Der zweite Thessalonicher Brief

Aus Bibelwissen
Version vom 24. Februar 2021, 13:50 Uhr von MI (Diskussion | Beiträge) (Inhaltsverzeichnis:)

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Abschrift des Buches: Der zweite Thessalonicher Brief
Pfarrer Theodor Böhmerle (1870 - 1927)

Neu durchgesehene Auflage
St.-Johannis-Druckerei, Lahr-Dinglingen (Baden)

weitere Abschriften:

In Bearbeitung:

Inhaltsverzeichnis:

Allgemeine Einleitung siehe unten

Kapitel 1

I. Die Trübsal in Christus
im Lichte des Tages des Herrn
Übersetzung des 2.Thesalonicherbriefes
Eingangsgruß (2Thes 1:1)
Das Kreuz der Thessalonicher (2Thes 1:3)
Offenbarung des Herrn Jesu (2Thes 1:7)
Wenn Er kommt (2Thes 1:10)


Kapitel 2

II. Die antichristliche Zeit
im Lichte des Tages des Herrn
Die Parusie Jesu Christi (2Thes 2:1)
Lasst euch nicht erschrecken (2Thes 2:2)
Der Widersacher (2Thes 2:4)
Das Geheimnis der Gesetzlosigkeit (2Thes 2:7)
Der weiße Reiter
Wir danken Gott allezeit (2Thes 2:13)
So stehet nun Brüder (2Thes 2:15)


Kapitel 3

III. Die tägliche Arbeit
im Lichte des Tages des Herrn
Im übrigen Brüder, betet für uns (2Thes 3:1)
Getreu ist der Herr (2Thes 3:3)
Wir schärfen euch aber ein, liebe Brüder (2Thes 3:6)
Wie ihr uns nachahmen sollt (2Thes 3:7.8)
Wir befehlen und ermahnen (2Thes 3:12)
Ihr aber, Brüder, seid nicht verzagt (2Thes 3:13)
Der Herr gebe euch Frieden (2Thes 3:16)



Allgemeine Einleitung

Der zweite Thessalonicherbrief ist eine der ältesten und ersten Gemeineschriften des Apostels Paulus. Er bringt, sonderlich im zweiten Kapitel, solche Wahrheiten, die für unsere Zeiten von der entscheidendsten Wichtigkeit sind. Antichristentum und Kommen des Herrn werden uns da grundlegend dargelegt.

Es ist ein B r i e f, vor dem wir stehen. Die eigentlichen Gemeineschriften sind fast lauter Briefe. Das ist einleuchtend - warum? Der Brief ist das A l l e r p e r s ö n l i c h s t e, was es gibt. Nun aber ist in der Gemeine das P e r s ö n l i c h e der Grundcharakter. Das Haupt der Gemeine ist die Person aller Personen - unser Herr Jesus Christus. Er, der voll und ganz Gottdurchdrungene, darum Gottperson über alles, Er ist Grund, Leben und Ziel der ganzen Gemeine. In der Gemeine hängt alles an Christus, und die Gemeine zielt alles aus Christus. Das ist das Charakteristikum der Gemeine, dass jedes Glied voll und ganz in Christus hängt und durch des Heiligen Geistes Bereitung selbst eigentlich ein Christus-Strahlbild wird. So sehr die einzelnen Glieder aneinander hängen und einander brauchen, so hängt doch jedes ganz in Christus, und eins weist das andere zu Ihm. Gleichwie aber in Ihm alles zusammengefasst ist, so hängt wieder ein Glied am anderen durch die Gelenke der brüderlichen Liebe. Eben deswegen haben wir sonst schon gesagt, die Gemeine habe keine Geschichte. Sie besteht von Anfang an bis zum Ende aus lauter f r e i e r w ä h l t e n Persönlichkeit G o t t e s, welche alle wieder gar keinen anderen Zusammenhang haben als Ihn. Darum kann man von der Gemeine nur Einzelpersönlichkeitsbilder zeichnen. - Da war eine, dort war eine; da war eine, dort war eine. Auch in der sichtbaren Erscheinung, zu welcher die Gemeine da und dort durchbricht, sind alles und machen alles die gottgeborenen und gottdurchleuchteten Persönlichkeiten. Sind solche irgendwo nicht mehr da, dann haben wir auch keine Gemeine mehr, sondern irgendeine religiöse Versammlung. Die Gemeine ist nur da, wo Gotteskinder sind.

