Des Menschen Würde und Fall: Unterschied zwischen den Versionen

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(Der Weg zur Höhe: Christus und der andere Adam)
(Schöpfung und Wiedererneuerung des Menschen)
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Version vom 18. September 2020, 17:24 Uhr

Michael Hahn

Einführung in seine Gedankenwelt
mit einer Auswahl aus seinen Werken

Von Gottlob Lang (1921)
Quellverlag der Ev. Gesellschaft, Stuttgart

Inhaltsverzeichnis des Buches
Kapitel davor:
Die Welt

Des Menschen Würde und Fall

[[Des Menschen Würde und Fall Schöpfung und Wiedererneuerung des Menschen

Der Weg zur Höhe: Christus und der andere Adam Der grosse Raub und seine Wiedererstattung Gethsemane und Golgatha Das königlich-priesterliche Walten des Erhöhten]]

Zwischen dem ursprünglichen Zustand des Menschen und dem Zustand der gefallenen Menschheit spielt sich eine ergreifende Tragödie ab, zu der er die Elemente in freier kühner Weise aus den ersten Blättern der Bibel nimmt, und mit seinen Geisteserkenntnissen verschmilzt (Bei der Skizze der Grundgedanken schließe ich mich dem Gedankengang von VIII, 6. und 7. Betrachtung, an; der Gedankengang kehrt in einer Reihe von Variationen wieder: System 89 ff, 224 ff, 258 ff; VI, 2.Abt.777 ff; XI, 1.Abt; 1.Brief; X, Nr.22 u.a.).

Der Mensch war ursprünglich mit einer unvergleichlichen Würde umkleidet, und Träger einer jetzt zerstörten Gottesharmonie. Majestätisch durcheilte der Ruf die Schöpfung: „Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei!“ Angeredet sind hier die Schöpfungskräfte, die sich in der Kreatur zerteilt hatten, und sich noch einmal konzentrieren sollen zu einer zusammenfassenden, krönenden Offenbarung. „Da Gott durch den Eingeborenen in vielen Welten, Ausgängen, Geschöpfen, Geschlechtergattungen sich geoffenbart hatte, wollte er aus allem eine Tempelhütte seiner Gottheit schaffen, in deren er wohnen und wandeln, ruhen und wirken wollte; in deren und durch die seine Herrlichkeit sich könnte offenbaren (System, S.92). Aus den drei Welten war der Mensch geschaffen, sodass er ein kleines All, ein kleines Ganzes vom großen Ganzen, einen quintessentialischen Extrakt von allem Geschaffenen darstellt. Dabei war die Finsternis dem Licht untertan und untergeordnet.

Alle Zerteilung ist Hahn an diesem Wesen undenkbar, welches ein vollkommenes Ebenbild Gottes, des Einen, darstellt. So sieht er Adam männlich-jungfräulich: die männliche Feuertinktur und die weibliche-sanfte Lichts-Tinktur sind in ihm vereinigt. Sein Leib war ein anderer als der unsere, nicht vierelementisch grob, sondern ätherisch-einelementisch. Die Schönheit dieses Paradiesleibs wird in hohen Worten geschildert: (X, Nr.22, V.14 f.)

Sein Leib war also engelrein
Und ohne alle Flecken,
Nicht schwach, nicht krank, nicht tierisch, nein,
Er musste ihn nicht decken.
Er war nach Gottes Ähnlichkeit,
Voll Glanz und voller Herrlichkeit,
Wie einst beim Auferwecken.
Es herrschte weder Tod noch Fluch
Noch Finsternis, noch Sünde
Wie sehr ich forsche, denk und such,
In diesem Gotteskinde.
Also war dieser Körperbau
Die kindlichst-männliche Jungfrau,
Wie ich es klar befinde.

Das Bindeglied zwischen Gott und dem Menschen war die Weisheit, die „himmlische herrliche Jungfrau Sophia“ (XIII, 1.Abt, S.16; Betrachtung 4 und öfters). Sie wurde ihm zum Vorwurf, d.h. Gegenstand seiner Liebe gegeben, dass sein Gemüt sich in sie ein-schauen und zugleich seinen Ruhegrund wie den Urquell aller Schaffenskraft haben sollte. Durch sie war der Mensch ergänzt in einer höheren, edleren Weise als jetzt Mann und Frau einander ergänzen; wenn die Bibel sagt: er schuf sie einen Mann [zakar] und ein Fräulein [nekeba = u.a. Mädchen], so ist mit dem Fräulein die Weisheit gemeint – sie wird geradezu als die Braut Adams bezeichnet.

Von dem Menschen sollten Lebenseinflüsse, Kraftzuflüsse ausgehen in die übrige Natur, die wir uns genauer mit ihm verbunden, und unter ihn gestellt denken müssen als in der jetzigen Zertrennung. Adam sollte der offene Lichtpunkt, die Mittelsubstanz, ja man könnte sagen: der Erlöser für die niedrigen Schöpfungswelten sein, namentlich auch für die Tiere. Und das ist noch nicht das Letzte: noch Größeres war ihm vorbehalten:

„Als Adam im Paradies stand, als die Quintessenz aller Dinge, so wollte nicht nur die höllische Welt mit ihren Eigenschaften durch ihn offenbar werden und sein, indem sie in ihm die höllischen Eigenschaften aktivieren wollte (er war ja aus drei Welten geschaffen, der unsichtbaren guten, der unsichtbaren bösen und der sichtbaren natürlichen), sondern es wollte auch sein Lebenslicht herrschen und den Himmel offenbaren (welches Adam hätte tun sollen), so wären Götterbilder aus ihm getreten und hätten den Ort der gefallenen Engel eingenommen, jene vertrieben, und dann hätte Adam regiert, und wäre der Himmel und sein Heer, mit der dazugehörigen Erde, Sein und der Seinigen Wohnort gewesen. Aber dem Gefallenen und seinem Anhang wäre nicht geholfen gewesen“ (System 226 f).

Nun setzen die ersten Akte der großen Tragödie ein. Die Lebenslinie Adams hätte gehen sollen von unten nach oben; er sollte die Kreatur ja zu Gott emporführen. Diese Linie aber hielt er nicht ein, sondern wandte sich gerade der Kreatur zu, die ihn doch nicht nähren und stillen konnte, da er ja das Herz und der Extrakt von ihr war. Durch diese verkehrte Richtung wird sein Wollen entzündet: er riss sich von Gott [los], und sein Willensleben wurde ein eigenes Leben, eine „Magia voll Gierigkeit“ (X, 22, V.21), er wird sich seiner Herrschaft über die Natur bewusst und nützt sie aus (XI, 2.Abt, S.134; 24.Brief). Endlich erweckt in diesem Ausgekehrt-Sein das sinnliche Liebesspiel der Tiere, das er beobachtet, in ihm eine Lust und ein Verlangen nach einem irdischen Gegenbild. In diesem Prozess war der Mensch der Kampfplatz der unsichtbaren guten und der unsichtbaren bösen Welt, die beide es an nichts fehlen ließen; als er durch die Willenswahl des Menschen entschieden war, da wich seine himmlische Braut, die Weisheit, von ihm: er ist allein.

Die Strafe ist: er bekommt seinen Willen. Aus der Paradieswelt sinkt er in den irdischen Garten Eden; „da wendete sich das Rad seiner Seele um, und Adam sah sich im Irdischen“ (VIII, 1.Abt, S.25; Betrachtung 7). Aus dem verderbten Wesen der Elemente zieht er durch seine Willens-Begier so viel an sich, dass sich ein tierischer Leib mit grobem Fleisch und dickem Blut bildete. „Sein Paradiesleib war also verblichen und in das Inn‘re gekehrt und gewichen“ (I, Lied 297, V.2). Damit hat Adam der Kreatur tinkturialisches Wesen geraubt, statt es ihr mitzuteilen, worin Hahn eine besonders ernste Seite des Sündenfalls sieht. Und nun ertönt der erste Misston durch die Schöpfung: es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei; auch hier bekommt Adam seinen Willen zu seinem Unheil: Die Tinkturen werden gespalten in Mann und Weib in seelischer und körperlicher Trennung und noch weiterer Vergröberung. In einem magischen (vierzigstündigen) Schlaf schaut und erschafft sich Adam das weibliche Gegenbild, bis es in Eva als Wirklichkeit vor ihm steht – „wollend schaffte sein ganzes Gemüt, eine Gehilfin sich zu erzwingen." (Schöne dichterische Verklärung der Darstellung in 1Mo 2:21. – I, Lied 299, V.15). Noch stand, als Verkörperung oder Materialisation der himmlischen Weisheit, der Baum des Lebens lockend und einladend im Garten, aber ein Zug zu ihm war nicht mehr da; Adam hatte schon Finsternis und Eitelkeit, Kreatürlichkeit und Wesen des Todes in sich gezogen (VIII, 1.Abt, S.23; 6.Betrachtung). Und das Essen von dem verbotenen Baum ist nun der Schlussstein einer langen Entwicklung, der den Fall offenbar macht und die ersten Menschen als verarmte Halbgötter ins Elend stößt. Die leere, ausgestohlene Ewigkeit in unseren Herzen, der fleischliche und kränkliche Demütigungsleib, das Seufzen und Ächzen der stummen, des Lebenszuflusses beraubten Kreatur, erinnert an den Verlust: „O Adam, was hast du getan!“

Der Fall Adams ist in der Hahnischen Schilderung viel mehr, als im biblischen Bericht zutage liegt, der Fall eines Giganten. Hahn lehrt uns den Anlass zum Fall des ersten Menschen tiefer anzusehen als nur die Versuchung eines Kindes, das an einem einfachen Verbot zu Fall kommt. In der Tiefe, in der Hahn uns den Fall zeigt, sehen wir mit enthalten die Versuchung des Jünglings, dem sich nach der Einfalt der Kinderjahre die lachende Welt verführerisch andrängt – und die des Mannes, dessen Seele zweier Welten Schlachtgebiet ist, wo er sich in bewusster Wahl auf eine Seite schlagen muss, des religiösen Menschen überhaupt, bei dem gerade auf Zeiten der Höhe (Verlobung mit der Sophia) in einer Ermattung ein gefährlicher Umschlag erfolgen kann. Darum sind auch die Folgen so ungeheuer schwer.

