Gottes Kraft in menschlicher Schwachheit

Aus Bibelwissen
Version vom 17. Mai 2019, 06:44 Uhr von BH (Diskussion | Beiträge) (Bewahrung vor der Sünde und den Begierden)

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Von Daniel Muhl

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Eine göttliche Realität

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Der Apostel Paulus, der auch die Worte Gottes vollenden durfte (Kol 1:25), hat den Auserwählten Gottes ein göttliches Geheimnis mitgeteilt, das unter den Christen immer wieder zitiert wird, aber wahrscheinlich von den wenigsten auch wirklich verstanden, geschweige denn praktiziert wird! So schreibt er die schwer praktizierbaren Worte im 2. Korintherbrief:
  • 2Kor 12:9 - Und er hat zu mir gesagt: Meine Gnade genügt dir, denn meine Kraft kommt in Schwachheit zur Vollendung. Sehr gerne will ich mich nun vielmehr meiner Schwachheiten rühmen, damit die Kraft Christi bei mir wohne.

Für jeden natürlichen Menschen ist diese Aussage eine Torheit und auch wir Christen tun uns schwer mit dieser Aussage, weil wir kein Bedürfnis verspüren, schwach zu sein oder schwach zu werden. Grundsätzlich möchten wir für alles genug Kraft haben und wenn möglich auch noch auf Reserve. Schwachheit bedeutet meistens Not, Leiden und Bedrängnis!
Die Erkenntnis, dass Gott mit den Schwachen, Bedürftigen und Hilflosen Geschichte macht, finden wir überall in der Bibel!

  • Sarah, die von Natur aus unfruchtbar war, gebar durch das Einwirken Gottes einen Sohn (1Mo 21:2).
  • Das Volk Israel wäre der ägyptischen Armee hilflos ausgeliefert gewesen, wenn Gott sie nicht mit der Wolkensäule und der Vernichtung des ägyptischen Heeres durch das Meer beschützt hätte (2Mo 14:19-20).
  • Jericho war uneinnehmbar und nur weil Gott die Mauern Jerichos zerstörte, konnte die Stadt von den Israeliten zerstört werden (Jos 6:20).
  • Gott benutzte ein kleines israelitisches Sklavenmädchen, um Naaman, dem großen General der aramäischen Armee, den entscheidenden Hinweis für seine Heilung zu geben (2Kö 5:2-3). Man bedenke, dass ausgerechnet dieser Mann in Israel auf Raub aus war und dabei das Mädchen gestohlen hatte. Warum dieses Mädchen dem Heerobersten die Gesundheit wünschte, ist menschlich kaum nachvollziehbar.
  • Ausgerechnet der Prophet, der sich für die Feinde Israels kein Erbarmen Gottes wünschte (Jon 4), wurde der erfolgreichste „Evangelist“ in biblischen Zeiten. Der Wille des Propheten spielte in Bezug auf die Rettung der Menschen in Ninive absolut keine Rolle. Normalerweise übergibt man eine solche Aufgabe jemandem, der auch willig ist, so eine Aufgabe auszuführen.
  • Ein Griechischlehrer hat mir einmal erklärt, dass die Schriften des Neuen Testamentes literarisch und sprachlich nicht besonders sind. Lukas sei von allen noch der Beste. Aber generell können die Autoren des Neuen Testamentes nicht mit den Texten von griechischen Philosophen mithalten. Die anderen Texte sind sprachlich und literarisch auf einem höheren Niveau (das ist zumindest die Meinung der Griechischkenner). Trotz der „edleren Sprache“ können die anderen Texte inhaltlich mit dem NT auch nicht nur annähernd mithalten. Das NT hat viel mehr Menschen bewegt, betroffen gemacht und auch verändert als jede andere griechische Philosophie. Sollten die Kenner der griechischen Sprache recht haben, würde dies auch bedeuten, dass Gott auch in dieser Sache sprachlich mäßig begabte Menschen ausgewählt hatte, um Sein Wort zu vollenden. Auch hier war die Kraft Gottes in den Schwachen mächtig und auch hier wählte Gott die Unedlen für Sein Wirken aus (1Kor 1:28).
  • Ausgerechnet da, wo der Sohn Gottes hilflos und ohnmächtig am Kreuz hing und das Bild des größten Verlierers abgab, wurde Er zum größten Sieger aller Zeiten (Röm 3:4 / 1Kor 15:54)!