Mit denen redet auch der Apostel in seinen Briefen. Da geht es von Person zu Person. Darum hat es dem Heiligen Geist wohlgefallen, durch Briefe zu den Gläubigen in Christus zu reden, damit dies Persönlichkeitsmäßige recht zum Ausdruck komme. Darum braucht auch die Gemeine keine äußere Organisation - wo sie heraustritt, sind es zusammengeführte Personen, durch die Liebe Christi verbunden. Sind solche Personen nicht mehr da, dann dürfte auch die äußere Erscheinung der Gemeine füglich verschwinden. In den sieben Sendschreiben in der Offenbarung des Johannes redet der Herr auch immer vom Wegtun. Und bezeichnend ist es, dass die sieben Sendschreiben auch Briefe sind, sogar persönlich an den E n g e l oder Vorsteher der Gemeinen gerichtet oder an den alles zusammenfassenden Personmittelpunkt der Gemeine. Der Brief ist also das beste Gefäß für die Gemeine. Da werden alle Verhältnisse und Umstände aus dem Sachlichen heraus ins Persönliche hineingeführt. Der Brief atmet am reinsten Persönlichkeitsduft - Persönlichkeitsleben. Leben, quellmäßiges Leben sollen aber doch diese apostolischen Briefe geben. Darum strömen auch stark die ewigen Quellen in diesen Gottesbriefen.

Und in die persönlichsten Innen- und Außen-Dinge greift ein Brief hinein. Der Brief ist der allererste und allernächste Ersatz für den Verkehr von Person zu Person, wenn zwei nicht beisammen sein können. Darum drängt und treibt ein Brief auch immer auf das Zusammenkommen, auf das einander Sehen, wie wir das auch in den paulinischen Briefen oft lesen. Durch den Brief kann das Ewigkeitsleben hineingeleitet werden in alle Lebenskanäle, und da sehen wir dann Ewigkeit, Heiligen Geist in allem Irdischen wirksam. Und aus dem Persönlichkeitsleben heraus entspringen die Briefe. Es sind immer ganz bestimmte Lebensumstände, welche die Briefe veranlassen. Und Lebensumstände der einen haben Lebensbewegungen bei den anderen ausgelöst, und diese ausgelösten Lebensbewegungen schlagen sich im Briefe nieder. Liest dann ein empfängliches Herz dies niedergeschlagenen, in Buchstaben festgewordenen Lebensbewegungen, dann lösen sie sich wieder in Leben auf und beleben das lesende Herz. Ein wunderbarer Lebensträger ist der Brief, vorausgesetzt, dass er vom Leben entzündet ist. Er kann auch ein Todesträger sein, gleichwie der Brief Davids an Joab, den er durch Uria sandte, Tod für diesen in sich trug. Die apostolischen Briefe sind im höchsten Sinne Lebensträger.

So hat die Gemeine B r i e f e , und wir stehen heute vor dem zweiten Thessalonicherbrief. Jeder dieser apostolischen Briefe hat seine ihm ganz eigentümlichen Lebensausstrahlungen. Je nach den Lebensäußerungen unter den Gläubigen, welchen der Brief zunächst galt, und je nach dem Schreiber, der die Antwort gab, sind die Lebensstrahlen, von denen ein jeder seinen eigenen Glanz hat, strahlt das geistige Leben ins irdische Leben hinein und wirkt sich dort aus. - Unseres Briefes Schreiber ist Paulus. Wir kennen ihn, ein göttlicher Lebensmensch, wie es wenige gab. Paulus, schon sein Name sagt’s, war ein Kleingewordener, ein Neugeborener, ein ganz Christus Übergebener. Ein Lebensquell, vom ewigen Lebensquell gespeist, der Tausenden floss. Auch in Thessalonich war dieser Lebensquell geflossen und hatte viel fürs Leben Christi gewonnen.

