Ich habe das Werk vollendet: Unterschied zwischen den Versionen

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Abschrift des Buches<big>'''''Das Gemeine-Gebet ''''' </big> <br/>
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''Abschrift des Buches: [http://www.bibelwissen.ch/wiki/Das_Gemeine-Gebet_(Johannes_17) <big> '''Das Gemeine-Gebet''' </big> (Joh 17)]''<br/>  
 
''[https://www.bibelpedia.com/index.php?title=Böhmerle,_Theodor <big> '''Pfarrer Theodor Böhmerle'''</big>] (1870 - 1927)''<br/><br/>
 
''[https://www.bibelpedia.com/index.php?title=Böhmerle,_Theodor <big> '''Pfarrer Theodor Böhmerle'''</big>] (1870 - 1927)''<br/><br/>
 
''Sonderabdruck für biblische Vertiefung „Die Gemeine"'' <br/>
 
''Sonderabdruck für biblische Vertiefung „Die Gemeine"'' <br/>
''Selbstverlag von Frau Pfarrer Böhmerle, Langensteinbach''<br/><br/>
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''Selbstverlag von Frau Pfarrer Böhmerle, Langensteinbach''<br/>
  
weitere [http://www.bibelwissen.ch/wiki/Abschriften <big>'''Abschriften:'''</big>]
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weitere interessante [http://www.bibelwissen.ch/wiki/Abschriften <big>'''Abschriften:'''</big>]<br/><br/>
  
 
[http://www.bibelwissen.ch/wiki/Das_Gemeine-Gebet<big> '''Inhaltsverzeichnis'''</big>]<br/>
 
[http://www.bibelwissen.ch/wiki/Das_Gemeine-Gebet<big> '''Inhaltsverzeichnis'''</big>]<br/>
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Kapitel vorher: <br/>
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:[http://www.bibelwissen.ch/wiki/Eine_Auslegung_von_Johannes_17 <big>'''I. Eine Auslegung von Johannes 17'''</big>]<br/><br/>
  
<big> [[In Bearbeitung]] </big><br/><br/>
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==<big>'''Ich habe das Werk vollendet'''</big>==
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<big>'''[[Joh 17:4]]'''</big><br/>
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'''Ich habe Dich verklärt auf Erden''' ''(vielleicht auch zu übersetzen: im heiligen Lande),'' '''indem Ich das Werk vollendet habe, das Du Mir gegeben hast, dass Ich es tun solle.''' <br/>
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Der Heiland hat ein Werk im Himmlischen und hat ein Werk auf Erden. Er kann Sich sagen: „Der Vater wirket bisher, und Ich wirke auch.“  - Der Heiland hatte schon ein großes Werk im Himmlischen, ehe Er Mensch wurde; und Er hat ein großes Wer nach Seiner Erdenwallfahrt ebenfalls zunächst im Himmlischen. Ehe Er Mensch wurde, hatte Er vor Grundlegung der Welten das heilige Geschäft, in der Gegenwart des Vaters dessen ganzen wunderbaren Plan kennenzulernen, diesen in Sich aufzunehmen und ihn anzunehmen zur Durchführung. Der Vater hat ja dem Sohne von Unendlichkeiten  her alles gegeben. Der Herr redet von einer Herrlichkeit, welche Ihm der Vater gegeben habe vor Grundlegung der Welten.  Also hat in jenen Unendlichkeiten schon ein Geben und Nehmen zwischen Vater und Sohn stattgefunden. Dort schon hat Sich der Sohn in den Kreuzesrat eingelebt und Sich zur Durchführung desselben bereitfinden lassen.  Es entstand in den Ewigkeiten eine Fülle der Sohnesherrlichkeit, übernommen aus der Fülle der Vaterherrlichkeit. Das war schon ein großes Werk im Himmlischen, dies Eingehen auf den Rat Gottes. Aus dieser übernommenen Sohnesfülle heraus hat dann der Sohn die Welten geschaffen. Das war auch ein Werk vom Himmlischen her - ein herrliches, mannigfaltiges. Als dann durch Satan der Fall eingeführt wurde, begann für den Sohn Gottes Leiden und Kampf. Die großen Kämpfe des Sechstagewerks ([[1Mo 1]]) waren auch ein Werk vom Himmlischen aus. Und ebenso war ein solches Werk die Schöpfung des Menschen.
  
