Gott redet durch den Geist

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Abschrift des Buches: Heilsgeschichtliche Entfaltung im Neuen Testament
Verfasser: E. W. Bullinger (1874)

Herausgeber:
Manfred Mössinger, 76307 Karlsbad, Eigenverlag (1993)
In englischer Sprache:
The Foundation of Dispensational Truth

Weitere Bücher unter: Abschriften

Kapitel davor:
IV. Bereiche der zukünftigen Herrlichkeit

V. Gott redet durch den Geist der Wahrheit

"Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, wird er euch in alle Wahrheit leiten" (Joh 16:13).

Die einleitenden Worte des Briefs an die Hebräer erzählen uns von der wunderbaren Tatsache, dass Gott "vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise" geredet hat. Gemeint ist das Reden

durch die Propheten,
durch den Sohn,
durch die, die es gehört haben.

Aber wir wollen jetzt betrachten, wann und wie er zum letzten Mal redete, und wo wir diese Worte finden. Es wird gut sein, wenn wir zunächst festhalten, zu wem dieses Reden Gottes geschah. Wir werden darüber nicht im Zweifel gelassen, denn in Hebr 1:1 wird uns klar gesagt, "zu den Vätern." Das heißt, zu Hebräern; seit damals, als er zu Abraham redete. Zu ihnen redete er durch die Propheten; aber sie (die Väter) hörten nicht auf ihn. Zu demselben hebräischen Volk redete er "durch den Sohn." Er kam in sein Eigentum; aber die Seinen nahmen ihn nicht auf. Zu denselben "Männern von Juda" und "Männern von Israel" (Apg 2:14.22) und zu dem ganzen "Haus Israel“ (Apg 2:36) redete er "durch die, die es gehört haben" - was der Sohn gesagt hatte (Hebr 2:3). In Apg 2 ist es Petrus, durch den Gott redet. Petrus hatte gehört, was der Herr "von Anfang an" (Joh 15:27) gesagt hatte, und er führte fort, was der Herr begonnen hatte, und forderte zur Buße auf, "denn euch und euren Kindern gilt diese Verheißung, und allen, die fern sind..." (den Zerstreuten Israels).

Die ganze Apostelgeschichte berichtet die Worte derer, "die es gehört haben," was der Herr geredet hatte, und ihre Worte richteten sich an Hebräer vom Hause Israel; denn die Weissagung aus Jes 6:9.10 war noch nicht erfüllt, und die neuerliche Verkündigung des Königreichs durch Petrus in Apg 3:19-26 war noch nicht abgelehnt; noch stand alles offen.

Als Jesaja zuerst diese ernste Weissagung von der Blindheit als Gericht hörte, fragte er sofort: "Herr, wie lange?" (Jes 6:10.11). Die Antwort an Jesaja sollte man sorgfältig studieren, denn die Frage bezog sich auf Zeit und Stunde. Die gleiche Frage erhebt sich natürlich bei allen, die es angeht.

Als der Herr mit den Aposteln "vom Reich Gottes" sprach (Apg 1:3) fragten sie sofort: "Herr, wirst du IN DIESER ZEIT wieder aufrichten das Reich für Israel?" (Apg 1:6). Er muss von diesem Königreich Israels als Bestandteil des weiteren und größeren Bereichs von Gottes Herrschaft, die "das Reich Gottes" genannt wird, gesprochen haben (Apg 1:3).

Der Herr antwortete deshalb: "Es gebührt euch nicht, Zeit oder Stunde zu wissen, die der Vater in seiner Macht bestimmt hat; aber ihr werdet die Kraft (das ist die 'Kraft aus der Höhe' in Lk 24:49) des Heiligen Geistes empfangen, der auf euch kommen wird, und WERDET MEINE ZEUGEN SEIN (das ist die Lesart in allen besten Manuskripten) in Jerusalem und in ganz Judäa und Samarien und bis an das Ende der Erde." Für dieses Zeugnis brauchten und erhielten die Apostel göttliche Kraft und Macht.

In und mit dieser Kraft haben sie, die es gehört hatten, bekräftigt und bezeugt, "was seinen Anfang nahm mit der Predigt des Herrn" (Hebr 2:3). "Uns" (Hebräern; Lu.: 'bei uns') gab Gott Zeugnis (zusammen mit ihnen) durch Zeichen, Wunder und mancherlei Taten und geistliche Gaben (Hebr 2:4).