So lebensvoll ist kein Vater und keine Mutter mit ihren Kindern verbunden wie Paulus mit den Thessalonichern. Ihr Geistesleben verdanken jene Gläubigen ihm als dem menschlichen Werkzeug. Da waren Lebensverbindungen zwischen Paulus und Thessalonich, wie sie die Welt bis dahin nicht gesehen hatte. Glaubenslebensfäden liefen da. In den Ewigkeiten für die Ewigkeiten waren diese Menschen miteinander verbunden. E i n Geist, e i n Glaube, e i n e göttliche Liebe, e i n e lebendige Hoffnung, e i n Vater im Himmel, e i n Heiland verband sie. Kein natürliches Band, das reißen kann, schloss sie zusammen, sondern das gemeinsame ewige Leben, das von oben durch Wort und Geist gezeugt war. Und Paulus, der Geistes-, Lebens- und Lichtträger nach Thessalonich, er war der rechte Schreiber voll Lebens und voll Liebe. Vor einer Lebensgeburt stehen wir in einem solchen Briefe - heilige Land ist’s, das wir betreten. Dies umso mehr, als es ja im Grunde nicht Paulus ist, der schreibt, sondern der erhöhte Heiland selbst durch den Heiligen Geist. Den Apostel hätte keine Not und kein Anliegen der Thessalonicher veranlasst zu schreiben; dem Apostel hätte kein eigener Antrieb, auch der höchste und edelste Glaubens- und Liebesantrieb nicht, die Feder in die Hand gedrückt, wenn nicht der Herr durch den Geist ihn zum Schreiben gedrängt hätte. Wir treffen hier nirgends auf menschliche Spuren, wir begegnen lauter göttlichen Offenbarungen. Nicht dass Paulus vom Heiligen Geist in Beschlag genommen worden wäre und knechtisch die Worte diktiert bekommen hätte, nein, der ganze, freie, starke Paulus schreibt.

Wir kennen die Eigenart seiner Schreibweise wohl, und auch Petrus kannte sie, wenn er in seinem Brief sagt, bei Paulus sei etliches schwer zu verstehen. Ja, Petrus schreibt anders und Johnannes schreibt anders als Paulus obwohl sie alle drei dasselbe schreiben, jeder in seiner Art. Ja, der Heilige Geist knechtet nicht - wo der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. Also ging es: Paulus war in freier Liebe vol und ganz dem Herrn ergeben; Paulus hat sich frei, ganz und gar, dem Heiligen Geiste des Vater und des Sohnes untertan gemacht. Paulus will nicht schreiben, wenn der Herr es nicht heißt; Paulus will nichts schreiben, was der Herr ihm nicht gebietet. Paulus ist in Christus und Christus in ihm. Aus dieser Geistes-Geburtsgemeinschaft fließt der Brief. So ist er Gotteswort, und wir haben vor uns briefliches, paulinisches Gotteswort an die Thessalonicher. Im höchsten Sinn stehen wir in diesem Brief vor Lebenswort aus dem göttlichen Urgrund, an die Thessalonicher gerichtet. Darum ist es uns so verbindlich; darum ist dies kleine Brieflein von nur drei Kapiteln bis heute Lebenswort geblieben. Und das ist Inspiration: es ist die höchste göttliche und die höchste menschliche Freiheit in einem - Offenbarung und Offenbarungsannahme.

Die göttliche Freiheit ist die aktive, die menschliche die passive, die völlig frei, aber auch ganz Gott hingegeben ist. Solch Lebenswort empfangen nun die Thessalonicher nicht von Paulus, ihrem geistlichen Lebensbrunnen, allein, sondern noch von „Silvanus und Timotheus“ - wie die Überschrift lautet. Nicht nur um der leiblichen Gefahren willen, welche in jeder Hinsicht vielfältig waren, sondern auch um der geistlichen Gemeinschaft willen reiste der Apostel nicht allein. Im ersten Thessalonicherbrief am Anfang des dritten Kapitels verrät es uns der Apostel, wie schwer es ihm war, in einer großen heidnischen Stadt ganz allein gelassen zu werden. Auch in Korinth sehen wir, dass Paulus erst anfing, das Evangelium zu verkündigen, als Silas und Timotheus wieder bei ihm waren. So sehr der Herr den Seinen alles ist, ebenso sehr brauchen sie doch die Gemeinschaft. Die Segnungen gehen vom Haupt und von den Gliedern aus auf jedes Glied des Leibes. Der Herr hat dem Apostel stets für treue Begleieter gesorgt, wenn Er ihn auch einmal ganz allein lassen konnte. Es ist ihm aber immer ein Kreuz, wenn ihm niemand beisteht, wie bei seiner Verantwortung in Rom.

