Gott hat geredet

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Abschrift des Buches: Heilsgeschichtliche Entfaltung im Neuen Testament
Verfasser: E. W. Bullinger (1874)
Herausgeber:
Manfred Mössinger, 76307 Karlsbad, Eigenverlag (1993)

In englischer Sprache:
The Foundation of Dispensational Truth

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Inhaltsverzeichnis des Buches

I. Gott hat geredet

Hebr 1:1

Unsere erste Aufgabe soll es sein, einen Überblick über das ganze Thema zu geben, weil die Tatsache, dass Jahwe zu Menschen redet, die wichtigste Tatsache der Welt ist.

Hebr 1:1-2 macht zwei Aussagen über das Reden Gottes, nämlich vielfach und auf vielerlei Weise. Dieses Reden Gottes muß richtig eingeteilt werden, wenn wir das Wort der Wahrheit recht verstehen wollen (2Tim 2:15).

Wir werden das ohne Schwierigkeiten tun können, wenn wir aufmerksam sind und von der Voraussetzung ausgehen, dass Gottes Worte ebenso vollkommen sind wie Seine Werke (Ps 111:2). Wir brauchen nichts weiter zu tun, als sie aufzuschlagen und zu sehen, was geschrieben steht. Wir werden erkennen, dass es dabei sechs Phasen gibt, deren Anordnung ihre Vollkommenheit zeigt:

1. Vielfach und auf vielerlei Weise

Phase 1

Von der Erschaffung des Menschen an sprach Jahwe selber und direkt zu einzelnen, bestimmten Menschen, ohne einen menschlichen Mittler oder Überbringer; zuerst zu Adam und dann weiter zu Abel und Kain, Henoch, Noah, Abraham und anderen Patriarchen bis zur Berufung des Mose am brennenden Busch (2Mo 3:10). Zu dieser ersten Phase gehört das erste Buch Mose.

Phase 2

Seit der Berufung des Mose am brennenden Busch, die sich von der Entstehung Israels als Volk herleitet (2Mo 1), sprach Jahwe durch menschliche Vermittlung zu den Vätern des hebräischen Volkes. Mose war der erste in der Reihe von Propheten, durch die Jahwe sprach, und der letzte war Johannes der Täufer, der größte von ihnen allen (Mt 11:11).

Maleachi, der letzte Prophet im Alten Testament, endet mit der Verheißung bald wird kommen... der Engel des Bundes, der Messias, (gemeint ist der Neue Bund, den Jahwe durch den Messias schließen werde), und mit der Ankündigung des "Boten, der den Weg bereiten soll" (Mal 3:1). Der Bote sollte kein anderer sein als der Prophet Elia (Mal 3:23) denn der war nie gestorben, sondern war in den Himmel entrückt, in sicherer Geborgenheit, und bereit, Seine Botschaft auszurichten.

Bemerkenswert ist, dass hier, in Mal 3:22-23, Mose und Elia, der erste und der letzte der alttestamentlichen Propheten, miteinander verknüpft werden. Johannes der Täufer wurde gesandt im Geist und in der Kraft Elias (Lk 1:17). Wäre er angenommen worden, dann wäre er auch als Elia selbst angesehen worden (Mt 11:14). Mit dem Tode Johannes des Täufers endet die Zeit, in der Gott durch die Propheten sprach. Zu dieser zweiten Phase gehören die Bücher von 2. Mose bis Maleachi, dazu Mt 1:1-3:12.

Phase 3

Von hier an redete Gott "durch Seinen Sohn" (Hebr 1:2). Es war weiterhin Gottes Reden, denn der Sohn sagte nicht Seine eigenen Worte, sondern die des Vaters, der ihn gesandt hatte (vgl. 5Mo 18:18-19; Joh 7:16; Joh 8:28; Joh 8:46-47; Joh 12:49; Joh 14:10; Joh 14:24; Joh 17:8). Sein Dienst begann mit der dreifachen Erklärung: "Es steht geschrieben" (Mt 4:4.7.10), und endete ebenfalls mit drei Aussagen über Ursprung und Wahrheit des Wortes Gottes (Joh 17:8.14.17) ). Zu dieser dritten Phase gehören die vier Evangelien.

Phase 4

Von der Himmelfahrt unseres Herrn an bis zur endgültigen Zurückweisung des wiederholten Rufes zur nationalen Buße durch Petrus (Apg 2:38; Apg 3:19-26), also bis zu Apg 28:25-28, sprach Gott "durch die, die es gehört haben" (Hebr 2:3). Diese "bekräftigten" nur, was "seinen Anfang nahm mit der Predigt des Herrn" und gingen nicht über das hinaus, was der Sohn selber gesagt hatte. Es wurde keine neue Offenbarung der Wahrheit gegeben, aber die bisherige bekräftigt. Der Heilige Geist bestätigte sie als Zeugen durch Wunder und Taten (Hebr 2:4), ganz so, wie der Sohn als Zeuge in die Welt gekommen war und Sein Zeugnis durch Zeichen und Wunder bekräftigt hatte. So hatten es die Propheten vorausgesagt. Zu dieser vierten Phase gehören die Apostelgeschichte, die "allgemeinen Briefe" (die in den besten und ältesten griechischen Manuskripten hinter den drei synoptischen Evangelien stehen, das Johannes-Evangelium folgt nach der Apostelgeschichte) und die Briefe von Paulus, die er in dieser Zeit, also vor Apg 28, geschrieben hat.