Sehnsucht nach der verlorenen Einheit

(aus dem Lied „Ach was hat Adams Fall“ X, Lied 20, V.14 ff, einem der stärksten rein lyrischen Ergüsse)

O edler Perlenkranz!
O weisheits-lichter Glanz!
Du fehlest mir.
O Gott! ich bin wie Tier
Vor deinem Auge hier;
O schlechte Zier!
Ich hasse meinen Leib,
Wär gerne Mann und Weib,
Doch beides nicht.
Männlich jungfräulich rein
Wollt ich gern wieder sein,
Voll Glanz und Licht.
O Jesu Jehovah!
Die Weisheit, die mir nah,
Umgab mich ganz.
Da war mein lichter Leib
Nicht Mann und auch nicht Weib,
Nun fehlt der Kranz.
O wer schafft mir doch Rat?
Jehovah schenk doch Gnad,
Hilf wieder mir!
Der du allmächtig bist,
Hilf mir durch Jesus Christ
Zur Ehre dir!
Statt diesem Sündenleib,
Der Mann ist oder Weib,
Schenkt er, o Gnad!
Die reine Wesenheit
Mit der Geist-Leiblichkeit;
Schafft wieder Rat.
Statt Männlich-weiblichkeit,
Gibt es Geistleiblichkeit,
Macht Jungfrau-rein.
Sein Blut als die Tinktur
Gibt wieder Tempratur,
Licht, Glanz und Schein.
Ganz frei macht er vom Fall;
Den neuen Erdenball
Schenkt er der Braut,
Der Braut, die um ihn ist,
Bedenks, mein lieber Christ!
Werd‘ ihm vertraut.

Schöpfung und Wiedererneuerung des Menschen

durch Jesus Christus, als dem Schlangentreter, ins Bild Gottes.

1Mo 1 u. 3. (XI, 1.Abt, S.1ff; 1.Brief)

Immanuel! In demselben vielgeliebter Bruder!

Dein unlängst erhaltenes Schreiben enthält eine Menge von Fragen, die ich wegen Kürze der Zeit nicht alle ausführlich beantworten kann, wenn ich auch gleich Licht genug hätte, und mir an keiner Einsicht mangeln würde. Soviel mir daher die Zeit erlaubt, und das Licht des Lebens mitteilen will, eben so viel sollst du erlangen, und weiter begehre nicht.

Du fragst zuerst, aus was der Mensch gemacht sei? Moses sagt: Aus einem Erdenkloß, welches die Schrift noch weiter da und dort bestätigt. Hier ist aber nicht von der ganzen Schöpfung des Menschen die Rede; denn auf diese Art wäre er kein Bild Gottes gewesen. Wir müssen daher, um es recht zu verstehen, anders fragen, nämlich: Wie? und aus was ist der Mensch zum Bilde Gottes erschaffen worden? Dies zu fragen ist Menschen erlaubt.

Ich will meine Antworten einstweilen nur als Vermutungen bezeichnen, es möchte mir über eine Weile ein helleres Licht aufgehen, und dann müsste ich das, was ich vorher für bestimmt geschrieben hätte, wieder zurücknehmen, was mich dann sauer ankommen würde. Indessen sei aber versichert, dass das, was ich dir jetzt schreibe, aus dem Licht meiner jetzigen Erkenntnis sei; zwar nicht alle, doch etwas davon.

Also: Wie und aus was ist der Mensch geschaffen worden? Auf einmal gefragt und miteinander beantwortet: Nach Gottes Bild ist er geschaffen worden, und zwar quintessentialisch, extraktisch aus allem dem, worin sich Gott geoffenbart hatte, es sei sichtbar oder unsichtbar; aus zwei unsichtbaren Welten, aus einer bösen und guten, und aus einer sichtbaren Welt, welche eine vermischte genannt werden kann, weil sie aus Böse und Gut zusammengesetzt ist. In diesen drei Welten hatte sich Gott geoffenbart. In der höllischen Welt: im Zorn und in der Finsternis; in der himmlischen: in Liebe und im Licht; in der irdischen, oder aus jenen beiden: in Böse und Gut, in Liebe und Zorn, in Licht und Finsternis. Sollte nun der Mensch zum Bilde Gottes geschaffen sein, so durfte an ihm aus der ganzen Offenbarung Gottes nichts fehlen, er musste aus dem ganzen Universum, aus allen Schöpfungsreichen gemacht sein; denn eben deswegen, weil er aus dem großen Ganzen ein quintessentialischer Extrakt, und also ein kleines Ganzes ist, ist er zum Bilde Gottes geschaffen. Allein aus diesem allen ist immer noch nicht recht klar, wie der Mensch erschaffen worden sei? Darum merke dir nun folgendes:

Wenn es 1Mo 1:26 heißt: Und Gott sprach: Lasset uns Menschen machen, ein Bild, das uns gleich sei; – so ist das bisher auf die Art erklärt worden: Es habe sich hier die Dreieinigkeit beratschlagt. Wir aber haben eine andere Vermutung; nämlich: Weil alles göttliche Sprechen ein Bewegen ist, so glauben wir, der Sinn dieser Worte sei folgender: Die Allwirksamkeit Gottes habe alle Kräfte im ganzen Schöpfungs-Reich bewegt, und das Passivum habe solches Bewegen sollen erleiden, und den quintessentischen Extrakt geben. Auf solche Weise ist der Mensch, das kleine Ganze aus dem großen Ganzen, als ein Meisterstück nach dem Original, durch alle Schöpfungskräfte aus allen Wesen erschaffen worden. Dies heißt nach meiner jetzigen Erkenntnis, zum Bilde Gottes geschaffen. Deiner Meinung nach ist aber, mein Bruder, dieser Mensch mehr aus der Finsternis als aus dem Licht, mehr aus Bösem als aus Gutem geschaffen, weil er mehr zum Bösen als zum Guten geneigt war. Dieses glaube ich aber gar nicht; denn ich vermute es nicht nur nicht, sondern ich glaube es für gewiss nicht. Ich will dir schreiben, was ich für gewiss glaube.

Alles ist in der schönsten Harmonie am Menschen gewesen. Er ist zwar auch aus der finstern Welt geschaffen, aber nur insofern es gut und nötig war, ein Bild der ganzen Offenbarung Gottes zu sein, also zu sein das kleine Schöpfungsbuch. Die Finsternis als das Docht, in dem sich das Licht sollte offenbaren, war nur mäßig, und war unter die Herrschaft des Lichts geordnet. Also das Licht herrschte in ihm; und wären die Geburtsquellen aller drei Welten in ihm nicht gewesen, also gar nichts von der Finsternis, so wäre er nicht Mensch, sondern Engel gewesen. Hauptsächlich merke auch das: Wenn er nicht gerade das Verhältnis der Finsternis, sowohl in der Qualität, als Quantität gehabt hätte, die er gehabt hat, so hätte er gar nicht können versucht werden. Hätte er weniger gehabt, so wäre er nicht versuchlich gewesen, folglich wäre er nur dem Satan zu gefallen, zum Schein versucht worden. Dagegen hätte Satan protestiert, mehr, als da es den Hiob zum ersten Mal angegriffen hatte. Und wenn der Mensch mehr Finsternis gehabt hätte, als er hatte, so wäre es unbillige [ungerechte] Forderung Gottes gewesen, wenn er hätte bestehen sollen, gerade als wenn Gott uns über Vermögen versucht werden ließe. Es ist also fast notwendig, dass du von deinen Gedanken abstehst, und glauben lernst, dass er versucht werden sollte und musste, dass er aber den Kampf wohl hätte bestehen können und sollen. In uns armen Menschenkindern ist es freilich ganz anders, als es in dem ersten Menschen war. So, wie wir jetzt von dem ersten Adam, als dem Stammvater aller seelischen Menschen herkommen, sind wir freilich aus sündlichem Samen gezeugt und in Sünden empfangen und geboren. Wir sind freilich mehr zu dem Bösen und zur Finsternis geneigt, als zum Guten und zum Licht; mehr zum Tod und Verderben, als zum Leben und ewigem Erhalten. Aber hinwiederum ist uns doch zu helfen; denn das Licht, welches im Fall tief in uns verborgen, und von der Finsternis sehr verschlungen ist, hat doch nun wieder an dem Lichts-Fürsten, an der am vierten großen Schöpfungs-Tag geborenen Sonne der Lichtwelt, einen mächtigen, ja allmächtigen Retter gefunden und erhalten, diese will erleuchten alle Menschen, die in diese Welt kommen (Joh 1:9).

