Die Apostelgeschichte

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Abschrift des Buches: Heilsgeschichtliche Entfaltung im Neuen Testament
Verfasser: E. W. Bullinger (1874)

Herausgeber:
Manfred Mössinger, 76307 Karlsbad, Eigenverlag (1993)
In englischer Sprache:
The Foundation of Dispensational Truth

Weitere Bücher unter: Abschriften

Kapitel davor:
II. Die Früh-Briefe des Apostels Paulus

1.-3. Briefe an die Thessalonicher
4.-5. Briefe an die Korinther
6. Der Galaterbrief
7. Der Römerbrief

III. Die Apostelgeschichte

Historisch und heilsgeschichtlich betrachtet Die Schriften von Professor Ramsay, in denen er die Echtheit und Zuverlässigkeit dieses bedeutenden und einzigartigen Buches der Heiligen Schrift hervorhebt und bestätigt, und dazu die jüngeren Bezugnahmen darauf in der Chronologie des Neuen Testaments von Professor Harnack, sind interessant, weil sie aus der Sicht moderner Bibelkritik den Theologen allgemein einen umso größeren Dienst tun, als sie helfen, die Aufmerksamkeit auf das merkwürdige und weitverbreitete Missverständnis über den wahren Sinn der Apostelgeschichte zu lenken, die das letzte geschichtliche Buch der Heiligen Schrift ist.

In den vier Evangelien erfahren wir in schlichten und zu Herzen gehenden Worten von der Ablehnung und Kreuzigung des wahren Königs von Israel, des treuen Knechts und Propheten Jahwes, des demütigen und doch herrlichen Menschensohns und des ewigen Sohnes des lebendigen GOTTES.

Diese Ablehnung wird bei den Synoptikern durch eine Reihe historischer Ereignisse dargestellt, während Johannes in seinem Evangelium das ernste und folgenschwere Ergebnis seiner Fleischwerdung am Beginn mit den Worten zusammenfasst: "Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf" (Joh 1:11).

Historisch betrachtet haben die vier Evangelien eine tiefe Bedeutung, wenn wir den vollen Gehalt des Ausdrucks "das Evangelium von der Gnade Gottes" richtig verstehen. Diesem Ausdruck begegnen wir in Gottes Wort nicht vor dem zwanzigsten Kapitel der Apostelgeschichte, Apg 20:24. Tatsächlich kommt das Wort "Gnade" in den beiden ersten Evangelien kein einziges Mal vor, während es bei Lukas und Johannes nur verwendet wird, um zu zeigen, was der Mensch zurückweist, wenn er Christus ablehnt. "Denn das Gesetz ist durch Mose gegeben, die Gnade und Wahrheit ist durch Jesus Christus geworden.“

Gottes geliebter Sohn kam und wohnte unter uns, aber der Mensch hasste ihn und den Vater, der ihn aus Gnade und Erbarmen gesandt hatte.

Die vier Evangelien heben hauptsächlich die gute Nachricht Jesu Christi über GOTT hervor, während wir in den Briefen für diese gegenwärtige Zeitspanne die gute Nachricht über CHRISTUS haben, das ist "das Evangelium von der Gnade GOTTES" in seinem Sohn.

Aus historischer Sicht ist es mit der Apostelgeschichte ebenso. Da haben wir nicht nur das Kommen des Heiligen Geistes auf Israel, samt den mitfolgenden Zeichen, wie bei Joel, sondern auch den ernsten Bericht von der Zurückweisung des Geistes und der Wiederkunft oder parousia, was als Angebot mit wunderbaren Zeichen verbunden war. Damit sollte das Königreich des auferstandenen Christus, diese "Zeit der Erquickung," eingeleitet werden, die für Israel und die ganze Welt erst kommen kann, wenn die "Blindheit" von dem auserwählten irdischen Volk genommen wird.

Stephanus bezeugt: "Ihr widersteht allezeit dem heiligen Geist, wie eure Väter, so auch ihr. Welchen Propheten haben eure Väter nicht verfolgt? Und sie haben getötet, die zuvor verkündigten das Kommen des Gerechten, dessen Verräter und Mörder ihr nun geworden seid" (Apg 7:51.52).

Wir wollen bemerken, dass einige Dinge, die in der Apostelgeschichte berichtet werden, aufhörten, als dreiunddreißig Jahre vergangen waren, eine einzigartige Zeitspanne in oder zwischen den heilsgeschichtlichen Phasen, deren besondere Eigenart bisher nicht genügend herausgestellt wurde.

Ebenso wie Israel den angebotenen Christus vorsätzlich zurückgewiesen hatte, der für "die beiden Häuser Israels" ein Stein des Anstoßes war, so geschah es auch mit dem Angebot, das vom Heiligen Geist durch Petrus erging, dass, wenn es eine nationale Buße des Teiles der Juden von Juda und Israel gäbe, der in der Zerstreuung lebte, diese "Zeit der Erquickung" kommen, und Gott den senden würde, "der euch zuvor zum Christus bestimmt ist: Jesus" (Apg 3:19-21).

Stephanus sah ihn "zur Rechten Gottes stehen" (Apg 7:56). Denn er hatte noch nicht Platz genommen, um zu warten, "bis seine Feinde zum Schemel seiner Füße gemacht werden" (Hebr 10:13).

Die Apostel Paulus und Barnabas gingen zuallererst in die Synagogen der Juden. Das griechische Wort für "Synagoge" erscheint in der Apostelgeschichte zwanzigmal, aber kein einziges Mal in den Briefen des Paulus.