==<big>'''„Ich habe das Werk vollendet“'''</big>==
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Nach dem Fall des Menschen begann die Erziehung des Menschengeschlechts auf die Erlösung hin. Obschon hier der Herr Sich tief herab neigte ins gefallene Irdische, geschah doch dies ganze Vorbereitungswerk noch vom Himmlischen aus. Erst als die Zeit erfüllet war, trat Er ein in diese Erde und erfüllte Sein i n n e r -  i r d i s c h e s  W e r k. Nach Vollendung dieses i n n e r - i r d i s c h e n  W e r k e s geht Er zurück ins Himmlische und tut von dort aus Sein Werk durch den Heiligen Geist. Er holt und bildet die Gemeine. Dann tritt Er wieder Schritt für Schritt herein ins Irdische. Im tausendjährigen Reich herrscht Er mit den Seinen von der Luft aus; dann nach dem Endgericht fährt Er mit ihnen herab ins neue Jerusalem - und dann vollführt Er innerweltlich auf der himmlisch gewordenen Erde Seine gewaltigen, ewigen Aufgaben. So ist Sein Werk auf Erden ein kurzer Ausschnitt aus Seinem ganzen Wirken - aber fürwahr der allergewaltigste, wuchtigste, tiefste, ergreifendste, grundlegendste - kurz, es ist der herzmäßige Teil. -
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Die Kinder Gottes haben in Ihm, ihrem Herrn, auch ein irdisches und ein himmlisches Wirken. Hier steht der eingeborene Sohn ganz allein. Obwohl der Vater im ewigen Rate die Söhne voraus bestimmt und voraus gewusst hat ([[Röm 8]]), so haben sie doch keine w i r k e n d e  Vorausexistenz.  Die Söhne sind ihrer Natur nach Geschöpfe - und haben als solche einen Anfang -  und dieser Anfang liegt innerirdisch. Der Sohn Gottes ist o h n e  A n f a n g und ohne Ende - ein rechter Priester nach der Weise Melchisedeks, von dem wir auch Anfang und Ende nicht wissen. Die Söhne Gottes haben als erstes das innerirdische Werk. Schon wenn sie mit ihrem Herrn im tausendjährigen Reich in der Luft herrschen, beginnt ihr himmlisches Werk. Am Tage des Endgerichtes setzt es sich fort. - Dann wird es mit ihrem Herrn wieder inner-irdisch, aber auf der neuen Erde.
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In unserem Vers redet nun der Herr von Seinem inner-irdischen Werk. „Ich habe Dich verklärt auf der Erde, indem Ich vollendet  habe das Werk, das Du Mir gegeben hast, dass Ich es tun sollte.“ Der Heiland hat also auf der Erde ein ganz bestimmtes, fest umrissenes Werk, das der Vater Ihm gab, dass Er es tun sollte. Und indem der Heiland in Seinem Erdenwirken Sich fest und ausschließlich an den Ihm gegebenen Weg hielt, hat Er im Gehorsam den Vater geehrt und herrlich gemacht. Das Werk des Herrn auf Erden war das höchste und größte, das je vollbracht worden ist und je vollbracht werden wird. Es war aber nach seiner äußeren Gestalt so niedrig und so gering, dass ein geringeres nie getan wurde noch getan werden wird.
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Schon nach seinem äußeren Umfang war des Herrn Werk auf Erden sehr eng. Wir dürfen die Worte: „Ich habe Dich verklärt auf Erden! - vielleicht übersetzen; „Ich habe Dich verklärt im heiligen Lande.“ Das griechische Wort „Gä“, welches hier steht, heißt wohl „E r d e“ in vielen Stellen, es heißt aber auch an anderen Stellen „das heilige Land“. Das Erdenwirken des Herrn ist ja übers heilige Land nicht hinausgegangen. Der Heiland umreißt Sein Arbeitsgebiet selbst, wenn Er sagt: „Ich bin nicht gesandt, denn allein zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“.  Das zu jener Zeit überaus kleine und enge Land war Sein Erdenwirksamkeits-Schauplatz. Und in ihm hat Sich der Heiland trotz aller Versuchungen, darüber hinauszugehen, im Gehorsam bewegt. Der Größte in den Himmeln und auf der Erde hat den engsten Raum zur Wirksamkeit. Nicht im Weltreich der Römer, nicht im Geistesreich und Kunstreich der Griechen ist Sein Werkbezirk - auf dem eng begrenzten Offenbarungsboden der Juden wirkt Er und stirbt Er.
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„Ich habe Dich verklärt auf Erden.“ So müssen auch Kinder Gottes einen gottbegrenzten Wirksamkeitsboden auf dieser Erde haben. Wir dürfen nicht wirken nach dem Ausmaß unserer Gaben, wie sie sich natürlicherweise auswirken könnten, wir dürfen auch  nicht wirken von irdischen Gedanken und Plänen und Aufforderungen bestimmt - uns darf nur der Wille Gottes bestimmen. Wie gern wäre Paulus überall hingegangen, und wo wäre er hingegangen! Wie hat ihn Gott beschränkt! Gefangen setzt Er ihn vier Jahre; gefangen schickt Er ihn nach Rom. Kinder Gottes dürfen sich durch nichts, auch nicht durch die höchsten  und idealistischsten Antriebe, ihr Werkgebiet bestimmen lassen, sondern nur durch den Geist und durch die Führung des Herrn. Unser stolzes Herz steckt die Zeltpflöcke immer wieder zu weit. Unser verzagtes Herz steckt sie zu eng. Es gibt Gläubige, die rennen und laufen viel  zu weit; dann verlaufen sie sich - und es gibt Gläubige die laufen nicht weit genug; dann verkümmern sie. Einfältig sein, gilt es, dann trifft man die Maße des Herrn. Die Erweckten und Bekehrten taten herum in der Welt; die Geborenen lassen sich führen.
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„Ich habe Dich verklärt auf Erden, indem Ich vollendete das Werk, das Du Mir gegeben hast, dass Ich es tun sollte.“ Unsere Aufgabe auf Erden ist eine gegebene. Wie in einem Examen stehen wir, wo die Aufgaben auch gestellt werden. Sehr oft sind die gestellten Aufgaben gerade für uns die schwierigsten. So war es auch beim Herrn. Und doch ist es bei aller Schwierigkeit am seligsten, eine gegebene Aufgabe zu erfüllen. Mag sie dann hinführen wo sie will - sie ist gegeben.<br/><br/>
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====<big> Der Herr kam, um zu sterben </big>====
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Die dem Herrn für diese Erde gegeben Aufgabe war: Im Fleische leiden und sterben. „Des Menschen Sohn ist gekommen, dass Er Sein Leben gebe als Lösegeld für viele.“ Das ist der große Unterschied zwischen dem Sohn Gottes und allen Großen dieser Welt. Diese sind alle gekommen, um zu l e b e n ; der Sohn Gottes ist gekommen, um zu s t e r b e n. Eigentlich kommen ja alle Menschen in die Welt, um zu sterben. Der Tod liegt auf allen Fleischgeborenen. Aber die Menschen achten das nicht und wollen das nicht. Leben wollen sie und meinen, sie seien zum Leben da. Der Heiland wusste, dass Er zum Sterben dasei. Und frei, völlig frei, wiewohl unter Zittern und Zagen, ergriff Er diesen Beruf. Frei sollte Er hineingehen in Tod und Gericht, um sie  beide zu zerbrechen. Wenn der Heiland in diesem Gebete sagt: „Ich habe vollendet das Werk, das Du Mir gegeben hast, dass Ich es tun sollte“ - und ist doch noch nicht gestorben; so nimmt Er Sein Sterben eben mit herein. Er ist willig zu sterben; Er ist auf dem Wege Sich hinzugeben. Und Er ist sein ganzes Leben lang gestorben. Er hat keine Sünde getan, Er ist nie im Ich-Weg neben hinausgetreten. Und diesem Reinen war der Gang durch die Sündenwelt  und Sünderwelt überall ein Sterben. Das Helle und Weiße, das Reine ist staub- und schmutzempfindlich. Seine Speise war der Wille des Vaters - und so hat Er den Vater verklärt. Und immer schmerzenssreicher, immer leidensvoller wurde der Weg, um zu enden in Kreuz und Grab. - Und er ging. - Nun war aber das Werk auch vollendet, welches der Vater Ihm gegeben, dass Er es tun sollte. Nun weckte Ihn der Vater auf,  und nun konnte es zu neuem Wirken gehen im Himmlischen. Was der Heiland an Zeichen, Wundern und Werken tat, was Er redete in göttlichen Worten, war alles nur Selbstoffenbarung, dass Er der Sohn sei - um Sein Leiden zu verklären und den Glauben zu wecken für das Verständnis Seiner Leiden. Das Zentral-Leben Seines Lebens war Leiden.<br/><br/>
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<big>'''Der Weg der Gotteskinder'''</big><br/>
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Das ist nun auch der Gotteskinder Weg. Die Gläubigen in Christo haben als Lebenswerk eine Leidensaufgabe. Sie lernen und üben im Geiste das Selbststerben, das Nicht-Ich. Sie legen sich hin und leben im Glauben des Sohnes Gottes, der sie geliebt und Sich selbst für sie dargebracht.  Christus ist ja darum für alle gestorben, auf dass die, so da leben, hinfort nicht sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist. Dieses Leben in Christo ist Leiden - und es wirkt Leiden in einer Welt der Selbstsucht.  Diese Leiden nehmen die Gläubigen an und auf, und überwinden in der Kraft Christi in denselbigen. Je reifer ein Gläubiger wird, umso leidvoller wird sein Weg hienieden. Es treffen ja auch die allgemein menschlichen Leiden noch ein, wie sie nötig sind, den Gläubigen zu erziehen. - Dabei bekennt ein Geistgeborener auch seinen Sohnesstand in Wort und Werk, wodurch die Leiden sich mehren und vertiefen - aber auch die  Auferstehungskräfte in Christo. - Da heißt es dann beim Gläubigen, je näher er dem Ziele des Lebens kommt, gleich wie beim Herrn: „Ich habe Dich verklärt auf Erden, in dem ich vollendet habe das Werk, das Du mir gegeben hast, dass ich es tun sollte.“ Bei uns bleibt leider ein Rest. Wir haben es nicht vollendet, wie wir sollten. Wir brauchen Reinigung und Bedeckung in Jesu Blut. Aber den Willen zu diesem Wege gibt Er uns doch  und - Er wolle ihn uns stärken!
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Durch den völligen Sohnes-Gehorsam in den Leiden hat der Sohn den Vater verklärt - im Leben und Leiden Jesu wird Gott groß! Durch Sein Leiden und Sterben aber ist das vollendet. Da sehen wir den heiligen Richter-Gott; da sehen wir aber auch die heilige, alles überwindende Liebe Gottes - da sehen wir den Triumph der Gnade. Da ist  der Vater verklärt in Seinem ganzen Gott-  und Retter-Sinn. In der Vollendung, des dem Sohne gegebenen Werkes am Kreuze, ist auch nach vollbrachter Versöhnung und Erlösung der Heilige Geist vollendet. Jetzt kann ja auch nach vollbrachter Versöhnung und Erlösung der Heilige Geist in der Gläubigen Herzen den Vater verklären - und in ihnen das „Abba“ - das „lieber Vater“ erwecken. Hier können wir nicht mit. Versöhnen  und erlösen können wir nicht. Aber annehmen können wir's in Buße und Glauben und  uns zu Kindern machen lassen, das können wir - und dann ist der Vater verklärt in uns, und dann ist das Wort Christi wahr: „Ich habe Dich verklärt auf Erden.“
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Aber nun, nachdem der Heiland hier unten fertig ist, nun will Er weiter. Darum betet Er:<br/><br/>
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===<big>'''Und nun, Vater, verkläre Mich Du'''</big>===
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<big>'''[[Joh 17:5]]'''</big><br/>
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'''Und nun, Vater, verkläre Mich Du bei Dir selbst mit der Klarheit, welche Ich bei Dir hatte, ehe denn die Welt war''' <br/>
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Der Heiland betet hier nicht so sehr für sich selbst und für alle Welt, und sonderlich für die zunächst zu gewinnende Gemeine. Er will das Werk weiterführen; dazu muss Er im Fleischesleben und dem Sünden- und Todes-Kampfe nach Seiner Herrlichkeit verlangt haben. Er hätte sie aber nie gewollt, wenn Er nicht einmal hienieden Sein Werk vollendet gehabt hätte - und wenn Er zum andern nicht Sein Werk hätte weiterführen wollen. Was Er für Sich will, will Er im Grunde für die andern. Wollen wir auch nicht verklärt werden, ehe wir  unser Werk hienieden vollendet haben! Je weiter der Herr uns hier bringen kann, umso größer ist die Herrlichkeit drüben. Und hier wirken sich unter dem Druck dieser Welt die Herrlichkeiten viel kräftiger und schneller aus als drüben, wo dieser Druck fehlt. Und wir wünschen auch unsere Verklärung drüben nicht nur für uns, sondern für die ganze Kreatur, welche jetzt schon wartet auf die herrliche Freiheit der Kinder Gottes!
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Der Heiland will Seine Herrlichkeit beim V a t e r , bei w e l c h e m Er auch war vor Grundlegung der Welten. Seine Verklärungsbitte ist durch und durch persönlich. So groß auch die Sachen  und Dinge der Herrlichkeit sind, der Vater ist der Ersehnte. Im Vater sind alle Herrlichkeiten zusammengefasst und inbegriffen. Beim Sohn ist alles persönlich. Er hat alles in Einem, dem Vater. Vom Vater und Seiner Erkenntnis blitzt und strahlet alles aus. Der Sohn ist ohne den Vater nicht zu denken. Der Vater ist Seine Existenz. Außerhalb des Vaters wäre Er auch nicht mehr der Sohn. So haben auch die Kinder Gottes nur e i n e Passion,  und das ist Er, nur Er. Wenn wir hinüberdenken und hinausdenken, so ist Er der Gegenstand unserer Sehnsucht. Die Erweckungs- und Bekehrungszustände bleiben mehr beim Sachlichen. Da will man selig sterben, zum Frieden kommen, in den Himmel kommen; höchstens mit diesen oder jenen Menschen wieder zusammenkommen. Sie freuen sich auf Jerusalems Herrlichkeit, auf seine Perlentore und dergl. mehr. Die Gottgeborenen stehen in Ihm und hoffen auf Ihn. Sie haben Lust abzuscheiden, um bei C h r i s t o  zu sein. Sie erwarten ihren Herrn. Ohne Ihn wäre ihnen der schönste Himmel leer; in Ihm die Hölle nicht fürchterlich. Dieses Christusbezogensein ist ein Hauptmerkmal der Heiligen Gottes. Sie sind eben aus dem Vielerlei in den Einen gekommen. Kindlein, bleibet in Ihm - ist ihr johanneischer Wunsch.
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Die Herrlichkeit, welche der Herr wünscht, war bei Ihm und wird sein bei Ihm, dem Vater. Diese Herrlichkeit ist vom Vater ausgegangen und dem Sohn gegeben. Der Sohn hat sie gläubig übernommen von dem sie Ihm offenbarenden Vater. So  liegt der Vaterzug in ihr. Und der Sohn braucht sie nur zur  Ehre des Vaters - und wenn sie einst erfüllet ist und enthüllet, wenn nämlich alles dem Sohn untertan gemacht ist, dann wird der Sohn sie dem Vater  zurückgeben indem Er Sich selber  untertänig macht. Die Herrlichkeit geht vom Vater zum Vater.
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So ist’s auch bei den Gläubigen. Was ist, das wir nicht empfangen haben? Der Heilige Geist nimmt es von dem Seinigen und gibt es uns. Und wir verwahren’s im Glauben und im Überwindungskampfe dieser Erde, und wir geben’s anbetend dem Herrn wieder zurück. Unsere ganze Herrlichkeit ist Jesus-Ausfluss und darum auch Jesus-Rückfluss - nur in Ihm ist sie wertvoll -  ist sie überhaupt etwas.<br/><br/>
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<big> '''Die Herrlichkeit des Sohnes Gottes''' </big><br/>
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Diese Seine Herrlichkeit hatte nun der Sohn schon, ehe die Welt, ehe der ganze Kosmos war. Er hatte sie damals noch nicht so, wie Er sie jetzt hat, wenn Er von der Erde nach Kreuz und Tod wieder heimkommt. Er hat jetzt in Seiner geistlich-verklärten Schönheit, und umgeben von vielen verklärten Heiligen, diese Herrlichkeit reicher und gefüllter. Er kann aber doch wünschen, d i e Herrlichkeit zu bekommen, welche war, ehe der Kosmos war. Denn jene Herrlichkeit trug  samentlich alles in sich, was jetzt auswächst. Dann ist aber hauptsächlich die reine, himmlische Herrlichkeit gemeint, heraus aus dem Fleischeswesen dieses Erdenleibes. Die Herrlichkeit Christi ist wachstümlich. Nur der Vater ist, wie Er war - im Sohne aber wächst es sich aus - und geht vollgeworden zum Vater zurück. Wir haben als K i n d e r  G o t t e s jetzt auch schon Herrlichkeit; hatten wir doch schon eine als s ü n d i g e Menschen, wenn auch die in der Ähnlichkeit der Blume des Grases. Alles hat eine Herrlichkeit - auch die Sünde und die sündige Welt. Es gibt eine Herrlichkeit der Menschen - der gefallenen Kreatur. Sie steht natürlich unter dem Tode. Die Herrlichkeit der Kinder Gottes steht im ewigen Leben. Sie geht von Ihm, unserem Haupte, aus Klarheit in Klarheit.
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So geht auch die Herrlichkeit Christi aus Leben in Leben, aus Licht ins Licht. Vor G r u n d l e g u n g  der W e l t e n  war sie samentlich. Der Heiland führt uns zurück in die Ewigkeiten, da noch nichts Geschaffenes war. Für uns ein uns Schaudern machender Gedanke, ein fast unglaublicher Weg. Ohne Ihn könnten wir so etwas nicht wagen, zu denken. Das ist reinste Offenbarung, die wir da aufnehmen. Also alles, was ist, war einmal nicht. Wie wenig wiegst du, o ganzer Kosmos, alles Geschaffene zusammen. Du warst einmal nicht. Gott aber war, und der Sohn war. Und der Sohn hatte schon Seine eigene Gottes-Sohnes-Herrlichkeit. Und Gott war selig - und der Sohn war selig, verbunden in heiliger Lebensherrlichkeit durch den Geist. Und Sie waren selig, ohne dass etwas in die Erscheinung getreten war. Gott braucht uns nicht zu Seiner Seligkeit. Wir aber brauchen Ihn voll und ganz. Der Sohn braucht uns nicht - Er braucht nur den Vater. Wir aber brauchen den Sohn. Und doch schafft Gott im Sohn in heiliger Liebe. Aber da Er uns, und alle Kreatur gemacht hat, nun braucht Er uns auch, nun will Er uns auch. Nun sind wir Seine herausgestellte Herrlichkeit und sollten es immer mehr werden. Ja, wir sollen es werden durch Sünde und Tod hindurch, wenn beide durch Gnade überwunden, und wenn Leben und Frieden aus ihnen heraus geschaffen sind. Die Welten waren einmal nicht - die jetzigen werden erst recht einmal nicht mehr sein; denn der Tod herrscht in ihnen. Aber kraft des Neuschöpfers, des gekreuzigten und erstandenen Sohnes, werden sie wieder sein, herrlicher denn je.  Und darum will der Heiland in Seine Herrlichkeit, nach dem Durchgang durch Kreuz und Tod, wieder zurück - dass Er als verklärter Versöhner und Erlöser, diese Herrlichkeit nun ausbaue und größer mache mit erlösten Geschöpfen.
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Die Nächsten und Ersten, die hinein dürfen ins Innerste dieser Herrlichkeit, sind geborene Söhne. An uns ist auch diese Bitte erfüllt. Wir wissen Ihn, kraft des in uns wohnenden Geistes, zur Rechten der Majestät der Herrlichkeit. Wir sind von dorther durch den Geist geboren, wir leben und zehren von dieser Herrlichkeit, und wir werden sie einst mitbesitzen als Miterben Jesu Christi. Wie ist unser Leben in dieses Gebet verflochten; wie haben wir tiefes Glaubens-, Liebes- und Hoffnungsinteresse, wenn der Herr betet: „Verkläre Mich, Du Vater, bei Dir selbst mit der Herrlichkeit, die Ich bei Dir hatte, ehe der Kosmos war.“ <br/><br/>
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<big> '''Die Herrlichkeit des Vater-Gottes''' </big><br/>
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Die Herrlichkeit des Sohnes ist eine andere, als die g r o ß e H e r r l i c h k e i t  G o t t e s , des V a t e r s. Aus dieser, sagt Petrus im zweiten Briefe, hätten sie auf dem Verklärungsberg die Stimme gehört. Die Herrlichkeit Gottes, des Vaters, ist, wie Michael Hahn so schön sagt, der A n g r u n d, d. h. der O h n e - G r u n d. Die Herrlichkeit Gottes, des Sohnes, ist der Abglanz dieses. Sie ist eine abgeleitete, eine gegebene und angenommene. Die Herrlichkeit des Sohnes ist der G r u n d. Sie n e i g t  schon h e r a u s. Sie neigt sich zu den Schöpfungswelten hin. Darum können auch geschaffene Geister nach ihrer Herrlichmachung darin wohnen - nämlich die verklärten Söhne als die Ersten. Vater, so verkläre auch uns durch Kampf und Leiden h i n d u r c h  und n a c h  Kampf und Leiden mit der Klarheit, welche Du von Unendlichkeiten her Deinen Söhnen zugedacht hast! Schenke uns Kraft, nachzujagen dem Kleinod, welches uns vorhält die himmlische Berufung in Christo Jesu, unserm Herrn!