Daraus ersehen wir, dass die Kraft Gottes nicht nur in uns Menschen in der Schwachheit zur Vollendung kommt, sondern auch in Jesus Christus selbst! Wo brauchte Jesus mehr Kraft Gottes als da, wo Er sechs Stunden freiwillig am Kreuz hängen blieb, obwohl Er Seinen Vater jederzeit um mehr als 12 Legionen Engel hätte bitten können (Mt 26:53). Auf Golgatha wurde die Kraft Gottes in Jesus Christus vollendet. Die Kraft Gottes hat hier ihr Ziel erreicht und den Sieg über den Tod bewirkt, über die stärkste Macht im Universum!
Ohne Zweifel ist es eine göttliche Realität, dass die Kraft Gottes in der Schwachheit zur Vollendung kommt. Gleichzeitig ist es auch ein ganz großes Geheimnis, das gerade den Starken verborgen ist. Dieses Geheimnis können nur diejenigen entdecken, die selber schwach geworden sind.
Die Frage ist nur: „Wer will schon freiwillig schwach werden?“ Prüfen wir uns selbst! Wenn ich ehrlich bin, dann muss ich sagen, dass ich zwar weiß, in der Schwachheit kann ich etwas ganz Besonderes erfahren und sie ist die größte geistliche Chance, die sich mir bietet, aber gleichzeitig fürchte ich mich auch vor der Schwachheit und Hilflosigkeit (obwohl ich durch den Herrn nie ohne Hilfe bin), weil diese Dinge auch mit einer Not verbunden sind, die ich mir eigentlich nicht wünsche! Meine Seele wünscht sich ein angenehmes, gottesfürchtiges, ruhiges und beschauliches Leben! Meine Seele kann sich gut mit den Bitten von E. Whitehouse identifizieren, der sagte:

„Ich bat um Kraft, um durchhalten zu können –
ich wurde schwach, um demütig gehorchen zu können.
Ich bat um Gesundheit, um größere Dinge tun zu können –
ich wurde krank, um bessere Dinge tun zu können.
Ich bat um Reichtum, um glücklich zu werden –
ich wurde arm, um weise zu werden.
Ich bat um Macht, um von Menschen geachtet zu werden –
ich wurde kraftlos, damit ich fühlte, dass ich Gott brauchte.
Ich bat um alles, um das Leben zu genießen – ich empfing das Leben, um alles genießen zu können.
Ich erhielt nichts von all dem, um was ich bat –
aber alles, worauf ich gehofft hatte.
Fast – trotz meiner selbst – wurden meine
unausgesprochenen Gebete erhört.
Ich bin der gesegnetste unter allen Menschen."

von E. Whitehouse

Wer mit seinem Verstand begriffen hat, dass die Kraft Gottes in seiner Schwachheit zur Vollendung kommt, könnte theoretisch folgendes Gebet sprechen:

“Herr mach mich schwach, damit Deine Kraft in mir vollendet wird!“

Grundsätzlich wäre dieses Gebet ja richtig, aber ich zweifle daran, ob dieses Gebet für jeden Menschen das Richtige ist! Wenn ein Zwanzigjähriger - der gerade eben zum Glauben gekommen ist - dieses Gebet sprechen würde, dann wäre es ziemlich sicher aufgesetzt und nicht authentisch!
Mein persönlicher Eindruck ist, dass dies etwas ist, in das Gott uns hineinführt, wenn die Zeit dazu reif ist und wenn wir im Vertrauen gewachsen sind. Ich glaube nicht, dass wir uns selbst kasteien müssen, um diesen Prozess zu forcieren. Da Gott das Wachstum schenkt, bestimmt auch Er die Geschwindigkeit unseres Wachstums und nicht wir selbst. Die richtige Einstellung in dieser Sache lautet vermutlich in den meisten Fällen wie folgt:

