzigung unseres Fleisches und durch Taten täglicher Abtötung.“ Worin unterscheidet sich dies von der populären Heiligungslehre der heutigen Tage? Die letztere mag sich zwar auf einem anderen Wege befinden, sie mag von anderen Gesichtspunkten aus betrachtet werden; aber dies ist das letzte Ende, Ziel und anliegen aller, welche die Ansprüche der alten Natur pflegen oder auf sie Rücksicht nehmen.

Die angewandten oder angepriesenen Mittel mögen andere sein, aber das gewünschte Ergebnis ist ein und dasselbe, nämlich: einen Zustand größerer oder geringerer Sündlosigkeit zu erreichen (Joh 6:63). Alles kommt aus derselben Wurzel, dem Fleisch. Das Fleisch mit all seinen Ansprüchen und Forderungen wird nicht unbeachtet gelassen als ob es „erstorben“ (so gut wie tot) wäre.

Wenn diese praktische Pflicht nicht beachtet wird, dann stehen die Türen weit offen für den Irrtum in jeder Form, wie er nur eindringen möchte.

Wenn wir dieser Schuldigkeit täglich eingedenk sind, so werden wir davor bewahrt sein, in irgend welche Anstrengungen, Pläne oder Systeme uns einzulassen, welche die Pflege oder die Verbesserung des Fleisches zum Ziel haben. Das wird uns auch vor jeder modernen Lehre bewahre, welche die Hoffnung weckt, durch das Befolgen gewisser Regeln könne das Fleisch ausgerottet werden.

Beide Hoffnungen sind vollständig grundlos und können nur in schmerzlicher Enttäuschung enden.

Lasst uns hinsichtlich dieser ersten Haupttatsache keinen Fehler machen, dann werden wir nicht durch die falschen Hoffnungen irregeleitet werden, dass wir durch richtige Nahrung und durch Übung das Fleisch in Geist verwandeln oder es loswerden können, indem wir es auf irgendeine Weise ertöten.

Die alte Natur darben lassen

Der beste praktische Weg, die alte Natur zu behandeln, ist, sie darben zu lassen, indem man sie auf magere Kost setzt. Jedoch kann dies nicht unmittelbar dadurch geschehen, dass ein Zweck oder ein „Werk“ daraus gemacht wird. Es kann dies nur mittelbar dadurch getan werden, dass wir beständig auf die Ansprüche und wünsche der neuen Natur achtgeben und ihre stets himmelan gerichteten Wünsche befriedigen.

Wir haben gesehen, dass die Speise der neuen Natur das Wort Gottes ist. Während wir unmittelbar dasselbe zu uns nehmen, lassen wir mittelbar die alte Natur hungern, darben. Denn (und das ist das Wichtige) wir können nicht beide Naturen zur gleichen Zeit speisen!*

* Das ist eine Tatsache von großer Tragweite. Wir können nicht zu gleicher Zeit in zwei Umgebungen leben. Wir können nicht in das eine Feld säen und in einem anderen ernten. Das sind Grundgesetze sowohl auf dem natürlichen wie auf dem geistlichen Gebiet.

Bei der Nahrung, durch welche die eine Natur gedeiht, wird die andere darben. Und diese Tatsache trennt beide Wege. Wenn wir die alte Natur mit den Büchern und Lehren der Menschen speisen, wird unsere neue Natur unterernährt, erschöpft und schwach.

Die alte Natur wird mit der allgemeinen Literatur gedeihen. Die neue Natur jedoch wird nur am Wort Gottes gedeihen. Seine Worte „sind Geist und Leben“ (Joh 6:63) und nur was geistliche ist, kann durch den Geist einverleibt werden.

Viele Christen sind beständig mit menschlichen Gedanken und Büchern beschäftigt; und dann sind sie bestürzt über den niedrigen Stand ihres Christen-Lebens und Wandels. Nun beeilen sie sich, eine neue Methode anzunehmen (gerade wie die alte Natur zu Reiz- und Arzneimitteln greift), welche dem Mange abzuhelfen und die entstandene Leere auszufüllen verspricht, während es doch nur eine Frage der Diät ist.