Der Weg zur Höhe: Christus und der andere Adam

Wenn wir Adam und mit ihm die Menschheit in die Tiefe, in die sie von der Höhe gestürzt (ist), begleitet haben, so wird es keinen Zweifel geben, was das Heilsziel sein wird. Nicht bloß in erster Linie die Beseligung des Menschen, sondern seine Ergänzung und Wiederherstellung nach dem Bild, das er ursprünglich sein sollte. Und dahinter steht große Hoffnung auf die Erneuerung des Alls in verklärter Geistleiblichkeit. Als Bedingung zu beidem muss aber vorhergehen die Wiedererstattung dessen, was Adam geraubt hat.

Jesus Christus ist der, den Gott von Grundlegung der Welt zu diesem Beruf ersehen hat – und nur der Gottmensch konnte diese Aufgabe lösen. Folgender Gedankengang soll das begründen: Die pure, lautere Gottheit kann nicht auf die Kreatur unmittelbar wirken, ehe sie geistleiblich ist – sie bedarf einer Mittelsubstanz – und zwar eines Menschen, weil der Mensch der Extrakt der übrigen Schöpfung ist. Die Herrlichkeit Gottes begann sich stufenweise zu konzentrieren und zu begrenzen: schon in den Offenbarungen im Alten Testament (im alten Bund hat sie Geister durchgangen, gehüllt und gekleidet nach ihrem Verlangen), bis sie Fleisch wurde und sich fasste „in einem Mann von sechs Schuh“ (VI, 2.Abt, S.1205 zu Ps 113). Vom Höchsten zum Tiefsten stieg diese Leiter herab, oder: vom Innersten ins Äußerste entwickelte sich diese Spirale (Zirkumferenz-Leiter). Es macht darum Hahn gar nichts aus, zwischen der Weisheit, der Herrlichkeit – und Jesus im Ausdruck zu wechseln.

Auf seine Weise kommt Hahn dem uralten Problem bei: wie kann in der geschichtlichen Person Jesus Christus Gott gegenwärtig und wirksam sein? Die Antwort fällt bei ihm so aus, dass er Jesus Jehovah, den eingeborenen Sohn – trennt oder deutlich unterscheidet von Christus, dem Erstgeborenen der Kreatur. „Jesus Jehovah, der geoffenbarte Gott, ersah in dem angezogenen Offenbarungsgrund ein kleines Ganzes, Christus, den er zum Welterlöser und Wiederbringer erwählte“ (System 296ff). In dem Komplex Jesus Christus ist Jesus das Person bildende, Christus das zu gestaltende Moment. Zum Beispiel kann Hahn sagen: Das ewige Wort beseelte Maria und vereinigte seinen Willen so mit ihrem Willen im Gemüt, dass sie das Heilige gebiert. Im Leiden Jesu ist Jesus der opfernde Priester, Christus als kreatürlicher Wille und heiligreiner Leib das dargebrachte Opfer. Im Gethsemane rang Jesus in Christus mit Adam in Christus – daher der furchtbare Kampf. Jesus als der Herr der Herrlichkeit hat den Christus vom Tode erweckt; immer ist Jesus der Dominierende (Dogmengeschichtlich ausgedrückt gehört Hahn auf die antiochenisch-dyophysitische, nicht auf die alexandrinisch-monophysitische Seite, die das Dogma des fünften Jahrhunderts geformt hat). – Wenn wir etwa an Luther denken, fehlt dem Christusbild Hahns etwas die Lebensfarbe und Lebensfrische; er versagt sich auch hier das sinnliche Vorstellen und seelische Ausmahlen, um den Geist nicht zu verunreinigen. Dazu stimmt, dass er einmal sagt, er wünsche nicht einmal besonders, Jesus von Angesicht gesehen zu haben.

Der Weg des Christus – das ist das entscheidend Wichtige – geht nun vom Menschlichen empor oder vielmehr hinein ins Göttliche. In heiliger Entsagung und gehorsamen Leiden wird das Fleisch, der Wille, der kreatürliche Wille geopfert; damit wird die angenommene Menschheit Stufe für Stufe der Vergöttlichung und Unsterblichkeit fähig; das Fleisch wird durch den heiligsten Prozess seiner (der göttlichen) Gerechtigkeit geführt, um es geistleiblich zu machen (III, Eph, S.73; 17.Brief). Unter der Menschheit ist hier nicht nur die Seele, sondern auch der geheiligte, durchleuchtete Leib Jesu Christi gemeint. (Nur „die Gestalt des sündlichen Fleisches war sterblich“.) Der Kampf, der das natürliche Adamsleben Gott zum Opfer bringt, spielt sich am konzentriertesten in Gethsemane ab, wo alles Grobfleischliche sozusagen herausgepresst wurde in den blutigen Schweiß, und gereinigt durch das Feuer des ewigen Geistes. Auch hinter Golgatha, das für Hahn an Bedeutung gegenüber Gethsemane fast zurücktritt, sieht er ein metaphysisches Geheimnis: Die Seele ist an einem Kreuz geboren – an der Überkreuzung der drei höheren Eigenschaften der göttlichen Natur über die vier niederen (siehe Seite 35/36) – so musste Christus an einem Kreuz, dessen geistige Arme in die Höhe, Breite und Tiefe ragen, sein Leben lassen. Der Weg zur Geistwerdung führt den Sieger in die Totenwelt und das Planetensystem, dann den Auferstandenen ins Paradies, wo die Jünger ihn im Paradiesleib sehen können; endlich schwingt er sich durch die Himmelfahrt (die für Hahn wichtiger ist als die Auferweckung) ins Allerinnerste der göttlichen Majestät. Dorthin bringt er sein Blut mit, die kostbare, lichtfeurige Substanz, in der der Ertrag seines menschlichen Lebens gewissermaßen gefasst ist. Die irdische Menschheit ist mit der himmlischen, originalen Menschheit vereinigt.

Diesen Weg geht Jesus, der Christus, nicht bloß für sich, sondern für uns – besser gesagt: der Weg wiederholt sich Stufe für Stufe, Prozess für Prozess in den zur Vollendung Berufenen. Das sagen die lapidaren Sätze von der göttlichen Herrlichkeit:

Was wir nicht sind, das war sie ja
Und wurde, was wir alle waren,
Was sie ist, sollen werden wir
Und das noch auf der Erden hier,
Und das kann wohl durch sie gescheh‘n,
Sobald sie wird in uns eingeh‘n,
Denn in uns liegt die Möglichkeit,
Nur fehlt uns noch die Herrlichkeit. (I, 269, V.20)

Inwiefern ist die Verwirklichung des Heilsziels an Christus gebunden?

1. Der Christus auf seinem Erden-Weg ist der treue Wiedererstatter. Was Adam geraubt hat, hat Christus bezahlt. Bis ins Kleinste wird, wie bei alten Kirchenvätern, die Parallele durchgeführt: Adam hat vierzig Tage im (reinelementischen) Paradies verlebt, Christus vierzig Tage in seinem Zwischenzustand vor der Himmelfahrt. Adam hat in einem vierzigstündigen Schlaf geruht, Christus in vierzigstündigem Todesschlaf usw. Nicht bloß im Allgemeinen hat Christus bestanden, wo Adam versagte – seiner himmlischen Sophia Treue gehalten, wo Adam sich ins Kreatürliche verstricken ließ – sondern ganz speziell hat Christus in seinem Kampf in Gethsemane, der Kreatur die geraubte Tinktur-Kraft wiedergegeben. Um eine, freilich reichlich entfernte, Beziehung zu finden, sagt er: aus so viel Poren drang der blutige Schweiß, als Adam in Wollust Tiergattungen beraubt hatte.

2. Der in den Geist erhöhte Christus ist Lebensmitteiler. Hahn verfügt hier über eine Reihe zum Teil eindrucksvoller Bilder: Jesus ist die Lichtweltsonne, die alles belebt und regiert; ist der lebendige Stein, der alles berührt und tingiert; in sein verklärtes Fleisch und Blut kleiden sich die sieben Geister, die vom Thronquell der Gottheit in alle Lande ausgehen (vgl. Offb 1:4; die sieben Geister werden nirgends spezifiziert). „Auf diesen Ziel- und Kreispunkt des göttlichen Geburtsrades, als auf die Einheit der sieben Geister der Ewigkeit, insofern Er ist die Herrlichkeit, und also auf die Einheit der Dreiheit, insofern Er ist der Geist, eilt alles magnetisch gezogen aus der göttlichen Geburt hinzu, und erfüllt Ihn mit aller Fülle; und aus Ihm gehen aus die sieben Geister und wirken in alle, im Glaubensbegehren an Ihm hangende und magnetisch anziehende Seelen und Geister, und erfüllen solche mit ihrer Fülle“ (V, 3.Abt, S.107; 10. Brief).

