Gebet im Kämmerlein

Aus Bibelwissen
Version vom 3. Mai 2012, 15:39 Uhr von SY (Diskussion | Beiträge) (Das Gebet im Kämmerlein)

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Einführung

Entnommen: „Haltet an am Gebet“ v. Heinrich Müller;
erschienen 1963 Volks-und Schriftenmission Lieme in Lippe

Das Gebet im Kämmerlein

Wenn du aber betest, so gehe in dein Kämmerlein
und schließ die Tür zu und bete zu deinem Vater im Verborgenen;
und dein Vater, der in das Verborgene sieht,
wird dir's vergelten öffentlich."
Mt 6:6


Jedes echte Gotteskind hat das Bedürfnis, mit seinem Herrn allein zu sein. Es will all die Nöte und Ge­heimnisse, die kein anderer wissen soll, vor seinem Gott ausbreiten. Das Gebetskämmerlein ist der ver­borgene Gebetswinkel . Da werden wir von Gott mit neuer Kraft ausgerüstet. Dort werden die Siege im Reiche Gottes ausgefochten. Da offenbart der Herr sich Seinen Knechten. Ein Pfarrer war für eine neue Stelle gewählt. Vor dem Antritt besichtigte er das neue Heim. Ein Kirchenältester führte ihn durch alle Räume. Als sie ins Studierzimmer des letzten Pfarrers traten, zeigte er mit dem Finger auf eine Stelle im Fußboden und sagte: „Hier ist der Platz, wo Ihr Vorgänger immer wieder niederkniete. Hier rang er mit Gott wie einst Jakob am Pniel. Wenn im nächsten Jahr eine zweite Stelle sichtbar wird, wo Sie immer wieder ge­meinsam und einsam alles zu den Füßen des Herrn niederlegen, wird es um unsere Gemeinde gut bestellt sein." Welch ein gutes Wort! Laßt es uns beherzigen.

Ich weiß, daß viele Kinder Gottes lau und müde geworden sind im Gebet. Über ihrem Leben steht das Wort: „Es war einmal!" Einmal stand man in der brennenden Liebe zum Herrn. Einst sang man fröhlich die Lieder, einst war die Bibel das vielgelesene Buch, einst war man in voller Liebe tätig am Werk des Herrn. Nun ist es so ganz anders geworden. Trifft man einen Bruder, mit dem man früher eifrig am Werk des Herrn stand, so ist das immer peinlich. Es ist wie ein stiller Vorwurf. Diese Abwärtsentwicklung beginnt stets im verborgenen Kämmerlein. Wenn die Wände unseres Gebetskämmerleins nichts mehr zu erzählen wissen von Seufzern und Tränen, von brünstigem Flehen, dann flieht Gottes Geist. Das Leben von oben kommt nicht eher wieder, als bis unser Gebetskämmerlein erneut die Brunnenstube der Kraft wird.

Wenn du aber betest

Der Herr setzt mit diesem Worte etwas Selbstverständliches voraus: Das Gebet. Bei einem rechten Gottes­kinde gehört das Gebet zum täglichen Brot. Einer armen Frau wurde gesagt, wenn sie einen Tag nicht beten würde, wolle man ihr einen größeren Geldbetrag geben. Aber sie wies dies Ansinnen zurück mit den Worten : „Nicht für alle Welten diesseits der Herrlichkeit." Wenn du aber betest! Was meint der Herr damit? Wie wichtig ist das Gebet in der Einsamkeit! Dann ist man fern von allen Zerstreuungen und mit seinem Gott allein! Ins stille Kämmerlein dringt kein Lärm der Umgebung. Jegliche Ablenkung fällt fort. Unser Auge ist für die äußere Welt geschlossen. Das Ohr ist taub für das Geräusch des Berufslebens, aber offen für die Stimme aus der oberen Welt. Wie wichtig ist das doch! Wir wissen, daß die Lebenspflichten uns so jagen, daß wir zur Sammlung kaum noch Zeit haben. Ist es nicht eine traurige Tatsache, daß das Gebet in der Stille von den meisten Gotteskindern versäumt wird? Deshalb ist die Mahnung Jesu so wichtig: „Wenn du aber betest, so gehe in dein Kämmerlein."

Wo ist unser Gebetskämmerlein?

Der Herr hatte es in der öden Wüste, auf dem einsamen Berge, in der Stille der Nacht. Jesus konnte ohne diesen stillen Umgang mit Seinem Vater in der Einsamkeit nicht leben. Darum bedürfen auch wir der Stille vor Gottes Angesicht! Ein Mann des Gebets hat gesagt: „Ich verbringe die besten Stunden des Tages im Umgang mit Gott. Das ist meine seligste Beschäftigung!"

