Der Abschluss des 6. Reiches

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Abschrift des Buches: Rom - Babel - Jerusalem
Der Weg der Menschheit im Licht der Schrift bis zur Vollendung des Gottesreiches

Verfasser: G. Thaidigsmann (Pfarrer in Waldbach) (1928)
Verlag: Gebrüder Schneider, Karlsruhe i. B.

Inhaltsverzeichnis
Kapitel davor:
1. Von der Gegenwart zur Endzeit

2. Der Abschluss des 6. Reiches

Geschichtsüberblicke über das 6. Reich

Die Zahl 666 wurde in der bisherigen Darstellung als Zahl des Tieres in DEM Sinn verwendet, dass sie die Zeitdauer des 6. Tierkopfes bezeichne, während der sich die Menschheit in besonderem Maß in der Richtung auf ihre widergöttliche und widerchristliche Gestalt entwickle. Es wurde der Nachweis versucht, dass die Ausgestaltung Roms in drei Zeiträumen von dieser Dauer erfolge. Die Sechszahl erscheint nun während dieser Zeit auch in der Form, dass die genannten drei Zeitabschnitte jedesmal in der Mitte einen Einschnitt aufweisen, so dass sich insgesamt 6 Abschnitte ergeben. Es soll zwar hierauf kein besonderer Nachdruck gelegt werden; aber bemerkenswert sind diese Einschnitte doch.

Der erste Einschnitt fällt auf das Jahr 303 n. Chr. Das war das Jahr, in welchem das römische Reich zum Hauptschlag gegen die alte Christenheit ausholte; denn 303 brach die diokletianische Christenverfolgung aus. 303 ist die Mitte zwischen 30 v. Chr. und 637 n. Chr. Der Gedanke ist ja möglich, dass das Eintreffen dieses Ereignisses gerade in diesem Zeitpunkt zufälliger Art gewesen sei. Aber es kann auch wohl sein, dass es sich um eine der göttlichen Zeiten handelt, die unabhängig von menschlichem Handeln den Lauf der menschlichen Geschichte bestimmen. Es gibt Zeiten, wo die Macht der Finsternis sich mehr zurückhalten muss und solche, wo ihr mehr Raum zum Wirken gegeben wird. Auf Zeiten der Eindämmung folgen Zeiten der Auswirkung. Ist nun 666 die Zahl des Tieres, so wäre es begreiflich, wenn jeweils in der zweiten Hälfte der 666 Jahre die Macht der Finsternis sich hätte stärker auswirken dürfen als in der ersten. Zwar stand die alte Christenheit schon bis 303 unter dem schweren Druck des römischen Reichs; aber sie hat sich in dieser Zeit trotz mancher Abirrung vom rechten Weg, in der Hauptsache auf der Bahn der Gemeinde Jesu gehalten. Aber nichts ist der Finsternis mehr zuwider als das Gedeihen der letzteren. So wollte sie dieselbe in das Sieb nehmen und bekam dazu das Recht, als ihre Zeit gekommen war. Auf dem Weg der Gewalt war die Gemeinde Jesu nicht zu besiegen; da brauchte der alte böse Feind List, und ließ der Gemeinde durch die Staatsgewalt die Friedenshand reichen, und die Gemeinde Jesu wurde in die Welt hineingeflochten. So ist es seither in der Hauptsache geblieben.

Das Jahr 637 kennzeichnet einen tiefen Einschnitt: da erfolgte in einem, Gottes Gericht über den bisherigen Gang der Kirche, und das Ausholen der Macht der Finsternis zu einer tieferen Verstrickung der Christenheit in ungöttliches Wesen als bisher. Aber zuerst musste der satanische Plan sich noch zurückhalten. Das Papsttum durfte seine Oberhoheit noch nicht in vollem Maße entfalten. In der Mitte des zweiten Zeitraums, um 970, ist der tiefste Stand des Papsttums erreicht. Aber nun bekam die Finsternis Raum, ihren Plan auszuführen. Der neue Geist, der der Kluniazenser, weltabgewandt und welterobernd zugleich, stand schon bereit. Nun begann erst die mittelalterliche Höhe des Papsttums, das 1302 seinen Herrschaftsanspruch in der ausgeprägtesten Form gelten machte, um 1303 umso tiefer zu stürzen. Ein solch bemerkenswerter Einschnitt wie 303 ist 970 nicht. Aber als ungefähre Zeitbezeichnung der tiefsten Schmach des Papsttums ist dieses Jahr wohl zu verwenden.