Von ihm empfängt der sich Hingebende den Samen der Herrlichkeit, durch den er wirkliches Leben aus Gott empfängt, das allein auch wirkliches Erkennen Gottes ermöglicht (denn alles Erkennen ist ja ein Erkannt-Werden von Gottes Geist). Zwei auseinanderstrebende Gleichnisse legen sich ihm da nahe: Jesus ist der Stammvater des geistlichen Lebens und die Mutter, die ausgebiert, pflegt und nährt. Es ist für Hahn ein augenscheinlich unentbehrlicher Bestandteil seiner religiösen Erfahrung, den erhöhten Jesus als die Mutter anzureden. In einer Jugenddichtung heißt es z.B.:

Mutter! Du selber, du hast mich entwöhnet
Von der vergänglichen, irdischen Welt; –
Hat meinen Geist immer nach dir gesehnet,
Dass deine Fülle mir einzig gefällt,
So magst du selber dein Junges versorgen,
Das in dem irdischen Menschen verborgen. (I, Lebenslauf, S.60)

Wenn uns die Hereinziehung des Geschlechtslebens im Einzelnen fremdartig, und nicht immer geschmacksvoll erscheinen mag (und Hahn benützt es sehr häufig zum Symbol), so muss berücksichtigt werden, dass er auf diese, und vielleicht nur auf diese Weise das geistliche Leben als ein reales geistleibliches, gottentsprungenes darzustellen vermag. – Eine andere Anschauungsform, deren er sich bedient, ist: Der Gläubige isst und trinkt Christi Fleisch und Blut (in jedem von Christus kommenden Lebenseindruck, nicht nur im Abendmahl) und bekommt dadurch die Elemente zum Aufbau des Lichts-Leibs.

3. Der erhöhte Christus ist endlich bestimmt zum Erb-Herrn über das All, um die ganze Kreatur vom Dienst des Todes und der Eitelkeit in die Freiheit zu führen. Denn die in dem Geist erhöhte Menschheit Christi ist eine alles in ihre Natur verwandelnde Kraft- und Lebenstinktur. (Andere Ausdrücke: prima materia zur Neuschöpfung, Sauerteig aus dem kleinen Weltall für das große; I, 293, V.7: „Höfel“). Er, der der Erste ist im Ersten, der zur Geistleiblichkeit gelangt, wird der Letzte sein im Letzten. Dann huldigt ihm alles, alle Sonnensysteme, das ganze All. Was für Veranstaltungen der Universalkönig trifft, um andere Welten seinem Königreich und Priestertum einzuverleiben, wissen wir nicht; aber seine Mittelsubstanz zur Einwirkung auf die Natur der Erde sind die Jünger. Die Aufgabe der Nächstenliebe wird im Hahnischen System eigenartig ergänzt durch die Aufgabe der Heiligung des Kreatürlichen, seiner Befreiung vom Fluch durch dankbaren Genuss – „ein Christ ist ein lebendiger Altar“. Alles zielt darauf hin, dass die Kreatur mit ihrem Ursprung vereinigt, dass Gott alles in allen werde.

4. Um dem Versöhnungsamt Christi gerecht zu werden, redet Hahn auch davon, dass Jesu Erhöhung an den Thron der Gottheit, auch im Gottesleben selbst eine Veränderung hervorgebracht hat. Das Geistige seines Bluts floss in die vier ersten Eigenschaften der göttlichen Natur und sänftigte den Grimm des ewigen Geistes. In dem allerheiligsten, allerinnigsten Thronquell wird das Blut Jesu, in welchem ja der ganze Ertrag seines Lebens zusammengefasst gedacht ist, aufgenommen und erscheint als das Lämmlein, welches das Einheitsband bildet des Geistes der Ewigkeit, und des Geistes der Herrlichkeit. Sowohl die Gegenwirkung gegen das Böse, als die aufbauende Heilswirkung, ist gestärkt und sozusagen zur Vollendung gebracht. (In der aus der Offenbarung entnommenen Bildersprache: Das Lämmlein hat sieben Hörner und sieben Augen (Offb 5:6), System, S.198 u.a.). Und den schönsten Ausdruck für die Verwandlung findet er darin, dass der neutestamentliche Seher um den Gottesthron einen sanften Regenbogen sieht, „allen Geistern und Seelen das verzehrende Lichtfeuer der Gottheit erträglich und zugänglich zu machen“ – eine Lichterscheinung, von der Ezechiel noch nichts wahrnahm“. (V, Offb, 3.Abt, 108; 10.Brief).

Der große Raub und seine Wiedererstattung

(System 258-273) Ps 69:5: „Ich (auf den Messias gedeutet) muss bezahlen, was ich nicht geraubt habe.“

... Die erste Frage also ist: Wer hat geraubt? Und es kommt gleich eine Nebenfrage dazu: Wo hat der Räuber geraubt? Adam hat geraubt, und zwar im Garten Eden; er war der König, das Haupt und Herz der Natur, als quintessentialische, extraktische und fein organisierte Person in Mann und Weib, ein Männlein und ein Fräulein, oder eine männliche Jungfrau mit beiden, der männlich-feurigen und weiblich-lichtwässerigen Tinktur begabt, und konnte in alle Natur und Kreatur tinkturialisch und magisch einwirken, und nach seinen Gedanken die Tinktur der Natur und Kreatur bilden, beherrschen, aber auch beleben; in alle Kreaturen und Elemente konnte er als ein solcher Adam, als der Verständigste und Kräftigste herrschen; sein Herrschen lief durch kein moralisches Gebieten, sondern durch ein, nach seinen Gedanken die Magia der Natur, lenkendes magisches Seelengeschäft; er war seinen Untertanen kein Verdruss, sein regierendes Einwirken war ein Lebenseinfluss von Licht und Paradieswesen für den, der beherrscht und regiert wurde. Was die äußere Sonne der Natur, als ein offener Punkt der Lichts-Welt ist, das war Adam auch der Natur und Kreatur in noch höherem Grad, als er Paradiesmensch im Garten Eden war; denn er war in der Temperatur des Ein- und Reinelements. Und wie der Strom des einfachen Reinelements in die vier Elemente fließt und sie segnet, so Adam die Natur und Kreatur. Er war die Mittelsubstanz, durch welche Gott Licht und Leben auf die lebendigen Dinge in der Natur fließen ließ. Diese große Person hat geraubt, und zwar auf die Frage: wo? Antwort: Im Garten Eden.

Die zweite Frage ist: Wem ist denn geraubt worden? Antwort: der Natur und Kreatur, deren Herz und König, deren Lebensbrunn Adam war. Wäre es nicht ein großer Raub für Natur und Kreatur, wenn jemand, wenn allenfalls ein Engels-Geist unsere Sonne aus ihrem System wegstehlen und wegnehmen könnte? Würde nicht in der Zeit von 24 Stunden überall eitel Hölle und Tod offenbar sein? Würde denn auch etwas wachsen, leben und sich vermehren können? Würde nicht alles im kalten Feuer der Natur erstarren? Wäre es nicht ein großer Verlust, wenn uns jemand aus Herz und Hirn den Verstand und das Leben raubte? Und kann dieses nicht durch Magia Nicromantica [Totenbeschwörung] geschehen, wenn es Gott zulässt? Eben so viel hat Adam der Natur und Kreatur geraubt, und zwar so, dass der Raub ihn, und denen er raubte, unglücklich machte. Wie ist es aber zugegangen, könnte die Nebenfrage sein? Antwort: Adam war aus allen Lebenseigenschaften der Geschlechter und Geschöpfs-Arten geschaffen, sonst hätte er nicht in alles und in allem in sein Gleiches herrschen und wirken können. Daher, als der Weltgeist in ihm, in seiner Vernunft spielte, hätte er dies nicht beachten, sondern das Spiel seiner blühenden Sophia betrachten [sollen] im Paradies. Da er aber sich [dazu] erniedrigte, das Spiel des Weltgeistes zu betrachten, wollte ihn der gleich in der äußeren Welt zum Schweinehirten äußerer Sinne machen. Und das geschah auch. Denn er erniedrigte sich zur Knechtschaft der Sinne, und fiel unter die Herrschaft seines Knechts, der ihm untergeordnet war, der es auch verlangte. Aber der Unverstand ließ Adam, nicht wissend, was er tat, seinen Adel vergessen. Es gingen daher so viele Willensarten und magische Kräfte von Adams Seele, dem Sophien-Thron aus, in unterschiedenen Tinktur-Arten, als Geschlechter und Geschöpfs-Gattungen sind (und als sich Schweißporen an dem heiligen Leibe dessen eröffneten, der wieder bezahlen musste, wie wir hernach hören werden). Daher raubte Adam einem jeden etwas, und zwar etwas Kostbares; er war aber hinters Licht geführt, der Teufel hatte sich durch den Weltgeist an ihn gemacht, er beneidete den an seine Stelle gesetzten Menschen, und suchte den Tod in die Welt herein zu zaubern.