Das Urteil von der Blindheit Israels, in Jes 6 geweissagt (das geschah siebenhundert Jahre vor diesem entscheidenden Punkt in der Geschichte Israels), stand nahe vor dem auserwählten Volk. Der Herr selbst hatte zweimal auf diese Blindheit als Gericht Bezug genommen, aber es war dem Apostel Paulus vorbehalten, in den Fußspuren Jesajas wandelnd, zu sagen: "Hier bin ich, sende mich" (um die ernste Botschaft zu überbringen). Als er in Rom war, wandte er sich zum letzten Mal an die Juden als Gesamtheit. Dann ging er nicht mehr in ihre Synagogen. Er führte dieses "eine Wort" an dieses ernste Urteil von der Blindheit, die nun seit bald zweitausend Jahren diesem immer noch in Auflehnung und Unglauben verharrenden Volk die Augen verdunkelt und die Herzen verhärtet hat.

Der Apostel hatte sie bereits in der Synagoge von Antiochien in Pisidien gewarnt (Apg 13:46), "da ihr es aber von euch stoßt, und haltet euch selbst nicht für würdig des ewigen Lebens, siehe, so wenden wir uns zu den Heiden" (das war nur lokal, nicht national, wie man aus Apg 14:1 sieht. Man vergleiche Apg 18:6 mit Apg 18:19 und beachte den Gegensatz dazu in Apg 28:28). Damals geschah das, was Gott gesagt hatte: "Ich will sie wieder reizen durch ein Nicht-Volk, durch ein gottloses Volk will ich sie erzürnen" (5Mo 32:21). Nun, als sich das erfüllte, baten sie um das Vorrecht, am folgenden Sabbat noch einmal allein diese gute Nachricht zu hören von der angebotenen Wiederkunft Christi und vom Kommen der Zeit, von der geweissagt war, dass das Königreich Davids wiederhergestellt würde, aber die Heiden würden teilhaben an den Segnungen, wie geschrieben steht: "Preiset ihr Heiden sein Volk" (5Mo 32:43).

Der Dienst des Paulus an den Heiden

"Der Gefangene Christi Jesu für euch Heiden" wurde, nachdem er diesen Urteilsspruch aus Jes 6 verkündet hatte, in seiner Gefangenschaft in Rom geistlich weitergeführt. Er wurde bald darauf zu den tiefgründigsten Büchern der ganzen Heiligen Schrift inspiriert, den Briefen an die Epheser, Philipper und Kolosser Weissagungen von Gott, die die tiefste Wahrheit über Christus und die Gemeinde enthalten, das Geheimnis, das verborgen war seit alters. Darauf gibt es in der Apostelgeschichte keinen Hinweis.

Die einzigartige Übergangszeit "die Generation" von der die Apostelgeschichte berichtet, war zu Ende, ehe die Briefe aus der Gefangenschaft geschrieben wurden. Wenn also beteuert wird, "die Gemeinde begann zu Pfingsten," dann müssen wir daran erinnern, dass Pfingsten zuerst ein jüdisches Fest war, nach 3Mo 23:15; und können nicht zulassen, dass diese auf einen Teil bezogene Wahrheit eine falsche Anwendung tragen soll.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass die Offenbarung des Geheimnisses, das "verborgen war" in Gott, nicht bekanntgemacht wurde, bevor die früheren Phasen vorüber waren* und der Zeitabschnitt, den die Apostelgeschichte unfasst, bildete die abschließende Epoche dieser früheren Zeiten, bevor nämlich die gegenwärtige Zeitspanne der Gnade begann Christus, "die Hoffnung der Herrlichkeit." Dieses Geheimnis, den Heiden verkündigt (Eph. 3, 8), enthält eine tiefere und völligere Offenbarung des "Evangeliums der Herrlichkeit," als die Apostelgeschichte.

* Der Brief an die Römer wurde 58 n.Chr. geschrieben, aber das Postskript (Röm 16:25-27), in dem das Geheimnis erwähnt wird, wurde später geschrieben, selbstverständlich von dem gleichen Autor. Man vergleiche dieses Postskript mit den sehr ähnlichen Worten in Eph 3:20.21. Dieses Postskript hat die Interpreten und Textkritiker lange rätseln lassen, und dass es nicht verstanden wurde, hat zur Auslassung von Eph 3:24 geführt, wie in der R.V. Siehe die Ausführungen im vorigen Kapitel.

Nach der herrlichen Verwandlung der Gemeinde des Geheimnisses gemäß Phil 3:11.14.20.21, wenn dieser nichtige Leib verwandelt wird, dass er gleich werde seinem verherrlichten Leibe, dann mag es geschehen, dass die abgebrochenen Ereignisse, die zu Pfingsten begannen, mit dem wunderbaren Zungenreden und besonderen Zeichen, noch einmal beginnen und ihren Lauf nehmen, damit ihnen dann die restlichen, nicht erfüllten Teile der Prophetie von Joel folgen: "Und ich will Wunderzeichen geben am Himmel und auf Erden; Blut, Feuer und Rauchdampf. Die Sonne soll in Finsternis und der Mond in Blut verwandelt werden, ehe denn der große und schreckliche Tag des Herrn kommt. Und es soll geschehen: wer den Namen des Herrn anrufen wird, der soll errettet werden" (Joe 3:3-5a). Ja, wenn Gottes Gerichte über die Welt hereinbrechen, dann werden die Menschen auf der Erde Gerechtigkeit lernen. Aber das Geheimnis, das während des Umbruchs in den Zeitaltern seinen Lauf nahm, wie das in den Briefen an die Epheser und Kolosser deutlich offenbart ist, wird "gepredigt den Heiden, geglaubt in der Welt, aufgenommen in die Herrlichkeit" (1Tim 3:16).

Nochmals: Diese Entdeckung der eigentümlichen und einzigartigen Natur der Geschichte der dreiunddreißig Jahre, die in der Apostelgeschichte festgehalten ist, führt zu einer sehr wichtigen Frage über die Lehre von der Entfaltung der heilsgeschichtlichen Phasen aus der chronologischen Anordnung der paulinischen Briefe.