Zugleich aber hatten auch die jungen Gemeinen am Zusammenleben dreier solcher Männer ein herrliches Vorbild christlicher Lebensgemeinschaft. Silas war schon älter. Und Silvanus ist nämlich derselbe wie der Silas der Apostelgeschichte.. Silas ist eine Abkürzung von Silvanus. Nach der Apostelgeischichte war dieser Silas ein prophetisch begabter Mann. Er ist im Jahr 50, nach dem sogenannten Apostelkonziel zu Jerusalem (Apg 15), mit Paulus nach Antiochien und in die andren heidenchristlichen Gemeinen geschickt worden. Er sollte das Einigungsschreiben zwischen Judenchristen und Heidenchristen überbringen und verantworten helfen (Apg 15:22ff.) Er war also ein Vertrauensmann der Gemeine zu Jerusalem. Timotheus war noch ein Jüngling. Er stammt aus Lystra und hat eine gläubige Mutter und eine gläubige Großmutter, aber einen heidnischen Vater gehabt. Früh wurde er vom Herrn erfasst und hatte überall unter den Gläubigen ein gutes Gerücht. Paulus hatte ganz offenbar für das Innenleben des Timotheus grundlegende Dienste getan, daher hing der jugendliche Glaubensmensch wie ein Kind an dem geistlichen Vater. Timotheus ist Paulus der Nächste geworden.

Das war nun ein liebliches Bild, wie diese drei, im Herrn eins, ein Leben brüderlicher Liebe und einheitlicher Hingabe führten. „Paulus, Silvanus und Timotheus“ - drei Gaben Christi, aber e i n Herr und e i n Geist. Allen dreien verdanken die Gemeinen in Mazedonien ihr Bestes. Für die Gemeine in Thessalonich waren diese drei Namen große Heilsgaben vom Herrn an sie. Mit Freude und Wehmut gedachten sie dieser Männer. Ein Stück ausgeprägtes Heilandsleben, ein Stück geoffenbarter Heilandsliebe traten greifbar vor sie hin, wenn sie hörten: „Paulus, Silvanus und Timotheus.“ Aber auch ein gut Stück im Herrn ertragenes Leiden und im Geist der Freudigkeit überwundene Trübsal standen vor ihnen. Was hatte Paulus durchgemacht in Thessalonich, wo die Juden ganz besonders geschäftig waren. Und nachdem Paulus hatte fliehen müssen, hatten Silvanus und sonderlich Timotheus noch bei ihm ausgehalten. Dann war Silvanus, vielleicht auch Timotheus, nach Athen gereist und von da wieder zurück, um nach den jungen schwerbedrängten Gläubigen in Thessalonich zu sehen. Wieviel Leben, Leiden und Strben hing an diesen drei Namen, wieviel Glaube, Liebe und Hoffnung. Das war ein wahrhaft göttliches Erleben, wenn die gläubigen Thessalonicher hörten: P a u l u s , S i l v a n u s und T i m o t h e u s.

Und dieser drei stellten sich nun mit dem Briefe vor „die G e m e i n e der T h e s s a l o n i c h e r“.

Seit ganz kurzer Zeit bestand in Thessalonich eine Gemeine des Herrn Jesu Christi; d. h. Männer und Frauen, zum Glauben gekommen durch die Predigt des Evangeliums, hatten sich im Namen Jesu in brüderlicher Gemeinschaft zusammengeschlossen. Thessalonich liegt in Mazedonien und ist eine alte Stadt. Sie liegt am Meer und angelehnt an einen großen Berg. Sie hat von alters her bedeutenden Handel. Darum wohnten auch immer viele Juden in ihr. Wie die Apostelgeschichte Apg 17 am Anfang, wo alles Nähere über diese Gemeine nachgelesen werden kann, erzählt, war schon zur Zeit des Paulus in Thessalonich eine Synagoge, also eine bedeutende Judenschaft. Vor dem ersten Weltkrieg lebten in Thessalonich (dem heutigen Saloniki) noch 60 000 Juden, und diese hatten 37 Synagogen. Die anderen Hauptbetandteile der einwohner sind Türken, Griechen und Slawen. In dieser zur Zeit des Apostels zweiten Hauptstadt von Mazedonien lehrte und zeugte Paulus d r e i Sabbate, also drei Wochen in der Synagoge. Etliche Juden, viele Griechen und viele vornehmen Frauen kamen zum Glauben. Es müssen, aus den Ermahnungen des Paulus über Arbeit und Handel zu schließen, auch viele Kaufleute und Handwerker darunter gewesen sein.