Phase 5

Nach dem Abschluss dieser vierten Phase spricht Gott wiederum direkt, durch "den Geist der Wahrheit", wie Christus es in Joh 16, verheißen hatte. Er spricht nicht "aus sich selber", sondern nur, was er vom Vater hört. (Denn der Vater hat alle diese Phasen in Seiner Verfügung) (Apg 1:7). Der Geist sprach in der Weise, dass Er Seine Worte in der Heiligen Schrift festhielt, in den 3 Handschriften von "Paulus, dem Gefangenen Jesu Christi". Da hielt er auch die kostbaren Lehren fest, die bisher verborgen waren und nicht bekannt gegeben werden konnten, bevor Christi Leiden, Sterben, Auferstehung und Himmelfahrt tatsächlich stattgefunden hatten; denn sie haben das alles zur Voraussetzung. Diese Lehren finden sich ausschließlich in den Briefen aus der Gefangenschaft (Epheser, Philipper und Kolosser), und hierher gehören auch die Briefe an Timotheus, Titus und Philemon (an Einzelpersonen gerichtet). Das ist die fünfte Phase.

Phase 6

Schließlich haben wir im Evangelisten Johannes nochmals einen Menschen als Übermittler. Sein Knecht, der "das Wort Gottes und das Zeugnis von Jesus Christus, alles, was er gesehen hat" schriftlich festhielt (Offb 1:1-2). Zu dieser sechsten Phase gehört die Offenbarung des Johannes.

Wir sind damit in der Lage, das "vielfach und auf vielerlei Weise" (Hebr 1:1) in sechs solchen Phasen abwechselnd wie folgt darzustellen:

Alle Phasen im Überblick

A1 - GÖTTLICH

Durch Jahwe selber, ohne menschliche Vermittlung, von Adam (1Mo 1:28) bis zur Berufung Moses (2Mo 3:10). Zu dieser Phase gehört das 1. Buch Mose.

B1 - MENSCHLICHE VERMITTLUNG

Durch die Propheten (Hebr 1:1), von der Berufung Moses (2Mo 3:10) bis zum Ende Johannes des Täufers (Mt 3:12 u. Mt 14:10-12). Zu dieser Phase gehört das 2. Buch Mose und das ganze Alte Testament, dazu noch Mt 1:1-3.12.

A2 - GÖTTLICH

Durch den Sohn (Hebr 1:2; vgl. 2Mo 18:18-19), vom Beginn (Mt 3:13) bis zum Ende des irdischen Wirkens Jesu, also bis zur Grablegung (Mt 27:66 und Par.). Zu dieser Phase gehören die vier Evangelien.

B2 - MENSCHLICHE VERMITTLUNG

Durch die, die es gehört haben, was der Sohn verkündet hat (Hebr 2:3-4). Die Zeitspanne umfasst Apg 1:1 bis Apg 28:25-28 Zu dieser Phase gehören die Apostelgeschichte, die allgemeinen Briefe und die Paulusbriefe, die in dieser Zeit geschrieben wurden.

A3 - GÖTTLICH

Vom Geist der Wahrheit (Joh 16:12-15) durch "Paulus, den Gefangenen Christi Jesu" (Eph 3:1-12 u. 2Tim 1:8). Zu dieser Phase gehören die Paulusbriefe aus der Gefangenschaft (Epheser, Philipper und Kolosser), außerdem noch 1. oder zumindest 2. Timotheus und Titus.

B3 - MENSCHLICHE VERMITTLUNG

Durch Seinen Knecht Johannes (Offb 1:1-2). Zu dieser Phase gehört die Offenbarung des Johannes.

Das sind diese sechs Phasen, die wir gefunden haben, und die der Hebräerbrief mit vielfach und auf vielerlei Weise bezeichnet. Immer ist es Gott, der zu den Menschen redet. Sechs ist die Zahl des Menschen, und das alles betrifft den Menschen. Von da ab hat Gott nie mehr zu Menschen gesprochen, weder direkt, selber, noch indirekt, durch menschliche Vermittler. Der Mensch hat jetzt Gottes Wort schriftlich und vollständig. Nichts darf davon abgetan oder hinzugefügt werden. Das Wort gilt für alle Menschen gleichermaßen, und jeder, der behauptet, eine Offenbarung erhalten zu haben, die angeblich von Gott käme, soll als "Anathema" (Bann, Fluch) gelten (Gal 1:6-9) (es hat solche angeblichen Offenbarungen gegeben und gibt es jetzt mehrfach. Wer so etwas behauptet, der irrt in seinem Denken oder steht unter dem Einfluß böser Geister).

In diesen sechs Phasen redete Gott seit alters, und seither haben wir tatsächlich das Schweigen Gottes, d. h. es gibt keine neuen Offenbarungen.