“Wir lernen Gott kennen und freuen uns über Seine wunderbare Liebe, dann schauen wir Ihn an, indem wir Sein Wesen aus der Bibel erkennen, dann lernen wir immer mehr, Ihm zu vertrauen und Gefallen an Seinen Wegen mit uns zu haben (Spr 23:26). Wenn wir dann durch irgendwelche Umstände in die Schwachheit hineinkommen, dann dürfen wir weiterhin an Seinen Wegen Gefallen haben, weil wir dann Schritt für Schritt lernen dürfen, wie die Kraft Gottes in uns zur Vollendung kommt!“

Wer sich diesen Lernprozess von Anfang an herbeisehnt, läuft Gefahr, völlig überfordert zu werden. Ein Erstklässler kann schließlich auch nicht direkt an die Uni! Wir müssen diesen Prozess des Schwachwerdens nicht herbeiwünschen, aber wenn er dann beginnt, dürfen wir uns darin üben, dafür ein „JA“ zu haben.
Derjenige, der dann das Geheimnis der Kraft Gottes so richtig entdeckt hat (ich selbst bin noch nicht so weit), der kann dann auch wie Paulus sagen:

  • 2Kor 12:10 - Deshalb habe ich Wohlgefallen an Schwachheiten, an Misshandlungen, an Nöten, an Verfolgungen, an Ängsten um Christi willen; denn wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.

Doch bis es so weit ist, vergehen meist Jahre oder Jahrzehnte.

Wo liegen die Motive Gottes für diese Realität?

Wenn wir erkennen, dass die Kraft Gottes in der Schwachheit zur Vollendung kommt, könnten wir uns fragen, warum Gott das so gemacht hat, und wir könnten uns fragen, was die Motive Gottes für diese Gesetzmäßigkeit waren. Ich glaube, dafür gibt es mehrere Gründe. Einige davon möchte ich näher anschauen.