Die dritte Frage ist noch: Was wurde denn eigentlich geraubt? Antwort: Adam, als das Herz und Haupt der Natur und Kreatur, nach seiner äußeren Geburt, nach dem äußeren Prinzip, hätte allem mit seinem Einwirken paradiesisches Leben und Wesen einführen sollen, wie schon oben gesagt; er war die Mittelsubstanz, durch welche Gott alles erhöhen und unsterblich und unverweslich machen wollte, oder gradweise erhöhen; wenigstens war Adam dazu bestimmt und wäre immer fähiger [dazu] geworden. Als er aber [auf] das Spiel des Weltgeistes achtete, phantasierte ihm der Teufel auch Sinnenlust in fleischlicher Vermischung ein, und er vergaß seine Sophia, und die, wie aus einem Zentralpunkt von ihm ausgehenden Lichtstrahlen verdunkelten sich, die nach ihm begehrende Tinktur der Natur und Kreatur wurde gefangen, und deren Entgegenfluss angezogen! Daraus entstand, durch Bildung des unterschöpferischen Naturrads, dem Adam ein grobes Fleisch und dickes Blut, ein Leib mit Samen aus dem Quintessentialgrund der Natur. Er schlief mit einem Samenleib, eine Gehilfin verlangend, sich auf tierähnliche Weise zu vermehren in einem imaginierenden phantastischen Traum, und Gott machte ihm durch die unterschöpferischen, werkzeuglichen Schöpfungskräfte ein Weib, wie er verlangte, und setzte sie mit ihm in den Eden-Garten. Abermals war es nicht ganz gefehlt, noch hätte das Übel verhindert werden und das Sterben, Verwesen und Umkommen verhütet werden können, wenn’s nicht geschehen [wäre], dass sich der Fall weiterentwickelt hätte, durch den Ungehorsam und das Essen vom verbotenen Baume. Also hat Adam geraubt tinkturialisches Wesen, das aus ihm hätte der Kreatur zufließen sollen, indem er solches anzog zu einem Kleid und Leib, in dem sich unsere arme Seele schämt. O Adam, was hast du getan! Doch wir klagen dich nicht an, weil wir nicht an deiner Stelle gestanden sind und nicht wissen, was wir getan hätten. Du warst ein König, den nicht die Untertanen ernähren mussten, sondern du warst deiner Untertanen Lichts- und Lebensquell: durch dich teilte sich Gott ihnen mit, nämlich das Wort des Lebens in der himmlischen Menschheit, nach deren Bild du in Herrlichkeit geschaffen warst.

Da nun die drei Fragen beantwortet sind: Wer hat geraubt, wem ist geraubt worden, und was wurde geraubt; wollen wir auch gleich fragen: Wer hat bezahlt, wem ist bezahlt – und was ist bezahlt worden; und wollen gleich darauf antworten, dass eines das andere beleuchte und deutlich mache. Gott gebe uns seine Gnade dazu!

Christus und Adam sind immer einander gegenübergestellt, besonders von Paulus (Röm 5:12-19; 1Kor 15:45-49), und es wird bestimmt auf ihn [Christus] fallen, der bezahlen musste, was er nicht geraubt hat, was wir im Folgenden hören werden. Lasst uns darauf achten.

Wer hat bezahlt, was Adam geraubt hat? Antwort: Christus, der andere Adam, der Wiederbringer alles dessen, was Adam verloren hat. Und warum Christus? (Dies ist eine Nebenfrage, die hier zurecht gestellt wird.) Antwort: Weil er in dem A und O das U nach seiner himmlischen Menschheit ist, weil um seinetwillen alles sein Dasein hat, und weil auf seine Menschheit aus Maria alles geschaffen ist; weil er das vor Grundlegung der Welt ersehene Lamm ist, das aller Welt Sünde tragen sollte und wollte. Er ist als das Heil aller Naturen und Kreaturen ersehen worden, in der Mitte aller Welten und Weltewigkeiten [Äonen]; idealisch waren alle in seiner himmlischen Menschheit und samenmäßig war alles in dem ganzen All entgegenstrahlenden Herzpunkt; und aller Dinge Extrakt ist seine Menschheit aus Maria, nämlich aller guten und wahren Dinge. Um seinetwillen brachte der Vater alles ins Wesen, und aller Wesen Herzwesen ist er, insofern sie durch ihn können erhöht und kuriert werden. Gott erblickte schon die unterste Kreissprosse der Himmelsräume und -leiter, die äußere und untere Welt, und den quintessentialischen, extraktischen, lebendigen Stein, der alles tingieren sollte, ehe er die Welt gründete, und erwählte schon in Christus die Erstlinge der Herrlichkeit. Da nun also Christus eine solche Person ist, so sollte er den Fall, der in der Weisheit ersehen worden, wieder gutmachen, weil er, damit er die Schöpfung doch fortbestehend machen möchte, sich zum Wiederbringen vorgeschlagen hat. Er sollte für das ganze All den Tod schmecken, und es durch sein Blut erneuern. Er ist der Abglanz der Herrlichkeit Gottes und das Ebenbild seines unsichtbaren Wesens; alle Welten und Weltewigkeiten [Äonen] sind durch ihn gemacht, und in ihm zusammenbestehend, und in ihm sollte nach Gottes Wohlgefallen alle Fülle der Gottheit, womit das ganze All erfüllt werden soll, wohnen. Und dass ich kurz sage, was ich erkannt habe: Aus ihm gingen alle Gottesausgänge aus, und das Universum des ganzen Schöpfungsalls offenbarte Gott um seinetwillen und aus ihm; und er ist der Punkt der Kraft in der Mitte der Welten und der Weltewigkeiten, weil er in dem Rade der göttlichen Geburtsquelle das anziehende Kraftzentrum ist. Von ihm aus sollen alle Welten erfüllt werden mit der Gottheit, durch seine Menschheit. Der Anfang ist gemacht, er ist in dem Geist erhöht, der Mariensohn, durch den Herrn vom Himmel, und von ihm gehen die sieben Geister Gottes aus; er ist das Nächste an Gott als Kreatur, und auch an den edelsten Teilen der Kreatur ist er das Nächste; er ist die Mittelsubstanz, durch welche sich Gott seiner Kreatur mitteilt. Ein solcher ist Christus nach seiner himmlischen und irdischen, jetzt in den Geist erhöhten Menschheit. Er sollte bezahlen, was Adam geraubt hat; denn er allein konnte es; und wenn er nicht das alles, was wir jetzt gesagt haben, gewesen wäre, hätte er solchen Adamsraub nicht zahlen können und zahlen sollen; „aber ein solcher ist mein Freund, mein Freund ist ein solcher“ [[[Hl 5:16]]].

Nun folgt die zweite Hauptfrage: Wem hat Christus bezahlt? Die nächste Antwort ist: dem, welchem Adam geraubt hat. Viel ist vorgekommen, als wir die Frage beantworteten: Wem hat Adam geraubt? aber lange nicht genug, und zwar absichtlich, denn jetzt sollen Adam als Räuber und Christus als Zahler und Wiedererstatter nebeneinander gestellt werden.

Adam beraubte Gott und seine Eigenschaften; er beraubte seine Gerechtigkeit, Wahrheit, Heiligkeit; er beraubte die Natur und besonders die Tierwelt und die Sternen- und Elementen-Geist. Das wollen wir beweisen: Adam beraubte Gott, denn er wollte, samt seiner Eva die Gottgleichheit an sich reißen, und nicht die Zeit erharren, bis er nach Gottes Ordnung und Einrichtung dazu gekommen wäre. Er raubte der Gerechtigkeit Gottes den Mann, der ihr hätte Genüge tun und sie erfüllen können. Der Wahrheit raubte er die Ehre, die ihr allein gebührt hätte, da er der Lüge mehr glaubte, als der Wahrheit. Er raubte Gott sich ganz und gar, seinen Willen, Verstand, Gedächtnis, Sinnen und Glieder; alles war Gottes, alles wäre Gott – Gehorsam, Liebe und Dienst schuldig gewesen. Darum raubte er auch seiner Heiligkeit den priesterlichen Mann, die Mittelsubstanz, durch welche Gott die Natur segnen und heiligen wollte. Adam war im höchsten Verständnis Gottes (Lk 3:38); er war Gottes Herrlichkeit, Bild und Ehre. Da er Gott entging, von Gott sich abriss, da raubte er Gott seine Lust an dem Menschen, und verderbte ihm sein edelstes Werk. Der göttlichen Herrlichkeit hat er seine männliche Tinktur geraubt und sich unfähig gemacht, Gottes Herrlichkeit zu sein. Die Engel hatten Lust an dem Menschen, an dem schönen kleinen Paradies Gottes, und wären vermutlich noch freiwillig unter ihn geordnet worden, und hätten einen vollkommenen Herrn an ihm gehabt, wenn er seine Probezeit ausgeharrt hätte. Er war der liebste Sohn in des Allvaters Haus, und die Engel hätten vermutlich von ihm und durch ihn gelernt; er raubte ihnen also das selige Vergnügen, mit ihm Umgang zu haben, ihn zu bedienen, und müssen demnach den gefallenen Adam und sein Geschlecht bedienen und beschützen, welches sie auch zum Dienst der Eitelkeit mögen rechnen, und sie begierig machen, [sich] nach dem Tag der Freiheit zu sehnen. Am allermeisten aber beraubte Adam sein Geschlecht, uns arme Nachkommen von ihm; den Männern raubte er ihre liebe Sophia, und die allvergnügende Lichts-Tinktur, die selige und seligmachende Jungfrau Gottes. Den Weibern raubte er ihren Mann, die männliche Feuer-Tinktur und lässt ihnen einen Adam, der ihrer übel wartet und pflegt. Er raubt uns Menschen überhaupt das Licht des Lebens und den Paradiesleib, und setzt uns in großes Elend; wir müssen uns gar arm und elendig behelfen, denn wir sind aller Dinge fast ganz beraubt, die uns Vergnügen machen könnten. Alles ist eitel und eine Verzehrung des Geistes, und wir haben eine leere ausgestohlene Ewigkeit im Herzen. Adam hat die Natur und Tierwelt beraubt; um seines Falles willen ist Fluch und Tod auf alles gekommen; alles hatte den paradiesischen und segensvollen Einfluss durch ihn, als die Mittelsubstanz zwischen der himmlischen Menschheit und dem Paradies, und der äußeren Welt. Segen, Leben, Licht und Paradies weicht, da Adam dem Bilde Gottes stirbt, und aller Fluch, Tod und Jammer fällt auf Natur und Kreatur, und alles wird dem Dienst der Eitelkeit unterworfen, und muss nach Freiheit sehnlich seufzen, bis der Tag der Freiheit einbricht nach Gottes Willen. Und so hat Adam Allem geraubt; aber eben diesem Allem hat Christus wieder bezahlt, und zwar überfließend.