Die früheren Briefe, besonders 1. und 2. Thessalonicher und 1. Korinther, wurden vor dem Ende dieser geschichtlichen Zeitspanne, die von der Apostelgeschichte abgedeckt wird, geschrieben, als die parousia, oder Wiederkunft und Königsherrschaft Christi für Israel und die Nationen noch angeboten war.

Hier haben wir eine Antwort auf die Vermutung, Paulus habe sich geirrt in seiner Hoffnung, die parousia könnte erfolgen, sogar wenn jene, die damals auf Gottes Sohn vom Himmel warteten, noch am Leben wären, und dann tatsächlich "an Geist, Leib und Seele bewahrt" worden wären bis zum Tag der damals erwarteten "Ankunft unseres Herrn Jesus Christus" (1Thes 5:23).

Solange das Angebot noch gemacht wurde, innerhalb der Zeit der möglichen unmittelbaren Wiederkunft Christi, also der Zeit der Apostelgeschichte, muss man selbstverständlich annehmen, dass diese früheren Briefe, die Paulus geschrieben hat, bevor dieses Angebot von Israel endgültig abgelehnt wurde (sowohl durch die Nation in Jerusalem, als auch durch die Zerstreuten in Rom), und die besondere Andeutungen auf die parousia enthalten, in ihrer Perspektive mit dem klaren Angebot und dem heilsgeschichtlichen Handeln Gottes von damals übereinstimmen.

Es fällt auf, dass die parousia nur in den früheren Briefen erwähnt ist, die Paulus geschrieben hat bevor er in Rom in Gefangenschaft war, also während der Zeit, die von der Apostelgeschichte abgedeckt wird. Das Wort "parousia" kommt in den Briefen an die Epheser und Kolosser nicht vor, und die Entrückung, von der in Phil 3 die Rede ist, hängt mit der "Berufung in den Himmel" zusammen, und mit dem Preis, der mit dem großen Geheimnis von Christus und der Gemeinde verbunden ist. Diese Geheimnis, oder die geheime Absicht Gottes, wurde nicht bekanntgemacht, solange noch die parousia, die erst unmittelbar vor dem Königreich erfolgt, dem Glauben angeboten war.

In der römischen Gefangenschaft offenbarte Gott seinem treuen und geliebten Knecht diese wunderbare Herrlichkeit Christi als des künftigen Hauptes des Universums mit der Gemeinde als seiner Fülle (pleroma). Dieser tieferen und erhabeneren Wahrheit folgte die Ablehnung der parousia und des Königreiches von 1Thes 4, das nun auf unbestimmte Zeit ausgesetzt war, möglicherweise um als gesondertes Angebot wieder aufgenommen zu werden, erst wenn das Geheimnis, verborgen in Gott (auf das es in den Briefen an die Thessalonicher keinen Hinweis gibt), zum Abschluss gelangt ist, "aufgenommen in die Herrlichkeit."

Diese parousia wird gewiss kommen, ungeachtet ihrer langen Verzögerung, denn keins von Gottes Worten kann auf die Erde fallen. Aber kann nicht die "selige Hoffnung" aus Phil 3 und 1Tim 1 und Tit 2 erfüllt werden, noch bevor die mehr öffentliche parousia kommt?

Aufhören der Wunder und Zeichen

Wenn man die genannten historischen Aspekte der Apostelgeschichte erkannt hat, dann wird auch klar, dass die Wunder und "die Kräfte der zukünftigen Welt" (Hebr 6:5) die so eindeutig ein Wesensmerkmal dieser außergewöhnlichen Zeit waren, aufhören mussten, als Israel das Zeugnis des Heiligen Geistes, dass sie unterstreichen sollten, ebenso endgültig abgelehnt hatte, wie das mit Christus selbst geschehen war.

Jetzt um eine Erneuerung der pfingstlichen Gaben zu beten, während das Geheimnis noch den Heiden gepredigt wird, entspricht (obwohl es zweifellos mit frommer Absicht geschieht) nicht der Erkenntnis. Denn "Blut, Feuer und Rauchdampf" und andere himmlische und irdische Schrecknisse können dieser Erneuerung der Prophetie Joels bald folgen, die nur zeitweilig außer Kraft gesetzt ist, solange dieser wunderbare Tag der Gnade noch "den Heiden gepredigt" wird.

Bevor wir die Gefangenschaftsbriefe betrachten, die nach Apg 28:29.30 geschrieben wurden, ist es unbedingt notwendig, dass wir uns klares Verständnis über die große Trennungslinie zwischen den früheren und späteren Paulinischen Briefen erarbeiten.

Um dieses Verständnis zu erlangen, brauchen wir klare Übersicht über Umfang und Aufbau der Apostelgeschichte, die als heilsgeschichtliche Phase charakterisiert ist, denn sie enthält den Abschluss der biblischen Geschichte Israels für eine bestimmte Zeit.

Lücke in der Kirchengeschichte

Zu keinem Buch der Heiligen Schrift ist der Schlüssel so nachhaltig verloren gegangen oder schwieriger wiederzufinden. Die römischen Päpste haben mit der Tradition, "Jesus Christus kam auf die Erde, um eine Gemeinde zu gründen und Petrus die Schlüssel zu übergeben, und Petrus übergab sie dem Papst," die Augen der Christenheit geblendet. Diese Tradition wird moderner und mit milderen Worten so ausgedrückt: "Die Gemeinde begann zu Pfingsten." Sie ist der Ursprung all der Dunkelheit, die wie ein dichter Nebel die Wahrheit bis heute vor den Gemeinden verbirgt.

Durch die unglückliche Übersetzung von ekklesia in Mt 16:18 mit "Gemeinde" anstatt "Versammlung" oder "Kongregation" (Vereinigung), wie im Alten Testament, haben römisch katholische und protestantische Theologen die falsche Lehre verbreitet, dass wir in der Apostelgeschichte die Entstehung der "christlichen Gemeinde" vor uns hätten.