Essen des Wortes

Wenn man im körperlichen Leben immer nur essen und trinken will, was einem nicht bekommt, so muss man auch die unausbleiblichen Folgen tragen. Genau dasselbe ist der Fall auf geistlichem Gebiet. Wenn die handgreiflichen Wirkungen in unserem Wandel und Umgang zu Tage treten, dann ist das einzige Heilmittel die Entfernung der Ursache. Das ist viel weniger kostspielig und macht viel weniger Sorge; es erweist sich als vollkommen wirksam und bringt keine Enttäuschung mit sich.

Unsere praktische Schlussfolgerung ist daher: Lies kein Buch, höre auf keinen Redner, Lehrer oder Prediger, wenn du nicht sicher bist, dass du hinterher mehr vom Worte Gottes wissen wirst als vorher. Was sterbliche Menschen denken, hat keinen Wert für dich. Wenn sie dir nicht helfen können, das klarer zu verstehen, was Gott sagt, so werden sie dir ein Hindernis statt eine Hilfe sein. Du kannst nicht leben von den Worten der Menschen. Nur „von einem jeden Wort, das aus dem Munde Gottes geht, wird der Mensch leben.“ Wenn du dich von den Worten, welche aus dem Mund der Menschen gehen, ernährst, wirst du nicht darben. Gottes Worte sind Geist und Leben.

Rede nicht so viel über die Schrift. Sei bereit, sie zu dir reden zu lassen. Wenn du dich über Gottes Wort unterhältst, mache es wie Esra, der Schreiber. Anstatt zu versuchen, dich dessen zu erinnern, was das Wort sagt, und es dabei oft falsch anzuführen, „öffne das Buch“ (Neh 8:3-6.) Lass es für sich selbst reden. Seine Worte werden viel gewichtiger sein als deine eigenen, denn Gott ist mit ihnen, um sie wirksam zu machen.

Binde das Wort auf dein Herz: Denn

“Wenn du gehst, wird es dich geleiten,
Wenn du dich niederlegst, wird es dich bewahren,
Wenn du erwachst, wird es zu dir reden.
Denn das Gebot ist eine Leuchte,
Und das Gesetz ist Licht,
Und die Strafen der Zucht sind der Weg des Lebens.“ (Spr 6:21-23)

Du wirst finden, dass die Leute über alles gerne reden, nur nicht über Gott, seinen Christus und sein Wort. Sie sprechen über Menschen und die Neuigkeiten der Welt. Sonntags wechseln sie das Thema und sprechen über Kirchen und Geistliche und Gottesdienste und Predigten, aber das sind eben auch Menschen.

Wer die neue Natur hat, weiß, dass diese Dinge nicht befriedigen. Sie lassen ein Verlangen nach etwas Besserem zurück. Nichts wird jemals befriedigen und genügen als Gott. Wenn „Davids Lobgesang“ (Ps 145) für ihn galt, wieviel mehr wird er für uns gelten. Wie sollten wir nicht sagen:

“Ich will dich erheben, mein Gott, du König.
Und deinen Namen loben immer und ewiglich.
Ich will dich täglich loben,
Und deinen Namen rühmen immer und ewiglich.
Reden will ich von der herrlichen Pracht deiner Majestät
Und von deinen Wundertaten,
Und man wird sprechen von der Kraft deiner furchtbaren Taten,
Und deine Großtaten werde ich erzählen.
Sie werden das Gedächtnis deiner großen Güte hervor strömen lassen
Und deine Gerechtigkeit jubelnd preisen.“ (Ps 145:5-7)

Dies ist eine ganz andere Sprache als das Schwätzen über die beredten Worte des einen, oder die fragwürdigen Handlungen eines anderen, oder die glänzenden Werke eines dritten. Das erster ist ein Säen auf den Geist, das letzter ein Säen auf das Fleisch.