Christus hat Gott dem Vater bezahlt, was ihm Adam geraubt hat: Liebe, Ehre und Gehorsam; er riss die Gottähnlichkeit nicht als einen Raub an sich; er liebte Gott über alles und ehrte ihn allein, und das Tun seines Willens war seine Speise [[[Joh 4:34]]]. Er ward Gehorsam bis zum Tod, ja zum Tod am Kreuz. Er erniedrigte sich unter alles, um dem Vater Recht zu verschaffen, ihn über alles zu erhöhen. Hier hatte der Vater an Christus sein Wohlgefallen wieder, durch welchen er wieder Wohlgefallen an allen Menschen hat, wie die Stimme des Vaters vom Himmel sagte bei der Taufe Christi, und wie die Engel in der Christnacht gesungen haben. Christus ist als gehorsamer Sohn, unter beständigem Aufmerken auf des Vaters Wort und Wink, einfältig einhergegangen und hat nie einen eigenen Plan in eigener Weisheit nach eigenem gutmeinenden Willen gemacht.

Hier hast du, Vater, wieder das Ebenbild deines unsichtbaren Wesens, sein Tun und Leben ist lauter Gottes Herz, Gottes Wille, Gottes Gedanke, lauter Gottes Abglanz und Herrlichkeit. Hier hast du, Vater, an Christus deine Herrlichkeit, sagt Paulus. Allen Willen und Wohlgefallen deines göttlichen Herzens kannst du durch ihn offenbaren. Und du, göttliche Gerechtigkeit! hier hast du den Mann, der dir wieder gibt, was Adam geraubt hat. Dieser hat alle Gerechtigkeit erfüllt, und dieser im Fleisch geoffenbarte Gott ist gerechtfertigt im Geist. Du hast es bezeugt, dass dir wieder alles geleistet ist, sonst hättest du ihn nicht lassen von den Toten erweckt werden. Um unserer Gerechtigkeit willen ist er auferweckt. Du Wahrheit Gottes! Hast du auch noch was zu fordern? Wem glaubte Christus als dir? Wen ehrte er, als dich durch den Glauben? Er ist selber durch dich die geborene wesentliche Wahrheit nach seiner Menschheit. Du Heiligkeit Gottes! Bist du nicht vollkommen bezahlt? Hier hast du das Heilige, ganz Gott Geweihte, Gott Ergebene; hier hast du, was du verlangst; seine Sache ist überfließend, durch ihn wird geheiligt, seit der Zeit, da er auferweckt ist! Alles, was er berührt, ist ein Beweis und eine Quittung der bezahlten Schuld. Wenn gesagt wird: Jesus ist Gottes Abglanz, Gottes Ebenbild, so ist auch gesagt: Er ist lauter Gottes Eigenschaft, Gottes Vollkommenheit, alles, was Gott begehren und verlangen kann, lauter Gottes Gesetz und Wille. Den Engeln hat Jesus auch wieder bezahlt, was ihnen Adam raubte. Hier haben sie ihre Lust wieder, hier ist ihr Herr; hier sind sie bereitwillig zu dienen; hier haben sie einen, an dessen Gemeine sie die wunderbarsten Geheimnisse, nach ihres Herzens Gelüste, nach und nach erschauen können [[[1Petr 1:12]]]; sie gestehen ihm und seiner Braut gerne den Rang zu, über sie erhöht zu werden; alle huldigen ihm, und ergeben sich freudig zum Dienst [an] seiner Braut [[[Hebr 1:14]]]. O wie glücklich schätzen sie sich, wieder durch Christus erhöht zu werden und aus seinem Fleisch und Blut Leiber anzuziehen, die zu einem näheren Umgang mit Gott taugen! Wie gern halten sie sich bei der Braut Jesus auf, da es für sie zu profitieren gibt. Und da Adam ihnen die Himmelsleiter, auf- und abzusteigen vom Höchsten ins Niederste, vom Innersten ins Äußerste, und wieder hinein und herauf, raubte; hier haben sie dieselbe, und zwar herrlicher und erwünschter als zuvor.

Und wir armen Adamsnachfolger: was wollen wir denn noch fordern? Ist uns nicht alles wieder bezahlt, oder vielmehr geschenkt, was uns Adam geraubt und verscherzt hat? Haben wir nicht wieder das Licht des Lebens und den Allgenugsamen für unsere herzensleere Ewigkeit? Ist nicht Christus uns Leben, Licht, Heil und alles? Haben nicht wir Adamssöhne in und mit ihm unsere Sophia, die göttliche Weisheit wieder? Und ihr Töchter der Eva, ist dies nicht euer rechter Mann, der in Geist erhöhte Jesus? Haben wir nicht alles, was uns fehlt, ihr Menschen! in ihm? Ist er nicht der, der uns zu jungfräulichen Männern und zu männlichen Jungfrauen macht? Was fehlt uns noch? In ihm finden wir Männer und Adamssöhne die leidende Lichts- und Lebenstinktur. Und ihr, Töchter Evas, findet die feurige männliche Lebenstinktur in ihm. Hat uns Adam um den Paradiesleib gebracht, und hat uns Mutter Eva das Kleid der Schande, den äußeren Tier-Menschen angeboren; sehet, Christus, der andere Adam zeugt uns den Paradiesleib wieder an, und die obere Mutter gebiert ihn aus, zu ihrer vollkommenen Ähnlichkeit in Engelsgestalt, als männliche Jungfrauen. Bringt uns Adam um das Leben; Christus teilt es uns wieder mit; bringt uns Adam um das Vermögen, Wille, Lust und Trieb zum Guten; Christus schenkt es uns wieder; und wir dürfen es von ihm fordern; er ist’s uns schuldig; und solange wir es noch nicht haben, hat er es für uns. Nichts weiß ich, was uns Adam geraubt und verscherzt hätte, das wir nicht wieder überfließender und reichlicher durch Christus hätten. Hast aber etwa du, Naturwelt, etwas zu klagen? Ist dir noch nicht alles geraubte wieder gegeben? Ja, ja, du arme geschändete Natur! Du steckst noch in Fluchs- und Todesbanden gefesselt, und musst dem vergänglichen, geistverzehrenden Wesen noch dienen und Frucht tragen; aber nur Geduld, dein dir Geraubtes ist dir schon wieder errungen, nur noch nicht völlig appliziert [eingesetzt, angewendet] und zugeteilt. Harre nur um des Schöpfers willen, bis die Kinder des Segens, die heiligen Naturpriester ausgeboren sind, bis Jesus mit seiner Braut Hochzeit machen kann, bis das glückselige Königreich Gottes seinen Anfang nehmen kann; dann soll Satan, Tod und Fluch und alle Unordnung, samt den Erden-Verderbern weggeschafft werden, und das Paradies soll wieder in dir blühen und grünen, und soll tausend Jahre so sein. Hernach soll endlich der Tag der Scheidung im Feuer offenbar werden, und soll alles auseinandersetzen und auflösen. Dann sollen Himmel und Erde neu werden; dann soll, wie jeder Magnet seine ihm gleichartigen Wesen anziehen; dann soll dir überfließend bezahlt werden, was dir Adam geraubt hat; dann soll alles dir werden, was er dir hätte werden sollen. Und du arme Tierwelt! Du hast auch nichts zu klagen: dir wird auch alles ersetzt. Dir hat Adam geraubt den Lebens- und Lichts-Einfluss seiner Tinktur zur Erhöhung, und deine ihm entgegenfließenden Essenzen, daraus sein Leib tierisch und grob wurde; aber Christus, da er mit dem Tode rang, hat ebenso viele Schweißporen eröffnet an seinem heiligen Leibe, wie Adam Tiergeschlechter beraubt hat, und er schwitzte mit Schmerzen das Blut von sich, das Adam geraubt hat mit Lust. Und du, Tier-Leben, du wirst auch durch das Blut Jesu erhöht, denn du bist dadurch Gott versöhnt, Gott geopfert und zu Gott geführt, in einem entfernteren Kreis als Engel und Menschen, du wirst in Tinktur-Leibern einst auf der neuen Erde zu schauen und anzutreffen sein. Du Sternen- und Elementen-Geist, da hast du auch nichts zu klagen: Der hat dir den Raub erstattet, der jetzt alle Gewalt im Himmel und auf Erden hat, der allen Elementen und Naturen gebieten kann, und alle verderbenden Kräfte wegschaffen wird; alles ist bezahlt, alles ersetzt für alles.