Starke Menschen lernen nicht, sich vom Geist Gottes leiten zu lassen

Als gefallene Menschen aus Fleisch und Blut sind wir total anfällig für alle möglichen Versuchungen Satans. Die frommen Menschen bemühen sich häufig um Perfektion und auch darum, „rein“, „heilig“ und „vollkommen“ zu werden. Sie strengen sich an, alles „richtig“ zu machen, und wenn sie es einmal richtig gemacht haben, dann meinen sie, sie müssten es beim nächsten Mal wieder genauso machen, damit es wieder richtig ist. Und genau dann ist es aber falsch.
Jesus hat sich über den römischen Hauptmann erbarmt, der offensichtlich nicht zum Volk der Juden gehörte (Lk 7:5), ohne die Bemerkung zu machen, „es ist nicht schön, das Brot der Kinder zu nehmen und den Hunden hinzuwerfen“ (Mt 15:26). Sowohl die Frau aus Mt 15 als auch der Hauptmann aus Lk 7 gehörten nicht zum Volk Gottes. Wie soll man nun mit gesetzlichen Regeln definieren, wann die Bemerkung aus Mt 15:26 angebracht ist und wann nicht? Auch wenn man dazu zehn Din-A4-Seiten mit Paragrafen vollschreiben würde, wäre immer noch nicht ganz klar, in welcher Situation diese Bemerkung nun richtig und in welcher sie falsch wäre.
Gesetze ersetzen nie und nimmer die Führung durch den Heiligen Geist. Aber der menschliche (fromme) Verstand, der unabhängig vom Geist Gottes agieren möchte, kann sich nur an Regeln und Gesetzmäßigkeiten aus menschlichen Erfahrungen orientieren und macht somit aus der Sicht Gottes einen Fehler nach dem anderen, weil jede neue Situation eine Situation mit anderen „Vorzeichen“ ist. Wenn etwas einmal richtig war, dann heißt das nicht automatisch, dass es das nächste Mal auch richtig sein muss. Ein Mensch, der sich immer nach einem liebenden Vater gesehnt hat, braucht vielleicht eines Tages genau die Zusage, dass Gott ein vollkommen liebender Vater ist. Für eine junge Frau, die seit Jahren bis dato von ihrem Vater sexuell missbraucht wird, könnte eine solche Aussage zu einer zusätzlichen seelischen Katastrophe führen. (Nebenbei bemerkt: Das ist der ganz große Irrtum vieler Juristen, dass sie immer noch der Meinung sind, „wenn die Gesetze und Paragrafen optimal formuliert sind, dann haben wir endlich die Grundlage, um in Ruhe und Frieden zusammenleben zu können, dann kann die Ungerechtigkeit endlich beseitigt werden usw.“ Doch bleibender Friede kehrt erst dann ein, wenn jedes Herz von der uneigennützigen Liebe Gottes geprägt sein wird.)
Noch einmal: Wer, wann, welche Aussage oder welches Handeln wirklich braucht, kann uns nur der Geist Gottes zeigen! Der Geist Gottes flüstert uns in der Regel allerdings nicht die Worte ins Ohr, die wir sagen sollen, sondern Er gibt uns die richtigen Gedanken, wenn wir in einer lebendigen Beziehung mit Jesus Christus leben und wenn wir aus der Abhängigkeit von Ihm leben.
Somit kommen wir zu dem entscheidenden Punkt. Intellektuell starke Menschen wollen in der Regel nicht aus der Abhängigkeit heraus leben. Sie wollen ihr Leben „im Griff“ haben; sie wollen möglichst alles in ihrem Leben selbst kontrollieren. Sie denken: „Ich kann nur mir selbst vertrauen!“ Ihre Erfahrung, die bisher meistens von Erfolg gekennzeichnet ist, gibt ihnen in dieser Haltung noch zusätzlich recht! Diese Stellung und diesen Status, den sie sehr genießen, wollen sie nicht freiwillig abgeben, wie das auch aus dem Verhalten des reichen Mannes ersichtlich wird (Mt 19:21-22. Man beachte, dass dieser Mann nicht nur in materieller Hinsicht reich war, sondern auch in seinem Ansehen, weil er die Gebote einhielt). Welcher starke und reiche Mensch gibt freiwillig alles auf, um ganz aus der Abhängigkeit von Gott zu leben. Es sind ganz wenige und diejenigen, die es gemacht haben, standen in der Gefahr, sich zu überheben. Die Wahrscheinlichkeit ist dann sehr groß, dass sie sich besser dünken als andere. Sehr schnell kommt es dann auch zu einer Geringschätzung anderer Menschen, die meist mit einer Verachtung einhergeht.

Bewahrung vor Überheblichkeit

Wie wir gesehen haben, bewahrt uns Schwachheit vor der Überheblichkeit. Gerade dann, wenn man ein besonderes Werkzeug in der Hand Gottes sein darf, ist diese Gefahr sehr groß! Menschen, die es in ihrer Frömmigkeit scheinbar „viel weiter gebracht haben“ als andere, denken bald einmal, etwas Besseres zu sein. Das kommt oft sehr schleichend, ohne dass es der Betroffene anfänglich selbst bemerkt. Als ehemaliger Verfolger der Gemeinde Gottes hätte Paulus allen Grund gehabt, ein Leben lang demütig zu bleiben. Aber als Mensch aus Fleisch und Blut, der ein ganz wunderbares Werkzeug in der Hand Gottes war, stand auch er in der Gefahr, sich zu überheben! Warum sonst müsste er schreiben:

  • 2Kor 12:6-7 - Denn wenn ich mich rühmen will, werde ich doch nicht töricht sein, denn ich werde die Wahrheit sagen. Ich enthalte mich aber dessen, damit nicht jemand höher von mir denke, als was er an mir sieht oder was er von mir hört, 7 auch wegen des Außerordentlichen der Offenbarungen. Darum, damit ich mich nicht überhebe, wurde mir ein Dorn für das Fleisch gegeben, ein Engel Satans, dass er mich mit Fäusten schlage, damit ich mich nicht überhebe.