Wenn unsere neue Natur gedeihen soll, müssen wir uns von den Worten Gottes nähren und so die alte Natur darben lassen. Entweder sind wir mit dem Geist oder mit dem Fleisch beschäftigt; mit der alten oder mit der neuen Natur; und je nachdem wir auf die eine oder die andere säen, danach werden wir ernten. Das ist die klare Lehre aus Gal 6:7.8, sie beginnt mit den Worten:

“Irret euch nicht“;

sie war an die galatischen Heiligen gerichtet, welche ihren Wandel im Geist (oder der neuen Natur) begonnen hatten, aber im Fleisch vollenden wollten. Einst waren sie „gut gelaufen“, bis sie sich aufhalten ließen und diese wichtige Wahrheit und Lehre, von der wir hier reden vergaßen und ihr nicht gehorchten. (Gal 5:7).

Wandel im Geist

Wir alle wünschen (dem Verlangen unserer neuen Natur entsprechend), so zu wandeln, dass wir „die Lüste des Fleisches (der alten Natur) nicht erfüllen. Auf welche Weise kommt man nun dazu, diesem Verlangen zu entsprechen? Viele bringen sich selbst unter ein Joch der Knechtschaft und mühen sich ab, Regeln zu gehorchen, Gelübde zu machen, Verpflichtungen zu erfüllen und Abzeichen zu tragen. Dass alles ist aber umsonst. Das alles stärkt nur das Fleisch, anstatt es zu schwächen, indem es demselben dienstbar ist und unsere Gedanken damit beschäftigt. Der Weg Gottes ist viel einfacher: „Wandelt im (nach dem Geist) (oder der neuen Natur) und ihr werdet die Lust des Fleisches nicht vollbringen" (Gal 5:16).

Das ist Gottes Weisung und Verheißung. Versucht es! Es wird euch gänzlich aus den Händen der Menschen bringen. Es wird euch aus einer schrecklichen Knechtschaft befreien. Es wird Frieden und Segen in euer Leben bringen. Es wird euch Erquickung und Ruhe geben!

Wandelt nach dem Geist (pneuma); beschäftigt euch mit der neuen Natur; dienet ihren Bedürfnissen: sorget auf jede Weise für sie, für sie allein, und ihr habt das Wort Gottes dafür, dass euer Wunsch erfüllt werden wird. Er versichert euch: „Ihr werdet die Lust des Fleisches nicht (in keiner Weise) vollbringen.“

Der Ausdruck „in keiner Weise“ (griechisch ou me), der hier vorkommt, ist der stärkste, der gebraucht werden kann (Gal 5:16)! Es ist im Grundtext eine wiederholte Verneinung. Sie gibt der Behauptung einen solchen Nachdruck und verstärkt sie bis zu einem solchen Grade, dass sie sich niemals bewahrheitet hat, sooft ein Mensch sie äußerte;* so oft sie aber von dem Herrn gebraucht wurde, wurde sie gewiss und reichlich erfüllt (Joh 6:37). Als er sagte: „Wer zu mir kommt, den werde ich nicht (keineswegs) hinausstoßen" gebrauchte er den Ausdruck keineswegs (ou me), in keiner Hinsicht, wird er hinausgestoßen.

* Petrus sagte (Mt 16:22): „Das wird dir nicht (keineswegs) widerfahren.“ Es widerfuhr ihm aber. Petrus sagte wiederum (Joh 13:8): „Du sollst nimmermehr (keineswegs) meine Füße waschen“ Christus wusch sie aber. Petrus behauptet auch (Mt 26:35): „Ich werde dich nicht (keineswegs) verleugnen.“ Er verleugnete ihn aber. Thomas sagte (Joh 20:2): „Es sei denn, dass ich sehen werde... und meine Finger lege... und lege meine Hand..., so werde ich nicht (keineswegs) glauben.“ Er glaubte aber.