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Von der Bitte für sich selbst geht der Heiland nun über zur Bitte für die Seinen, zunächst zur Bitte für die Seinen und zu Seiner Zeit. Er sagt:<br/><br/>
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===<big> '''Ich habe Deinen Namen offenbart den Menschen''' </big>===
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<big> '''[[Joh 17:6]]''' </big><br/>
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'''Ich habe Deinen Namen offenbart den Menschen, die Du Mir aus der Welt heraus gegeben hast.''' <br/>
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Deutlich steht hier die Auswahlgemeine vor uns: „Aus der Welt heraus.“ Die Welt oder der Kosmos, wie es griechisch heißt, ist die dem Prinzip der Sünde oder des Todes verfallene Kreatur. Aus diesem Fluchgesetz und Fluchwesen heraus sind die gerettet und entronnen, welche der Vater dem Sohn gegeben hat. Wir müssen  hier beachten, dass der Herr von diesen Ihm Gegebenen hier so redet, als wäre die neue Geburt schon in ihnen geschehen. Dies ist nach der vollen Wirklichkeit und Tatsächlichkeit noch nicht der Fall. Der Herr ist ja noch nicht gestorben und noch nicht auferstanden. So kann also der Wiedergeburtsgeist auch noch in niemandem wohnen. Aber die Geister, welche der Heiland hier in Seinem Gebet im Auge hat, sind innerlich so vorbereitet und zugerichtet, dass der Heiland weiß, dass sie es ergreifen werden. Es ist ja eine große Vorlaufarbeit an den Geistern nötig, bis sie zur neuen Geburt gelangen. Diese Vorlaufarbeit ist der verschiedensten Art. Der Herr sieht, wo sie geschehen isst, und wo sie zur Geburt führen wird. Diese Geister betrachtet Er in dem vorliegenden Gebet schon als die Seinen, als die Ihm Gegebenen.
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Er hat durchaus nicht nur diese Elfe im Auge, welche Ihn umstehen, sondern ohne Zweifel einen weiteren Kreis. Es isst auch gar nicht gesagt, dass die Elfe alle zu wiedergeborenen Söhnen geworden sind. Von Johannes und Petrus wissen wir es, dass sie zur Gemeinde der Söhne hindurchgedrungen sind. Von den andern wissen wir nichts Gewisses. Die elf Apostel müssen wir eben nicht als Apostel der Gemeine fassen, sondern als Apostel des jüdischen Volkes. Sie sitzen auf den Stühlen der zwölf Geschlechter Israels. Die Leute des Königreichs sind aber nicht wiedergeboren, sie sind bekehrt zu ihrem Herrn.<br/><br/>
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====<big>Was unterscheidet Bekehrte von Söhnen? </big>====
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Hier müssen wir eine kleine Einschaltung machen, welche nicht direkt zu unserer Auslegung gehört, welche aber doch nötig ist, weil oft danach gefragt wird. Es handelt sich um die Frage der Bekehrung und Wiedergeburt. Es ist jedem Bibelleser klar, dass das Wort „Bekehrung" am häufigsten im Alten Testament vorkommt. Also kann auch u n t e r m G e s e t z Bekehrung geschehen. Ja, Bekehrung ist etwas Gesetzliches. Von der Bekehrung heißt es: „Es sollen sich zu Mir noch bekehren aller Welt Enden.“ Das kann nie von der andern Geburt gesagt werden. Die geborenen Söhne sind eine Auswahlgemeine. Bei der Bekehrung steht der Bekehrte dem Herrn gegenüber, und nimmt Ihn für sich an, und wird Ihm untertan von Schritt zu Schritt. Bei der Geburt wohnt der Geist - und in Ihm der Herr in uns - und es wächst von innen das neue Leben in Christo. Bei der Bekehrung bleibt der Stand gesetzlich, - die Bekehrten brauchen ständig Lehre und Führung - und das in den Ewigkeiten noch. Die Geborenen sind vom Herrn gelehrt - sie haben die Salbung und wissen alles - dies natürlich in wachstümlicher Abstufung.  Die Bekehrten stehen im S e e l i s c h e n, und darum nach außen mehr im Vielfältigen. Bei ihnen spielt Sehen, Hören, Fühlen usw. auch im Geistlichen eine große Rolle. Die Geborenen sind auf das Eine, auf Ihn gerichtet, sie sind Geistesmenschen - ihr Wesen ist nach innen. Die Bekehrten haben das Reich, die Geborenen I h n, den H e r r n. Die Bekehrten schaffen und wirken, die Geborenen werden und wachsen und bringen Frucht.  Geborene können mehr oder weniger lang auch im Bekehrungswesen gelebt haben; die Bekehrten, so sie nicht zu Kindern erwählt sind, dringen über ihre Stufe nicht hinaus. Wo der Wille ist, ein Kind Gottes zu werden  und zu sein, da ist auch schon das Geburtswesen. Dieser Wille ist geistgewirkt. Die Bekehrung ist der Lebenszustand im Königreich, die neue Geburt ist der Lebenszustand in der w a h r h a f t i g e n  G e m e i n e. Wir sagen: in der w a h r h a f t i g e n Gemeine. In der ä u ß e r e n  A u s p r ä g u n g der Gemeine laufen nämlich überall Bekehrte und andere religiöse Stufungen mit. Darunter lernen und leiden die Geborenen und werden etwas auf ihren Tag. Die Bekehrten können wieder zurückfallen, wenn sie noch  nicht fest sind; das Geborene kann nicht zurückfallen. Es kann sündigen, fallen fehlen; aber der Herr zieht stets wieder zurecht, und es lässt sich auch  zurechtziehen. Die Bekehrten erhalten ihr Urteil im jüngsten Gericht und haben bis dahin an ihren Orten zu warten. Nur was bekehrte Juden sind, die stehen auf am Anfang des 1000jährigen Reiches zu ihrer Aufgabe an den Nationen - das ist die Erstauferstehung ([[Offb 20.]]; [[Hes 37.]]). Die Geborenen erwarten vor der antichristlichen Zeit, zur Zeit der siebten Posaune ([[1Kor 15.]]),  ihre Sammlungsstunde bei ihrem Herrn.
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Dieses Wenige zum Licht in dieser Sache. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, ist es gar nicht nötig, dass alle Apostel der Juden, d. i. des Königreiches, wiedergeboren sind. Die erste Gemeine zu Jerusalem ist keine Gemeine der Wiedergeborenen gewesen - obwohl ohne Zweifel Neugeborene drin waren - sondern eine Königreichs-Gemeine der Bekehrten. Doch wollen wir hierauf jetzt näher nicht eingehen. Eins ist uns bei  unserem Gemeinegebet gewiss, der Herr hat nicht nur die Elfe im Auge, sondern einen weiteren Kreis, und Er betet für diesen Kreis prophetisch; denn er ist noch nicht das, was er freilich in Kürze nach Tod und Auferstehung und Himmelfahrt Jesu werden soll. Von diesem Kreis sagt nun der Herr:<br/><br/>
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'''Ich habe Deinen Namen offenbart den Menschen, die Du Mir aus der Welt heraus gegeben hast.'''<br/>
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Hier denkt der Herr nicht so sehr an Seine ö f f e n t l i c h e  Tätigkeit, durch Wunder, Zeichen und Reden, als an eine i n n e r e  W i r k s a m k e i t, welche sich unter diesen äußeren Werken, vielleicht auch oft in Aussprachen in kleineren Kreisen, vollzog. Des Heilands äußeres Wirken war vor allen Dingen auf die Gesamt-Erweckung, auf die Bekehrung des jüdischen Volkes gerichtet; dass es in Ihm seinen großen Beruf ergreife, Erstling und Heilsträger im Königreich  zu sein. Diese Absicht scheiterte an der Selbstverstockung des Volkes und seiner Führer. Aber ein anderes, ein Innerliches, das geschah. Viele erkannten den Vater und den Sohn und nahmen Ihn an. Darunter war der Anbruch des kommenden Königreichs, darunter waren auch viele Gottgeborene. Ihnen konnte der Herr oft in besonderen Stunden der inneren Weiterführung, in welchen sie sich um Ihn scharten, aber auch durch alle Seine Werke, den Namen des Vaters offenbaren.
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Der Name, welchen der Heiland offenbarte, ist ja der V a t e r n a m e nach seiner vollen und ganzen Bedeutung. Der Herr lebte ein reines, heiliges, vollgehorsames Sohnesleben. Die Innerlichen, die Gottberufenen sahen Seine Herrlichkeit, als eine Herrlichkeit des eingeborenen Sohnes vom Vater voller Gnade und Wahrheit. Den Berufenen ging das Gottgeheimnis auf - wie der ewige Gottvater alles durch den Sohn machte, und wie dieser Gottes-Sohn in Jesu vor ihnen stehe. An der Gottessohnschaft Jesu  hatten diese Menschen keinen Zweifel. Deshalb musste selbst der Hohepriester fragen: „Bist Du der Sohn Gottes?“ Die Gottessohnschaft Jesu war Vieler Glaube. Und wenn sie auch Jesu Kreuz und Sterben noch nicht verstanden, in seiner tiefen Bedeutung, Sein Kommen zur Rettung war ihnen klar. Sie haben auch ihren Gottessohnes-Glauben über die Leidenszeit hinübergetragen, nicht zuletzt um der Fürbitte Jesu im Gemeine-Gebet willen, und haben diesen ihren Glauben nach der Auferstehung vertieft und befestigt. Ja, unter der Arbeit Jesu ist eine Gottes- Sohnes-Gemeine herangewachsen, welche  zwar noch s a m e n  m ä ß i g , aber doch vorhanden war. Und diese Sohn- und Vatergläubigen, die hatten kraft ihres beginnenden Innenlebens doch auch schon einen tieferen Begriff vom V a t e r . Der Heiland gab ja denen, die an Ihn glaubten, M a c h t, Gottes Kinder zu werden. Von dieser Macht, ins Vaterherz im Kindessinn zu gelangen, hatten sie schon etwas, wenn auch die eigentliche Geburts-Wissenschaft erst noch kommen sollte. So hat der Heiland den Namen des Vater etwelchen aus den Menschen, etwelchen aus der Welt Herausgenommenen offenbaren dürfen. Vor Seinem inneren Auge stand diese Schar zur Stunde Seines Gebetes. Ihre besonderen Anfechtungen in den kommenden Tagen der Finsternis kannte Er, für sie betete Er darum ganz besonders. In ihnen war etwas, ein göttlicher Keim, welcher schwer unters Kreuz kam in den Tagen, da Er durchs Kreuz ging darum musste Er ihrer gedenken.
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Es war eine kleine Schar, ein Ausschnitt nur aus der ganzen Welt. Die Masse auch des jüdischen Volkes, trotz aller religiös-gesetzlichen Übungen und Formen, war und blieb Welt, war und blieb unter dem Gesetz der Sünde und des Todes. Aber diese Wenigen, die waren dem Herrn g e g e b e n. Die Gemeine-Menschen, die Kinder Gottes sind eine sonderliche Schar. Darum sagt auch der Herr: „Ich kenne die Meinen.“ Zwischen dem Herrn und diesen geborenen Gläubigen findet ein besonderer Rapport statt, d.h. eine besondere Beziehung. Es ist ja klar zwischen S o h n und S ö h n e n. Der Herr erklärt uns das geheimnisvolle Wort „gegeben“, wenn Er weiter betet: <br/><br/>
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====<big>Sie waren D e i n </big>====
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Alle Menschen gehören Gott und sind in diesem Sinne „S e i n“. Alle Menschen sind Geschöpfe und tragen, trotz Sünde und Tod, tief innerlich göttliches Gepräge. Es liegt Ewigkeit in  jeder Kreatur. Und zu diesem Ewigkeitsstande finden sie sich nach aller Zeitenverwirrung auch wieder  zurück zu dem Einen, der ihrer aller Quell und Ziel ist, der sie alle gesucht und errettet hat. Aber eine Schar gibt es nach der Schrift, die ist in sonderlichem Sinne ewigkeitsmäßig. Sie hat Gott mit ganz besonderen Anlagen schon in diese Welt hineingetan - die hat Er vor allen Zeiten bestimmt  und ersehen, dass sie sollten gleich sein Seinem eingeborenen Sohne, und dass dieser in ihnen sollte sein der Erstgeborene unter vielen Brüdern. Diese sind in sonderlichem Sinne „S e i n“.  Es ist aber irdisch-menschlich, fleischlich betrachtet, kein Vorzug, also „S e i n“ zu sein. Diese vorerwählten Söhne werden ins Sündenfleisch hineingeboren, und sie haben durch ihre neue, und Herausgeburt so viele Schmerzen und Leiden, dass andere diese gar nicht tragen könnten und wollten. Die erwählten Söhne Gottes müssen in der Zeit von Satans Herrschaft herauswachsen und werden - und das bringt viel Pein. Sind sie Gottes eigen, so sind sie die Auswürfigsten der Welt, auch der frommen  Welt, ja d i e s e r am m e i s t e n.
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S i e waren D e i n, - diese mitten in der Welt und Menschheit ins Fleisch geborenen, bestimmten Söhne Gottes tragen nun schon früh in dieser Welt der Fremdlingsschaft das Gottheimweh in sich. In ihnen wacht die Ewigkeit mit besonderer Macht auf. Sie leiden  unter ihrer, und der Welt Sünde und Tod schwer. In ihnen erwacht ein mächtiges Sehnen nach Erlösung und Freiheit. Das geht auf die verschiedenste Art. Gott hilft durch Führungen der mannigfaltigsten Art nach. Ist der im Fleisch gefangene und heilsdurstig und ewigkeitsdurstig gewordene Ewigkeitsmensch erwacht, dann führt Gott diese Geister dem Sohne zu. Der Sohn hat sie gewissermaßen längst geschmeckt: „Ich kenne die Meinen.“ Er hat den Wohlgeruch ihrer schreienden und sehnenden Seele in sich aufgenommen. Durch das Wort des Evangeliums, durch geborene Zeugen der Wahrheit, auf den verschiedensten Wegen lässt der Vater diese „Seinen“ mit dem Sohne bekannt werden. Die v o r dem Herrn gewesenen Erstlinge mussten eben warten. Sie freuten sich mit Abraham, Seinen Tag zu sehen, und s a h e n  ihn.  Wir heute können und dürfen Ihm begegnen. Und nun ist der Heiland die Lebensantwort  für diese Durstenden. Und der Heiland gibt Sich ihnen durch den Heiligen Geist. Der Herr nimmt sie als Gegebene, was sie auch sind. Und weil sie Gegebene sind, so gilt es „Wer zu Mir kommt, den will Ich nicht hinausstoßen.“ Wir beten die Wege an, auf welchen der Vater uns dem Sohne gegeben. Es sind wunderliche Wege. Wenn da einmal aufgeschlossen ist, kann niemand zuschließen. Den Durchbruch eines Gotteskindes kann nichts und niemand hindern. Widerstände sind Förderungen.  Denen, die nach dem Vorsatz berufen sind, und die den Gotthunger in sich tragen, müssen alle Dinge zusammenwirken zu ihrem Weg. Für Kinder Gottes ist alles Weg. <br/><br/>
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<big>'''Sie haben D e i n Wort bewahrt''' </big><br/>
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Der Herr Jesus nährt die Ihm Zugeführten mit dem Wort. Er führt sie so, dass sie immer tiefer mit dem Wort in Verbindung kommen. Er schärft ihre Ohren, dass sie merken, wo es ist. Und die Gottgeborenen essen es. Wort lieben, Wort leben, das Wort halten -  ist die Grundeigenart der Kinder Gottes. „Du hast bewahret das Wort Meiner Geduld“, das heißt, das in Leiden  zu bewährende Wort, sagt der Herr auch im Sendschreiben an Philadephia. Im offenen Ewigkeitsgrund wird das Wort keimender und wachsender Same.<br/><br/>
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===<big>'''Sie haben erkannt, dass alles von Dir ist''' </big>===
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<big> '''[[Joh 17:7]]''' </big><br/>
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''' Nun haben sie erkannt, dass alles, was Du mir gegeben hast, von Dir ist''' <br/>
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Die Gläubigen erkennen die Einheit von Vater und Sohn. Was wir von Jesu haben, entspricht unsern innersten Gottesbedürfnissen. Jesus ist uns Gott im Fleische. Wir finden in Jesus nichts Fremdes, lauter G ö t t l i c h e s. Er und der Vater sind eins, das merken wir wohl. Das haben auch jene berufenen Zeitgenossen Jesu wohl gemerkt. Der menschgewordene Gottessohn ist die Antwort auf unsere innersten Fragen  und auf Ihn sind wir angelegt; wenn Er zu uns kommt, so kommt Er in Sein Eigentum. Er vergibt uns und gibt uns, wie wir’s brauchen. All Sein Gericht ist recht und lauter Wahrheit, all Sein Versühnen wahrhaftige Liebe. Er ist Gott für uns und in uns. Seine Worte legitimieren sich an der aufrichtigen Seele als lautere, göttliche Rede. Darum betet der Herr in Wahrheit weiter: <br/><br/>
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===<big>'''Deine Worte habe Ich ihnen gegeben''' </big>===
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<big> '''[[Joh 17:8]]''' </big><br/>
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'''Denn die Worte, die Du Mir gegeben hast, habe Ich ihnen gegeben''' <br/>
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Jesu Wort ist kein Menschenwort. Alle, die außer Ihm kamen, Religionsstifter und Philosophen, Geister voll Wissens und voll Weisheit dieser Welt, waren von unten. Sie waren von Erde  und irdisch. Sie redeten erdenmäßig. Darum sind sie alle vergänglich, und ihrer sind viele. Hier ist's der Eine - der Einsame - aber auch der Einzige. Er redet gar nichts von Sich selber. Nur, was Er hört den Vater reden, das redet Er. Er schöpft nicht aus Natur- und Geschöpfswelt; Ihm stehen keine Kenntnisse dieser Welt und ihrer Weisheit zur Verfügung. Sein Quell ist einzig und allein der Vater der Unendlichkeiten. Was Er redet, ist Offenbarung; was Er redet ist nicht e i n e Wahrheit, das sind nicht Wahrheiten, das ist d i e Wahrheit. Darum ist Sein Wort auch unvergänglich. Es ist bis heute durch kein anderes abgelöst  oder übertroffen worden. Es hat heute noch dieselbe, ewige Lebenskraft wie damals, als Er es redete. Jesu Wort, Sein gesprochenes, wie Sein durch den Geist geoffenbartes Wort, hat keinen Zeitlichkeitseinschlag. Man muss an ihm nichts streichen, was überholt wäre; man muss nichts wegtun, was etwa nur zu jener, Seiner Zeit und in ihren Verhältnissen gepasst hätte. Nein, Sein Wort wird immer voller. Es reift mit den reifenden Zeiten. Es trägt zeitlosen, es trägt Ewigkeits-Charakter. An Seinem Worte lernen die Zeiten nicht aus und lernt der Einzelne nicht aus. Je mehr wir mit demselben Umgang haben, umso göttlich größer wird es. Je mehr wir wachsen im Ewigen,  umso mehr teilt es uns mit. Jesu Wort ist nicht nur gradmäßig höher als jedes andere Wort, das je geredet worden ist, sondern es ist wesensmäßig höher. Es stammt aus einer anderen Welt.
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Mit welcher absoluten Selbstverständlichkeit sagt und betet der Heiland bei Seinem Gang in den Tod, „Die Worte, die Du Mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben.“ Er kennt gar nichts anderes, für Ihn kommt nichts anderes in Betracht. Für Ihn wäre ein aus dem Eigenen geschöpftes Wort das größte Verbrechen gewesen. Er hat auch hier keine Sünde getan. Er ist ein vollkommener Mann; denn Er hat in keinem Wort gefehlt. Ach Herr, was sind wir Stümper; ach Herr, was sind wir Sünder! Wir möchten's ja auch - wir möchten Gottes Wort reden. Wir verabscheuen, wir hassen die eigenen Gedanken! Aber wie viele haben wir noch! Wie vielfach müssen wir umlernen. Herr vergib und gib! Dein Geist leitet in alle Wahrheit; so leite uns durch Ihn. Wir möchten so gerne für uns und die arme Welt ganz göttliches Wort, wahrhaftige Linien. Von Dir wissen wir’s ganz gewiss - unser göttlicher Naturgrund, das mitzeugende Gewissen, der Heilige Geist der Wahrheit - alle drei bezeugen in uns einhellig: Du hast Worte geredet, welche Dir der Vater gegeben hat.