1303 war wieder ein göttliches Gericht über die noch weitergehende Entfernung der Kirche von der Gemeinde Jesu; zugleich rüstete sich die Macht der Finsternis zu noch stärkerer Gefangennahme der Christenheit. Aber zunächst musste sie sich noch zurückhalten. Die Reformation schien ihren Einfluss mächtig zurückzudämmen. Aber die Zeit der neuen Machtentfaltung der Finsternis kam. Die Mitte des dritten Zeitraumes fällt in die Zeit des 30jährigen Kriegs, der trotz der Hilfe des Schwedenkönigs Gustav Adolf die evangelischen Länder Deutschlands zu einem Trümmerfeld machte, aus dem sich die evangelischen Kirchen nur langsam erholten. Auch für die Entwicklung Frankreichs war jene Zeit verhängnisvoll, denn der evangelische Teil wurde damals in den Hintergrund gedrängt, um später ausgeschaltet zu werden. Und mit dem Rückgang der evangelischen Sache erhob sich das Papsttum von neuem, und langsam rückte auch die moderne Zeit heran mit ihrem Abfall vom Christentum. Wieder ist kein bestimmtes Jahr anzugeben. Aber der Wendepunkt in jenem Zeitraum, der mit 1303 beginnt, war der 30jährige Krieg doch.

Der große Einschnitt, den die Betrachtung des Geschichtslaufs für das Jahr 1970 nahelegt, gehört noch der Zukunft an. Aber unter der Voraussetzung, dass dieser Gedanke sich als richtig erweise, sei auf einige weitere merkwürdige Zahlen hingewiesen. Durch die Zahlen 30 v. Chr. und 70 n. Chr. hebt sich das 1. Jahrhundert der Zeit Roms heraus. Das Jahr 1870 war ebenfalls ein wichtiger Einschnitt: dieses Jahr entschied das Emporkommen Deutschlands als einer Großmacht innerhalb Europas mit einem evangelischen Kaisertum an der Spitze; das Jahr 1870 war aber auch das Jahr, da Rom seine verkehrte Entwicklung unwiderruflich festlegte. Von 1870 bis 1970 sind es wieder 100 Jahre! Man kann in diesen Zahlen ein zufälliges Zusammentreffen sehen. Aber alle diese Zahlen haben nicht nur politische Bedeutung, sondern zugleich Beziehungen zum Reich Gottes. Den ersten 100 Jahren des 6. Kopfes treten die letzten 100 Jahre zur Seite. Beide Abschnitte sind von ausschlaggebender Wichtigkeit. 100 Jahre nach Antritt seiner Vormachtstellung hat Rom das auserwählte Volk unter sich gezwungen, und damit einen Höhepunkt seiner Macht erreicht. 100 Jahre vor dem Aufhören seiner Vormachtstellung hat der 6. Tierkopf den Triumph erlebt, dass die Kirche sich selbst auf die Bahn des Tieres festlegte, auf eine Bahn, die sie auch nach dem Abtreten des 6. Kopfes nicht verlassen wird. 70 und 1870 zwei Jubelfeiern, zwei Jubiläen des Tiers! Das Tier kann 1970 ruhig seinen 6. Kopf opfern. Denn die Wunde des Tieres ist trotzdem geheilt. Die Kirche, die die Gemeinde Jesu darstellen sollte, hat ihn zur Heilung gebracht. Und das Deutsche Reich, das damals erstand, und das eine machtvolle Vertretung des Evangeliums hätte sein sollen, war von vornherein in ernster Lage, wenn gleichzeitig mit seinem Erstehen die Tierart Roms erstarkte.