Die Lichtweltsonne

I. (X, Lied 9, V.39ff)

Am vierten großen Schöpfungstag
Ist dieses Licht geboren,
Von dem ich dunkel sing und sag:
Dass wir in ihm erkoren.
Dies Lebenslicht war in der Welt,
Noch ehe wir in ihm erwählt;
Doch war es uns verloren.
Es kam in unser Fleisch und Blut,
Es wurde Mensch aus Menschen;
Und dies tat er dem All zugut,
Nach Gottes Herzenswünschen.
Dies ist zum Osterlamm gemacht,
Und so etwas zu Gott gebracht;
Das gilt für uns inzwischen.
Dies ist der edle Lebensstein,
Auf Zion nun gegründet.
Wer von ihm will berühret sein
Und sich zu ihm hin wendet,
Der wird gewiss von Gott erkannt,
Und tritt so in den Gnadenstand
Und wird im Licht vollendet.

II. (IV, Hebr, S.64; 4.Brief)

O Herrlichkeit, o Lichtweltsonne!
Wie unentbehrlich bist du mir!
Wo du nicht bist, fehlt Lebenswonne
Und alles, was beruhiget hier.
Denn, muss dich eine Seele missen,
So quält sie sich in Finsternissen,
Sucht immer und hat keine Rast.
Die Ewigkeit kann sie umtreiben,
Dass sie fast nirgends weiß zu bleiben;
Sie wird sich selber oft zur Last.
Bald will sie dies, bald jenes haben,
Vermeinend dass es Ruhe bring;
Doch weil es unvollkomm‘ne Gaben,
So sucht sie ein vergeblich‘ Ding.
Das Licht des Lebens fehlt den Seelen,
Weshalb sie sich vergeblich quälen
In lauter Geistverzehrlickeit.
Das, was das Menschenherz erquicket,
Wird nur in Gottes Herz erblicket,
Erlangt mit Gottes Herrlichkeit.
Das Licht des Lebens ist gewichen
Durch Adams Fall im Menschenkind;
Der Lichtwelt Sonne ist verblichen,
Es herrschet Finsternis und Sünd.
Das heißet tief und sehr gefallen
Und pflanzt sich leider fort in allen;
Bei allen ist sie nun dahin,
Die Herrlichkeit, die Ruh der Seelen;
Daher das ewig immer quälen;
Denn nichts ist lange recht und schön.
Such alles aus im Schöpfungsraume,
Und auch in der Unendlichkeit,
Du find’st nur Ruh beim Lebensbaume,
Genüge an der Herrlichkeit.
Auch du, willst du dich nicht selbst blenden,
Wirst alles bös und eitel finden,
Wie Salomo und jedermann.
Auch dir kann Gott nichts anders machen,
Willst du zu seinem Bild erwachen,
So merk, wie dies geschehen kann.
Das Lebenslicht lockt alle Seelen,
Denn alle sind sein Eigentum.
Man merkt das ewige Erwählen
An Lust zum wahren Christentum;
Wo diese fehlt, fehlt Lichts-Verlangen,
Mithin die Kraft, dies zu empfangen,
Also der Lichts- und Muttergrund.
Gott weiß, wenn dieser wird erwachen!
Denn freilich, dies sind seine Sachen,
Und uns wird es erst dorten kund.
Er, Christus, ist das Licht und Leben,
Er ist des Vaters Herrlichkeit;
Durch ihn will Gott uns alles geben,
Was dienlich ist zur Seligkeit.
Zum Heil der Seelen ist er kommen:
Wer ihn im Glauben angenommen,
Hat Sam-Stoff der Unsterblichkeit
Und hat das alles wieder funden,
Was in dem Sündenfall verschwunden;
Hat wieder Gottes Herrlichkeit.
Herr, meine Seele freut sich deiner,
Du hast mich funden und ich dich!
Ach, mache mich doch täglich reiner,
Ach ja, ich bitt: verwandle mich
Ganz in dein Bild in meiner Seelen,
So kann und wird mich nichts mehr quälen;
Und was mich quält, treibt mich zu dir.
Ach mache mich dir immer treuer,
Und auch alltäglich besser, freier;
Besitze mich und wohn in mir!

Gethsemane und Golgatha

(IV, Hebr, S.136-139; 23.Brief)

Meine Lieben, ich kann es nicht verbergen, dass ich oft denke, das Leiden im Öl-Garten sei ebenso groß, ja fast größer gewesen, als am Kreuz selbst. Dann denke man die heilige zartfühlende Seele Jesu; jetzt, da die Stunde gekommen war, dass Er sollte bezahlen, was nicht Er, sondern Adam, der erste geraubt hatte; von Ihm ward es gefordert, was bezahlt werden sollte. Der Tod ist der Sünde Sold und Er sollte, da Er als Selbstschuldner stand, alles bezahlen!? – Nein, Freunde! es war nicht nur eine grauenvolle Vorstellung einer hypochondrischen Seele, was Ihn quälte, sondern Tod und Hölle war über Ihm, die Fürsten des Todes und der Geist der Auflösung durften Seine Seele ängstigen. Wer da hätte in das Reich der Unsichtbarkeit sehen können, würde den Kampf gesehen, und den Widerstand erblickt haben! Belials Abgründe brodelten unter schrecklichem Geräusch auf die gepresste Seele los. Hätte Jesus kein so gesundes Herz gehabt, vermutlich wäre es zersprungen; aber es klopfte und arbeitete stark, und trieb in die äußeren Teile Sein heiliges geistiges Blut. Denn nicht in den Leib sollte es fließen, sondern ausgegossen sollte es werden, und viel davon sollte auf die Erde fallen und sie segnen. Ach nein! so ausgerüstet sind wir nicht, dass wir könnten begreifen und aussprechen all das Seelenleiden Jesu; denn Er war, im Grunde betrachtet, die Ursache des Daseins aller Dinge. Der Fall war erkannt, Er aber als das Opferlamm erblickt; darum ist alles auf Ihn, und zu Ihm geschaffen, und eben darum fällt alle Schuld und Strafe auf Ihn, als wäre er nicht nur Ursache des Daseins der Sünder, sondern auch der Sünde. Tod und Hölle hatten sich bereichert; alles sollte losgegeben werden; darum versuchte Todes- und Höllenreich ihr Äußerstes. Und wenn sich die Gottheit innerlich zurückzog, wen wundert es, wenn Christus gezittert und gezagt hat im grausamsten Todesgrauen.

Der aaronitische Hohepriester musste an dem jährlichen großen Versöhnungstage einen Farren [Stier] und einen Widder opfern, für sich, sein Haus und das Volk. Den Farren opferte er zuerst, darnach den Widder, so fand ich es, als ich genauer nachsuchte. Unser großer Hohepriester, der mit einem Opfer Gott versöhnte, und eine ewige Erlösung erfunden hat, opferte im Öl-Garten zuerst den Widder, das ist den natürlichen kreatürlichen Willen. Drei Hauptstürme aus dem Höllen- und Totenreich, aus der finsteren- und Feuerwelt hatte er da zu bestehen; daher Er auch dreimal dieselben Worte sprach: Vater! nicht mein kreatürlicher, natürlicher Wille, sondern Dein allein heiliger Ratschluss und Wille geschehe, und Dein Plan werde ausgeführt! Abscheuliches Grauen des Todes muss ich fühlen; alles empört sich in mir vor dieser, durch die Sünde entstandenen, schrecklichen Sache. Es ist in mir nicht anders, als ob ich für das All das Herbste und Bitterste des Todes kosten müsste! Das Grauen des Todes nagt mir am ewigen Lebensbande, in meiner dir, Vater, geheiligten Seele! Ich ringe in mir mit allen Seelenkräften mit dem Tode! Beinahe muss ich hier sterben! Es ist, als ob alles Todesgift allein in mir wütete! und der Geist der Auflösung mich ewig vernichten wollte! Ich fühle ein solches Grauen in mir, als ob ich in die Abgründe Belials auf ewig hineingestrudelt würde. Ich muss mich fühlen, als hätte ich die Verschuldung aller Kreatur auf mir liegen. Ach Vater, hilf mir in diesem Kampf! Gib mir Mut und Lust, den Versöhnungs-Tod zu sterben! Ein Engel stärkte Ihn, so sagt die heilige Geschichte [[[Lk 22:43]]]! Die Angst verschwand und das Grauen verging; denn nun war der Widder geopfert. Und obschon Sein Blutschweiß tropfenweise auf die Erde fiel, so stieg das Feurige voller Leben und Kraft dennoch auf, in die vier ersten Eigenschaften der ewigen Natur, die Ihn auch so sehr gepresst hatten; denn Er opferte sich ja durch das Feuer des Geistes der Ewigkeit, als dem ewigen Einheitsband, in dem Thronquell der Kräfte Gottes; und so ward das Blut des Widders ins Allerheiligste hineingetragen.