Aber da müsste es eigentlich noch eine siebente Weise geben. Gott müsste wiederum unabhängig von menschlicher Vermittlung reden. Er müsste vom Himmel her reden. (Ps 50:1 usw.). Das wird ein siebentes Mal sein und wird allem den Stempel der Vollkommenheit aufdrücken. Das vielfach und auf vielerlei Weise wird mit der Wiederkunft Jesu vollendet.

In den Kapiteln 1 und 2 des Hebräerbriefes haben wir den Schlüssel zu dem allen. Um zu zeigen, dass der Schlüssel perfekt ist, müssen wir jetzt nochmals diese beiden Kapitel betrachten. Sie zeigen und beweisen die gleiche Vollkommenheit, die sich in allen Werken Gottes erkennen lässt.

Das Fernrohr versagt, wenn wir alle entfernten Werke am Himmel in Augenschein nehmen möchten. Wir müssen uns vorher am Sternenhimmel auskennen und können dann erst das Rohr auf eine ausgewählte Stelle richten. Und das Mikroskop versagt vor der Fülle minutiöser Perfektion der Werke Gottes auf der Erde. All das können wir nicht in unser begrenztes menschliches Blickfeld rücken. Wir müssen erst den zu untersuchenden Gegenstand genau kennen, bevor es Sinn hat, ein Präparat unter das Objektiv zu legen.

So müssen wir auch hier zuerst die beiden Kapitel als Ganzes betrachten. Dann wird es uns besser möglich sein, das Mikroskop zu benutzen und etwas von ihrer unendlichen Vollkommenheit näher in Augenschein zu nehmen.

Die beiden Kapitel sind in vier Abschnitte unterteilt, die im Wechsel angeordnet sind; der erste und der dritte handeln von Gottes Reden, der zweite und der vierte von dem Sohn, durch den er redete.

A - Hebr 1:1-2a: Gottes Reden in der Vergangenheit durch die Propheten.
B - Hebr 1:2b-14: Der Sohn, durch den er redete, ist höher als die Engel (Hebr 1:4) und ist Gott (Hebr 1:8).
A - Hebr 2:1-4: Gott redete durch den Sohn in diesen letzten Tagen (die Predigt des Herrn).
B - Hebr 2:5-18: Der Sohn, durch den er sprach (Hebr 2:2), ist niedriger als die Engel (Hebr 2:7), ist Mensch (Hebr 2:6).

Dieser Aufbau erklärt sich selbst und ist der beste Kommentar zu diesen beiden Kapiteln als Ganzem, denn er zeigt uns deren Spannweite und Inhalt. Dadurch entdecken wir die Bedeutung der Worte und unser Blick wird auf die wesentlichsten Punkte gelenkt.

Zunächst bemerken wir, dass die vier Abschnitte in zwei Paaren abwechselnd angeordnet sind, mit gleichen Buchstaben bezeichnet (A und A bzw. B und B), so dass wir A und A zusammen lesen müssen (nach Hebr 1:2a weiter bei Hebr 2:1):

"Nachdem Gott vorzeiten vielfach und auf vielerlei Weise geredet hat zu den Vätern durch die Propheten, hat er in diesen letzten Tagen zu uns geredet durch den Sohn - Darum sollen wir desto mehr achten auf das Wort, das wir hören..."

In gleicher Weise müssen wir von B zu B weiterlesen (nach Hebr 1:14 weiter bei Hebr 2:5):

"Zu welchem Engel aber hat er jemals gesagt: 'Setze dich zu meiner Rechten, bis ich deine Feinde zum Schemel deiner Füße mache'? Sind sie nicht allesamt dienstbare Geister, ausgesandt zum Dienst um derer willen, die das Heil ererben sollen? - Denn nicht den Engeln hat er untertan gemacht die zukünftige Welt, von der wir reden..."

So werden acht Dinge feierlich betont, um unser Augenmerk besonders auf sie zu lenken. Deshalb müssen wir jetzt das Mikroskop anwenden, und um sie genauer zu sehen, müssen wir die Anordnung der Wörter (im griechischen) im Abschnitt A beachten (Hebr 1:1-2a).

A C - a) vielfach und auf vielerlei Weise vorzeiten
b) Gott hat geredet
c) zu den Vätern
d) durch die Propheten

C - a) in diesen letzten Tagen
b) er hat geredet
c) zu uns
d) durch den Sohn

Hier sind acht Punkte in zwei Reihen gesetzt. In unserem ersten Abschnitt wollen wir auf die erste Reihe genauer eingehen:

1. Gott hat geredet. Das ist die erste wichtige Tatsache.
2. Er hat vorzeiten geredet, im Gegensatz zu späterem Reden.
3. Er hat zu den Vätern geredet, nicht zu irgendwelchen Heiden.
4. Er hat durch die Propheten geredet, also nicht durch die Priester. Er hat nicht durch irgendwelche falschen Propheten geredet, von Menschen berufen (die wären zwangsläufig falsch), sondern durch die Propheten, in deren Schriften allein Gottes Worte zu finden sind.

Lies weiter:
2. Durch die Propheten