Johannes der Täufer verkündet

Dieses "große Heil" war das gleiche, das Johannes der Täufer verkündete. Es war das Thema seines Vaters Zacharias, als er, von pneuma hagion (oder Kraft aus der Höhe) erfüllt, prophezeite:

"Gelobt sei der Herr, der Gott Israels! Denn er hat besucht und erlöst sein Volk und hat uns aufgerichtet eine Macht des Heils im Hause seines Dieners David" (Lk 1:68.69).

Der Messias war dieses "große Heil," aus Davids Samen entsprossen Sohn Davids und Herr, zugleich "die Wurzel und das Geschlecht Davids" (Offb 2:16).

Und von Johannes dem Täufer sagte Zacharias:

"Und du, Kindlein, wirst ein Prophet des Höchsten heißen.

Denn du wirst dem Herrn vorangehen, dass du seinen Weg bereitest,

und Erkenntnis des Heils gebest seinem Volk in der Vergebung ihrer Sünden" (Lk 1:76.77).

Gott hatte davon bereits gesprochen, durch die Propheten seit alters, durch Johannes den Täufer und durch den Sohn. Seinem Volk Israel war es gesagt und angekündigt. Deshalb ist die Frage sehr nahliegend: "Wie wollen wir (Hebräer) entrinnen, wenn wir ein so großes Heil nicht achten" (Hebr 2:3) von dem der Herr zu uns geredet hat?

Die Frage wird in Hebr 10:28.29 wiederholt: "Wenn jemand das Gesetz des Mose bricht, muss er sterben ohne Erbarmen auf zwei oder drei Zeugen hin. Eine wieviel härtere Strafe, meint ihr, wird der verdienen, der den Sohn Gottes mit Füßen tritt und das Blut des Bundes für unrein hält, durch das er doch geheiligt wurde, und den Geist der Gnade schmäht?"

Petrus verkündet dem Haus Israel

Diese ernste Warnung klingt ganz entsprechend und bleibt im gleichen Zusammenhang. Es ist genau das, was Petrus dem "ganzen Haus Israel" (Apg 2:36) sagte. "Auch mit vielen anderen Worten bezeugte er das und ermahnte sie und sprach: Lasst euch erretten von diesem verkehrten (griech.: skalios; zur Bedeutung dieses Wortes vgl. 5Mo 32:5; Phil 2:15) Geschlecht," also von der Generation, die schuldig war, das Blut des Messias vergossen und seine Erlösung verschmäht zu haben.

Wir finden diese Warnung noch einmal in Hebr 12:25: "Seht zu, dass ihr den nicht abweist, der da redet. Denn wenn jene nicht entronnen sind, die den abwiesen, der auf Erden redete, wieviel weniger werden wir entrinnen, wenn wir den abweisen, der vom Himmel redet."

Wir haben über diesen Punkt bereits ausführlich gesprochen, um es völlig klar zu machen, dass die heilsgeschichtliche Phase der Apostelgeschichte nicht die jetzige Phase des Geheimnisses ist, in der uns der Geist der Wahrheit selber durch das Wort der Wahrheit leitet.

Wie viele Gläubige quälen sich mit diesen hier zitierten Schriftstellen Hebr 10:28.29 und Hebr 12:25, weil sie die Zeit nicht richtig teilen, in der sie gesprochen wurden, und die Personen, an die sie gerichtet waren. In diesem Zusammenhang müssen wir noch Hebr 6:1-8 hinzufügen, wo diese Hebräer ermahnt werden, den Anfang (arche) der Lehre über Christus zu lassen ohne die Grundlage umzureißen, die richtig und wahrhaftig für die damalige Zeit gelegt worden war, aber sie dahinten lassend, an dem Platz, wohin sie gehört, und voranzuschreiten: "Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich aus nach dem, was da vorne ist und jage nach dem vorgesteckten Ziel, dem Siegespreis der himmlischen Berufung in Christus Jesus" (Phil 3:13.14).

Diese "Grundlage", die anfangs gelegt wurde (das Wort arche in Hebr 2:3 "Anfang," ist dasselbe wie "Anfang" in Hebr 6:1), darf nicht umgerissen werden, sonst würden wir nicht verstehen, was für ein Unterschied besteht zwischen dem, was der Herr während seines Wirkens sagen konnte, und was er nicht sagen konnte, weil die Zeit dafür noch nicht gekommen war.

Diese Dinge, die zur Zeit des "Vollkommenen" gehörten, konnten nicht offenbart werden, bevor das Stückwerk abgetan war; bevor die geistlichen Gaben, die richtig in diese Phase gehörten, geendet hatten und "abgetan" waren.