Bete zu deinem Vater im Verborgenen

Der Herr stellt mit diesen Worten das Gebet der Einsamkeit über das öffentliche Gebet und betont somit seine große Notwendigkeit. Er will zwar das öffentliche Gebet nicht zurückstellen, hat Er es doch selber immer wieder empfohlen: „Wo zwei unter euch eins werden, um was sie bitten, das soll ihnen widerfahren von meinem Vater im Himmel." Jesus betont gewiß deshalb das Gebet in der Einsamkeit so stark, weil es am meisten vernachlässigt wird. Ein Gottesmann sagt: „Die größten und folgenschwersten Versäumnisse meines Lebens liegen im Kämmerlein." Ob wir das nicht auch bekennen müssen? Ob uns die Wände unserer Wohnung nicht anklagen, weil wir so wenig in der Stille allein mit unserem Herrn verkehren? Der Herr wolle uns diese Sünde vergeben, die wir gegen den verborgenen Umgang mit Gott begangen haben. Wenn nun der Herr das Gebet im Verborgenen so empfiehlt, dann hat es auch eine besondere Bedeutung.

Das Gebet im Kämmerlein ist das vertraulichste Gebet

Da, wo uns kein Ohr belauscht, wo wir vor dem stehen, der Augen hat wie Feuerflammen, der unser Herz durch und durch kennt, erschließen wir unser ganzes Herz, so daß es zu einem wirklichen Herzens­austausch kommt. Da setzen wir das Wort in die Tat um: „Schüttet euer Herz ganz vor ihm aus ." Im stillen Kämmerlein klagen wir Ihm unseren inneren Zustand, zeigen Ihm unsere ganze Erbärmlichkeit. Dort legen wir alles nieder, was uns Not bereitet. Hier reden wir uns alles vom Herzen, sagen Ihm alle Anliegen, die wir vielleicht keinem Menschen unterbreiten. Welch eine Gnade, wenn wir ein Plätzchen haben, wo wir alles niederlegen dürfen, und zu wissen, daß Er uns versteht! Wenn Menschen uns auch oft nicht verstehen, der Herr hört uns. Unser Trost ist und bleibt: „Kommt her zu mir, die ihr mühselig und beladen seid." Er kann uns helfen und erquicken. Er hat ein Herz für uns. Seine Verheißungen er­mutigen uns, alle unsere Sorgen vor Ihn zu bringen.

Das Gebet im Kämmerlein ist durch und durch wahr

Beim öffentlichen Gebet mischt sich so leicht Heuchelei ein. Da rühmt man z. B. die Seligkeit, die man in dem Herrn hat, während man doch innerlich nicht so nahe mit Christus verbunden ist. Man redet von der Lust, Gottes Willen zu tun, aber die Wirklichkeit sieht anders aus. Wenn man mit Gott allein ist, geht man mit sich selber ins Gericht. Solch ein Selbstgericht vor dem Allwissenden bringt dem Sünder Heilung. Es demütigt und zerbricht uns. Es treibt uns zur inneren Wahrheit, daß wir bekennen: „Einmal muß ich doch erfahren, was ich hab vor Dir getan, laß mich's nicht bis dahin sparen, wo Reue nichts mehr nützen kann."

Das Gebet im Kämmerlein gibt uns die Kraft, ein Leben in der Heiligung zu führen

Gottes Wort sagt: „Jaget nach der Heiligung, ohne welche wird niemand den Herrn sehen" (Hebr 12:14). Heilig sein heißt, sich von jeder erkannten Sünde scheiden. Das können wir aber nicht ohne das verborgene Gebetskämmerlein. Wenn einer so leicht aufgeregt wird, kann er es sich noch so oft vornehmen, nicht mehr aufgeregt zu werden, er wird jedoch die Erfahrung machen, daß er es ohne das Gebet nicht kann. Oder wenn einer mit der Empfindlichkeit zu kämpfen hat, muß er alsbald erkennen: Ohne das Gebetsleben kann ich mein altes Wesen nicht ablegen. Wie die Erde nur glänzen kann in den goldenen Sonnenstrahlen, so können Kinder Gottes nur leuchten in dem Glanze, der von Jesus im Gebetskämmerlein ausströmt.