Weil nun die Christen heute nicht wissen, dass bis etwa fünfzig Jahre nach der Zerstörung Jerusalems ein absolutes Loch in der Kirchengeschichte vorliegt, nehmen sie an und vermuten, dass die "organisierte Christenheit," wie wir sie heute sehen, nur die Fortsetzung dessen sei, was wir in der Apostelgeschichte lesen. Aber das ist bei weitem nicht der Fall.

"Die Jahre nach der Zerstörung Jerusalems sind in Wahrheit die unbekanntesten der Kirchengeschichte."

So schreibt Dr. Samuel Green in seinem Handbook of Church History (Handbuch der Kirchengeschichte, verlegt bei der "Religious Tract Society of London). Er fährt fort:

"Wenn wir uns im zweiten Jahrhundert umsehen, finden wir uns weithin in einer veränderten Welt. Apostolische Autorität gibt es nicht mehr in der christlichen Gemeinde: 'Apostolische Wunder gehören der Vergangenheit an...', wie Dr. Arnold schließlich sagte (Rugby Sermons, Band 6, Seite 336). 'Wir bleiben beim letzten Brief St. Pauli an Timotheus mit etwa dem gleichen Interesse stehen, wie man im letzten Dörfchen eines besiedelten Tales verweilt, hinter dem es nicht mehr weitergeht. Es ist das Ende oder fast das Ende unseres echten Wissens über das 'Urchristentum'; dort blicken wir noch einmal in die Runde; außerdem hängt der Nebel dicht, und mitten darin sehen wir nur noch verzerrt wenige Dinge.'"

Weitere Informationen von einigen anerkannten Autoritäten über die große Zeit des Schweigens nach der Zerstörung Jerusalems seien hier anfügt:

*So schreibt der späte Dean Stanley in History of the Eastern Church (Geschichte der Ostkirche) über den Wechsel vom Neuen Testament zum Christentum der ältesten Kirchenväter:
* "Der Fluss ist in dem entscheidenden Augenblick des Übergangs von den ewigen Bergen in die Tiefebene unsern Blicken entzogen, gerade dort, wo wir ihn am meisten zu beobachten wünschen. Wir mögen sein Rauschen unter den überhängenden Felsen hören, wohl auch die Tropfen an Zweigen sehen, die über ihm hängen, aber den Fluss selbst sehen wir nicht oder erhaschen nur flüchtige Blicke. Es ist eigentlich keine Zeitspanne kirchlicher Geschichte, sondern eine von kirchlicher Debatte und Vermutung.
* Ein Bruchstück hier, ein Gleichnis da, eine Erzählung unbekannter Herkunft, eine Handvoll Briefe deren Echtheit in jedem Abschnitt und Detail umstritten ist, das zusammengefasste Verhör eines römischen Magistrats, das Plädoyer von zwei oder drei christlichen Verteidigern, Überlieferungen und Ansichten über den eigentlichen Vorgang des Wechsels, und schließlich die verblassten Gemälde, zerbrochenen Skulpturen, die groben Grabinschriften in finsteren Katakomben; das sind die unzureichenden, wenn auch interessanten Materialien aus denen man das Bild der frühen Kirche reproduzieren muss... Wenn diese Lücke einmal übersprungen ist, nähern wir uns dem Punkt, wo die Kirchengeschichte wieder Geschichte wird."
*Ähnliche Aussagen entstammen aus The Edinburgh Review (April 1870) bei einer Besprechung von Renan's St. Paul. Nachdem er die Geschichte bis zur Ankunft des Apostels in Rom besprochen hat, fährt der Rezensent fort:
*"Einmal dort angekommen, einmal dort fest eingepflanzt in dieser zentralen und maßgebenden Position, verschwindet die Gemeinde plötzlich mit all ihren prägenden Gestalten aus dem Blickfeld. Die dichtesten Wolken verdunkeln plötzlich ihre Geschichte, die unsere eifrige Neugier vergeblich zu durchdringen sucht. Sie ist in einem Schwall von Rauch so völlig verschwunden, wie wenn ein Zug in einen Tunnel eintaucht. Die Ankunft St. Pauli in Rom markiert für das Urchristentum den Beginn einer tiefen Nacht, beleuchtet nur von den gespenstischen Feuern bei Neros schrecklichen Festlichkeiten... Die Geschichte vom Leben St. Pauli und die Geschichte der Zeit der Apostel enden beide ganz plötzlich. Schwarze Dunkelheit fällt über die Szene, und eine schreckliche, lastende Stille wie die Stille vor einem kommenden Sturm bannt, in lautloser Erwartung des Tages des Herrn, die schreckensstarre, atemlose Gemeinde."
*Alles, was wir (als Gläubige aus den Heiden) an geistlicher, dogmatischer und kirchlicher Anleitung haben, sind also die Briefe aus der Gefangenschaft (Epheser, Philipper, Kolosser und 2. Timotheus); und alles, was die Hebräer als Anleitung hatten, war der speziell an sie gerichtete Brief. Aber sie und wir haben die ganze Bibel "uns zur Lehre."

Die älteste bekannte Schrift ist die Didache, oder "die Lehre der zwölf Apostel für die Heiden." Sie blieb unentdeckt bis 1883 und wurde seither in verschiedenen Ausgaben und Übersetzungen veröffentlicht. Allgemein nimmt man an, sie stamme aus dem zweiten Jahrhundert ("Es scheint das klügste zu sein, das ganze Werk nicht viel früher als 120 n.Chr. zu datieren, und es gibt Passagen, die wohl jünger sein mögen" Encycl. Brit. 11 th (Camb.) edition, Band 8, Seite 202). Sie besteht aus moralischen Geboten und Pflichten, Regeln über Fasten, Taufe und Abendmahl, das Beachten von Riten, so grundverschieden von dem, was wir in der Apostelgeschichte lesen, wie man sich das nur vorstellen kann: Sie schließt mit ernsten Warnungen vor dem "Jüngsten Gericht." Was immer auch die Bedeutung des Wortes "opfern" in einem Zitat aus Mal 1:14 in Verbindung mit dem eucharistischen Dienst bedeuten mag, es zeigt, dass bereits diese Saat ausgestreut war, die in späterer Zeit eine so reichliche Ernte an Irrlehren hervorgebracht hat.