Mögen nun die seitherigen Deutungen und Zahlen recht haben oder nicht, so viel ist sicher, dass in Gottes Rat die Zeiten geordnet sind, und dass auch die Macht der Finsternis in ihrem Wirken, sich an die von Gott geordneten Zeiten halten muss. Das große Beispiel hierfür ist der Eintritt Jesu Christi in die Welt: Er kam, als die Zeit voll geworden oder verstrichen war, die für sein Kommen festgelegt war (Gal 4:4). Desgleichen hat Jesus in seinen irdischen Tagen genau gewusst, dass seine Zeit vom Vater bestimmt war. Darum konnte er sagen: meine Stunde ist noch nicht gekommen (Joh 2:4); ein anderes Mal aber: die Stunde ist da (Joh 17:1). Wie hat sich Gott auch sonst an bestimmte Zeiten gebunden! Ein Beispiel: 75 Jahre war Abraham alt, als er aus Haran auszog; 25 Jahre musste er auf seinen Sohn warten; mit 100 Jahren sah er in der Geburt seines Sohnes die erste Erfüllung, der ihm gewordenen Verheißung. So war auch die Zeit der Obermacht Babels über Israel genau abgemessen: 70 Jahre! Nicht immer gibt Gott Einblick in seine Zeiten. Er hat die Zeiten und Zeitpunkte in der ihm eigenen Machtvollkommenheit festgesetzt (Apg 1:7); aber als der Auferstandene das seinen Jüngern sagte, fügte er hinzu, dass das Wissen um diese Zeiten nicht ihre Sache sei. Die Gemeinde Jesu weiß es nicht zu allen Zeiten; sie kann auch mit ihren Zeitgedanken fehlgreifen. Aber das ändert nichts an der großen Tatsache, dass die Zeiten für den Gang der Menschheitsgeschichte göttlich festgelegt sind, auch die Zeiten und Zeitpunkte der satanischen Machtentfaltung.

Der Bau des neuen Tempels

Ist wohl ein bestimmtes Ereignis denkbar, das den Übergang der Weltherrschaft an das Judentum auch äußerlich darstellen, das also erst ins Jahr 1970 fallen könnte? Ja. Ein solches könnte die Wiederherstellung des Tempels in Jerusalem sein. Die letztere ist nach Offb 11 zu erwarten. Bis jetzt ist davon noch nichts zu sehen. Da müssen die Verhältnisse sich noch gründlich in jüdischem Sinne ändern, bis eine Weltlage entsteht, welche den Ersatz des heutigen Felsendoms durch einen neuen Tempel möglich machen. Der Eintritt des Judentums in die Weltmachtstellung könnte gerade darin seinen äußerlichen Ausdruck finden, dass es dem Judentum gelänge, den Islam zum Verzicht auf Jerusalem zu bewegen, sei es auf gütlichem Weg der Verständigung, sei es durch äußere Machtmittel, so dass das Judentum die unbeschränkte Verfügung über Jerusalem und das Heilige Land bekäme. Die Geschichte Jerusalems ist ja in der Weltgeschichte von großer Bedeutung, selbst bei weltlicher Betrachtungsweise. In der reichgottesgeschichtlichen Wertung des Menschheitsganges ist die Geschichte Jerusalems noch viel wichtiger. Ihr sind die Jahre 605, 586; 536 v. Chr., 70 und 637 n. Chr. um Jerusalems willen Schnittpunkte, nicht bloß für die Geschichte des Heiligen Landes, sondern auch für die Weltgeschichte. Das Aufkommen Roms bedeutete die Unterdrückung und den Fall Jerusalems; das neue Aufkommen Jerusalems kann den Niedergang Roms zur Darstellung bringen.