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Wie köstlich, diese ganze und völlige Abhängigkeit de Sohnes vom Vater, diese freie, willige Liebesabhängigkeit. Söhne Gottes sollten also abhängig sein. Kind sein, heißt hängen an der Mutter Brust, an der Mutter Herz, an der Mutter Mund, an der Mutter Kleid. Ein Kind hat alles von den Eltern. Passiv Gott gegenüber! Annehmend, aufnehmend, so lass uns sein und so lass uns werden! Möge es auch bei uns wahr sein, was der Heiland weiter betet:<br/><br/>
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====<big>Und sie haben’s angenommen </big>====
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Durch Gott wird Gott erkannt. In Seinem Lichte sehen wir das Licht. Es ist hochmütige Anmaßung, wenn der Mensch aus sich Gott erkennen will. Er kann es nicht, es wird ihm nie gelingen. Er wird immer irren. Für Gott gibt es nur e i n e n Maßstab - Ihn selbst. Darum, wer göttlich ist, der kennt Gott - und kriegt von Stufe zu Stufe ein reiferes Urteil über Göttlich und Ungöttlich. Die Menschen, welche gegen ihren inneren Wahrheitsgrund wahr sind, denen geht die Aufnahmefähigkeit für’s Göttliche auf. Und je mehr sie in der Wahrheit dem Göttlichen zustimmen, wo es an sie kommt, umso wahrheitsempfänglicher werden sie. „Wer aus der Wahrheit ist, der höret Meine Stimme“, spricht der Herr. Und fürwahr, alle Wahrheitsmensen sind Jesu Eigentum geworden. Die göttlichen Menschen nehmen Jesus und Sein Wort an und werden dadurch göttlich. Was göttlich m a c h t, das muss auch göttlich s e i n. Dein Wort hat mich göttlich gemacht; drum ist es Gottes Wort. Der Glaube nimmt’s. Er gibt ihm Raum, er bewegt’s im Herzensboden, und dann wächst es und schafft ewiges Leben. Ist aber Sein Wort göttlich, und macht Sein Wort göttlich, so ist Er selbst auch göttlich. Göttliches kann nur vom Göttlichen kommen. Darum heißt es von denen, die Sein Wort als Gotteswort angenommen haben: <br/><br/>
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<big>'''Sie haben erkannt wahrhaftig, dass Ich von Dir ausgegangen bin, und glauben, dass Du Mich gesandt hast''' </big><br/>
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Ja, Knechte des Hohen Rats merkten das: So hat noch nie ein Mensch geredet. Das hing bei den Jüngern auf’s Engste zusammen: „Du hast Worte ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt, dass Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Die Sprache verrät den Menschen. Der Geist, der in uns ist, der weiß, was in uns ist. Tritt dieser Geist im Wort heraus, so treten wir selbst heraus. In Jesu Wort tritt Gott hervor, da offenbart Sich der Sohn Gottes.
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Das ist nun der Söhne Gottes wunderbarer Stand, dass sie den Sohn kennen und in Ihm den Vater. Was kein Menschenauge sehen kann, was in keines Menschen Herz je gekommen ist, das haben die Kinder Gottes  als granitfeste Grundgewissheit, in welcher ihnen über alles gewiss wird, dass J e s u s sei der S o h n G o t t e s. Man merkt es dem Gebet des Heilandes an, welch tiefe, selige Freude es Ihm ist, dass der Vater Ihm Menschen gegeben, welche Ihn als den Sohn kennen und bekennen. Der Kindschaftsgeist verklärt den Sohn, welchem wir den Kindschaftsgeist verdanken. Der Kindschaftsgeist richtet im Fleisch das Sohneswesen in uns auf. Darum ist A und O unseres ganzen Wesens - der Sohn. Immer größer, immer umfassender, immer mehr in Seiner, alle Welten  umspannenden Bedeutung sieht ein Kind Gottes den Sohn. Das ist ein Kennzeichen der Kindschaft, wenn der Sohn in uns wächst. Sein ewiges Ausgehen vom Vater, Sein unendliches Eingeboren-Sein, das erkennen wir. Seine Herrlichkeit vor Grundlegung der Welten, aber auch Sein Ausgehen vom Vater in die Welt - Sein Gesandt-Sein vom Vater. Als Gesandter in die Welt, als der, welcher ausging - ist Er  uns am herrlichsten. Da erstrahlt Seine Liebe am wunderbarsten. Erkennen, dass Er ausgegangen ist und erkennen, dass Er gesandt ist - das heißt, Gericht und Gnade, Verlorenheit und Rettung, das heißt, Gottes ewigen Plan verstehen,  und anbeten und niederfallen vor der sich wunderbar offenbarenden Liebe. Freue Dich. Heiland, Du zum Tode ausgehender Beter, jetzt herrlich beim Vater, freue Dich, noch sind viele, die wahrhaftig  erkennen, dass Du vom Vater ausgegangen bist, und dass Er Dich gesandt hat. Und habe Dank, dass wir das erkennen dürfen - und lass uns wachsen in Deiner Liebe!
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Die Gläubigen, welche Ihn angenommen und wahrhaftig erkannt haben, liegen dem Herrn auf Seinem letzten Gang schwer auf dem Herzen. Diese Gläubigen haben eben eine ganz sonderliche Stellung in der Welt eben durch ihren Glauben, und haben eine sehr erschwerte Stellung in der Welt, wenn der Herr nicht mehr sichtbar bei ihnen ist. Ganz besonders die Zeit, in welcher der Herr Sich jeglicher Macht und Gewalt im äußersten Sinne begab, als Er frei hinging in Tod und Grab, war für die Gläubigen eine hochgefährliche. Da waren sie den Mächten der Finsternis gewissermaßen preisgegeben. Da tritt nun der Herr für sie ein, ehe diese schwere Stunde kommt,  und ruft den Vater um Hilfe für sie an.<br/><br/>
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===<big>'''Ich b i t t e für s i e''' </big>===
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<big>'''[[Joh 17:9]]'''</big><br/>
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so ruft Er aus. Es sind  zunächst die Gläubigen, welche in jener Stunde auf Erden waren, für die Er eintritt. Für die späteren Gläubigen betet der Herr in den kommenden Versen, von [[Joh 17:20]] an. Es ist aber klar, dass wir, so wir in die Schar der gläubig Gewordenen  gehören, aus diesen Versen auch für uns tröstende und kräftigende Wahrheiten ziehen dürfen. Die eine Tatsache ist ganz gewiss, dass, wie der Herr in jenen schweren Stunden von Gethsemane und Golgatha für die Seinen zuerst, schon ehe sie kamen, eintrat, dass Er so allezeit für die Seinen eintritt. Es gibt für Gläubige keine gefahrvolle Stunde, in welchen sie hineingeführt werden, für welche der Herr nicht schon um Kraft und Hilfe gebetet hätte,  und also Kraft und Hilfe bereitgestellt. Wir dürfen in solchen Lagen das schon Erbetene, und sicher auch Erhörte, nur anziehen. Das ist für uns Gläubige etwas unsagbar Großes, dass der ewige Sohn Gottes so dasteht für uns und ruft: „Ich bete für sie.“ Wie musste es den Ihn umstehenden Jüngern zumute gewesen sein, als sie solche Worte Seinem Munde entströmen hörten.  So dürfen Gläubige in Ihm, ihrem Herrn,  auch unter Menschen stehen und für sie beten, und Trost- und Überwindungskräfte für sie erflehen. So sehr wir alle auch als Gläubige selbst der Fürbitte Christi und der Heiligen bedürfen, so dürfen wir in dem Herrn doch auch Fürbitter sein. Wir dürfen kraft des Heiligen Geistes hintreten und  zum Herrn rufen: „Ich bitte für sie.“ Wie hoch hebst Du doch, Du ewiger Gottessohn, arme Sünder hinauf; mit welcherlei Gaben und Kräften rüstet Du sie aus! Ja, was dürfen Kinder Gottes, bei all ihrer Niedrigkeit, schon in dieser Welt für Frucht bringen. In den Riss dürfen sie je und je treten in der Kraft des Heilandes, der für sie selbst in den Riss getreten ist. Das gehört zum Seligsten unter den Aufgaben der Kinder Gottes.
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So ist also der Herr in den furchtbarsten Stunden aller Zeiten, in Seiner eigenen Verwerfungsstunde, wo gewissermaßen kein aktiver Sohn Gottes mehr da war, ja wo der Sohn Gottes in Satans Gewalt war - frei hingegeben - für die Seinen eingetreten. Und dieses Gebet war der unterste Tragegrund für die Gläubigen jener Tage. Dieses: „Ich bitte für sie“, ist eine Auslegung des Apostelwortes: Er trägt alle Dinge mit Seinem kräftigen Wort. Hier trägt Er die gläubige Gemeine mit Seinen kräftigen Gebetsworten und trug sie durch - weil der Vater den Sohn hörte. So sind wir alle Getragene und werden selbst tragfähiger, je mehr wir  uns in die tragenden Hände Jesu werfen. Um den innersten Kern der Menschheit mühte sich die heilige Seele Jesu in diesem Gebet. Er konzentrierte Sich auf das Allerheiligste. Wiewohl Er im begriff war, Sein Leben für die ganze Welt dahinzugeben, so rang und kämpfte es in Ihm in diesen schwersten Stunden um den kleinen, gläubig gewordenen Teil.<br/><br/>
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====<big>Nicht für die Welt bitte Ich</big>====
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sagt der Herr. Die Welt ist die ganze, in Sünden gefallene Kreatur nach ihrem Sünden-Natur-Zustand. Für diese Welt betet Er jetzt nicht. Die Welt stand in dieser Stunde der Finsternis, in dieser Offenbarungsstunde Satans, unter diesem ihrem Fürsten. Restlos verfiel sie ihm auf verschiedenen Stufen, vom römischen Landpfleger an, über Herodes und den Hohen Rat hin, bis in die Volksmassen hinab. Dass nun nur die gläubige Gemeine ihm nicht auch noch verfiele!  Das war der Haupt- und Grundgegenstand dieser Stunde. Die Gläubigen waren ja noch unbefestigt. Noch war die Versöhnung und Erlösung nicht geschehen; noch war der Heilige Geist nicht in ihnen. Sie waren sehr ungedeckt, als der Heiland dahinging; darum musste Er für sie beten. Alles hat seine Zeit - jetzt handelt es sich darum, dass der innerste Kern erhalten und bewahrt bleibe. Die Welt fuhr in ihrem Todesgesetz dahin - da war jetzt nichts zu wollen. Sie musste also dahinfahren - das ist i h r Weg zur Rettung.
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Es ist heute noch so. Die Hauptsache dieses Äons ist die Herausrettung und Durchrettung der Gemeine. Dahin  muss der Blick der Gläubigen gerichtet sein. Es ist falsch, wenn der Blick  immer auf die Welt gerichtet ist, und wenn in vielerlei Aufgaben immer die Welt angefasst wird. Wir sind jetzt nicht im Äon der Welt. Darum kommen auch diese Weltstrebungen, im Namen des Christentums unternommen, nicht zu ihrem Ziel. So haben wir noch kein einziges christliches Volk, sondern das Gegenteil. Die Nationen stehen jetzt noch unter dem Dahingegebensein. Dieses Dahingegebensein endet mit ihrem Zerbruch - dann erst kann der Herr den Zerbrochenen König sein. Auch wir bitten jetzt nicht für die Welt. Diese geht unaufhaltsam in ihren Gerichten und in ihre Gerichte. Zu ihrem Heil - das ist ihr Ziel. Wir aber müssen sie jetzt laufen lassen. Die Gemeine der Gläubigen aber, der Leib Christi, das ist unser Anliegen; hier beten und ringen wir, hier bringen wir Frucht.  Wir stehen noch in d e m Lauf, wenn auch  nach der Erhöhung des Herrn in etwas anderer Weise, in welchem der Herr vor Gethsemane und Golgatha stand. Satan offenbart sich immer mächtiger und geht mit Gewalt auf seine Voll- und Schluss-Offenbarung hinaus. Unter diesem Offenbarungslauf der Finsternis hat die Gemeine ihren Werdegang. Da heißt es und muss es heißen: „Ich bitte für sie und bitte nicht für die Welt.“ Das Evangelium läuft durch die Gläubigen nach Führung des Herrn, und in seinem Laufen weckt es auf, was gläubig wird, und das gläubig Gewordene baut es. Die Welt aber geht inzwischen ihren Selbstaufbau- und Zerbruchs-Gang, um reif zu werden für die Offenbarung des Herrn. Je massenmäßiger das Christentum wurde, umso mehr hat es diesen Offenbarungsgang verdreht. Es wendet sich in tausenden von Aufgaben der Welt  zu und vergisst die Gemeine der Gläubigen. Der Gemeine liegt die Gemeine an - die Welt ist einstweilen zurückgestellt. In nochmaligem Gebetsanlauf ruft der Herr zum Vater:<br/><br/>
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<big>'''Ich bitte nicht für die Welt, sondern für die, die Du Mir gegeben hast'''</big><br/>
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Die Welt um Ihn, zunächst das nicht glaubende, jüdische Volk, war für den Heiland schon gerichtsreif. In Seinen Gleichnissen und in  manchen andern Reden, ja in Tränen hatte er dieses Gericht schon verkündigt. Und zwar sah Er das nächste - die Zerstörung Jerusalems und des Landes - und ebenso den jahrtausendelangen Gerichtslauf prophetisch voraus. Hier war für den Herrn zunächst nichts zu beten - wiewohl natürlich alle die Massen Ihm innigst am Herzen lagen; sonst hätte Er ja nicht geweint. Uns bewegen die traurigen Gänge der Nationen auch; aber wir wissen, sie kommen und müssen kommen, sonst ist keine Rettung möglich.  Allernächstes und allertiefstes Anliegen sind uns die „G o t t g e g e b e n e n“. Wie ist das dem Herrn so gewiss, dass die Gläubigen Ihm alle gegeben sind. Nicht Er hat sie ausgesucht - sondern Er hat nur den Vater verklärt. Darauf kommen,  unter Führung und Leitung des Vaters, die Gottesmenschen heraus, und Er konnte Sich ihnen offenbaren. Die Gegebenen aber nahmen diese Offenbarung an - und nun waren sie S e i n und lagen Ihm über alles am Herzen. Heute noch haben wir nur als Gotteskinder in Christo dazustehen und zu laufen in Ihm, so werden die Gläubigen offenbar werden. Sie werden herauskommen ans Licht, und diese ans Licht kommenden sind die Gegebenen, die uns dann anliegen im Geist und im Werk.
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Und der Herr schreibt diese Gegebenen dem Vater ins Herz hinein und ruft Ihm zu:<br/><br/>
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====<big>Sie sind ja D e i n !</big>====
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Das sind ja die Vorausbestimmten und Vorausgesehenen, welche der Vater dem Sohn zu Brüdern bestimmt hat. Auf ihnen ruht das Vaterauge von Unendlichkeiten her; ihr Werden und Gedeihen im Fleischesleib, ihr Bewahren und Führen liegt dem Vater herzinnigst an! Und wenn in der Gethsemane- und Golgathazeit der Sohn sie nicht beschützen kann, weil Er Sich selbst dieser Macht begibt, so wird der Vater gerne des Sohnes Aufgabe übernehmen, bis der Sohn als Erhöhter in der Kraft des Heiligen Geistes die Aufgabe selbst wieder erfüllen kann.
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Wie nun der betende Sohn also von den „Gegebenen“ redet und dem Vater sagt, dass sie Sein, des Vater, seien, da wird Sein Herz voll  und übervoll, und der Mund geht Ihm über. Er freut Sich im Geiste der wunderbaren Einheit mit dem Vater, und hervorquellend in Worten der Liebe lässt Er uns hineinsehen in die Vater- und Sohnes-Einheit. Über solchen Blick freut sich auch unser Herz; es ist ja selig und groß, ins Liebesleben des Vaters und Sohnes zu schauen. Des Sohnes Herz bricht aus, und Er ruft:<br/><br/>
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===<big> '''All das Meine ist D e i n!''' </big>===
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<big>'''[[Joh 17:10]]''' </big><br/>
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Das sind zwei ganz und völlig Einige, der Vater und der Sohn. Da hat keiner etwas vor dem anderen geheim oder eigentümlich. Sie sind völlig einander hingegeben, füreinander offen. Der Vater gibt alles dem Sohne, der Sohn gibt alles dem Vater verklärt zurück. Mein ist Dein, und Dein ist Mein. Mein ist Mein, so sagt die Selbstsucht; und das Deine sollte auch noch Mein sein - so begehrt sie. Es gibt ein Mein des Vaters, aber Er übergibt alles dem Sohn, dass Er des Vaters Rat darin durchführe. Und es gibt ein „Mein“ des Sohnes, aber Er gibt alles dem Vater zurück, wenn Er es zu dessen Ehre hinausgeführt hat. Wenn alles dem Sohn untertan ist, dann wird Er selbst untertan sein dem Vater, auf dass Gott sei alles in allem. O vollendetes, seliges, gegenseitiges Liebesleben. So hat sich der Sohn auch für uns gegeben und nichts zurückgehalten. Alles, was Sein ist, hat Er eingesetzt für uns. Darum gibt der Glaube auch sich  und all das Seine Ihm. Alle natürlichen Gaben und alle geistlichen Gaben legen wir vor den verklärten Herrn und brauchen sie in Ihm für Ihn. Der Heilige Geist bringt alles, was der Sohn hat und ist, in die gläubigen Herzen ausgegossen; und die gläubigen Herzen geben sich mit Seele und Leib dem Herrn  hin. Wir lieben, denn Er hat uns zuerst geliebt. Das ist unser wahrhaftiges Gottesleben, dass alles, was Sein ist,  unser ist - und das ist unsere Lebensantwort, dass alles, was unser ist, Sein ist. Dahinein wachsen wir. Es ist noch nicht vollkommen vorhanden. Das ist auch der Bruderliebe tiefstes Wesen. Wir haben alles als Gabe; darum geben wir auch wieder. Wir dienen einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes. Wir sind stets Empfangende und stets Gebende. Nicht das „M e i n“ ist die Sünde, sondern das ist die Sünde, wenn das Mein nicht zum Dein wird. Nicht das „D e i n“ ist die Sünde, sondern das ist die Sünde, wenn das Dein nicht Mein wird in Hingabe. So wird’s sein in der Vollkommenheit, so soll’s jetzt anfänglich, strahlenmäßig hervorbrechen. So ist’s bei Vater und Sohn in der Fülle.
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Mit voller Zuversicht kann der Sohn für die gläubigen Seinen beten, sie sind ja des Vaters Eigentum, wie das Seine - es ist ganz  ausgeschlossen, dass der Vater sie lassen sollte. Dazu kann der Sohn dem Vater noch sagen: <br/><br/>
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====<big> Ich bin auch verklärt in ihnen </big>====
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Der Sohn ist den Gläubigen innerlich als Wahrheit und Klarheit aufgegangen. Der Sohn hat angefangen, wenn auch noch ganz schwach, in den Gläubigen Gestalt zu gewinnen. Freilich war es bei jenen Jüngern vor Gethsemane und Golgatha noch ein elendes Fünklein. Die Liebe des Sohnes sieht aber das Vollkommene. Er sieht Sich verklärt in ihnen. Damit gehören sie zu Ihm, sind ein Stück Seines Wesens, sind Glieder der heiligen, sohnesgleichen Brüderschaft. Da muss der Vater wohl hören, wo sich dies Innerste Seines Gottesratsgeheimnisses auswächst. Das ist ein großes Stück Erlöserliebe, dass der Sohn in den göttlichen Anfängen die Vollendung sieht. Das ist so recht Gottesart. Gott sieht von Anfang an alles vollendet. Gott sieht vom ersten „Es werde“ an, den ganzen Rat hinausgeführt. Nur weil Gott alles verklärt zum Ziel gebracht sieht, kann Er mit so großer Geduld auf das Ziel warten. Wo der lebendige Glaube im Wiedergeburstsleben angefangen hat, da sieht der Herr die herausgeführte Neugeburt vollendet. So sieht der Bauer und Gärtner im Samen, den er ausstreut, die vollendete Frucht. Dieser Glaubensblick gibt ihm Freudigkeit und Kraft, immer wieder zu säen. So sieht der Baumeister das fertige Haus. Das gibt ihm die Lust zum Bauen. So ist der Sohn in den damals noch so elenden Jüngern verklärt. Sie konnten sagen: Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater voller Gnade und Wahrheit. Da war der Sohn in ihnen verklärt - wiewohl es weiter von Klarheit zu Klarheit gehen musste und auch ging.
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Tief in das Herz des Vaters hatte der Sohn mit solchen Gebetsworten hineingestoßen und hatte es mächtig bewegt - jetzt konnte Er Seine Bitte vorbringen: <br/><br/>
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Lies weiter: <br/>
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[http://www.bibelwissen.ch/wiki/Ich_bin_nicht_mehr_in_der_Welt <big> '''III. Ich bin nicht mehr in der Welt'''</big>] ([[Joh 17:11]])<br/><br/>