Dein Vater, der in das Verborgene sieht

Dein Vater. Dieses Wort erinnert uns daran, daß das verborgene Kämmerlein nur von Seinen Kindern aufge­sucht wird. Vater kann nur ein Kind sagen. Das sagt uns, daß der Beter wiedergeboren sein muß zu einer lebendigen Hoffnung. Das Gebetsleben beginnt erst von der Stunde an, da man Jesu Eigentum wird. Des­halb müssen wir uns fragen: „Gehören wir zu denen, die wiedergeboren sind zu einer lebendigen Hoffnung?" Dann können wir singen: „Kann nun Abba rufen, kann nun freudig ruhn in des Heilands Liebe, dabei bleibt es nun. Dabei soll es bleiben, bis mein Auge bricht. Amen, Halleluja, Jesus läßt mich nicht."

Dein Vater

Das sagt uns, daß dort oben einer ist, der teilnimmt an unseren Nöten. Es mag sein, daß Menschen uns nicht verstehen. Aber einer ist da, der uns versteht. Er sieht in das Verborgene. Ihm entgeht kein Seufzer. Beter wissen, daß es bei Tag und Nacht Wahrheit ist: „Du, o Gott, siehest mich!" Wie ganz anders würde unser Leben verlaufen, wenn wir mehr daran dächten! Dann würden wir Ihm die Treue halten. So manches, was in unserem Leben an Sünde und Schuld geschieht, würde dann unter­bleiben. Es ist wahr, was in der Heiligen Schrift steht: „Du erhörst Gebet, darum kommt alles Fleisch zu dir!"

Das Gebet im Kämmerlein dient zu unserer Bewahrung

Wir leben in Feindesland, in dem Herrschaftsbereich des Fürsten der Finsternis und müssen damit rechnen, daß er uns Augenblick um Augenblick aus der Gemeinschaft mit dem Herrn ziehen will. Ihm ist es ein Dorn im Auge, daß wir in Jesus fröhlich geworden sind. Er kann unsere Freude nicht mit ansehen. Haben wir es nicht oft erlebt, wie es dem Fürsten der Finsternis gelungen ist, uns aus der Gemeinschaft mit dem Herrn zu ziehen? Es ist wahr: Auf dem so schmalen Pfade gelingt uns ja kein Schritt, es geh' denn Seine Gnade bis an das Ende mit. Jesus will uns bewahren, und Er kann uns auch bewahren; denn Er hat die Kraft dazu. Aber wir müssen uns auch bewahren lassen. Es sollte unsere tägliche Bitte sein: „Herr, bewahre Du mich!" Nur Er kann uns ans Ziel bringen. Nur Er allein kann uns bewahren.

Das Gebet im Kämmerlein dient zum Wachstum der Gläubigen

In einem Gedicht heißt es: „Auch du bist eingepflanzet in Jesu Christi Reich. Da sollst du Früchte bringen fürs ew'ge Himmelreich. An jedem Abend richtet dein Heiland leis und lind, an dich die ernste Frage: Bist du gewachsen, Kind?" Wenn wir Leben von oben haben, kommt es darauf an, daß wir auch im Glauben wachsen. Wachsen können wir nur dann, wenn wir die rechte Nahrung zu uns nehmen. Das bedeutet, daß wir täglich im Worte Gottes forschen und immer wieder im Gebet zu Ihm eilen. Wenn ein neugeborenes Kind nach einem Jahr äußerlich noch so ist wie nach der Geburt, dann hat es am Wachstum gefehlt. In Bethel, der Stadt der Barmherzigkeit, kann man Menschen sehen, die äußerlich wie ein Kind von einigen Jahren aussehen, und doch sind manche schon dreißig Jahre alt. Da sieht man, was es bedeutet, wenn ein Mensch nicht wächst. Es gibt manche Gotteskinder, die zehn und mehr Jahre in der Nachfolge Jesu stehen, aber im Glaubensleben nicht voran­gekommen sind. Verstehst du, wie wichtig das Gebet im Kämmerlein für uns Kinder Gottes ist?

Wann wachsen wir innerlich?