Mit allem Vorbehalt des Irrtums, und ohne Wert darauf zu legen, seien in diesem Zusammenhang die nachfolgenden Erwägungen dargeboten, die vielleicht nicht ganz wertlos sind, aber auf Gewissheit keinen Anspruch haben. Das Buch Daniel enthält einige schwer deutbare Zeitangaben, in Dan 8:14 wird gesagt: nach 2300 Abenden und Morgen werde das Heiligtum nach seiner Verwüstung wieder zu seinem Recht kommen; in Dan 12:11 werden von der Abschaffung des täglichen Opfers an 1290 Tage gerechnet; in Dan 12:12 werden diejenigen glücklich gepriesen, die harrend 1335 Tage erreichen. Es ist wohl möglich, dass die erstgenannten 2300 „Abendmorgen!" zu halbieren sind und 1150 ganze Tage ergeben; weiter ist es wahrscheinlich, dass der nächste Sinn der Zeitbestimmungen die Dauer der Tempeleinweihung unter Antiochus Epiphanes angibt, wobei die Zeitunterschiede veranlasst sein können, durch die Stufen der Tempelwiederherstellung. Aber ein Bedenken, das fraglich macht, ob damit der ganze Sinn der prophetischen Worte wiedergegeben ist, taucht sofort auf: die Notzeiten unter Antiochus Epiphanes gehören nicht der Endzeit an, von der sowohl in Dan 8:17 als auch Dan 12 die Rede ist. So wird eine vorläufige Erfüllung zur Zeit des Antiochus anzunehmen sein, der eine eigentliche in der Endzeit folgen wird.

Tatsächlich ist ja in der neutestamentlichen Weissagung ebenfalls vom Gräuel der Verwüstung an heiliger Stätte die Rede (Mt 24:15; auch Offb 11:2). Es kann wohl sein, dass die Zeitdauer vom Sieg des Antichrists und von seiner göttlichen Verehrung im Tempel (2Thes 2:4) an, bis zur Aufrichtung des Reiches Gottes auf Erden in abgestufter Weise ebenfalls die genannten 3 Zeitangaben umfasst, also annähernd die 3 1/2 Jahre, von denen in der Offenbarung die Rede ist, als vom Höhepunkt der Macht des Antichrists. Aber es liegt auch die Möglichkeit einer noch weiter ausgreifenden Weissagung vor, ähnlich der von den 70 Jahren bei Jeremia, die sowohl nach dem göttlichen Zeitmaß, als auch nach einer andersartigen Zeitbemessung in Kraft traten. Dort war im 2. Fall ein Jahr = ein Wochenjahr gerechnet; könnte nicht auch einmal in der prophetischen Sprache 1 Tag = 1 Jahr gerechnet sein? Die Meinung ist nicht die, dass die buchstäbliche Verwendung der Zeitangabe unrichtig sei, sondern die, dass neben der genannten, auch noch diese umfassendere gemeint sein könne.

Das griechische und das römische Reich (wir könnten auch sagen, das griechische und das römische Wesen) nahmen den Kampf mit dem Gottesreich auf, nachdem das persische, und bis zu einem gewissen Grad sogar das babylonische Reich, noch eine verhältnismäßig freundliche Stellung eingenommen hatte. Zwar begann der Kampf nicht sofort, als das Griechentum in die Weltstellung eintrat; aber dem Wesen nach, war der Gegensatz zwischen diesem und Israel von Anfang an da, und der Ausbruch des Kampfes unter Antiochus, war nur die Enthüllung der Verwirklichung des Gegensatzes. So begann die Gefährdung des Heiligtums mit dem Sturz des persischen Reiches. Das war 330 n Cr. Von 330 v. Chr. bis 1970 n. Chr. sind es 2300 Jahre. In dieser Zeit ist Jerusalem von Griechenland und von Rom her zertreten worden. Die Zertretung durch die Araber und Türken erfolgte im Rahmen des 6. Reiches. Wenn nun um 1970 die neue Erhebung Jerusalems zu erwarten wäre, und wenn ein Recht bestünde, in der danielischen Weissagung 1 Tag = 1 Jahr zu rechnen; wenn weiter die Zeitbestimmung 2300 gleichzeitig mit Abenden und mit Morgen zu verbinden wäre - dann würde Dan 8:13.14 eine eigenartige Erfüllung finden, indem nämlich das Heiligtum nach 2300 solcher Zeiteinheiten wieder zu seinem Recht käme.