Die Gemeine ist durch den Neid der Juden bald selbstständig geworden. Sehr lange hat anscheinend Paulus nicht mehr bleiben können. Es gab einen Aufstand, und Paulus und Silas mussten fliehen. Timotheus konnte noch länger bleiben. Er war offenbar, solange Paulus dort war, nicht so an die Öffentlichkeit getreten. Die Gemeine zu Thessalonich kam durch die Feindschaft der Juden bald unter viel Kreuz, das zeigen beide Briefe. Durch das große Kreuz gab es eine gesteigerte Hoffnung auf das Kommen des Herrn, und diese brennende Sehnsucht nach dem Tag des Herrn führte dann auf allerlei Abwege in Lehre und Leben. Näheres über Art, Zeit und Ort wie die beiden Brief entstanden, ist aus der Heiligen Schrift nicht klar zu ersehen. Die Offenbarung lässt uns oft und viel über das Äußere von Personen und Verhältnissen im unklaren, damit wir uns mehr an das Unsichtbare und Geistliche klammern. Es mag so gewesen sein, dass Timotheus nach Athen kam, von dort mit dem ersten Brief wieder zurückgeschickt wurde, dass er dann mit Silvanus nach Korinth kam und dass die neuen Nachrichten den zweiten Brief hervorriefen. Dann wäre der Brief in Korinth geschrieben, etwa im Jahr 53 nach Christi Geburt.

Die Unterschriften unserer deutschen Bibeln, welche lauten: „Geschrieben zu Athen“, gehören nicht zum Bibeltext, sondern sind alte Zusätze. Unser zweiter Brief ist sicher nicht in Athen, sondern allem Anschein nach in Korinth geschrieben. Großes Kreuz, gesteigerte Hoffnungen aufs Kommen des Herrn, geistliche und praktische Irrungen, durch diese verkehrt gefassten Hoffnung hervorgerufen - das waren die geistlichen und sittlichen Gefahren, in welchen die Gemeine stand. Ernst hat Paulus mit Silvanus und Timotheus diese Dinge dem Herrn hingelegt. und dann kam die Geistesaufforderung zum Schreiben. Klare, helle Ewigkeits-Lebenslinien gab der Geist in die Verhältnisse der Gemeine hinein. Das ist immer die Art der Offenbarung von alters her, sie schließt an irdisch gewordene Umstände an und tut den ewigen Offenbarungsgehalt in sie hinein. Darum ist es bei der Auslegung der Heiligen Schrift immer auch von Bedeutung, die irdischen Umstände der Gemeine Gottes zu kennen, aus welchen heraus die Offenbarung verlangt und in welche hinein sie gegeben wurde. Bei den Thessalonichern war die Hauptsache das brünstige Warten auf den Tag der Ankunft des Herrn zur Gemeine. Die Erstauferstehungshoffnung, das Kommen Jesu zu den Seinen, deren Verklärung bei Ihm und mit Ihm, die danach kommende Aufrichtung des Königreichs des Herrn - das waren die Grundelemente, in denen sie lebten. Und diese bewegten sie so sehr, dass sie sehr traurig wurden, als etliche Glieder der Gemeine starben. Sie meinten, diese kämen nun zu kurz und würden benachteiligt, wenn der Herr käme.

Paulus tröste sie im vierten Kapitel des ersten Briefes hierüber. Aber sie ließen sich nur schwer beruhigen. Ihr großes Kreuz trieb sie immer wieder an, die Ankunft Christi recht nahe herbeizuwünschen. In diesem Wunsche vergaßen sie dann, recht nüchtern auf alles zu achten, was vor der Ankunft des Herrn noch geschehen musste. Manche vergaßen gar die einfältige, treue irdische Arbeit und Pflichterfüllung und verloren sich in geistlichen Umtrieben. Dahinein leuchtet nun der Geist durch Paulus. Ihr Hauptanliegen, das Kommen des Herrn, lässt der Geist ihnen ruhig stehen, stell ihnen aber alle ihre Verhältnisse, in denen sie leben, in dieses Licht. Man könnte darum dem Brief die Überschrift geben: Im L i c h t e des T a g e s des H e r r n. Das erste Kapitel stellt ihr Kreuz ins Licht des Tages des Herrn. Das zweite Kapitel redet vom Antichristen im Lichte des Tages des Herrn. Und das dritte Kapitel redet von der praktischen Arbeit des Tages des Herrn.