Wenn wir von Tag zu Tag heilandsbedürftiger und heilandsverlangender werden. Dazu dient das Gebet im Kämmerlein. Durch das Gebet im Kämmerlein wird auch das Heimweh nach dem Herrn größer. Präses Humburg erzählte: „Ich hatte einen schweren Vortrag auszuarbeiten. Deshalb bat ich meine Frau: ,Sorge doch bitte dafür, daß die Kinder heute nicht zu mir ins Studierzimmer kommen, ich kann und darf nicht gestört werden!' Nach einiger Zeit schaute ich plötzlich auf und sah an meiner Seite meinen Jungen stehen. Ganz erstaunt fragte ich: ,Sag, wie bist du hereingekommen?' ,Durch die Tür, Vater.' ,Das glaube ich dir schon.' ,Du hast doch gar nichts gemerkt? Mutter hat es uns verboten, zu dir zu gehen. Aber ich habe ganz leise die Tür geöffnet und bin auf Zehenspitzen hierher gekommen.' ,Was willst du denn, mein Junge?" Mit Tränen in den Augen sagte Präses Humburg: „Mein Junge antwortete: ,Ganz nahe bei dir sein, Vater." Humburg fügte hinzu: „Brüder, wenn das unser tägliches Verlangen ist, ganz nahe beim Heiland zu sein, dann steht es recht um uns." Dieses Verlangen wird aber nur geweckt durch den stillen Umgang mit uns­erem Herrn.

Das Gebet im Kämmerlein gestaltet uns in Jesu Bild

Tersteegen singt: „In Wort und Werk und allem Wesen sei Jesus und sonst nichts zu lesen." Das ist gewiß unser aller Wunsch, dem Herrn ähnlicher zu werden. Das geschieht durch den stillen Umgang mit dem Herrn.

Er wird dir's vergelten öffentlich ...

Zunächst schüttet der Herr den Segen auf den Beter, damit er die Frucht der Erhörung zuerst genießt. Es hat jemand gesagt: „Eine Gebetsträne, die in der Stille des Gebetskämmerleins niederfällt, tönt im Himmel mit einem Klang, der lauter ist als der einer Trompete oder Glocke." Im stillen Kämmerlein erleben wir, daß der Herr uns die Bürde abnimmt. Es ist Ihm eine Freude, uns die Last abzunehmen. Aber wenn wir sie weiter­tragen sollen, weil sie notwendig ist zu unserem inneren Wachstum oder damit wir ein Segen für unsere Umgebung werden, gibt Er uns auch die Tragkraft, so daß wir immer wieder bekennen: „Wenn ich nur dich habe, so frage ich nichts nach Himmel und Erde."

Denken wir an Paulus! Er hatte einen Pfahl im Fleisch. Das war ihm gewiß nicht leicht. Dreimal betete er um die Wegnahme dieses Pfahles. Er glaubte, ohne den Pfahl mehr für den Bau des Reiches Gottes tun und dem Herrn besser dienen zu können. Aber der Herr antwortete: ,,Laß dir an meiner Gnade genügen." Wie hat er doch erleben dürfen, daß die Kraft des Herrn in den Schwachen mächtig ist! Gott sei Dank, daß auch wir es erfahren dürfen: Wir haben einen Herrn, der da hilft, und einen Gott, der vom Tode errettet. Dieses Bewußtsein erfüllt den Beter mit großer Freude.

Oh, der unerkannten Macht von der Heil'gen Beten!

Dies sehen wir im Leben des Mose. Er stand 40 Tage und 40 Nächte vor Gott auf dem Berge Sinai. Der ver­borgene Umgang hatte ihm ein leuchten- des Angesicht geschenkt. Es heißt: „Als er vom Berge herab­kam, leuchtete sein Angesicht." So kann es auch unsere Umgebung sehen, daß wir in der Ge­meinschaft mit Gott waren. König Hiskia lag im Tempel und flehte um die Bewahrung der Stadt Jerusalem, die von dem mäch­tigen assyrischen Heer belagert wurde. Er hatte die ganze Nacht mit Gott über diese Not geredet. Er flehte um Bewahrung. Was er in jener Nacht erbat, sah am nächsten Morgen die ganze Stadt. Das feindliche Heer war gerichtet. Ein Engel des Herrn schlug im assyrischen Heer 185 000 Mann. Der König Sanherib brach auf und zog ab. Das war Gottes Antwort auf das Gebet des Mannes, der im stillen Kämmerlein zu Hause war. Müs­sen wir nicht ausrufen: „Oh, der unerkannten Macht von der Heil'gen Beten! Ohne das wird nichts voll­bracht, so in Freud als Nöten. Schritt für Schritt wirkt es mit, wie zum Sieg der Freunde, so zum End' der Feinde"?

Im Hause des Generalfeldmarschalls von Wäldersee verkehrte der Kaiser. Er war dort Hausfreund. Als er eines Tages kam, sagte die Gesellschafterin: „Majestät, die Gräfin hat augenblicklich Audienz bei dem Höch­sten. Sie möchte von keinem gestört werden." Der Kaiser antwortete: „Ich kann warten." Als er im Salon saß, öffnete sich die Tür, und herein trat die Gräfin mit einem hell leuchtenden Antlitz. Von diesem Anblick sagte der Kaiser: „Nie habe ich die Gräfin so leuchten sehen, wie bei dieser Begegnung. Ich werde das Bild nie vergessen." Macht uns das nicht Mut, immer wieder das verborgene Gebetskämmerlein aufzusuchen? Dadurch werden auch wir die rechte Leuchtkraft erhalten.