Auch die Zeitangaben in Dan 12. würden dann in merkwürdige Beleuchtung treten. Seit Daniel ist der Gräuel der Verwüstung an heiliger Stätte dreimal gestanden: unter Antiochus, in der römischen Kaiserzeit, und seit der Einnahme Jerusalems durch die Araber. Die erste ging rasch vorbei; die zweite wich in der altchristlichen Zeit um so größerer, fast übertriebener Verehrung der heiligen Stätten; die dritte dauert an seit bald 1300 Jahren. Sie ist bis jetzt die tiefgreifendste. Wenn in Dan 12 die Weissagung auf die Endzeit hinausgreift - und das ist wahrscheinlich, weil Daniel selber sagt, dass ihm das Verständnis abging, und er mit seinen Fragen zur stillen, friedevollen Bescheidung verwiesen wurde - dann ist nicht ausgeschlossen, dass das Wort vom Gräuel der Verwüstung auch die mohammedanische Zeit mit umfasst.

Aber einige Schwierigkeiten sind vorhanden, welche die Anwendung der genannten Weissagung auf die mohammedanische Einweihung nicht leicht machen. Als Anfangspunkt der 1290 Tage wird in Dan 12:11 die Abschaffung des "beständigen" Opfers genannt, worunter man das tägliche Opfer zu verstehen pflegt. Zu der Zeit, als der Islam in Jerusalem einzog, wurde aber schon längst nicht mehr geopfert. Das Opfer hatte mit der Zerstörung des Tempels im Jahr 70 n. Chr. aufgehört. Immerhin würde die erwähnte Bemerkung vom Opfer, die Anwendung der Weissagung auf die Zeit der Einweihung des Heiligtums durch mohammedanische Heiligtümer nicht unmöglich machen. Denn die Verwendung der Weissagung für die letzten 1300 Jahre käme ja erst in zweiter Linie in Betracht, nachdem eine buchstäbliche Erfüllung in der Zeit Antiochus, und in der antichristlichen Zeit angenommen ist. In den beiden letzten Fällen stimmt das Wort vom Aufhören des täglichen Opfers. Im oben beschriebenen Fall dagegen wäre der Anfangspunkt 1290 Tage, bzw. Jahre zwar nicht das Aufhören des Opfers, wohl aber die Entweihung der heiligen Stätten durch einen unheiligen Gottesdienst anzunehmen.

Zu der genannten biblischen Schwierigkeit kommt dann noch eine geschichtliche. Völlig sichere Angaben über die Zeit der Inanspruchnahme des alten Tempelplatzes für mohammedanische Zwecke lassen sich schwer machen. Es handelt sich in Jerusalem um zwei mohammedanische Heiligtümer: die Aksa-Moschee auf dem südlichen Teil des Tempelplatzes, und den Felsendom in dessen Mitte, manchmal fälschlich Omar-Moschee genannt. Die erstere stammt aus der Zeit Omars, des Eroberers von Jerusalem, sei es, dass er sie neu baute, oder einen von Kaiser Justianian her bestehenden Bau benützte. Der Felsendom - der große Kuppelbau auf dem achteckigen Untergrund - wurde zum arabischen Heiligtum unter dem Kalifen Abd el Melik, der 685-705 regierte, und der ihn neben das Heiligtum in Mekka stellen wollte. Ob der genannte Kalif selbstständig baute, oder frühere Bauten mit verwendete, ist für die vorliegende Erwägung nicht wichtig. -