Nach den internen Belegen beurteilt, unabhängig von irgendwelchen chronologischen Daten, ist die Degeneration so offensichtlich, dass wir es nicht als frühe Schrift eines reinen Christentums betrachten können. Vielmehr fällt auf, dass es die Anfänge eines verderbten Christentums sind und des Abfalls, der in 2Thes 2:3 geweissagt ist, der in diesen letzten Zeiten stattfinden sollte, eben als der Dienst derer, "die es gehört haben," was der Herr geredet hatte, sein Ziel erreicht hatte.

Die Aussetzung der parousia durch die Zerstörung Jerusalems war das Ergebnis der "reißenden Wölfe," von deren Kommen "nach meinem Abschied" der Apostel Paulus durch göttliche Inspiration wusste (Apg 20:29). Wenn diese "reißenden Wölfe" jemals gekommen sind, dann war die Lehre der "Didache" ein Musterbeispiel des Schadens, den sie anrichten können. Die "reißenden Wölfe" sind die einzige "Apostolische Sukzession," von der in der heiligen Schrift die Rede ist. Die Didache offenbart den Beginn des Verfalls der Wahrheit, der zum "finsteren Mittelalter" führte und sich zu den schlimmsten Fehlern der römischen Kirche entwickelte und vervollkommnete, zu denen heute so sehr viele zurückkehren möchten.

Folgen der Geschichts-Lücke

Unkenntnis über diese Lücke in der Kirchengeschichte hat zu der bereitwilligen Annahme der Hypothese geführt, dass "die Gemeinde zu Pfingsten begann." Die Folge davon war, dass die vier Evangelien und die Apostelgeschichte in die paulinischen Briefe hineingelesen werden, und dort bei vielen Lesern ihren Platz gefunden haben; oder diese Briefe werden betrachtet, als könne man sie vernachlässigen, weil man sie in dieser Verbindung nicht richtig verstehen kann.

Nichts kann klarer sein als die nachdrückliche Aussage (Röm 15:8-12), die den zur zweiten heilsgeschichtlichen Phase gehörenden Teil des Römerbriefs einleitet:

"Denn ich sage: Christus ist ein Diener der Beschneidung (Lu.: Juden) geworden um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, um die Verheißungen zu bestätigen, die den Vätern gegeben sind" (Röm 15:8).

Die erste dieser Verheißungen steht in 1Mo 12:2.3. Sie erging an Israels Stammvater Abraham mit den Worten:

"Und ich will dich zum großen Volk machen
und ich will dich segnen
und dir einen großen Namen machen,
und du sollst ein Segen sein.
Und ich will segnen die dich segnen,
und verfluchen, die dich verfluchen;
und in dir sollen gesegnet werden alle Geschlechter auf Erden.

In dieser siebenfältigen Verheißung ist jeder Teil durch die Sprachfigur Polysyndeton (die Wiederholung der Konjunktion "und") als absolutes "Versprechen" ohne jede Bedingung angezeigt und hervorgehoben. Somit war das ein unbedingter Bund, und deshalb muss und wird er von Jahwes Seite her noch getreu bis auf den letzten Buchstaben erfüllt werden, ungeachtet Israels damaligen Unglaubens und fortdauernden Ungehorsams.

Dieser unbedingte Bund enthielt Grundlage und Kernstück dessen, was "die Verheißungen, die den Vätern gegeben sind" genannt wird. Und eins der großen Ziele im Wirken des Messias war die Bestätigung und Durchführung dieser "Verheißungen," die damit geendet hätten, dass Israel zum Kanal des Segens für "alle Geschlechter auf Erden" gemacht worden wäre.

Röm 15:8 bestimmt die Reichweite der vier Evangelien und lässt uns erkennen, was in Wahrheit Zweck und Ziel des Wirkens des Herrn war, als

"ein Diener der Beschneidung.“

Das Wort "Beschneidung," in diesem Zusammenhang gebraucht, hat hier einen tiefen Sinn. Es hebt den Unterschied zwischen Israel und allen anderen Völkern im Blick auf die Religion hervor, so wie das Wort Hebräer im Blick auf die Sprache, das Wort Israel im Blick auf die Abstammung, und das Wort Juden im Blick auf ihre Zerstreuung und Nationalität.

Das bringt uns auf den Umfang des Wirkens des Herrn. Und wenn wir studieren, wie dieses Wirken in den vier Evangelien dargestellt ist, dann finden wir, dass es jeweils zwei Begriffe zum Gegenstand hat:

Das Königreich und den König.

Nehmen wir als Beispiel das Matthäus-Evangelium. Dort finden wir die folgende Anordnung:

A Mt 4:12 - Mt 7:28: Das Königreich (verkündet)
B Mt 8:1 - Mt 16:20: Der König (verkündet)
B Mt 16:21 - Mt 20:34: Der König (abgelehnt)
A Mt 21:1 - Mt 25:46: Das Königreich (abgelehnt)


Das Zeugnis der Schrift

Somit erfahren wir, dass das Wirken unseres Herrn auf die Beschneidung begrenzt war, und die Verheißungen bestätigen sollte, die Gott den Vätern des Volkes Israel gegeben hatte. Also konnte es keineswegs etwas zu tun haben mit der "Gründung einer Gemeinde" oder der Stiftung einer "christlichen Religion".

Wir haben das in dem Gleichnis aufgezeigt, das der Herr selber anführte: "Die königliche Hochzeit." Zweimal lehrte er in Gleichnissen über das Königreich: In Mt 13 die Proklamation des Königs und in Mt 21.22 die Ablehnung des Königreichs.