Aktuelle Version vom 8. Februar 2021, 17:28 Uhr

Abschrift des Buches: Das Gemeine-Gebet (Joh 17)
Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Sonderabdruck für biblische Vertiefung „Die Gemeine"
Selbstverlag von Frau Pfarrer Böhmerle, Langensteinbach

weitere interessante Abschriften:

Inhaltsverzeichnis
Kapitel vorher:

I. Eine Auslegung von Johannes 17

Ich habe das Werk vollendet

Joh 17:4
Ich habe Dich verklärt auf Erden (vielleicht auch zu übersetzen: im heiligen Lande), indem Ich das Werk vollendet habe, das Du Mir gegeben hast, dass Ich es tun solle.
Der Heiland hat ein Werk im Himmlischen und hat ein Werk auf Erden. Er kann Sich sagen: „Der Vater wirket bisher, und Ich wirke auch.“ - Der Heiland hatte schon ein großes Werk im Himmlischen, ehe Er Mensch wurde; und Er hat ein großes Wer nach Seiner Erdenwallfahrt ebenfalls zunächst im Himmlischen. Ehe Er Mensch wurde, hatte Er vor Grundlegung der Welten das heilige Geschäft, in der Gegenwart des Vaters dessen ganzen wunderbaren Plan kennenzulernen, diesen in Sich aufzunehmen und ihn anzunehmen zur Durchführung. Der Vater hat ja dem Sohne von Unendlichkeiten her alles gegeben. Der Herr redet von einer Herrlichkeit, welche Ihm der Vater gegeben habe vor Grundlegung der Welten. Also hat in jenen Unendlichkeiten schon ein Geben und Nehmen zwischen Vater und Sohn stattgefunden. Dort schon hat Sich der Sohn in den Kreuzesrat eingelebt und Sich zur Durchführung desselben bereitfinden lassen. Es entstand in den Ewigkeiten eine Fülle der Sohnesherrlichkeit, übernommen aus der Fülle der Vaterherrlichkeit. Das war schon ein großes Werk im Himmlischen, dies Eingehen auf den Rat Gottes. Aus dieser übernommenen Sohnesfülle heraus hat dann der Sohn die Welten geschaffen. Das war auch ein Werk vom Himmlischen her - ein herrliches, mannigfaltiges. Als dann durch Satan der Fall eingeführt wurde, begann für den Sohn Gottes Leiden und Kampf. Die großen Kämpfe des Sechstagewerks (1Mo 1) waren auch ein Werk vom Himmlischen aus. Und ebenso war ein solches Werk die Schöpfung des Menschen.

Nach dem Fall des Menschen begann die Erziehung des Menschengeschlechts auf die Erlösung hin. Obschon hier der Herr Sich tief herab neigte ins gefallene Irdische, geschah doch dies ganze Vorbereitungswerk noch vom Himmlischen aus. Erst als die Zeit erfüllet war, trat Er ein in diese Erde und erfüllte Sein i n n e r - i r d i s c h e s W e r k. Nach Vollendung dieses i n n e r - i r d i s c h e n W e r k e s geht Er zurück ins Himmlische und tut von dort aus Sein Werk durch den Heiligen Geist. Er holt und bildet die Gemeine. Dann tritt Er wieder Schritt für Schritt herein ins Irdische. Im tausendjährigen Reich herrscht Er mit den Seinen von der Luft aus; dann nach dem Endgericht fährt Er mit ihnen herab ins neue Jerusalem - und dann vollführt Er innerweltlich auf der himmlisch gewordenen Erde Seine gewaltigen, ewigen Aufgaben. So ist Sein Werk auf Erden ein kurzer Ausschnitt aus Seinem ganzen Wirken - aber fürwahr der allergewaltigste, wuchtigste, tiefste, ergreifendste, grundlegendste - kurz, es ist der herzmäßige Teil. -

Die Kinder Gottes haben in Ihm, ihrem Herrn, auch ein irdisches und ein himmlisches Wirken. Hier steht der eingeborene Sohn ganz allein. Obwohl der Vater im ewigen Rate die Söhne voraus bestimmt und voraus gewusst hat (Röm 8), so haben sie doch keine w i r k e n d e Vorausexistenz. Die Söhne sind ihrer Natur nach Geschöpfe - und haben als solche einen Anfang - und dieser Anfang liegt innerirdisch. Der Sohn Gottes ist o h n e A n f a n g und ohne Ende - ein rechter Priester nach der Weise Melchisedeks, von dem wir auch Anfang und Ende nicht wissen. Die Söhne Gottes haben als erstes das innerirdische Werk. Schon wenn sie mit ihrem Herrn im tausendjährigen Reich in der Luft herrschen, beginnt ihr himmlisches Werk. Am Tage des Endgerichtes setzt es sich fort. - Dann wird es mit ihrem Herrn wieder inner-irdisch, aber auf der neuen Erde.

In unserem Vers redet nun der Herr von Seinem inner-irdischen Werk. „Ich habe Dich verklärt auf der Erde, indem Ich vollendet habe das Werk, das Du Mir gegeben hast, dass Ich es tun sollte.“ Der Heiland hat also auf der Erde ein ganz bestimmtes, fest umrissenes Werk, das der Vater Ihm gab, dass Er es tun sollte. Und indem der Heiland in Seinem Erdenwirken Sich fest und ausschließlich an den Ihm gegebenen Weg hielt, hat Er im Gehorsam den Vater geehrt und herrlich gemacht. Das Werk des Herrn auf Erden war das höchste und größte, das je vollbracht worden ist und je vollbracht werden wird. Es war aber nach seiner äußeren Gestalt so niedrig und so gering, dass ein geringeres nie getan wurde noch getan werden wird.

Schon nach seinem äußeren Umfang war des Herrn Werk auf Erden sehr eng. Wir dürfen die Worte: „Ich habe Dich verklärt auf Erden! - vielleicht übersetzen; „Ich habe Dich verklärt im heiligen Lande.“ Das griechische Wort „Gä“, welches hier steht, heißt wohl „E r d e“ in vielen Stellen, es heißt aber auch an anderen Stellen „das heilige Land“. Das Erdenwirken des Herrn ist ja übers heilige Land nicht hinausgegangen. Der Heiland umreißt Sein Arbeitsgebiet selbst, wenn Er sagt: „Ich bin nicht gesandt, denn allein zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel“. Das zu jener Zeit überaus kleine und enge Land war Sein Erdenwirksamkeits-Schauplatz. Und in ihm hat Sich der Heiland trotz aller Versuchungen, darüber hinauszugehen, im Gehorsam bewegt. Der Größte in den Himmeln und auf der Erde hat den engsten Raum zur Wirksamkeit. Nicht im Weltreich der Römer, nicht im Geistesreich und Kunstreich der Griechen ist Sein Werkbezirk - auf dem eng begrenzten Offenbarungsboden der Juden wirkt Er und stirbt Er.

„Ich habe Dich verklärt auf Erden.“ So müssen auch Kinder Gottes einen gottbegrenzten Wirksamkeitsboden auf dieser Erde haben. Wir dürfen nicht wirken nach dem Ausmaß unserer Gaben, wie sie sich natürlicherweise auswirken könnten, wir dürfen auch nicht wirken von irdischen Gedanken und Plänen und Aufforderungen bestimmt - uns darf nur der Wille Gottes bestimmen. Wie gern wäre Paulus überall hingegangen, und wo wäre er hingegangen! Wie hat ihn Gott beschränkt! Gefangen setzt Er ihn vier Jahre; gefangen schickt Er ihn nach Rom. Kinder Gottes dürfen sich durch nichts, auch nicht durch die höchsten und idealistischsten Antriebe, ihr Werkgebiet bestimmen lassen, sondern nur durch den Geist und durch die Führung des Herrn. Unser stolzes Herz steckt die Zeltpflöcke immer wieder zu weit. Unser verzagtes Herz steckt sie zu eng. Es gibt Gläubige, die rennen und laufen viel zu weit; dann verlaufen sie sich - und es gibt Gläubige die laufen nicht weit genug; dann verkümmern sie. Einfältig sein, gilt es, dann trifft man die Maße des Herrn. Die Erweckten und Bekehrten taten herum in der Welt; die Geborenen lassen sich führen.

„Ich habe Dich verklärt auf Erden, indem Ich vollendete das Werk, das Du Mir gegeben hast, dass Ich es tun sollte.“ Unsere Aufgabe auf Erden ist eine gegebene. Wie in einem Examen stehen wir, wo die Aufgaben auch gestellt werden. Sehr oft sind die gestellten Aufgaben gerade für uns die schwierigsten. So war es auch beim Herrn. Und doch ist es bei aller Schwierigkeit am seligsten, eine gegebene Aufgabe zu erfüllen. Mag sie dann hinführen wo sie will - sie ist gegeben.

Der Herr kam, um zu sterben

Die dem Herrn für diese Erde gegeben Aufgabe war: Im Fleische leiden und sterben. „Des Menschen Sohn ist gekommen, dass Er Sein Leben gebe als Lösegeld für viele.“ Das ist der große Unterschied zwischen dem Sohn Gottes und allen Großen dieser Welt. Diese sind alle gekommen, um zu l e b e n ; der Sohn Gottes ist gekommen, um zu s t e r b e n. Eigentlich kommen ja alle Menschen in die Welt, um zu sterben. Der Tod liegt auf allen Fleischgeborenen. Aber die Menschen achten das nicht und wollen das nicht. Leben wollen sie und meinen, sie seien zum Leben da. Der Heiland wusste, dass Er zum Sterben dasei. Und frei, völlig frei, wiewohl unter Zittern und Zagen, ergriff Er diesen Beruf. Frei sollte Er hineingehen in Tod und Gericht, um sie beide zu zerbrechen. Wenn der Heiland in diesem Gebete sagt: „Ich habe vollendet das Werk, das Du Mir gegeben hast, dass Ich es tun sollte“ - und ist doch noch nicht gestorben; so nimmt Er Sein Sterben eben mit herein. Er ist willig zu sterben; Er ist auf dem Wege Sich hinzugeben. Und Er ist sein ganzes Leben lang gestorben. Er hat keine Sünde getan, Er ist nie im Ich-Weg neben hinausgetreten. Und diesem Reinen war der Gang durch die Sündenwelt und Sünderwelt überall ein Sterben. Das Helle und Weiße, das Reine ist staub- und schmutzempfindlich. Seine Speise war der Wille des Vaters - und so hat Er den Vater verklärt. Und immer schmerzenssreicher, immer leidensvoller wurde der Weg, um zu enden in Kreuz und Grab. - Und er ging. - Nun war aber das Werk auch vollendet, welches der Vater Ihm gegeben, dass Er es tun sollte. Nun weckte Ihn der Vater auf, und nun konnte es zu neuem Wirken gehen im Himmlischen. Was der Heiland an Zeichen, Wundern und Werken tat, was Er redete in göttlichen Worten, war alles nur Selbstoffenbarung, dass Er der Sohn sei - um Sein Leiden zu verklären und den Glauben zu wecken für das Verständnis Seiner Leiden. Das Zentral-Leben Seines Lebens war Leiden.

Der Weg der Gotteskinder
Das ist nun auch der Gotteskinder Weg. Die Gläubigen in Christo haben als Lebenswerk eine Leidensaufgabe. Sie lernen und üben im Geiste das Selbststerben, das Nicht-Ich. Sie legen sich hin und leben im Glauben des Sohnes Gottes, der sie geliebt und Sich selbst für sie dargebracht. Christus ist ja darum für alle gestorben, auf dass die, so da leben, hinfort nicht sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben und auferstanden ist. Dieses Leben in Christo ist Leiden - und es wirkt Leiden in einer Welt der Selbstsucht. Diese Leiden nehmen die Gläubigen an und auf, und überwinden in der Kraft Christi in denselbigen. Je reifer ein Gläubiger wird, umso leidvoller wird sein Weg hienieden. Es treffen ja auch die allgemein menschlichen Leiden noch ein, wie sie nötig sind, den Gläubigen zu erziehen. - Dabei bekennt ein Geistgeborener auch seinen Sohnesstand in Wort und Werk, wodurch die Leiden sich mehren und vertiefen - aber auch die Auferstehungskräfte in Christo. - Da heißt es dann beim Gläubigen, je näher er dem Ziele des Lebens kommt, gleich wie beim Herrn: „Ich habe Dich verklärt auf Erden, in dem ich vollendet habe das Werk, das Du mir gegeben hast, dass ich es tun sollte.“ Bei uns bleibt leider ein Rest. Wir haben es nicht vollendet, wie wir sollten. Wir brauchen Reinigung und Bedeckung in Jesu Blut. Aber den Willen zu diesem Wege gibt Er uns doch und - Er wolle ihn uns stärken!

Durch den völligen Sohnes-Gehorsam in den Leiden hat der Sohn den Vater verklärt - im Leben und Leiden Jesu wird Gott groß! Durch Sein Leiden und Sterben aber ist das vollendet. Da sehen wir den heiligen Richter-Gott; da sehen wir aber auch die heilige, alles überwindende Liebe Gottes - da sehen wir den Triumph der Gnade. Da ist der Vater verklärt in Seinem ganzen Gott- und Retter-Sinn. In der Vollendung, des dem Sohne gegebenen Werkes am Kreuze, ist auch nach vollbrachter Versöhnung und Erlösung der Heilige Geist vollendet. Jetzt kann ja auch nach vollbrachter Versöhnung und Erlösung der Heilige Geist in der Gläubigen Herzen den Vater verklären - und in ihnen das „Abba“ - das „lieber Vater“ erwecken. Hier können wir nicht mit. Versöhnen und erlösen können wir nicht. Aber annehmen können wir's in Buße und Glauben und uns zu Kindern machen lassen, das können wir - und dann ist der Vater verklärt in uns, und dann ist das Wort Christi wahr: „Ich habe Dich verklärt auf Erden.“

Aber nun, nachdem der Heiland hier unten fertig ist, nun will Er weiter. Darum betet Er:

Und nun, Vater, verkläre Mich Du

Joh 17:5
Und nun, Vater, verkläre Mich Du bei Dir selbst mit der Klarheit, welche Ich bei Dir hatte, ehe denn die Welt war
Der Heiland betet hier nicht so sehr für sich selbst und für alle Welt, und sonderlich für die zunächst zu gewinnende Gemeine. Er will das Werk weiterführen; dazu muss Er im Fleischesleben und dem Sünden- und Todes-Kampfe nach Seiner Herrlichkeit verlangt haben. Er hätte sie aber nie gewollt, wenn Er nicht einmal hienieden Sein Werk vollendet gehabt hätte - und wenn Er zum andern nicht Sein Werk hätte weiterführen wollen. Was Er für Sich will, will Er im Grunde für die andern. Wollen wir auch nicht verklärt werden, ehe wir unser Werk hienieden vollendet haben! Je weiter der Herr uns hier bringen kann, umso größer ist die Herrlichkeit drüben. Und hier wirken sich unter dem Druck dieser Welt die Herrlichkeiten viel kräftiger und schneller aus als drüben, wo dieser Druck fehlt. Und wir wünschen auch unsere Verklärung drüben nicht nur für uns, sondern für die ganze Kreatur, welche jetzt schon wartet auf die herrliche Freiheit der Kinder Gottes!