Nun handelt es sich um den Zeitpunkt der Erbauung oder des Umbaus, bzw. der Übernahme der genannten Gebäude in mohammedanischen Gebrauch, welche der Entweihung des Heiligtums gleichzusetzen sind. Diese Zeit würde für die Aksa-Moschee auf die Zeit zwischen der Eroberung Jerusalems und den Tod Omars fallen, also zwischen 637 und 644. Eine Inschrift im Innern des Felsendoms gibt, nach einer mir bekannt gewordenen Mitteilung, als Erbauungszeit das Jahr 72 der sog. Hedschra, d. h. der Flucht Mohammeds von Mekka nach Medina, mit der die arabische Zeitrechnung beginnt. Wäre diese, wie zu lesen ist, auf das Jahr 622 anzusetzen, dann wäre das Jahr der Erbauung, bzw. des Umbaus des Felsendoms zu einem mohammedanischen Heiligtum, das Jahr 694 n. Chr. Immerhin scheinen an beiden Gebäuden auch nachher noch bauliche Veränderungen vorgenommen worden zu sein.

Was nun die 1335 Tage anbelangt, so fällt auf, dass 1335 das Doppelte von 666 (bzw. 667) ist, nur aufgerundet. Dürfen sie als Jahre gerechnet werden, dann sind es 2/3 der im vorliegenden Buch angenommenen Zeit des 6. Tierkopfes. Wird 637, das Jahr der Eroberung Jerusalems, als Beginn der Entweihung des Heiligtums betrachtet, dann werden die 1335 Jahre, mit dem Ende der Herrschaft des 6. Reiches voll. Würde zum genannten Zeitpunkt Jerusalem wieder Eigentum Israels, würde zu dieser Zeit der neue Tempel gebaut, zwar unter Führung des Judentums, aber unter wesentlich innerer Anteilnahme, des aufrichtig frommen Teils des Volkes, dann hätte die Seligpreisung in [Dan 12:12] einen Sinn: "Wohl dem, der ausharrt, und 1335 Tage erreicht!" Aber dann müsste auch anzunehmen sein, dass eben in den Jahren sich Dinge anbahnen, die den Hinweis auf 1290 Tage, bzw. Jahre, im 11. Vers rechtfertigen. Das Ende dieser 1290 Tage, bzw. Jahre würde, von 637 an gerechnet, in der Gegenwart beginnen und könnte sich, da Omars Tod auf 644 fiel, bis 1934 hinziehen. Was an den Endpunkt der 1290 Tage fällt, ist freilich nicht ausdrücklich gesagt; aber der Vergleich mit dem 12. Vers, der an das Ende der 1335 Tage ein glückseliges Ereignis stellt, legt den Gedanken nahe, dass es sich nach 1290 Tagen um die Anbahnung einer glücklichen Wendung handeln könne, in deren weiterem Verlauf das frohe Ereignis 1335 eintrete. -

Es ist zwar schwer, eine Vermutung aufzustellen. Aber nach der ganzen Weltlage erscheint es nicht als ausgeschlossen, dass in nicht allzu ferner Zeit in Palästina ein Umschwung zugunsten Israels stattfinden könnte, der dem frommen Teil des Volkes Befriedigung gewähren würde. Vielleicht lässt aus irgendwelchen Gründen der, immer noch starke, arabische Widerstand gegen die Juden nach, so dass die neue Besitzergreifung des Heiligen Landes durch die Juden in greifbare Nähe rücken würde. Und 1970 und die Jahre danach könnten die Zeit der Erbauung des neuen Tempels sein, von welchem in Offb 11 die Rede ist. Dann hätte die Entweihung der heiligen Stätte durch die Mohammedaner ein Ende.