Zu den späteren Gleichnissen gehört das von den bösen Weingärtnern. Nachdem der Eigentümer wiederholt Knechte gesandt hatte, Früchte des Weinbergs zu holen, die aber schändlich misshandelt worden waren, sandte er seinen Sohn, den brachten sie um. Darin haben wir die Geschichte der Propheten und der vier Evangelien.

Im Gleichnis von der königlichen Hochzeit haben wir seine Knechte (Johannes den Täufer und den Herrn), die ausgesandt wurden, die Gäste zu rufen, die bereits eingeladen waren (von den Propheten des Alten Testaments), denn das Fest war nun fertig vorbereitet.

"Doch sie wollten nicht kommen."

Das war das Ergebnis und das Ende des Wirkens des Herrn. Dann erfolgt, was eine Kurzfassung der Apostelgeschichte darstellt:

"Abermals sandte er andere Knechte aus (Petrus und die Zwölf) und sprach: sagt den Gästen:
Siehe, meine Mahlzeit habe ich bereitet,
meine Ochsen und mein Mastvieh ist geschlachtet,
und alles ist bereit;
kommt zur Hochzeit!

Aber sie verachteten das und gingen weg, einer auf seinen Acker, der andere an sein Geschäft. Einige aber ergriffen seine Knechte, verhöhnten und töteten sie. Da wurde der König zornig und schickte seine Heere aus und brachte diese Mörder um und zündete ihre Stadt an" (Mt 22:1-7).

Was ist das anderes als ein Abriss der Apostelgeschichte und der Zerstörung Jerusalems?

Das sagt uns, dass die Apostelgeschichte ein
geschichtliches Buch

ist, das als Geschichtsbuch eine einzigartige Stellung im Wort Gottes hat. Es beschließt die geschichtlichen Bücher der ganzen Bibel. Die Geschichte der Verfehlungen Israels wäre unvollständig und hätte, ohne das uns in diesem letzten geschichtlichen Buch dargelegte Geschehen, keinen Abschluss. Dazu ist uns dieses Buch gegeben. Ohne das hätten wir die Geschichte der Ablehnung des Herrn im Land erfahren, und wie er durch sündige Hände gekreuzigt und getötet wurde, aber wir wären ganz in Unkenntnis geblieben über die Erfüllung des prophetischen Gleichnisses des Herrn aus Mt 22:1-7.

Obwohl die profane Geschichte uns von der Vernichtung dieser Mörder und vom Brand ihrer Stadt berichtet, wüssten wir ohne die Apostelgeschichte doch wenig von der wirklichen Ursache und nichts von der erneuten Verkündigung der Vergebung für dieses Volk, trotz seines größten Verbrechens; nichts von der wunderbaren Gnade Jahwes, die dieses Verbrechen in die größten Segnungen für sie verkehren würde, wenn sie seinen Sohn annehmen und ehren wollten; nichts von der wunderbaren Verheißung, ihn zu senden, mitsamt diesen Segnungen, um alle Prophezeiungen Jahwes von der Herrlichkeit für sein Volk und sein Land zu erfüllen und das alles unter der einzigen Bedingung, dass sie ihre nationale Buße zeigten, indem sie seinen Sohn ehrten.

Außerdem ist die Apostelgeschichte, obwohl weit entfernt, "der Beginn einer Gemeinde" zu sein, doch die Erfüllung der alten Prophetie aus dem "Lied des Mose" über Israels Geschichte, das in 5Mo 32:1-43 überliefert ist. Jeder Israelit musste das auswendig können. Es ist eine konzentrierte Prophetie über Israels ganze Geschichte, vom Anfang bis ganz zum Ende, über die apokalyptischen Gerichte bis hin zum Beginn des tausendjährigen Reiches.

Gott hatte zugesagt, der Gott Abrahams und seiner Nachkommen zu sein (1Mo 17:7). Aber Israel hatte sich der Abgötterei schuldig gemacht, die bei allen Propheten als (geistliche) Hurerei bezeichnet wird, und hat sich nie von ganzem Herzen zu Jahwe bekehrt (der doch ihr Ehemann war). Die Nation hatte die Buße abgelehnt, zuerst bei den Propheten, dann bei Johannes dem Täufer und dem Herrn selbst; zuletzt auch, als der Heilige Geist "durch die, die es gehört haben" ihnen Zeugnis gab "durch Zeichen, Wunder und mancherlei mächtigen Taten" und durch Geistesgaben. So wurde schließlich das Urteil der Ausmerzung verkündet.

Somit haben wir in der Apostelgeschichte den (aus jüdischer Sicht) von außen geschilderten historischen Bericht dessen, was (aus heidnischer Sicht) intern und in gleichnishafter Form in dem heilsgeschichtlichen Teil des Briefes an die Römer dargestellt wird. Die Lehre vom Olivenbaum hat überhaupt nichts mit der christlichen Gemeinde zu tun, sondern drückt den ganzen geschichtlichen Übergang aus, der in der Apostelgeschichte ausführlich dargestellt wird.

5Mo 32:20.21 und Jes 28:14-21 mit Hab 1:5 kombiniert, werden gleichermaßen in der Apostelgeschichte und im Römerbrief als Begründung aus der Schrift angeführt, einerseits für den historischen Bericht und andererseits für die heilsgeschichtliche Lehre.