Dasselbe gilt von der göttlichen Versicherung: „Ihr werdet die Lust des Fleisches nicht vollbringen“ (Gal 5:16).

Lasst uns glücklich und dankbar ruhen auf dieser göttlichen Versicherung.

Stell dich niemals unter das Gesetz

Das Gesetz wurde für das Fleisch gegeben; aber nur zu dem Zeck, auf dass die „Schwachheit“ des Fleisches offenbar würde (Röm 8:3) Das Gesetz wurde niemals für einen Menschen „in Christus“ gegeben. Von dem Augenblick an, da wir von unserer hohenStellunng, in welche die Gnade uns gebracht hat, herabsteigen, und uns selbst unter das Gesetz stellen, feuern wir dadurch das Fleisch zu größerer Tätigkeit und Kraftentfaltung an.

Gerade das meint die Schrift mit dem Ausdruck „aus der Gnade fallen“. Dies bedeutet nicht Abfall (oder Apostasie), wie wir es nennen, sondern es bedeutet; wandeln nach der alten Natur, statt nach der neuen; denken an dieselbe, sie pflegen und für sie sorgen, statt für die neue Natur

„Ihr habt Christum verloren“ (Griech. Ihr habt keinen Nutzen von Christus), so viele (von euch) durch das Gesetz gerechtfertigt werden wollen.“ (Gal 5:4). Kein Wunder also, dass dieses wichtige Kapitel mit der ernsten Mahnung beginnt: „Für die Freiheit hat Christus uns freigemacht; steht nun fest und lasst euch nicht wiederum in ein Joch der Knechtschaft fangen.“ (Gal 5:1).

Bringt euch nicht selbst unter irgendwelche Gelübde und geht auf keinerlei Verpflichtungen ein. Tragt keine Abzeichen irgendwelcher Art. Das sind nur Zeichen und Siegel des „Joches der Knechtschaft“, unter welches ihr euch selbst bringen könnt. Sie sind Fallstricke und tragen Behauptung in sich, dass es der Gnade nicht möglich sei, euch ohne solche menschliche Stützen und Erfindungen zu bewahren. Se verleugnen in Wirklichkeit die göttliche Versicherung: „Meine Gnade ist hinreichend für dich“ (2Kor 12:9). Gewiss, da das Fleisch in uns ist, fühlen wir unsere Schwachheit beständig; aber gegen dies alles ist schon durch „den Gott aller Gnade“ Vorsorge getroffen; denn er hat gesagt: „Meine Kraft ist in (eurer) Schwachheit vollbracht“. Daher meide alle Lebensregeln, alle Anweisungen oder Führer für ein frommes Leben. Daher meide sie wie deinen ärgsten Feind. Sie werden sich verhängnisvoll für deinen Frieden erweisen; sie werden allen Sonnenschein aus deinem Leben nehmen; sie werden dich aus einem Sohn in einen Sklaven verwandeln und dein geistlichen Kräfte an ihrer Hauptquelle untergraben.

Gib alle Anstrengungen auf, das Fleisch zu verbessern, oder es loszuwerden. Nähre die neue Natur regelmäßig mit dem für sie bestimmten göttlichen Bot, und alles andere wird sich schon regeln. Habe völliges Vertrauen zu der Gnade Gottes und der Kraft Gottes. (2Kor 12:9) Und lass dich auf keine Systeme und Pläne ein, denn das würde heißen; Gottes Wort genügt mir nicht.

Religion oder Christentum

Die Religion hat es mit dem Fleisch zu tun, aber die neue Natur kann nur in Christo Genüge finden. Das Fleisch weiß nichts von Christus, dem Sohn Gottes, als unserem Leben. Es hat nur Interesse an dem, was es sehen, hören und begreifen kann. Aber die neue Natur wird mit nichts Geringerem als mit Christus selbst befriedigt, nicht einmal mit dem Christentum oder der 'Christlichen Religion.’