Selbst Paulus mit seiner „dunklen Vergangenheit“ stand in der Gefahr der Überheblichkeit. Kein Mensch aus Fleisch und Blut, der von jeglichen Bedrängnissen verschont bleibt und gleichzeitig ein Werkzeug der Gnade Gottes sein darf, kann auf Dauer wirklich demütig bleiben! Jesus Christus war nur deswegen immer absolut demütig, weil Er vom Heiligen Geist gezeugt wurde. Dadurch hat sich nie auch nur ein einziger Gedanke des Hochmuts in Ihm breitgemacht. Er war von Anfang bis Ende absolut demütig, nicht zuletzt auch deshalb, weil Er immer nur Seinen himmlischen Vater vor Augen hatte.
Jeder Gläubige, der meint, es brauche auf unserem irdischen Lebensweg keine Not und keine Schwachheit, hat noch keine göttliche Erkenntnis und er hat noch nicht verstanden, dass wir nur dann ein Gott wohlgefälliges Leben führen können, wenn wir es aus der Abhängigkeit von unserem Herrn Jesus heraus führen.
Jeglicher Hochmut basiert letztendlich auf dem diabolischen Irrtum, etwas Wesenhaftes und somit Bleibendes - ohne die von Gott geschenkten Begabungen und Voraussetzungen - bewirkt zu haben. Selbst die vergänglichen Dinge konnten wir nur deshalb tun, weil uns Gott die entsprechenden Begabungen in „die Wiege gelegt“ hat und weil Er uns in das passende Umfeld gestellt hat. Was für Häuserpläne hätte ich je zeichnen können, wenn ich als blindes Kind in einem indischen Slum zur Welt gekommen wäre? Bin ich besser oder bin ich mehr wert als ein solches Kind, nur weil ich ein paar schöne Pläne gezeichnet habe? Es wäre auch möglich, dass ich ein muslimischer Selbstmordattentäter geworden wäre, wenn ich in der entsprechenden Familie und unter der entsprechenden Lehre aufgewachsen wäre. Auch wenn ich die Selbstmordattentate aufs Schärfste verurteile, so fühle ich mich doch nicht besser als ein Selbstmordattentäter. Dass ich kein Selbstmordattentäter bin, ist letztlich nur ein Geschenk der Gnade Gottes!

Die Erkenntnis, ganz von Jesus abhängig zu sein

Wenn Jesus auf der Erde von Seinem Vater abhängig war, wie viel mehr sind auch wir von Ihm abhängig. Darum bezeugt auch Jesus:

  • Joh 5:19 - Da antwortete Jesus und sprach zu ihnen: Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Der Sohn kann nichts von sich selbst tun, außer was er den Vater tun sieht; denn was der tut, das tut ebenso auch der Sohn.
  • Joh 8:28 - Da sprach Jesus zu ihnen: Wenn ihr den Sohn des Menschen erhöht haben werdet, dann werdet ihr erkennen, dass ich es bin und dass ich nichts von mir selbst tue, sondern wie der Vater mich gelehrt hat, das rede ich.

Diese Stellen zeigen uns die Abhängigkeit Jesu von Seinem himmlischen Vater. Jesus hat sich alles vom Vater zeigen lassen, Er hat sich alles geben lassen und hat sich immer dem Willen Seines Vaters untergeordnet. Er sah sich als derjenige, der alles von Seinem Vater bekam. Der Vater sorgte dafür, dass die Münze im Maul des geangelten Fisches war (Mt 17:27), und Er gab Ihm auch die Kraft, sechs Stunden am Kreuz hängen zu bleiben.
Unsere Abhängigkeit von Jesus wird besonders in Joh 15 deutlich:

  • Joh 15:4-5 - Bleibt in mir und ich in euch! Wie die Rebe nicht von sich selbst Frucht bringen kann, sie bleibe denn am Weinstock, so auch ihr nicht, ihr bleibt denn in mir. 5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht, denn getrennt von mir könnt ihr nichts tun.