Paulus wendet sich von den Juden ab

Die Frage, die jetzt noch zu beantworten bleibt, wird leicht verstanden werden, wenn wir sehen, dass die Verkündigung durch Petrus (Apg 3:19-27), von dem König, der bereit ist zu kommen, und von dem Königreich, das bereit ist, errichtet zu werden, zunächst von Israel im Land abgelehnt worden war, und dann von der Diaspora in Rom endgültig abgewiesen wurde, als es durch Paulus in Apg 28:17-28 zur Entscheidung kam.

Einmal und später noch einmal hatte sich Paulus von den Juden weg und mit seinem Zeugnis an die Heiden gewandt, die mit Israel gesegnet wurden, wie Gott es ursprünglich Abraham verheißen hatte (1Mo 12:3); aber das war rein lokal und bei vorübergehenden Gelegenheiten; denn Paulus wandte sich dann gleich wieder an die Juden.

Aber in Apg 28 war es formell und endgültig. Die große heilsgeschichtliche Prophetie von Jes 6 war endgültig erfüllt, und nun, aber nicht vorher, konnte er sagen:

"So sei es euch kundgetan, dass den Heiden dies Heil Gottes gesandt ist; und sie werden es hören. Und als er das gesagt hatte, gingen die Juden weg und stritten heftig untereinander" (Apg 28:28.29)

*Apg 28:29 wird als Randbemerkung eines Schreibers betrachtet, die in den Text einiger Manuskripte geraten sei. Er ist in den älteren Codices, in den griechischen Texten von Lachmann, Tischendorf, Tregelles, Westcott und Hort sowie der R.V. nicht enthalten. Wenn die Worte nicht inspirierte Schrift sind, berichten sie doch eine Wahrheit; denn sie blieben und sind noch heute in der Zerstreuung und ihre Einstellung hat sich nicht geändert).

Als die heilsgeschichtliche Phase der Apostelgeschichte beendet war, war die Zeit für die Erfüllung der Verheißung unseres Herrn in Joh 16:13 gekommen: und nun ist die Frage: Wie wurde sie vom Geist der Wahrheit erfüllt?

Wir haben gesehen, dass sie bis heute nicht erfüllt wurde als Leiten von Individuen in das, was man "Wahrheit" nennt, denn man sieht an verschiedenen Personen das genaue Gegenteil. Nein! Er hat uns alle in die gegenwärtige Phase geleitet, in die "Schriften der Wahrheit." Er hat veranlasst, dass all die Wahrheit geschrieben wurde, dass die Worte, die Gott durch die Propheten und durch seinen Sohn redete, geschrieben wurden. Zu uns kommt die Wahrheit nicht mündlich oder durch Überlieferung, sondern geschrieben (deshalb hat Paulus zuletzt Timotheus eingeschärft, ihm "die Pergamente" zu bringen; "besonders die Pergamente" schrieb er 2Tim 4:13). Das Geheimnis wurde durch die "Schriften der Propheten" (griech.: = graphon prophetikon, übersetzt mit "Schriften der Propheten," aber das Wort ist ein Adjektiv, kein Substantiv) bekanntgemacht (Röm 16:26).

Diese Schriften, die der Geist der Wahrheit gegeben hat, sind vollständig. Nichts darf mehr hinzugefügt werden. Wenn uns irgendetwas vor Augen kommt, das angeblich eine spätere zusätzliche Offenbarung sein soll, müssen wir es sofort zurückweisen. Wir dürfen keine Nachsicht damit üben. Wir müssen sagen "anathema" (Gal 1:8), ob es Joe Smith ist oder Swedenborg, "Die fliegende Schriftrolle" oder ein angeblicher Christ, der sich von bösen Geistern täuschen lässt, der "Falschmünzerei" oder "automatisches Schreiben" anwendet, um satanische Lehren bei uns einzuschmuggeln. Wir dürfen uns mit ihnen überhaupt nicht einlassen. Es ist eine tödliche Gefahr, die jene bedroht, die "schwach im Glauben" sind (oder im Verstand), und unsere Korrespondenz zeigt uns, dass es viele davon gibt.

Nein! Wir haben ALLES, was der "Geist der Wahrheit" uns in den "Schriften der Wahrheit" geschrieben hat. Nur dort müssen wir die spezielle Wahrheit suchen, die Dinge über Christus, die Dinge, die Christus auf der Erde nicht sagen konnte, die uns aber nun offenbart sind, wie er es uns verheißen hat.

Lies weiter:
VI. Gott redet durch Paulus