Wenn wir diesen Schlüssel jetzt in die Hand nehmen, dann eröffnet er uns die folgende Struktur der gesamten Apostelgeschichte:

(Wendung nach innen und Ausweitung)

C Apg 1:1-3: Einführung.
D E Apg 1:4 - Apg 2:13: Jerusalem. Mission des Heiligen Geistes. Zurüstung der Zwölf für ihren künftigen Dienst.
F Apg 2:14 - Apg 8:1a: Der Dienst des Petrus (und anderer) für das Volk in Jerusalem und im Land.
G Apg 8:1b - Apg 11:30: Der Dienst des Petrus im Land Israel (1) an den Juden und (2) an den Heiden.
H Apg 12:1-23: Jerusalem. Petrus' Verhaftung und Gefangenschaft, anschließender Aufenthalt (Cäsarea) und Ende seines Dienstes.
D E Apg 12:24 - Apg 13:3: Antiochien. Mission des Heiligen Geistes. Zurüstung des Paulus und Barnabas für ihren weiteren Dienst.
F Apg 13:4 - Apg 14:28: Der Dienst des Paulus (mit anderen) in der Diaspora; getrennt von Jerusalem und den Zwölf.
G Apg 15:1 - Apg 19:20: Paulus' Dienst in der Diaspora in Gemeinschaft mit den Zwölf (wird "den Juden ein Jude").
H Apg 19:21 - Apg 28:29: Jerusalem. Paulus' Verhaftung und Gefangenschaft, anschließender Aufenthalt (Rom) und Ende seines Dienstes.
C Apg 28:30.31: Abschluss.


Nur wenige Worte sind jetzt zu den großen Abschnitten, die hier augenfällig dargestellt sind, noch notwendig.

Als die Ereignisse der Apostelgeschichte begannen, hatte die Erfüllung des Liedes 5Mo 32:20 erreicht, und es stand noch aus, dass sichtbar würde, was an denen geschehen sollte, von denen dort gesagt ist:

"... es ist ein verkehrtes Geschlecht, es sind untreue Kinder."

An ihnen sollten die Worte von 5Mo 32:21 erfüllt werden:

A a "Sie haben mich gereizt
b durch einen Nicht-Gott.
B c Sie haben mich erzürnt
d durch ihre Abgötterei.
A a Ich aber will sie wieder reizen
b durch ein Nicht-Volk.
B c ch will sie erzürnen
d durch ein gottloses Volk.“


Diese Worte sind der Schlüssel zum Buch der Apostelgeschichte. Der Heilige Geist selber hat uns diesen Schlüssel in die Hand gegeben, damit wir im Geschehen der Apostelgeschichte die Erfüllung von 5Mo 32:21 (dieser Vers wäre sonst ganz ohne Erfüllung geblieben!), und die Gründe für die Übertragung der Vorzugsstellung von dem Volk, dessen Vätern sie verheißen waren, auf die Heiden (nicht auf die Gemeinde oder Kirchen) erkennen können.

In dem Abschnitt "E" verspricht der Herr Jesus, sie mit geistlicher Kraft auszurüsten und erklärt den elf Jüngern die heilsgeschichtliche Position. Er "redete mit ihnen vom Reich Gottes." Die Frage der Elf zeigt, was er gesagt hatte. Der Herr muss erklärt haben, dass, was immer das Ergebnis der Verkündigung sein würde, die im Begriff war, durchgeführt zu werden, doch zuletzt das Königreich "wiederhergestellt" werden würde, wie alle Propheten geweissagt hatten. Denn sie fragen: "Herr, wirst du in dieser Zeit wieder aufrichten das Reich für Israel?" Die Frage zielte nur auf die Zeit, nicht auf die Tatsache (Apg 1:6).

Im Teil "F" haben wir die zwölf Augenzeugen der Ereignisse im Land, von den Tagen Johannes der Täufers bis zur Auferstehung. Sie sollen nochmals zur Buße rufen und die große Verkündigung wiederholen, dass Jahwe auf die nationale Buße hin Jesus, den Messias, senden werde und nicht nur das Königreich für Israel wieder herstellen, sondern darüber hinaus auch alle Prophezeiungen erfüllen werde, die Gott durch den Mund aller seiner Propheten geweissagt und verheißen hatte.

Im Abschnitt "G" sehen wir Petrus den Dienst ausüben, der ihm in Mt 16:19 aufgetragen worden war. Er gebraucht die ihm übergebenen Schlüssel, um das Himmelreich zu öffnen für (1) die Juden im Land und (2) die Heiden in Samaria und Galiläa. Diesen Heiden wurde es gewährt, an Israels Privilegien teilzuhaben, damit die vielen Prophezeiungen erfüllt würden, die das gemeinsame Frohlocken der Heiden zusammen mit Gottes Volk Israel geweissagt hatten, die alle in dem "Lied des Mose" komprimiert sind (5Mo 32:43):

J e "Preiset, ihr Heiden,
f sein Volk;
K denn er wird das Blut seiner Knechte rächen
K und wird an seinen Feinden Rache nehmen
J e und entsühnen das Land
f und sein Volk.“


Alles reifte zu dieser Vollendung heran. Die Kräfte des zukünftigen Äons begannen sich zu offenbaren. Petrus "band" und "löste" in Ausübung richterlicher Funktionen, tat Wunder, die größer waren als die von Christus geschehenen (nach Christi eigenen Worten in Joh 14:12), bewirkte den Tod der Unehrlichen und erweckte Entschlafene vom Tod.

Die Zeichen, in Joe 3:1-5 geweissagt, begannen, erlebt zu werden; Zeichen des "großen und schrecklichen Tages des Herrn," der darein münden würde, dass "alles wiedergebracht wird, wovon Gott geredet hat durch den Mund seiner heiligen Propheten von Anbeginn" (Apg 3:21). Das Pfingstgeschehen war das, wovon Joel geweissagt hatte. Diese Tatsache wird vom Heiligen Geist durch Petrus nachdrücklich hervorgehoben. Alles war bereit, und alles wäre damals geschehen und hätte zu der herrlichen Herrschaft Christi und seiner Heiligen geführt, wenn die Nation den Ruf des Petrus befolgt hätte.