Das Bewusstsein, dass wir ganz von Jesus abhängig sind, können wir vielleicht intellektuell bald einmal nachvollziehen, aber bis unsere Seele das auch wirklich ganz begriffen hat, braucht sie etliche Demütigungen und Rückschläge. Auch die zunehmende Schwachheit im Alter lehrt uns immer mehr, aus dieser Abhängigkeit zu leben. Das Wissen wird immer mehr zu einer Erkenntnis (zu einem Wissen, das sich mit unserem Leben eins gemacht hat).
Auch wenn uns das Abhängigsein grundsätzlich unsympathisch ist, so hat ein Leben aus der bewussten Abhängigkeit von Jesus eine ganz große Qualität, weil es uns eine köstliche Freude und einen wunderbaren Frieden vermittelt! Je mehr Erfahrungen wir diesbezüglich machen, desto mehr fühlen wir uns auch ganz sicher in den Armen unseres himmlischen Vaters! Diese Sicherheit ist größer als alle menschlichen Sicherheiten, die wir uns aufbauen könnten. Selbst ein Milliardenvermögen könnte uns nicht diese Sicherheit bieten, die wir in Gott haben dürfen, im Gegenteil; ein solches Vermögen würde es uns massiv erschweren, den Klauen Satans zu entkommen!

Bewahrung vor der Sünde und den Begierden

Schwachheiten und Nöte bewahren uns nicht nur vor Hochmut, sie helfen uns auch, mit der Sünde abzuschließen. Petrus macht darauf aufmerksam, wenn er schreibt:

  • 1Petr 4:1-2 - Da nun Christus im Fleisch gelitten hat, so wappnet auch ihr euch mit derselben Gesinnung - denn wer im Fleisch gelitten hat, hat mit der Sünde abgeschlossen -, 2 um die im Fleisch noch übrige Zeit nicht mehr den Begierden der Menschen, sondern dem Willen Gottes zu leben.

Das Leiden lehrt uns zu Gott zu schreien und von Ihm die Hilfe zu erwarten und es führt uns auch dazu, die Erfüllung des Lebens nicht mehr in den Begierden zu suchen. Es gibt viele Begierden! Wir müssen hier nicht nur an sexuelle Begierden denken. Wer den Kontext von Gal 5:16 näher anschaut, wird feststellen, dass auch die Gesetzlichkeit letztlich eine Begierde des Fleisches ist. In der praktizierten Gesetzlichkeit definiert man seinen Selbstwert über die Einhaltung des Gesetzes oder über die strenge Beachtung des ungeschriebenen Verhaltenskodexes der Ortsgemeinde. Wer sich so verhält, wie es die Freunde und Geschwister erwarten, der ist mit sich selbst zufrieden und genießt die Anerkennung seiner Mitmenschen, die er ja - wie er meint - schließlich verdient hat. Wer durch Gesetzlichkeit und anschauliche Frömmigkeit noch seine eigene Ehre statt die Ehre Gottes sucht, ist ebenfalls von den Begierden des Fleisches getrieben. Der schwache, ehrliche und vertrauende Mensch sucht die Ehre Gottes und wandelt dadurch im Geist.
Gemäß Eph 2:2-3 gehören auch der Ungehorsam und der Zorn zu den Begierden des Fleisches. In der Schwachheit sind wir auf die Hilfe Gottes angewiesen und das macht uns auch gehorsam, sofern wir unseren Herrn auch wirklich lieben. Wer den Herrn hasst, wird in der Schwachheit bitter und noch zorniger. Diese Menschen verhärten sich und durch ihr unbußfertiges Herz häufen sie sich selbst Zorn auf für den Tag des Zorns und der Offenbarung des gerechten Gerichtes Gottes (Röm 2:5).
Was uns die Bibel noch weiter im Zusammenhang mit den Begierden mitteilt:

  1. Wer in den Begierden wandelt, wandelt auch nicht in der Wahrheit (Joh 8:44).
  2. Die sexuelle Begierde (Röm 1:24).
  3. Parallel zu den Begierden werden auch oft der Neid und die Bosheit praktiziert (Tit 3:3).
  4. Mit ihr gehen auch stolze Worte einher (Jud 1:16).