Phil 3 finden wir diesen großen Gegensatz klar zum Ausdruck gebracht und erläutert durch die persönliche Erfahrung und das Vorbild des Apostels Paulus. Sein Beispiel wird uns mehr nützen als jede Vorschrift. Er spricht dort von dem mächtigen Vertrauen auf das Fleisch, welches er einst als ein streng religiöser Jude hatte. Wieviel Vertrauen auf das Fleisch auch andere haben mochten, er konnte stets sagen ich viel mehr (Phil 3:5.6), und zählt sieben einzelne Stücke auf, und doch war er zu dieser Zeit blind. Er hatte damals noch keine neue Natur in sich, um die alte und sündige, obwohl sehr religiöse Natur zu erkennen. Als er jedoch die kostbare Gabe der neuen Natur empfing, entdeckte er, dass er in Wirklichkeit ein Lästerer, ein Verfolger, gewalttätig war und der erste der Sünder (1Tim 1:13-16).

So konnte er im Blick auf die Religion sagen: "ich noch viel mehr" und im Blick auf die Sünden: „ich der erste“.

Gewinn und Verlust

Doch als seine Augen geöffnet worden waren und er den Herrn Jesus als seinen Heiland und Herrn erkannte, warf er in übergroßer Dankbarkeit seine bisherige Religion als frommer Jude weg gegen die überschwängliche Erkenntnis Christi Jesu, seines Herrn (Phil 3:8). Er achtete alle Dinge als Verlust und Kot, verglichen mit Christus. Er tauschte nicht die jüdische Religion mit der christlichen Religion, sondern er gab dankbar alle Religion auf, - für Christus.

In Bezug auf seine Stellung zu Gott, war es jetzt sein Ruhm, in ihm erfunden zu werden. Das Ziel, das er nun als Christ hatte, war ihn zu erkennen und seine Hoffnung, ihm gleichförmig zu sein in Auferstehungsherrlichkeit. (Phil 3:9)

Christus war ihm alles (Phil 3:10).

Als Jude hatte er die Hoffnung der Auferstehung, aber er gab diese freudig auf für die weit größere Hoffnung, an dem teilzuhaben, was er die Aus-Auferstehung aus den Toten nennt, welche ihm zuteil geworden war als einem Glied des einen geistlichen Leibes (Phil 3:11).

Dies bedeutet nicht, dass er als Christ hoffte, er könnte durch gewisse Anstrengungen irgendeinen Vorteil vor anderen Christen erlangen, sondern es bedeutet, dass er als Christ (als Mensch in Christus) eine herrlichere Hoffnung hatte als die jüdische Religion ihm je geben konnte. Er spricht nicht von dem Aufgeben seiner Sünden, sondern von dem Aufgeben seiner Gewinne. Alles, was er eint für religiöse Gewinne hielt, hielt er jetzt für Verlust, verglichen mit dem wirklichen Gewinn, welchen er hatte in der herrlichen Erkenntnis Christi Jesu, seines Herrn; denn er hatte die Kraft der Auferstehung Christi erfahren, und was diese für alle Glieder des einen Leibes bedeutet, für alle, welche Gemeinschaft seiner Leiden habe und seinem Tod gleichgestaltet werden. (Phil 3:10)

Nur dieses ist Christenleben. Alles andere ist Religion. Das Christenleben besteht nicht in Religionsartikeln oder Glaubensbekenntnissen, Gemeinschaften oder Gesellschaften, nicht in Kirchen, sondern in einer Person: Christus. Gott gebe, dass jeder unserer Leser durch die Gnade befähigt werde, von allen seinen vermeintlichen Vorzügen im Fleisch zu sagen: Was mir Gewinn war, das habe ich um Christi willen für Verlust (Schaden) geachtet (Phil 3:7).