Da dann unser großer Hohepriester den Widder, als den kreatürlichen Willen, geopfert hatte und sein Blut an die Hörner, nämlich an die vier Hörner des Altars, als an das Kreuz der Scheidung, daran die Menschenseelen geschaffen wurden, in den vier ersten Kräften oder Eigenschaften gesprengt war, opferte Er auch den jungen Farren, der bedeutet Seinen allerheiligsten, in Maria angenommenen männlichen Leib; weswegen Er auch nach der äußeren Gestalt ein Menschensohn war, ob Er wohl eine männliche Jungfrau gewesen. Am Kreuz, nämlich an einem sichtbaren hölzernen Kreuz, hat Er sich Gott geopfert; weil auch das äußere Seelenleben am Kreuz des Scheidungsziels geschaffen war. Fünf heilige Wunden bekam Sein heiliger Opferleib, als fünf Quellen, daraus Sein allerheiligstes lichtfeuriges Blut floss, und in Geisteskraft ins Allerheiligste Gottes eindrang, wo es nun das Lebens- und Einheitsband aller Kräfte Gottes ist, und als ein Lämmlein erscheint mit sieben Augen und sieben Hörnern, im Thronquell Gottes.

Wer die Gestalt des Kreuzes recht betrachtet und denkt dabei an die Worte: Höhe, Tiefe, Breite und Länge, der stelle sich den Mittelpunkt in der großen Quadratur, dem Zentralquell alles Lebens und Daseins in dem allerheiligsten Opferleib vor, der da auf einem wahren Altarbild für das ganze All den Tod schmeckt, und es mit Gott versöhnt. Sieht dann ein erleuchtetes Auge den alles in sich begreifende Mittelpunkt und Zentralquell aller Leben in der ganzen Quadratur, o so hat es herrlich gesehen, und das All in Einem, und den allerheiligsten Einen im All erblickt!

Der geistliche Stammvater

(X, Lied 22, V.50ff)

Der Herr mit doppelter Tinktur
Kann jedem Menschenleben,
Und jeder menschlichen Natur
Die schöne Hälfte geben.
Was also Adam uns verscherzt,
Erlangt man, wenn man Jesus herzt,
Ach lasst uns nach ihm streben!
Stammvater also ist der Herr,
Der Herr, der Geist, das Leben!
Er kann uns aus dem Lebensmeer
Vollkommen alles geben.
O andrer Adam, du bist lieb!
Ach schenk uns deines Geistes Trieb,
Mach uns zu grünen Reben!
Wir werden einst wie Engel sein,
Wenn wir aus Gott geboren,
Wenn wir die Herrlichkeit allein
Zur Mutter uns erkoren.
Auch wir sind doppelter Tinktur,
Teilhaftig in der Lichts-Natur;
Also nicht mehr verloren.

Das königlich-priesterliche Walten des Erhöhten

(System 367-369)

Unser königlicher Oberpriester über das Haus Gottes hat ganz andere Regierungsart, und viel bessere Einrichtungen Seines Königreichs und Priestertums, als es sonst ist in der Welt. Er regiert mit Lebensgesetzen. Er ist nicht Gesetzgeber, sondern Lebensmitteiler. Seine Worte sind Geist und Leben; Er gewinnt sich die Herzen zum Eigentum. Wer an Ihn glaubt, der empfängt Seine Gerechtigkeit, und dies ist Glaubensgerechtigkeit; wer aber die empfangen hat, der gehört zu dem Freiwilligkeits-Volk, zu Seinem Volk, das Ihm freiwillig Lob opfert und Ihm dient im Heiligen Seines Sinnes und Geistes. Er ist zwar königlicher Gesetzgeber, aber anderer Art; Er gibt Sein Gesetz ins Herz und schreibt‘s der Seele in den Sinn. Und eben dieses Geistes- und Lebensgesetz ist das neue Leben, ist die edle Glaubensgerechtigkeit, welche als ein sehr fruchtbarer Baum die wahre Lebensgerechtigkeit treibt und wirkt. Wegen der Unvollkommenheit Seiner Kinder, und den Schwachheiten derselben ist Er nicht böse, Er wirft sie nicht weg, sondern hat Geduld mit ihnen und bittet für sie; denn er ist ihr Priester. Er ist ihr Versöhner, und hat mit einem Opfer sie alle als Vollendete vor Gott dargestellt. Er betrachtet sie nicht bloß, wie sie sind, sondern wie sie werden; denn man muss annehmen, und nie aus dem Gedächtnis lassen, dass sie nicht nur Seine Kinder heißen, sondern dass sie Seine Geschöpfe, Seine Kinder und Seine Untertanen sind. Er regiert sie nach Seinen vollkommenen Gedanken, durch Seinen, in alle Lande ausgehenden göttlich-menschlichen Lebensgeist; denn durch diesen kann Er im ganzen All, und Schöpfungsreich allgegenwärtig und wirksam sein. Er reinigt auch ihre Herzen und Gewissen durch Sein lichtfeuriges Jesusblut, das er durchs Feuer des ewigen Geistes Gott geopfert hat. Er sitzt nicht gleichgültig und sozusagen sorgenlos auf dem Thron der Herrlichkeit, sondern Er nimmt sich der Seinen herzlich an; Er regiert ihre Schicksale, große und kleine; und so regiert Er sie, dass alle zu ihrem Heil, zu ihrer Vollendung, wie zu Seiner Ehre und Herzensfreude wirken müssen. Einen solchen königlichen Priester haben wir an unserem Herrn! O wohl uns, des feinen Herrn! Es ist uns je länger je unbegreiflicher, dass so viele Seiner Kreaturen gegen Ihn sein, und rebellieren können. Aber großer Gott! sie kennen Ihn nicht, und zum Teil wollen sie Ihn freilich nicht kennen, noch etwas von Ihm wissen.

Die Fülle Gottes in Christus

(III, Kolosser, S.30; 30.Brief)

(Der Abschnitt hat eine gewisse polemische Spitze gegen die Nachfahren Zinzendorfs, die, wo sie auf Spuren des Hahnischen Geistes stießen, betonten, man brauche nur zu glauben, dass der Heiland für unsere Sünden gestorben sei; weiteres von Christus auszusagen, sei unnötig und gefährlich.)

Wenn also der teure Gesandte Gottes, des Herrn, den noch sehr fleischlich gesinnten Korinthern (1Kor 2:2), Jesus den Gekreuzigten in seiner Martergestalt vorstellt und Gründe angibt, warum er das getan hat, so erlaubt er uns doch in seinen anderen Briefen, mehr Betrachtungen anzustellen; denn in anderen Briefen hat er den geistlich Gesinnten mehr gesagt, also auch uns, nicht nur zu weiteren Betrachtungen Erlaubnis, sondern sogar Anlass gegeben.

Darum Geliebte! so ist dann auch uns, die wir nicht fleischlich sein und bleiben wollen, erlaubt und Anlass gegeben, Jesus zu betrachten in seiner Kreuzes- und Martergestalt äußerlich, es ist uns vergönnt und Anlass gegeben, seine Menschheit als das Opferlamm, das aller Welt Sünde trägt, zu beschauen; dann sehen wir auch unsere Sünde auf ihm liegen, wir sehen, wie er sie hinaufgehoben auf das Kreuzholz; wir dringen tiefer und sehen, wie die von Gott angenommene Menschheit das Opferlamm sei, durch welches sich Gott mit sich selbst versöhnen wollte, und dass dieselbe Menschheit von uns sei, und dass wir also in derselben Gott geopfert, und zu Gott geführt seien, dass der im Fleisch geoffenbarte Gott mit sich selbst befriedigt sei, also gegen sich selbst gerechtfertigt im auferweckten Geistleibe unseres Herrn; wir erblicken, aus Gottes Wort veranlasst und belehrt, diesen unsern geliebten Schatz, diese unsere väterliche Mutter, unsern treuen Hohepriester im göttlichen Heiligtum, und sein Blut als ein Lämmlein mit sieben Augen und sieben Hörnern; aus seiner Gottmenschheit, die da offenbar ist, auf dem Thronquell aller Gotteskräfte in drei heiligen Gestalten, sehen wir nach seinen vollkommenen Gedanken die 7 alles erneuernden Geister Gottes ausgehen; wir betrachten unsern allgeliebten Jesus als die Herrlichkeit, und Leiblichkeit Gottes mit aller Fülle Gottes erfüllt für das ganze All, wir erkennen ihn als das Oberhaupt, und den Ursprung alles Geschaffenen und glauben, dass, so wie vor dem Fall alles unter ihm gliedlich gefasst war, so werde alles wieder zusammen gefasst werden, dass er also der Wiederbringer und Erneuerer aller Dinge sei, und schon Anstalten gemacht und Kraftmittel verordnet habe zum Heil des Ganzen. Sehet, dies alles und noch weit mehr erblicken wir in unserem gekreuzigten Jesus.

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