Der Heiland will Seine Herrlichkeit beim V a t e r , bei w e l c h e m Er auch war vor Grundlegung der Welten. Seine Verklärungsbitte ist durch und durch persönlich. So groß auch die Sachen und Dinge der Herrlichkeit sind, der Vater ist der Ersehnte. Im Vater sind alle Herrlichkeiten zusammengefasst und inbegriffen. Beim Sohn ist alles persönlich. Er hat alles in Einem, dem Vater. Vom Vater und Seiner Erkenntnis blitzt und strahlet alles aus. Der Sohn ist ohne den Vater nicht zu denken. Der Vater ist Seine Existenz. Außerhalb des Vaters wäre Er auch nicht mehr der Sohn. So haben auch die Kinder Gottes nur e i n e Passion, und das ist Er, nur Er. Wenn wir hinüberdenken und hinausdenken, so ist Er der Gegenstand unserer Sehnsucht. Die Erweckungs- und Bekehrungszustände bleiben mehr beim Sachlichen. Da will man selig sterben, zum Frieden kommen, in den Himmel kommen; höchstens mit diesen oder jenen Menschen wieder zusammenkommen. Sie freuen sich auf Jerusalems Herrlichkeit, auf seine Perlentore und dergl. mehr. Die Gottgeborenen stehen in Ihm und hoffen auf Ihn. Sie haben Lust abzuscheiden, um bei C h r i s t o zu sein. Sie erwarten ihren Herrn. Ohne Ihn wäre ihnen der schönste Himmel leer; in Ihm die Hölle nicht fürchterlich. Dieses Christusbezogensein ist ein Hauptmerkmal der Heiligen Gottes. Sie sind eben aus dem Vielerlei in den Einen gekommen. Kindlein, bleibet in Ihm - ist ihr johanneischer Wunsch.

Die Herrlichkeit, welche der Herr wünscht, war bei Ihm und wird sein bei Ihm, dem Vater. Diese Herrlichkeit ist vom Vater ausgegangen und dem Sohn gegeben. Der Sohn hat sie gläubig übernommen von dem sie Ihm offenbarenden Vater. So liegt der Vaterzug in ihr. Und der Sohn braucht sie nur zur Ehre des Vaters - und wenn sie einst erfüllet ist und enthüllet, wenn nämlich alles dem Sohn untertan gemacht ist, dann wird der Sohn sie dem Vater zurückgeben indem Er Sich selber untertänig macht. Die Herrlichkeit geht vom Vater zum Vater.

So ist’s auch bei den Gläubigen. Was ist, das wir nicht empfangen haben? Der Heilige Geist nimmt es von dem Seinigen und gibt es uns. Und wir verwahren’s im Glauben und im Überwindungskampfe dieser Erde, und wir geben’s anbetend dem Herrn wieder zurück. Unsere ganze Herrlichkeit ist Jesus-Ausfluss und darum auch Jesus-Rückfluss - nur in Ihm ist sie wertvoll - ist sie überhaupt etwas.

Die Herrlichkeit des Sohnes Gottes
Diese Seine Herrlichkeit hatte nun der Sohn schon, ehe die Welt, ehe der ganze Kosmos war. Er hatte sie damals noch nicht so, wie Er sie jetzt hat, wenn Er von der Erde nach Kreuz und Tod wieder heimkommt. Er hat jetzt in Seiner geistlich-verklärten Schönheit, und umgeben von vielen verklärten Heiligen, diese Herrlichkeit reicher und gefüllter. Er kann aber doch wünschen, d i e Herrlichkeit zu bekommen, welche war, ehe der Kosmos war. Denn jene Herrlichkeit trug samentlich alles in sich, was jetzt auswächst. Dann ist aber hauptsächlich die reine, himmlische Herrlichkeit gemeint, heraus aus dem Fleischeswesen dieses Erdenleibes. Die Herrlichkeit Christi ist wachstümlich. Nur der Vater ist, wie Er war - im Sohne aber wächst es sich aus - und geht vollgeworden zum Vater zurück. Wir haben als K i n d e r G o t t e s jetzt auch schon Herrlichkeit; hatten wir doch schon eine als s ü n d i g e Menschen, wenn auch die in der Ähnlichkeit der Blume des Grases. Alles hat eine Herrlichkeit - auch die Sünde und die sündige Welt. Es gibt eine Herrlichkeit der Menschen - der gefallenen Kreatur. Sie steht natürlich unter dem Tode. Die Herrlichkeit der Kinder Gottes steht im ewigen Leben. Sie geht von Ihm, unserem Haupte, aus Klarheit in Klarheit.

So geht auch die Herrlichkeit Christi aus Leben in Leben, aus Licht ins Licht. Vor G r u n d l e g u n g der W e l t e n war sie samentlich. Der Heiland führt uns zurück in die Ewigkeiten, da noch nichts Geschaffenes war. Für uns ein uns Schaudern machender Gedanke, ein fast unglaublicher Weg. Ohne Ihn könnten wir so etwas nicht wagen, zu denken. Das ist reinste Offenbarung, die wir da aufnehmen. Also alles, was ist, war einmal nicht. Wie wenig wiegst du, o ganzer Kosmos, alles Geschaffene zusammen. Du warst einmal nicht. Gott aber war, und der Sohn war. Und der Sohn hatte schon Seine eigene Gottes-Sohnes-Herrlichkeit. Und Gott war selig - und der Sohn war selig, verbunden in heiliger Lebensherrlichkeit durch den Geist. Und Sie waren selig, ohne dass etwas in die Erscheinung getreten war. Gott braucht uns nicht zu Seiner Seligkeit. Wir aber brauchen Ihn voll und ganz. Der Sohn braucht uns nicht - Er braucht nur den Vater. Wir aber brauchen den Sohn. Und doch schafft Gott im Sohn in heiliger Liebe. Aber da Er uns, und alle Kreatur gemacht hat, nun braucht Er uns auch, nun will Er uns auch. Nun sind wir Seine herausgestellte Herrlichkeit und sollten es immer mehr werden. Ja, wir sollen es werden durch Sünde und Tod hindurch, wenn beide durch Gnade überwunden, und wenn Leben und Frieden aus ihnen heraus geschaffen sind. Die Welten waren einmal nicht - die jetzigen werden erst recht einmal nicht mehr sein; denn der Tod herrscht in ihnen. Aber kraft des Neuschöpfers, des gekreuzigten und erstandenen Sohnes, werden sie wieder sein, herrlicher denn je. Und darum will der Heiland in Seine Herrlichkeit, nach dem Durchgang durch Kreuz und Tod, wieder zurück - dass Er als verklärter Versöhner und Erlöser, diese Herrlichkeit nun ausbaue und größer mache mit erlösten Geschöpfen.

Die Nächsten und Ersten, die hinein dürfen ins Innerste dieser Herrlichkeit, sind geborene Söhne. An uns ist auch diese Bitte erfüllt. Wir wissen Ihn, kraft des in uns wohnenden Geistes, zur Rechten der Majestät der Herrlichkeit. Wir sind von dorther durch den Geist geboren, wir leben und zehren von dieser Herrlichkeit, und wir werden sie einst mitbesitzen als Miterben Jesu Christi. Wie ist unser Leben in dieses Gebet verflochten; wie haben wir tiefes Glaubens-, Liebes- und Hoffnungsinteresse, wenn der Herr betet: „Verkläre Mich, Du Vater, bei Dir selbst mit der Herrlichkeit, die Ich bei Dir hatte, ehe der Kosmos war.“

Die Herrlichkeit des Vater-Gottes
Die Herrlichkeit des Sohnes ist eine andere, als die g r o ß e H e r r l i c h k e i t G o t t e s , des V a t e r s. Aus dieser, sagt Petrus im zweiten Briefe, hätten sie auf dem Verklärungsberg die Stimme gehört. Die Herrlichkeit Gottes, des Vaters, ist, wie Michael Hahn so schön sagt, der A n g r u n d, d. h. der O h n e - G r u n d. Die Herrlichkeit Gottes, des Sohnes, ist der Abglanz dieses. Sie ist eine abgeleitete, eine gegebene und angenommene. Die Herrlichkeit des Sohnes ist der G r u n d. Sie n e i g t schon h e r a u s. Sie neigt sich zu den Schöpfungswelten hin. Darum können auch geschaffene Geister nach ihrer Herrlichmachung darin wohnen - nämlich die verklärten Söhne als die Ersten. Vater, so verkläre auch uns durch Kampf und Leiden h i n d u r c h und n a c h Kampf und Leiden mit der Klarheit, welche Du von Unendlichkeiten her Deinen Söhnen zugedacht hast! Schenke uns Kraft, nachzujagen dem Kleinod, welches uns vorhält die himmlische Berufung in Christo Jesu, unserm Herrn!

Von der Bitte für sich selbst geht der Heiland nun über zur Bitte für die Seinen, zunächst zur Bitte für die Seinen und zu Seiner Zeit. Er sagt:

Ich habe Deinen Namen offenbart den Menschen

Joh 17:6
Ich habe Deinen Namen offenbart den Menschen, die Du Mir aus der Welt heraus gegeben hast.
Deutlich steht hier die Auswahlgemeine vor uns: „Aus der Welt heraus.“ Die Welt oder der Kosmos, wie es griechisch heißt, ist die dem Prinzip der Sünde oder des Todes verfallene Kreatur. Aus diesem Fluchgesetz und Fluchwesen heraus sind die gerettet und entronnen, welche der Vater dem Sohn gegeben hat. Wir müssen hier beachten, dass der Herr von diesen Ihm Gegebenen hier so redet, als wäre die neue Geburt schon in ihnen geschehen. Dies ist nach der vollen Wirklichkeit und Tatsächlichkeit noch nicht der Fall. Der Herr ist ja noch nicht gestorben und noch nicht auferstanden. So kann also der Wiedergeburtsgeist auch noch in niemandem wohnen. Aber die Geister, welche der Heiland hier in Seinem Gebet im Auge hat, sind innerlich so vorbereitet und zugerichtet, dass der Heiland weiß, dass sie es ergreifen werden. Es ist ja eine große Vorlaufarbeit an den Geistern nötig, bis sie zur neuen Geburt gelangen. Diese Vorlaufarbeit ist der verschiedensten Art. Der Herr sieht, wo sie geschehen isst, und wo sie zur Geburt führen wird. Diese Geister betrachtet Er in dem vorliegenden Gebet schon als die Seinen, als die Ihm Gegebenen.

Er hat durchaus nicht nur diese Elfe im Auge, welche Ihn umstehen, sondern ohne Zweifel einen weiteren Kreis. Es isst auch gar nicht gesagt, dass die Elfe alle zu wiedergeborenen Söhnen geworden sind. Von Johannes und Petrus wissen wir es, dass sie zur Gemeinde der Söhne hindurchgedrungen sind. Von den andern wissen wir nichts Gewisses. Die elf Apostel müssen wir eben nicht als Apostel der Gemeine fassen, sondern als Apostel des jüdischen Volkes. Sie sitzen auf den Stühlen der zwölf Geschlechter Israels. Die Leute des Königreichs sind aber nicht wiedergeboren, sie sind bekehrt zu ihrem Herrn.

Was unterscheidet Bekehrte von Söhnen?

Hier müssen wir eine kleine Einschaltung machen, welche nicht direkt zu unserer Auslegung gehört, welche aber doch nötig ist, weil oft danach gefragt wird. Es handelt sich um die Frage der Bekehrung und Wiedergeburt. Es ist jedem Bibelleser klar, dass das Wort „Bekehrung" am häufigsten im Alten Testament vorkommt. Also kann auch u n t e r m G e s e t z Bekehrung geschehen. Ja, Bekehrung ist etwas Gesetzliches. Von der Bekehrung heißt es: „Es sollen sich zu Mir noch bekehren aller Welt Enden.“ Das kann nie von der andern Geburt gesagt werden. Die geborenen Söhne sind eine Auswahlgemeine. Bei der Bekehrung steht der Bekehrte dem Herrn gegenüber, und nimmt Ihn für sich an, und wird Ihm untertan von Schritt zu Schritt. Bei der Geburt wohnt der Geist - und in Ihm der Herr in uns - und es wächst von innen das neue Leben in Christo. Bei der Bekehrung bleibt der Stand gesetzlich, - die Bekehrten brauchen ständig Lehre und Führung - und das in den Ewigkeiten noch. Die Geborenen sind vom Herrn gelehrt - sie haben die Salbung und wissen alles - dies natürlich in wachstümlicher Abstufung. Die Bekehrten stehen im S e e l i s c h e n, und darum nach außen mehr im Vielfältigen. Bei ihnen spielt Sehen, Hören, Fühlen usw. auch im Geistlichen eine große Rolle. Die Geborenen sind auf das Eine, auf Ihn gerichtet, sie sind Geistesmenschen - ihr Wesen ist nach innen. Die Bekehrten haben das Reich, die Geborenen I h n, den H e r r n. Die Bekehrten schaffen und wirken, die Geborenen werden und wachsen und bringen Frucht. Geborene können mehr oder weniger lang auch im Bekehrungswesen gelebt haben; die Bekehrten, so sie nicht zu Kindern erwählt sind, dringen über ihre Stufe nicht hinaus. Wo der Wille ist, ein Kind Gottes zu werden und zu sein, da ist auch schon das Geburtswesen. Dieser Wille ist geistgewirkt. Die Bekehrung ist der Lebenszustand im Königreich, die neue Geburt ist der Lebenszustand in der w a h r h a f t i g e n G e m e i n e. Wir sagen: in der w a h r h a f t i g e n Gemeine. In der ä u ß e r e n A u s p r ä g u n g der Gemeine laufen nämlich überall Bekehrte und andere religiöse Stufungen mit. Darunter lernen und leiden die Geborenen und werden etwas auf ihren Tag. Die Bekehrten können wieder zurückfallen, wenn sie noch nicht fest sind; das Geborene kann nicht zurückfallen. Es kann sündigen, fallen fehlen; aber der Herr zieht stets wieder zurecht, und es lässt sich auch zurechtziehen. Die Bekehrten erhalten ihr Urteil im jüngsten Gericht und haben bis dahin an ihren Orten zu warten. Nur was bekehrte Juden sind, die stehen auf am Anfang des 1000jährigen Reiches zu ihrer Aufgabe an den Nationen - das ist die Erstauferstehung (Offb 20.; Hes 37.). Die Geborenen erwarten vor der antichristlichen Zeit, zur Zeit der siebten Posaune (1Kor 15.), ihre Sammlungsstunde bei ihrem Herrn.

Dieses Wenige zum Licht in dieser Sache. Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, ist es gar nicht nötig, dass alle Apostel der Juden, d. i. des Königreiches, wiedergeboren sind. Die erste Gemeine zu Jerusalem ist keine Gemeine der Wiedergeborenen gewesen - obwohl ohne Zweifel Neugeborene drin waren - sondern eine Königreichs-Gemeine der Bekehrten. Doch wollen wir hierauf jetzt näher nicht eingehen. Eins ist uns bei unserem Gemeinegebet gewiss, der Herr hat nicht nur die Elfe im Auge, sondern einen weiteren Kreis, und Er betet für diesen Kreis prophetisch; denn er ist noch nicht das, was er freilich in Kürze nach Tod und Auferstehung und Himmelfahrt Jesu werden soll. Von diesem Kreis sagt nun der Herr:

Ich habe Deinen Namen offenbart den Menschen, die Du Mir aus der Welt heraus gegeben hast.
Hier denkt der Herr nicht so sehr an Seine ö f f e n t l i c h e Tätigkeit, durch Wunder, Zeichen und Reden, als an eine i n n e r e W i r k s a m k e i t, welche sich unter diesen äußeren Werken, vielleicht auch oft in Aussprachen in kleineren Kreisen, vollzog. Des Heilands äußeres Wirken war vor allen Dingen auf die Gesamt-Erweckung, auf die Bekehrung des jüdischen Volkes gerichtet; dass es in Ihm seinen großen Beruf ergreife, Erstling und Heilsträger im Königreich zu sein. Diese Absicht scheiterte an der Selbstverstockung des Volkes und seiner Führer. Aber ein anderes, ein Innerliches, das geschah. Viele erkannten den Vater und den Sohn und nahmen Ihn an. Darunter war der Anbruch des kommenden Königreichs, darunter waren auch viele Gottgeborene. Ihnen konnte der Herr oft in besonderen Stunden der inneren Weiterführung, in welchen sie sich um Ihn scharten, aber auch durch alle Seine Werke, den Namen des Vaters offenbaren.