Weil die Begierden uns ins Verderben stürzen und uns der Herr vor dem Verderben bewahren will, führt Er uns unter anderem auch in die Schwachheit.

Bedrängnisse bewirken Ausharren und Bewährung

Bedrängnisse, zu denen auch die Schwachheit gehört, bewirken in uns ein Ausharren und dieses Ausharren ist für die Vollendung unseres Glaubens sehr wichtig. Paulus schreibt dazu:

  • Röm 5:3-5 - Nicht allein aber das, sondern wir rühmen uns auch in den Bedrängnissen, da wir wissen, dass die Bedrängnis Ausharren bewirkt, 4 das Ausharren aber Bewährung, die Bewährung aber Hoffnung; 5 die Hoffnung aber lässt nicht zuschanden werden, denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist, der uns gegeben worden ist.

Es soll in unserem Glaubensleben auch zu einer Bewährung kommen, die eine untrügliche Erwartung zur Folge hat. Letztlich ist es die Erwartung, in das Bild Jesu Christi verwandelt zu werden (2Kor 3:18) und mit dem Gott der Liebe vereint, die Ewigkeit zu verbringen (1Thes 4:17)!
Wir sehen also, dass die Schwachheiten in uns ein Ausharren bewirken und dieses Ausharren dann auch die Bewährung.

Das Geheimnis der Gotteskraft

Die Kraft Gottes ist ein Geheimnis. Fast alle Gläubigen wünschen sich, die Kraft Gottes ganz persönlich zu erleben. Darum suchen viele auch nach dieser nie endenden und alles überwindenden Kraft! Aber kaum einer kommt auf die „menschlich irrige“ Idee, diese Kraft in der persönlichen Schwachheit zu finden! Gott hat Seine Kraft da versteckt, wo wir sie am allerwenigsten vermuten! Er legt sie da hinein, wo wir schwach geworden sind! Warum? Weil hier der Kraft Gottes am wenigsten im Wege steht! Ein Bach und ein Fluss fließen da lang, wo sie den geringsten Widerstand haben. Die Kraft Gottes will nicht da fließen, wo ein Mensch noch von Stolz und Eigendünkel geprägt ist. Der stolze Mensch kann eine Pyramide bauen, die von allen über Jahrtausende bewundert wird, aber er kann nichts bewirken, das Ewigkeitswert hätte, weil er es selbst gemacht hat und nicht die Kraft Gottes in sich wirken ließ.
Ein gedemütigter und schwacher Mensch, der sich in die Wahrheit begibt und dadurch auch ganz wahr wird, lernt nur noch die Ehre Gottes zu suchen und dadurch öffnet er sich der Kraft Gottes! Jetzt kann die Kraft Gottes durch ihn fließen und würde er sogar einen Toten auferwecken, er würde keine Ehre für sich beanspruchen, sondern in allem nur Gott die Ehre geben. Für Gott ist etwas ganz entscheidend:

  • 1Kor 1:27-29 - sondern das Törichte der Welt hat Gott auserwählt, damit er die Weisen zuschanden mache; und das Schwache der Welt hat Gott auserwählt, damit er das Starke zuschanden mache. 28 Und das Unedle der Welt und das Verachtete hat Gott auserwählt, das, was nicht ist, damit er das, was ist, zunichte mache, 29 dass sich vor Gott kein Fleisch rühme.