Gott verherrlicht sich durchs einfältige Gebet

Der heimgegangene Pastor Christlieb lag oft ganze Nächte auf den Knien. Er war ein Mann des Gebets und hat den Menschen gezeigt, was es heißt, im verborgenen Umgang mit Gott zu stehen. Eines Tages ging er in ein Dorf. Er trat in eines der Häuser und fragte ein kleines Mädchen: „Ist deine Mutter wohl zu Hause?" Das Kind lief schnell in den Garten und rief: „Mutti, komm ganz schnell, zu uns ist der Herr Jesus ge­kom­men." Dieses Wort versteht jedoch nur der, der Pastor Christlieb einmal begegnet ist. Zu dem Wort: „Wird dir's vergelten öffentlich", gehören auch die stillen Gebete, die wir in der Stille für die Unsrigen emporsenden. Bei jedem Angehörigen, der zum lebendigen, fröhlichen Glauben gekommen ist, sehen wir die Wahrheit: „Er wird dir's vergelten öffentlich." Eine gläubige Frau hatte einen Mann, der ein arger Spötter war. Er höhnte über das Wort Gottes und wollte von der Bibel gar nichts wissen. Die Frau betete immer wieder in der Stille, und was erlebte sie? Als sie eines Tages aus dem Gottesdienst nach Hause kam, öffnete er die Küchentür, fiel seiner Frau weinend um den Hals und bat: „Kannst du mir ver­geben, daß ich dir das Leben an meiner Seite zur Hölle gemacht habe?" Die Frau antwortete: „Ich habe dir alles vergeben und trage dir auch nichts nach." Dann erzählte er: „Während du in der Kirche warst, habe ich hier auf den Knien gerungen. Du hast sicherlich im Gotteshaus für mich gebetet." „Ja, das ist wahr." Dann er­zählte er: „Ich habe eine kleine Schrift gelesen, die du wohl hingelegt hattest. Über dem Lesen hat mir der Herr meine ganze Sünde gezeigt, und ich darf nun sagen: Jesus ist mein Heiland geworden! Du sollst von jetzt ab nicht mehr allein in die Kirche gehen. Ich gehe nun mit dir!" Hier haben wir es wieder: „Ich will dir's vergelten öffentlich."

Wenn es nun schon auf Erden Wahrheit ist: „Er wird dir's vergelten öffentlich", wieviel mehr werden wir dieses Wort am Jüngsten Tage erleben, wo alles offenbar wird, hat der Herr doch verheißen, daß Er selbst den Becher kalten Wassers nicht unbelohnt lassen will.

Gewiß werden in der Herrlichkeit die Gotteskinder besonders strahlen, die hier unten in Seiner Gemeinschaft lebten und sich von Ihm im stillen Kämmerlein durchleuchten ließen. Wie bei Christus auf dem Berge der Verklärung die Herrlichkeit Seiner Gottheit durchbrach, so wird dann die Leuchtkraft, die sie vom Herrn em­pfangen haben, besonders zum Durchbruch kommen. Dann werden die Gerechten leuchten wie die Sonne in ihres Vaters Reich. Daß wir es doch in der Stille immer wieder übten: „Und allein von Seinem Brennen nehme unser Licht den Schein, also wird die Welt erkennen, daß wir Seine Jünger sein."

Ein trautes Wort mit Jesus

Ein trautes Wort mit Jesus, wie ebnet es den Weg
und hebt mich über Berge und Täler sanft hinweg!
Wenn's Herz bedrückt von Sorgen, die Augen tränenschwer,
dann rede ich mit Jesus und fühl' die Last nicht mehr.

Ich sage Ihm, wie müde und matt ich oftmals bin,
wie dann mein Herze sich sehnet nach einem reinen Sinn.
Er sagt mir dann so zärtlich, so liebevoll und mild:
„Oh glaube mir, ich will dich verklären in mein Bild!"

Wir werd' ich einst mich freuen, wenn ich Sein Antlitz seh'
und mit den sel'gen Scharen vor Seinem Throne steh'!
Er gab ja einst Sein Leben am Kreuz für mich daran,
damit ich sollte werden Sein Kind und Untertan.