Der Name, welchen der Heiland offenbarte, ist ja der V a t e r n a m e nach seiner vollen und ganzen Bedeutung. Der Herr lebte ein reines, heiliges, vollgehorsames Sohnesleben. Die Innerlichen, die Gottberufenen sahen Seine Herrlichkeit, als eine Herrlichkeit des eingeborenen Sohnes vom Vater voller Gnade und Wahrheit. Den Berufenen ging das Gottgeheimnis auf - wie der ewige Gottvater alles durch den Sohn machte, und wie dieser Gottes-Sohn in Jesu vor ihnen stehe. An der Gottessohnschaft Jesu hatten diese Menschen keinen Zweifel. Deshalb musste selbst der Hohepriester fragen: „Bist Du der Sohn Gottes?“ Die Gottessohnschaft Jesu war Vieler Glaube. Und wenn sie auch Jesu Kreuz und Sterben noch nicht verstanden, in seiner tiefen Bedeutung, Sein Kommen zur Rettung war ihnen klar. Sie haben auch ihren Gottessohnes-Glauben über die Leidenszeit hinübergetragen, nicht zuletzt um der Fürbitte Jesu im Gemeine-Gebet willen, und haben diesen ihren Glauben nach der Auferstehung vertieft und befestigt. Ja, unter der Arbeit Jesu ist eine Gottes- Sohnes-Gemeine herangewachsen, welche zwar noch s a m e n m ä ß i g , aber doch vorhanden war. Und diese Sohn- und Vatergläubigen, die hatten kraft ihres beginnenden Innenlebens doch auch schon einen tieferen Begriff vom V a t e r . Der Heiland gab ja denen, die an Ihn glaubten, M a c h t, Gottes Kinder zu werden. Von dieser Macht, ins Vaterherz im Kindessinn zu gelangen, hatten sie schon etwas, wenn auch die eigentliche Geburts-Wissenschaft erst noch kommen sollte. So hat der Heiland den Namen des Vater etwelchen aus den Menschen, etwelchen aus der Welt Herausgenommenen offenbaren dürfen. Vor Seinem inneren Auge stand diese Schar zur Stunde Seines Gebetes. Ihre besonderen Anfechtungen in den kommenden Tagen der Finsternis kannte Er, für sie betete Er darum ganz besonders. In ihnen war etwas, ein göttlicher Keim, welcher schwer unters Kreuz kam in den Tagen, da Er durchs Kreuz ging darum musste Er ihrer gedenken.

Es war eine kleine Schar, ein Ausschnitt nur aus der ganzen Welt. Die Masse auch des jüdischen Volkes, trotz aller religiös-gesetzlichen Übungen und Formen, war und blieb Welt, war und blieb unter dem Gesetz der Sünde und des Todes. Aber diese Wenigen, die waren dem Herrn g e g e b e n. Die Gemeine-Menschen, die Kinder Gottes sind eine sonderliche Schar. Darum sagt auch der Herr: „Ich kenne die Meinen.“ Zwischen dem Herrn und diesen geborenen Gläubigen findet ein besonderer Rapport statt, d.h. eine besondere Beziehung. Es ist ja klar zwischen S o h n und S ö h n e n. Der Herr erklärt uns das geheimnisvolle Wort „gegeben“, wenn Er weiter betet:

Sie waren D e i n

Alle Menschen gehören Gott und sind in diesem Sinne „S e i n“. Alle Menschen sind Geschöpfe und tragen, trotz Sünde und Tod, tief innerlich göttliches Gepräge. Es liegt Ewigkeit in jeder Kreatur. Und zu diesem Ewigkeitsstande finden sie sich nach aller Zeitenverwirrung auch wieder zurück zu dem Einen, der ihrer aller Quell und Ziel ist, der sie alle gesucht und errettet hat. Aber eine Schar gibt es nach der Schrift, die ist in sonderlichem Sinne ewigkeitsmäßig. Sie hat Gott mit ganz besonderen Anlagen schon in diese Welt hineingetan - die hat Er vor allen Zeiten bestimmt und ersehen, dass sie sollten gleich sein Seinem eingeborenen Sohne, und dass dieser in ihnen sollte sein der Erstgeborene unter vielen Brüdern. Diese sind in sonderlichem Sinne „S e i n“. Es ist aber irdisch-menschlich, fleischlich betrachtet, kein Vorzug, also „S e i n“ zu sein. Diese vorerwählten Söhne werden ins Sündenfleisch hineingeboren, und sie haben durch ihre neue, und Herausgeburt so viele Schmerzen und Leiden, dass andere diese gar nicht tragen könnten und wollten. Die erwählten Söhne Gottes müssen in der Zeit von Satans Herrschaft herauswachsen und werden - und das bringt viel Pein. Sind sie Gottes eigen, so sind sie die Auswürfigsten der Welt, auch der frommen Welt, ja d i e s e r am m e i s t e n.

S i e waren D e i n, - diese mitten in der Welt und Menschheit ins Fleisch geborenen, bestimmten Söhne Gottes tragen nun schon früh in dieser Welt der Fremdlingsschaft das Gottheimweh in sich. In ihnen wacht die Ewigkeit mit besonderer Macht auf. Sie leiden unter ihrer, und der Welt Sünde und Tod schwer. In ihnen erwacht ein mächtiges Sehnen nach Erlösung und Freiheit. Das geht auf die verschiedenste Art. Gott hilft durch Führungen der mannigfaltigsten Art nach. Ist der im Fleisch gefangene und heilsdurstig und ewigkeitsdurstig gewordene Ewigkeitsmensch erwacht, dann führt Gott diese Geister dem Sohne zu. Der Sohn hat sie gewissermaßen längst geschmeckt: „Ich kenne die Meinen.“ Er hat den Wohlgeruch ihrer schreienden und sehnenden Seele in sich aufgenommen. Durch das Wort des Evangeliums, durch geborene Zeugen der Wahrheit, auf den verschiedensten Wegen lässt der Vater diese „Seinen“ mit dem Sohne bekannt werden. Die v o r dem Herrn gewesenen Erstlinge mussten eben warten. Sie freuten sich mit Abraham, Seinen Tag zu sehen, und s a h e n ihn. Wir heute können und dürfen Ihm begegnen. Und nun ist der Heiland die Lebensantwort für diese Durstenden. Und der Heiland gibt Sich ihnen durch den Heiligen Geist. Der Herr nimmt sie als Gegebene, was sie auch sind. Und weil sie Gegebene sind, so gilt es „Wer zu Mir kommt, den will Ich nicht hinausstoßen.“ Wir beten die Wege an, auf welchen der Vater uns dem Sohne gegeben. Es sind wunderliche Wege. Wenn da einmal aufgeschlossen ist, kann niemand zuschließen. Den Durchbruch eines Gotteskindes kann nichts und niemand hindern. Widerstände sind Förderungen. Denen, die nach dem Vorsatz berufen sind, und die den Gotthunger in sich tragen, müssen alle Dinge zusammenwirken zu ihrem Weg. Für Kinder Gottes ist alles Weg.

Sie haben D e i n Wort bewahrt
Der Herr Jesus nährt die Ihm Zugeführten mit dem Wort. Er führt sie so, dass sie immer tiefer mit dem Wort in Verbindung kommen. Er schärft ihre Ohren, dass sie merken, wo es ist. Und die Gottgeborenen essen es. Wort lieben, Wort leben, das Wort halten - ist die Grundeigenart der Kinder Gottes. „Du hast bewahret das Wort Meiner Geduld“, das heißt, das in Leiden zu bewährende Wort, sagt der Herr auch im Sendschreiben an Philadephia. Im offenen Ewigkeitsgrund wird das Wort keimender und wachsender Same.

Sie haben erkannt, dass alles von Dir ist

Joh 17:7
Nun haben sie erkannt, dass alles, was Du mir gegeben hast, von Dir ist
Die Gläubigen erkennen die Einheit von Vater und Sohn. Was wir von Jesu haben, entspricht unsern innersten Gottesbedürfnissen. Jesus ist uns Gott im Fleische. Wir finden in Jesus nichts Fremdes, lauter G ö t t l i c h e s. Er und der Vater sind eins, das merken wir wohl. Das haben auch jene berufenen Zeitgenossen Jesu wohl gemerkt. Der menschgewordene Gottessohn ist die Antwort auf unsere innersten Fragen und auf Ihn sind wir angelegt; wenn Er zu uns kommt, so kommt Er in Sein Eigentum. Er vergibt uns und gibt uns, wie wir’s brauchen. All Sein Gericht ist recht und lauter Wahrheit, all Sein Versühnen wahrhaftige Liebe. Er ist Gott für uns und in uns. Seine Worte legitimieren sich an der aufrichtigen Seele als lautere, göttliche Rede. Darum betet der Herr in Wahrheit weiter:

Deine Worte habe Ich ihnen gegeben

Joh 17:8
Denn die Worte, die Du Mir gegeben hast, habe Ich ihnen gegeben
Jesu Wort ist kein Menschenwort. Alle, die außer Ihm kamen, Religionsstifter und Philosophen, Geister voll Wissens und voll Weisheit dieser Welt, waren von unten. Sie waren von Erde und irdisch. Sie redeten erdenmäßig. Darum sind sie alle vergänglich, und ihrer sind viele. Hier ist's der Eine - der Einsame - aber auch der Einzige. Er redet gar nichts von Sich selber. Nur, was Er hört den Vater reden, das redet Er. Er schöpft nicht aus Natur- und Geschöpfswelt; Ihm stehen keine Kenntnisse dieser Welt und ihrer Weisheit zur Verfügung. Sein Quell ist einzig und allein der Vater der Unendlichkeiten. Was Er redet, ist Offenbarung; was Er redet ist nicht e i n e Wahrheit, das sind nicht Wahrheiten, das ist d i e Wahrheit. Darum ist Sein Wort auch unvergänglich. Es ist bis heute durch kein anderes abgelöst oder übertroffen worden. Es hat heute noch dieselbe, ewige Lebenskraft wie damals, als Er es redete. Jesu Wort, Sein gesprochenes, wie Sein durch den Geist geoffenbartes Wort, hat keinen Zeitlichkeitseinschlag. Man muss an ihm nichts streichen, was überholt wäre; man muss nichts wegtun, was etwa nur zu jener, Seiner Zeit und in ihren Verhältnissen gepasst hätte. Nein, Sein Wort wird immer voller. Es reift mit den reifenden Zeiten. Es trägt zeitlosen, es trägt Ewigkeits-Charakter. An Seinem Worte lernen die Zeiten nicht aus und lernt der Einzelne nicht aus. Je mehr wir mit demselben Umgang haben, umso göttlich größer wird es. Je mehr wir wachsen im Ewigen, umso mehr teilt es uns mit. Jesu Wort ist nicht nur gradmäßig höher als jedes andere Wort, das je geredet worden ist, sondern es ist wesensmäßig höher. Es stammt aus einer anderen Welt.

Mit welcher absoluten Selbstverständlichkeit sagt und betet der Heiland bei Seinem Gang in den Tod, „Die Worte, die Du Mir gegeben hast, habe ich ihnen gegeben.“ Er kennt gar nichts anderes, für Ihn kommt nichts anderes in Betracht. Für Ihn wäre ein aus dem Eigenen geschöpftes Wort das größte Verbrechen gewesen. Er hat auch hier keine Sünde getan. Er ist ein vollkommener Mann; denn Er hat in keinem Wort gefehlt. Ach Herr, was sind wir Stümper; ach Herr, was sind wir Sünder! Wir möchten's ja auch - wir möchten Gottes Wort reden. Wir verabscheuen, wir hassen die eigenen Gedanken! Aber wie viele haben wir noch! Wie vielfach müssen wir umlernen. Herr vergib und gib! Dein Geist leitet in alle Wahrheit; so leite uns durch Ihn. Wir möchten so gerne für uns und die arme Welt ganz göttliches Wort, wahrhaftige Linien. Von Dir wissen wir’s ganz gewiss - unser göttlicher Naturgrund, das mitzeugende Gewissen, der Heilige Geist der Wahrheit - alle drei bezeugen in uns einhellig: Du hast Worte geredet, welche Dir der Vater gegeben hat.

Wie köstlich, diese ganze und völlige Abhängigkeit de Sohnes vom Vater, diese freie, willige Liebesabhängigkeit. Söhne Gottes sollten also abhängig sein. Kind sein, heißt hängen an der Mutter Brust, an der Mutter Herz, an der Mutter Mund, an der Mutter Kleid. Ein Kind hat alles von den Eltern. Passiv Gott gegenüber! Annehmend, aufnehmend, so lass uns sein und so lass uns werden! Möge es auch bei uns wahr sein, was der Heiland weiter betet:

Und sie haben’s angenommen

Durch Gott wird Gott erkannt. In Seinem Lichte sehen wir das Licht. Es ist hochmütige Anmaßung, wenn der Mensch aus sich Gott erkennen will. Er kann es nicht, es wird ihm nie gelingen. Er wird immer irren. Für Gott gibt es nur e i n e n Maßstab - Ihn selbst. Darum, wer göttlich ist, der kennt Gott - und kriegt von Stufe zu Stufe ein reiferes Urteil über Göttlich und Ungöttlich. Die Menschen, welche gegen ihren inneren Wahrheitsgrund wahr sind, denen geht die Aufnahmefähigkeit für’s Göttliche auf. Und je mehr sie in der Wahrheit dem Göttlichen zustimmen, wo es an sie kommt, umso wahrheitsempfänglicher werden sie. „Wer aus der Wahrheit ist, der höret Meine Stimme“, spricht der Herr. Und fürwahr, alle Wahrheitsmensen sind Jesu Eigentum geworden. Die göttlichen Menschen nehmen Jesus und Sein Wort an und werden dadurch göttlich. Was göttlich m a c h t, das muss auch göttlich s e i n. Dein Wort hat mich göttlich gemacht; drum ist es Gottes Wort. Der Glaube nimmt’s. Er gibt ihm Raum, er bewegt’s im Herzensboden, und dann wächst es und schafft ewiges Leben. Ist aber Sein Wort göttlich, und macht Sein Wort göttlich, so ist Er selbst auch göttlich. Göttliches kann nur vom Göttlichen kommen. Darum heißt es von denen, die Sein Wort als Gotteswort angenommen haben:

Sie haben erkannt wahrhaftig, dass Ich von Dir ausgegangen bin, und glauben, dass Du Mich gesandt hast
Ja, Knechte des Hohen Rats merkten das: So hat noch nie ein Mensch geredet. Das hing bei den Jüngern auf’s Engste zusammen: „Du hast Worte ewigen Lebens, und wir haben geglaubt und erkannt, dass Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes.“ Die Sprache verrät den Menschen. Der Geist, der in uns ist, der weiß, was in uns ist. Tritt dieser Geist im Wort heraus, so treten wir selbst heraus. In Jesu Wort tritt Gott hervor, da offenbart Sich der Sohn Gottes.

Das ist nun der Söhne Gottes wunderbarer Stand, dass sie den Sohn kennen und in Ihm den Vater. Was kein Menschenauge sehen kann, was in keines Menschen Herz je gekommen ist, das haben die Kinder Gottes als granitfeste Grundgewissheit, in welcher ihnen über alles gewiss wird, dass J e s u s sei der S o h n G o t t e s. Man merkt es dem Gebet des Heilandes an, welch tiefe, selige Freude es Ihm ist, dass der Vater Ihm Menschen gegeben, welche Ihn als den Sohn kennen und bekennen. Der Kindschaftsgeist verklärt den Sohn, welchem wir den Kindschaftsgeist verdanken. Der Kindschaftsgeist richtet im Fleisch das Sohneswesen in uns auf. Darum ist A und O unseres ganzen Wesens - der Sohn. Immer größer, immer umfassender, immer mehr in Seiner, alle Welten umspannenden Bedeutung sieht ein Kind Gottes den Sohn. Das ist ein Kennzeichen der Kindschaft, wenn der Sohn in uns wächst. Sein ewiges Ausgehen vom Vater, Sein unendliches Eingeboren-Sein, das erkennen wir. Seine Herrlichkeit vor Grundlegung der Welten, aber auch Sein Ausgehen vom Vater in die Welt - Sein Gesandt-Sein vom Vater. Als Gesandter in die Welt, als der, welcher ausging - ist Er uns am herrlichsten. Da erstrahlt Seine Liebe am wunderbarsten. Erkennen, dass Er ausgegangen ist und erkennen, dass Er gesandt ist - das heißt, Gericht und Gnade, Verlorenheit und Rettung, das heißt, Gottes ewigen Plan verstehen, und anbeten und niederfallen vor der sich wunderbar offenbarenden Liebe. Freue Dich. Heiland, Du zum Tode ausgehender Beter, jetzt herrlich beim Vater, freue Dich, noch sind viele, die wahrhaftig erkennen, dass Du vom Vater ausgegangen bist, und dass Er Dich gesandt hat. Und habe Dank, dass wir das erkennen dürfen - und lass uns wachsen in Deiner Liebe!