Aber parallel dazu ging der Abfall des Volkes im Land seinem Höhepunkt entgegen. Satan war ebenfalls am Werk und bereitete seinen Antichrist zu, indem er zu diesem Zweck Herodes gebrauchte, um mit der Ermordung des Jakobus die erste Bresche in die Mannschaft der zwölf Apostel und mit dem versuchten Mord an ihrem Leiter, Petrus. Schließlich ernannte er sich selber mit einer Blasphemie ohnegleichen zum Gott, wie das so nur noch der Antichrist selber tun wird (Apg 12).

Im Abschnitt "F" sehen wir die Erfüllung der Prophetie von 5Mo 32:20.21 und finden die Juden voller Eifersucht (Apg 13:45-51), das Volk von Ausmerzung bedroht, während wir im Abschnitt "G" die Aufnahme von Heiden (grundsätzlich) (Apg 13:41-47) durch das Apostelkonzil in Jerusalem bestätigt sehen (Apg 15). Die grundsätzliche Zulassung von Heiden zu den Privilegien Israels reizte die Eifersucht der Juden in der Diaspora (Apg 16 u. Apg 18), und es geschah während dieser Periode, dass Barnabas als Gefährte des Paulus im Dienst ersetzt wurde durch Silvanus, Timotheus, Trophimus, Tychikus und andere. Ebenfalls geschah es in dieser Periode, dass die früheren Briefe des Paulus geschrieben wurden, nämlich 1. und 2. Thessalonicher, 1. und 2. Korinther und Galater.

Am Schluss des Buches erreicht die historische Entwicklung ihren Höhepunkt mit dem Ausspruch aus Jes 6:9.10, der hier zum dritten und letzten Mal rezitiert wird (die andern beiden Male sind Mt 13:14.15 und Joh 12:39-41), und der die göttliche Prophetie von Israels Verurteilung zur Blindheit zeigt. Ein paar Jahre später wurde das prophetische Gleichnis vom Hochzeitsfest erfüllt: "Da wurde der König zornig und schickte seine Heere aus und brachte diese Mörder um und zündete ihre Stadt an" (Mt 22:7).

Seit diesem epochemachenden Ereignis, dessen volle Tragweite und tragische Folgen kaum jemand ermessen kann, hat Israel die Decke über den Augen und Herzen bis heute behalten. Einerseits sehen wir bis zum heutigen Tag, wie heidnischer Hass sich im Antisemitismus manifestiert, und andererseits gab es nie so erbitterten Hass der Juden gegen die Bekehrungsbewegung.

Mit der Apostelgeschichte endete zunächst die jüdische Geschichte. Aus biblischer und heilsgeschichtlicher Sicht, die Jakobus in Apg 15:13-17 unter Berufung auf Am 9:11.12 in Verbindung mit anderen Prophezeiungen darlegt, wird sie auch nicht wieder aufgenommen werden, bevor Entscheidendes geschehen sein wird: Gottes Ratschluss von dem Mysterium (oder Geheimnis), das vor den Propheten verborgen war (1Petr 1:10-12; Eph 3:9), muss nicht nur den Heiden gepredigt worden sein, sondern es muss auch der Leib Christi in die Herrlichkeit aufgenommen und mit Christus als dem Haupt vereinigt worden sein (1Tim 3:16; Phil 3:14; Kol 3:4).

Denn im derzeitigen Wirken des Heiligen Geistes wird es eine Veränderung geben, eine Rückkehr zum ursprünglich pfingstlichen Wirken. Damit werden die noch ausstehenden Verse vom "Lied des Mose" (5Mo 32:22-43) wieder aufgenommen und erfüllt:

Der große und schreckliche Tag des Herrn wird kommen (Joe 3:1-5).
Für die "Entronnenen, die der Herr berufen wird" (Joe 3:5; Apg 3:19; Dan 9:7), wird das Reich Israel wieder aufgerichtet (Apg 1:6).
Die apokalyptischen Gerichte gipfeln darin, dass die Himmel sich öffnen und der Herr herabsteigt in die Luft (1Thes 4:16.17; Apg 3:20).
Da stehen dann die Füße des Menschensohns auf dem Ölberg, von wo seine Jünger ihn gen Himmel fahren gesehen haben (Apg 1:11.12).
So wird sich seine eigene Verheißung erfüllen, die er bei seiner Himmelfahrt gemacht hatte (Apg 1:3.6).

Wir müssen die weitere Betrachtung dieses Gegenstandes für später aufbewahren, wenn wir zeigen werden, dass die besondere heilsgeschichtliche Phase der Apostelgeschichte weit entfernt davon, der Beginn der Kirchengeschichte zu sein, in Wahrheit vielmehr der biblische Abschluss der vergangenen Geschichte Israels war.

Außerdem ist sie charakterisiert:

Als Periode der Erwartung, gegründet auf Jahwes Verheißung durch die Propheten und in Apg 3:19-26.
Durch die apostolische Bestätigung der Worte des Sohnes (wie sie in den Evangelien festgehalten sind).

Durch das Zeugnis, das Gott zu dieser Bestätigung (die in der Apostelgeschichte festgehalten ist) noch hinzugefügt hat, einmal "durch mitfolgende Zeichen" (Mk 16:17-20), und zum andern durch "Zeichen, Wunder und mancherlei mächtige Taten und durch die Gaben des Heiligen Geistes nach seinem Willen" (Hebr 2:4; 1Kor 12:11).

Dann und nicht früher werden wir den Beweis zu würdigen wissen, den wir bereits gegeben haben, dass die Frühbriefe des Paulus nicht über den Rahmen der heilsgeschichtlichen Phase der Apostelgeschichte hinausgehen, sondern da hineingehören und mit deren Charakter übereinstimmen. Vorher werden wir die Entfaltung der neuen heilsgeschichtlichen Phase (in die unser Los glücklich gefallen ist) nicht verstehen können, die in den späteren Briefen offenbart ist, die er aus der Gefangenschaft an die Gemeinden (in Ephesus, Philippi und Kolossä) geschrieben hat.

Lies weiter:
1. Phase der Erwartung