Vielleicht fragt man sich an dieser Stelle, weshalb es für Gott so wichtig ist, dass sich vor Ihm kein Fleisch rühmt? Ganz einfach: „Wer sich vor Gott rühmt, ist nicht in der Wahrheit, weil er dadurch Gott indirekt zu verstehen gibt, dass er etwas ohne Ihn geschafft hat!“ So etwas ist eine ganz große Torheit, denn wer hat uns gemacht, wer hat uns als denkende Wesen erschaffen, wer hat uns Augen gegeben, damit wir sehen, und Ohren, damit wir hören können? Wer hat uns die Hände gegeben, damit wir einen Schraubenzieher halten können, und wer hat unsere Füße geschaffen, damit wir uns fortbewegen können? Gott hat uns alles gegeben und wir kommen auf den unglaublich dummen Gedanken, uns vor Gott zu rühmen! Es ist genau die gleiche Torheit, wie wenn wir darauf stolz wären, ein von Natur aus schönes Gesicht zu haben, das doch Gott im Mutterleib gestaltet hat (Ps 139:13-14).
Wo wir stolz und hochmütig sind, zieht sich die Kraft Gottes zurück, weil wir unsere eigene Ehre suchen. Da, wo wir aber schwach und elend geworden sind und wo wir unserem Gott alles zutrauen, da fließt Seine unerschöpfliche Kraft. Allerdings oft ganz anders, als wir denken.

Ich werde an eine Begebenheit erinnert, wo ich etwa 17 oder 18 Jahre alt war. Als Jugendgruppe besuchten wir eine schwer krebskranke Frau, um ihr einige Lieder vorzusingen. Ihr Aussehen war schon sehr stark von der Krankheit gezeichnet und das war für uns junge Menschen ein etwas erschütternder Anblick. Aber diese Frau strahlte eine Freude und einen Frieden aus, der uns tief beeindruckte! Wie konnte man in einem solch elenden Zustand Freude und Frieden ausstrahlen, wo man doch nur noch den Schmerz und das Sterben vor sich hatte? Diese Frau sah etwas anderes vor sich! Sie erwartete die zukünftige Herrlichkeit und das löste in ihr eine Freude aus und sie spürte die Gegenwart Gottes in ihrem Zustand. An diesem Krankenbett war ich wohl das erste Mal von der Kraft Gottes in der menschlichen Schwachheit beeindruckt. Ich habe dieses Erlebnis nie mehr vergessen und heute ist mir klar, dass hier die Kraft Gottes mehr bewirkte als bei vielen anderen spektakulären Ereignissen.

Wenn wir schwach werden, dürfen wir darauf vertrauen, dass die Kraft Gottes mächtig in uns wirkt, wenn auch nicht so, wie wir uns das vielleicht vorgestellt haben. Vielleicht merken wir Sein mächtiges Wirken in uns nicht einmal, aber Er wird es uns dann einmal offenbaren.
Musste auch Elia diese Lektion lernen, als er am Berg Horeb war? Da war Gott auch nicht in den spektakulär starken Dingen, sondern in etwas ganz anderem:

  • 1Kö 19:11-12 - Da sprach er: Geh hinaus und stell dich auf den Berg vor den HERRN! Und siehe, der HERR ging vorüber. Da kam ein Wind, groß und stark, der die Berge zerriss und die Felsen zerschmetterte, vor dem HERRN her; der HERR aber war nicht in dem Wind. Und nach dem Wind ein Erdbeben; der HERR aber war nicht in dem Erdbeben. 12 Und nach dem Erdbeben ein Feuer, der HERR aber war nicht in dem Feuer. Und nach dem Feuer der Ton eines leisen Wehens.

Verbarg sich hier Gott auch in dem unscheinbaren, unauffälligen und leisen Säuseln des Windes (o. „die Stimme einer dünnen Stille“)? Es sieht ganz danach aus!
Suchen wir doch Gottes Kraft nicht in unserer Stärke – da werden wir sie nämlich nicht finden – sondern in unserer Schwachheit!


Stichworte: §Kraft, §Schwachheit