Die Gläubigen, welche Ihn angenommen und wahrhaftig erkannt haben, liegen dem Herrn auf Seinem letzten Gang schwer auf dem Herzen. Diese Gläubigen haben eben eine ganz sonderliche Stellung in der Welt eben durch ihren Glauben, und haben eine sehr erschwerte Stellung in der Welt, wenn der Herr nicht mehr sichtbar bei ihnen ist. Ganz besonders die Zeit, in welcher der Herr Sich jeglicher Macht und Gewalt im äußersten Sinne begab, als Er frei hinging in Tod und Grab, war für die Gläubigen eine hochgefährliche. Da waren sie den Mächten der Finsternis gewissermaßen preisgegeben. Da tritt nun der Herr für sie ein, ehe diese schwere Stunde kommt, und ruft den Vater um Hilfe für sie an.

Ich b i t t e für s i e

Joh 17:9
so ruft Er aus. Es sind zunächst die Gläubigen, welche in jener Stunde auf Erden waren, für die Er eintritt. Für die späteren Gläubigen betet der Herr in den kommenden Versen, von Joh 17:20 an. Es ist aber klar, dass wir, so wir in die Schar der gläubig Gewordenen gehören, aus diesen Versen auch für uns tröstende und kräftigende Wahrheiten ziehen dürfen. Die eine Tatsache ist ganz gewiss, dass, wie der Herr in jenen schweren Stunden von Gethsemane und Golgatha für die Seinen zuerst, schon ehe sie kamen, eintrat, dass Er so allezeit für die Seinen eintritt. Es gibt für Gläubige keine gefahrvolle Stunde, in welchen sie hineingeführt werden, für welche der Herr nicht schon um Kraft und Hilfe gebetet hätte, und also Kraft und Hilfe bereitgestellt. Wir dürfen in solchen Lagen das schon Erbetene, und sicher auch Erhörte, nur anziehen. Das ist für uns Gläubige etwas unsagbar Großes, dass der ewige Sohn Gottes so dasteht für uns und ruft: „Ich bete für sie.“ Wie musste es den Ihn umstehenden Jüngern zumute gewesen sein, als sie solche Worte Seinem Munde entströmen hörten. So dürfen Gläubige in Ihm, ihrem Herrn, auch unter Menschen stehen und für sie beten, und Trost- und Überwindungskräfte für sie erflehen. So sehr wir alle auch als Gläubige selbst der Fürbitte Christi und der Heiligen bedürfen, so dürfen wir in dem Herrn doch auch Fürbitter sein. Wir dürfen kraft des Heiligen Geistes hintreten und zum Herrn rufen: „Ich bitte für sie.“ Wie hoch hebst Du doch, Du ewiger Gottessohn, arme Sünder hinauf; mit welcherlei Gaben und Kräften rüstet Du sie aus! Ja, was dürfen Kinder Gottes, bei all ihrer Niedrigkeit, schon in dieser Welt für Frucht bringen. In den Riss dürfen sie je und je treten in der Kraft des Heilandes, der für sie selbst in den Riss getreten ist. Das gehört zum Seligsten unter den Aufgaben der Kinder Gottes.

So ist also der Herr in den furchtbarsten Stunden aller Zeiten, in Seiner eigenen Verwerfungsstunde, wo gewissermaßen kein aktiver Sohn Gottes mehr da war, ja wo der Sohn Gottes in Satans Gewalt war - frei hingegeben - für die Seinen eingetreten. Und dieses Gebet war der unterste Tragegrund für die Gläubigen jener Tage. Dieses: „Ich bitte für sie“, ist eine Auslegung des Apostelwortes: Er trägt alle Dinge mit Seinem kräftigen Wort. Hier trägt Er die gläubige Gemeine mit Seinen kräftigen Gebetsworten und trug sie durch - weil der Vater den Sohn hörte. So sind wir alle Getragene und werden selbst tragfähiger, je mehr wir uns in die tragenden Hände Jesu werfen. Um den innersten Kern der Menschheit mühte sich die heilige Seele Jesu in diesem Gebet. Er konzentrierte Sich auf das Allerheiligste. Wiewohl Er im begriff war, Sein Leben für die ganze Welt dahinzugeben, so rang und kämpfte es in Ihm in diesen schwersten Stunden um den kleinen, gläubig gewordenen Teil.

Nicht für die Welt bitte Ich

sagt der Herr. Die Welt ist die ganze, in Sünden gefallene Kreatur nach ihrem Sünden-Natur-Zustand. Für diese Welt betet Er jetzt nicht. Die Welt stand in dieser Stunde der Finsternis, in dieser Offenbarungsstunde Satans, unter diesem ihrem Fürsten. Restlos verfiel sie ihm auf verschiedenen Stufen, vom römischen Landpfleger an, über Herodes und den Hohen Rat hin, bis in die Volksmassen hinab. Dass nun nur die gläubige Gemeine ihm nicht auch noch verfiele! Das war der Haupt- und Grundgegenstand dieser Stunde. Die Gläubigen waren ja noch unbefestigt. Noch war die Versöhnung und Erlösung nicht geschehen; noch war der Heilige Geist nicht in ihnen. Sie waren sehr ungedeckt, als der Heiland dahinging; darum musste Er für sie beten. Alles hat seine Zeit - jetzt handelt es sich darum, dass der innerste Kern erhalten und bewahrt bleibe. Die Welt fuhr in ihrem Todesgesetz dahin - da war jetzt nichts zu wollen. Sie musste also dahinfahren - das ist i h r Weg zur Rettung.

Es ist heute noch so. Die Hauptsache dieses Äons ist die Herausrettung und Durchrettung der Gemeine. Dahin muss der Blick der Gläubigen gerichtet sein. Es ist falsch, wenn der Blick immer auf die Welt gerichtet ist, und wenn in vielerlei Aufgaben immer die Welt angefasst wird. Wir sind jetzt nicht im Äon der Welt. Darum kommen auch diese Weltstrebungen, im Namen des Christentums unternommen, nicht zu ihrem Ziel. So haben wir noch kein einziges christliches Volk, sondern das Gegenteil. Die Nationen stehen jetzt noch unter dem Dahingegebensein. Dieses Dahingegebensein endet mit ihrem Zerbruch - dann erst kann der Herr den Zerbrochenen König sein. Auch wir bitten jetzt nicht für die Welt. Diese geht unaufhaltsam in ihren Gerichten und in ihre Gerichte. Zu ihrem Heil - das ist ihr Ziel. Wir aber müssen sie jetzt laufen lassen. Die Gemeine der Gläubigen aber, der Leib Christi, das ist unser Anliegen; hier beten und ringen wir, hier bringen wir Frucht. Wir stehen noch in d e m Lauf, wenn auch nach der Erhöhung des Herrn in etwas anderer Weise, in welchem der Herr vor Gethsemane und Golgatha stand. Satan offenbart sich immer mächtiger und geht mit Gewalt auf seine Voll- und Schluss-Offenbarung hinaus. Unter diesem Offenbarungslauf der Finsternis hat die Gemeine ihren Werdegang. Da heißt es und muss es heißen: „Ich bitte für sie und bitte nicht für die Welt.“ Das Evangelium läuft durch die Gläubigen nach Führung des Herrn, und in seinem Laufen weckt es auf, was gläubig wird, und das gläubig Gewordene baut es. Die Welt aber geht inzwischen ihren Selbstaufbau- und Zerbruchs-Gang, um reif zu werden für die Offenbarung des Herrn. Je massenmäßiger das Christentum wurde, umso mehr hat es diesen Offenbarungsgang verdreht. Es wendet sich in tausenden von Aufgaben der Welt zu und vergisst die Gemeine der Gläubigen. Der Gemeine liegt die Gemeine an - die Welt ist einstweilen zurückgestellt. In nochmaligem Gebetsanlauf ruft der Herr zum Vater:

Ich bitte nicht für die Welt, sondern für die, die Du Mir gegeben hast
Die Welt um Ihn, zunächst das nicht glaubende, jüdische Volk, war für den Heiland schon gerichtsreif. In Seinen Gleichnissen und in manchen andern Reden, ja in Tränen hatte er dieses Gericht schon verkündigt. Und zwar sah Er das nächste - die Zerstörung Jerusalems und des Landes - und ebenso den jahrtausendelangen Gerichtslauf prophetisch voraus. Hier war für den Herrn zunächst nichts zu beten - wiewohl natürlich alle die Massen Ihm innigst am Herzen lagen; sonst hätte Er ja nicht geweint. Uns bewegen die traurigen Gänge der Nationen auch; aber wir wissen, sie kommen und müssen kommen, sonst ist keine Rettung möglich. Allernächstes und allertiefstes Anliegen sind uns die „G o t t g e g e b e n e n“. Wie ist das dem Herrn so gewiss, dass die Gläubigen Ihm alle gegeben sind. Nicht Er hat sie ausgesucht - sondern Er hat nur den Vater verklärt. Darauf kommen, unter Führung und Leitung des Vaters, die Gottesmenschen heraus, und Er konnte Sich ihnen offenbaren. Die Gegebenen aber nahmen diese Offenbarung an - und nun waren sie S e i n und lagen Ihm über alles am Herzen. Heute noch haben wir nur als Gotteskinder in Christo dazustehen und zu laufen in Ihm, so werden die Gläubigen offenbar werden. Sie werden herauskommen ans Licht, und diese ans Licht kommenden sind die Gegebenen, die uns dann anliegen im Geist und im Werk.

Und der Herr schreibt diese Gegebenen dem Vater ins Herz hinein und ruft Ihm zu:

Sie sind ja D e i n !

Das sind ja die Vorausbestimmten und Vorausgesehenen, welche der Vater dem Sohn zu Brüdern bestimmt hat. Auf ihnen ruht das Vaterauge von Unendlichkeiten her; ihr Werden und Gedeihen im Fleischesleib, ihr Bewahren und Führen liegt dem Vater herzinnigst an! Und wenn in der Gethsemane- und Golgathazeit der Sohn sie nicht beschützen kann, weil Er Sich selbst dieser Macht begibt, so wird der Vater gerne des Sohnes Aufgabe übernehmen, bis der Sohn als Erhöhter in der Kraft des Heiligen Geistes die Aufgabe selbst wieder erfüllen kann.

Wie nun der betende Sohn also von den „Gegebenen“ redet und dem Vater sagt, dass sie Sein, des Vater, seien, da wird Sein Herz voll und übervoll, und der Mund geht Ihm über. Er freut Sich im Geiste der wunderbaren Einheit mit dem Vater, und hervorquellend in Worten der Liebe lässt Er uns hineinsehen in die Vater- und Sohnes-Einheit. Über solchen Blick freut sich auch unser Herz; es ist ja selig und groß, ins Liebesleben des Vaters und Sohnes zu schauen. Des Sohnes Herz bricht aus, und Er ruft:

All das Meine ist D e i n!

Joh 17:10
Das sind zwei ganz und völlig Einige, der Vater und der Sohn. Da hat keiner etwas vor dem anderen geheim oder eigentümlich. Sie sind völlig einander hingegeben, füreinander offen. Der Vater gibt alles dem Sohne, der Sohn gibt alles dem Vater verklärt zurück. Mein ist Dein, und Dein ist Mein. Mein ist Mein, so sagt die Selbstsucht; und das Deine sollte auch noch Mein sein - so begehrt sie. Es gibt ein Mein des Vaters, aber Er übergibt alles dem Sohn, dass Er des Vaters Rat darin durchführe. Und es gibt ein „Mein“ des Sohnes, aber Er gibt alles dem Vater zurück, wenn Er es zu dessen Ehre hinausgeführt hat. Wenn alles dem Sohn untertan ist, dann wird Er selbst untertan sein dem Vater, auf dass Gott sei alles in allem. O vollendetes, seliges, gegenseitiges Liebesleben. So hat sich der Sohn auch für uns gegeben und nichts zurückgehalten. Alles, was Sein ist, hat Er eingesetzt für uns. Darum gibt der Glaube auch sich und all das Seine Ihm. Alle natürlichen Gaben und alle geistlichen Gaben legen wir vor den verklärten Herrn und brauchen sie in Ihm für Ihn. Der Heilige Geist bringt alles, was der Sohn hat und ist, in die gläubigen Herzen ausgegossen; und die gläubigen Herzen geben sich mit Seele und Leib dem Herrn hin. Wir lieben, denn Er hat uns zuerst geliebt. Das ist unser wahrhaftiges Gottesleben, dass alles, was Sein ist, unser ist - und das ist unsere Lebensantwort, dass alles, was unser ist, Sein ist. Dahinein wachsen wir. Es ist noch nicht vollkommen vorhanden. Das ist auch der Bruderliebe tiefstes Wesen. Wir haben alles als Gabe; darum geben wir auch wieder. Wir dienen einander, ein jeder mit der Gabe, die er empfangen hat, als die guten Haushalter der mancherlei Gnade Gottes. Wir sind stets Empfangende und stets Gebende. Nicht das „M e i n“ ist die Sünde, sondern das ist die Sünde, wenn das Mein nicht zum Dein wird. Nicht das „D e i n“ ist die Sünde, sondern das ist die Sünde, wenn das Dein nicht Mein wird in Hingabe. So wird’s sein in der Vollkommenheit, so soll’s jetzt anfänglich, strahlenmäßig hervorbrechen. So ist’s bei Vater und Sohn in der Fülle.

Mit voller Zuversicht kann der Sohn für die gläubigen Seinen beten, sie sind ja des Vaters Eigentum, wie das Seine - es ist ganz ausgeschlossen, dass der Vater sie lassen sollte. Dazu kann der Sohn dem Vater noch sagen:

Ich bin auch verklärt in ihnen

Der Sohn ist den Gläubigen innerlich als Wahrheit und Klarheit aufgegangen. Der Sohn hat angefangen, wenn auch noch ganz schwach, in den Gläubigen Gestalt zu gewinnen. Freilich war es bei jenen Jüngern vor Gethsemane und Golgatha noch ein elendes Fünklein. Die Liebe des Sohnes sieht aber das Vollkommene. Er sieht Sich verklärt in ihnen. Damit gehören sie zu Ihm, sind ein Stück Seines Wesens, sind Glieder der heiligen, sohnesgleichen Brüderschaft. Da muss der Vater wohl hören, wo sich dies Innerste Seines Gottesratsgeheimnisses auswächst. Das ist ein großes Stück Erlöserliebe, dass der Sohn in den göttlichen Anfängen die Vollendung sieht. Das ist so recht Gottesart. Gott sieht von Anfang an alles vollendet. Gott sieht vom ersten „Es werde“ an, den ganzen Rat hinausgeführt. Nur weil Gott alles verklärt zum Ziel gebracht sieht, kann Er mit so großer Geduld auf das Ziel warten. Wo der lebendige Glaube im Wiedergeburstsleben angefangen hat, da sieht der Herr die herausgeführte Neugeburt vollendet. So sieht der Bauer und Gärtner im Samen, den er ausstreut, die vollendete Frucht. Dieser Glaubensblick gibt ihm Freudigkeit und Kraft, immer wieder zu säen. So sieht der Baumeister das fertige Haus. Das gibt ihm die Lust zum Bauen. So ist der Sohn in den damals noch so elenden Jüngern verklärt. Sie konnten sagen: Wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes vom Vater voller Gnade und Wahrheit. Da war der Sohn in ihnen verklärt - wiewohl es weiter von Klarheit zu Klarheit gehen musste und auch ging.

Tief in das Herz des Vaters hatte der Sohn mit solchen Gebetsworten hineingestoßen und hatte es mächtig bewegt - jetzt konnte Er Seine Bitte vorbringen:

Lies weiter:
III. Ich bin nicht mehr in der Welt (Joh 17:11)