Weg der Trübsal und des Kampfes

Zum Schluss aber vergesst nicht, dass dies der Weg der Trübsal und des Kampfes ist; nicht von innen, sondern von außen; Nicht nur Kampf, der aus unserer eigenen alten Natur sich erhebt, sondeern aus der alten Natur anderer Menschen. Es bleibt wahr, und wird stets auch in unserer eigenen Erfahrung als wahr erfunden werden: Aber gleich wie damals der n ach dem Fleisch Geborene den nach dem Geist Geborenen verfolgte, also geht es auch jetzt. (Gal 4:29)

Der Nachdruck liegt auf den zwei Worten damals und jetzt, woraus deutlich hervorgeht, dass wir auf einen Änderung der alten Natur nicht zu warten haben, nicht in unseren jetzigen Verhältnissen. Wir werden nur ermahnt, dessen eingedenk zu sein, dass wir Söhne der Freien, nicht der Magd sind, und dass wir in dieser Freiheit feststehen sollen (Gal 5:1).

Glückselige Freiheit!

Das Wort damals in (Gal 4:29) bezieht sich zunächst auf Ismael und Isaak, aber es greift noch weiter zurück auf Kain und Abel und auf den religiösen Hass, welcher im Mord endete, und - wenn es möglich wäre - stets im Mord enden würde.

Es wist auch auf die Tatsache hin, dass es die religiöse Partei unter den Juden, nicht die Volksmenge war, sondern die Hohenpriester, welche en Tod des Herrn Jesus beschlossen hatten (siehe Mt 26:59; Mt 27:1.20; Mk 15:11; Lk 23:18; Joh 18:35.40; Joh 19:6.15). Genau so ist es heute.

Alle, die gottselig leben wollen (d. h. dazu entschlossen sind) in Christo Jesu müssen Verfolgung leiden (2Tim 3:12).

Diese Verfolgung wird hauptsächlich vom religiösen Fleisch kommen.

Wer unter uns wird nicht mit Trauer bestätigen, dass ihm die größten Schwierigkeiten und Prüfungen durch den fleischlichen Sinn seiner Mit-Christen verursacht wurde? Früher verfolgte die Welt die Gläubbigen und brauch ihnen die Beine, heute verfolgen Gläubige ihre Mitgläubigen und brechen ihnen das Herz.

Gerade als Saulus seine Religion am eifrigsten ausübte, war er mit der Verfolgung der Christen beschäftig (Phil 3:6). Es ist die Religion, welche da Blut der Heiligen vergossen hat. die Religion ist ess, die eine edle Armee von Märtyrern bildete.

"Sehet, welch eine Liebe hat uns der Vater erzeiget, ,dass wir Gottes Kinder sollen heißen. Darum kennt uns die Welt nicht, weil sie ihn nicht kennt.“ (1Jo 3:1)

Mit dieser Stelle steht in Verbindung, was Johannes an anderen Stellen sagt:

„Wundert euch nicht, Brüder, wenn euch die Welt hasst.“ (1Jo 3:13)

Wenn euch die Welt hasst, so wisst, dass sie mich vor euch (ehe sie euch hasste) gehasst hat. Wäret ihr von der Welt, so hätte die Welt das Ihre lieb; (Joh 15:18.19) weil ihr aber nicht von der Welt seid, sondern ich habe euch aus der Welt erwählt, darum hasst euch die Welt.“ (Joh 17:14)

Wenn sich diese Worte damals bei den Aposteln erfüllten, an die sie gerichtet waren, wieviel mehr werden sie sich jetzt erfüllen!

Daher sollen wir uns als Kinder der neuen Natur nicht wundern, weder über den Kampf mit der alten Natur in uns, noch über den Kampf, mit denen außer uns. Wir wollen uns vielmehr darüber freuen, dass wir gerade in diesem Kampf die größte Versicherung erblicken dürfen, dass wir Söhne Gottes und sein Werk sind (Eph 2:10). Das ist der sicherste Beweis, den wir h aben können, dass wir als Kinder Gottes aus der Welt erwählt worden sind. Lasset es uns für eitel Freude achten, wenn wir gewürdigt werden, etwas zu leiden für ihn, der alles litt um unseretwillen - für die vor ihm liegenden Freude (Hebr 12:2).