Aber der Gedankengang bedarf noch einer Ergänzung. Volles Glück bringt die Erbauung des neuen Tempels noch nicht; denn die dort anbetende Gemeinde kommt in Bedrängnis durch den Antichristen, und der Tempel wird noch einmal entweiht durch den Antichristen, also wie wir annehmen, durch ein Glied des jüdischen Volkes selber. Die wirkliche Wendung für das wahre Israel, und den rechten Tempel bahnt sich erst an, wenn Babel gefallen ist, und Jerusalems eigentliche Zeit beginnt mit dem Wiederkommen Jesu. Sollte die Weissagung in Dan 12:11.12 auch darauf Bezug haben, in dem Sinn, dass der Sturz des Antichrists am Ende der 1290 Tage, bzw. Jahre stünde, und der neue Tempel nach Hes 40-48 samt dem Beginn des vollen Friedensdienstes Israels an der Völkerwelt, am Ende der 1335 Tage, bzw. Jahre? Hätte der Gedanke recht, dass das Jahr 1995 die große Wendung bringen werden - davon wird später noch die Rede sein - dann würde der Anfang der 1290 Jahre auf 705 fallen. Aber nach den vorliegenden Nachrichten wurde der Felsendom als mohammedanisches Heiligtum schon etwa 10 Jahre vorher übernommen, so dass es statt 1290 Jahre 1300 Jahre heißen müsste.

Man könnte ja bedenken, dass das Jahr 72 der Hedschra, den BEGINN der Bauzeit angebe und die Zeitdauer des Baus selber nicht berücksichtige. Ein Anhaltspunkt nach dieser Richtung wäre das Ende der Regierungszeit des Kalifen Abd el Melik, des Erbauers oder Umbauers des Felsendom, das auf das Jahr 705 fällt, also gerade 1290 Jahre vor 1995. Der Felsendom steht an der Stelle des alten Tempels. Hätten die ausgeführten Gedanken recht, dann kämen beide mohammedanischen Heiligtümer in Jerusalem für die Weissagung des Daniel in Betracht: die Aksa-Moschee aus Omars Zeit als erste, vorläufige Entweihung: und der Felsendom als der eigentliche Gräuel. Diesen Entweihungen würde die Hilfe genau entsprechen: der ersten leichteren Entweihung die Hilfe zur Zeit der heranreifenden Bekehrung des heiligen Restes Israels; und dem schlimmen Gräuel die durchgreifende Hilfe zur Zeit der Indienststellung des bekehrten Israel, beim Beginn des 1000jährigen Reichs.

Doch sollen die letzten Ausführungen, welche die danielischen Zeitangaben in neuer Weise verwenden, nur mit allem Vorbehalt gemacht sein. Sie ließen sich in der genannten Weise in den seither besprochenen Geschichtsgang einfügen. Aber Sicherheit wagt der Verfasser, diesen Gedankengang nicht für geltend zu machen. Doch wäre es möglich, dass der Gang der Ereignisse im Großen in dieser Linie liefe, auch wenn die Jahreszahlen nicht genau stimmen, zumal da sich genaue Bauzeiten für die mohammedanischen Heiligtümer nur schwer angeben lassen.

Aber ein Gedanke kann noch beigefügt werden, der von der Richtigkeit dieser Auffassung unabhängig ist, nämlich wie der Bau des zu erwartenden neuen Tempels in Jerusalem aufzufassen ist. Ist er lediglich auf jüdischen Stolz zurückzuführen, oder ist darin auch aufrichtige Frömmigkeit wirksam? Hat der obige Gedankengang recht, dann liegt ihm ein frommer Sinn zugrunde; sonst dürfte die Erbauung des neuen Tempels nicht als Ende der Verwüstung angesehen werden. Ein Tempel, der nur Sinnbild des von Gott abgefallenen jüdischen Stolzes wäre, wäre vor Gott selber ein Gräuel. Es mag sein, dass einst auch der Stolz dabei eine Rolle spielt; aber als tiefere Strömung, welche den Bau des neuen Tempels begehrt, ist wirkliche Frömmigkeit anzunehmen. Aus dem Judentum muss sich ja ein rechtes Israel herausschälen. In einzelnen Gliedern arbeitet sich aus den Juden immer wieder ein rechtes Israel heraus, das der größten Hochachtung wert ist. Wenn ein Israelit sich wirklich bekehrt, dann gibt es leicht eine Glut von Hingabe, die bei einem Nichtisraeliten seltener ist. Denn bei einem Israeliten wird in solchem Fall die ganze Geschichte Israels lebendig, und zu persönlichem Eigentum, und die Liebe erfasst Jesus zugleich nach seiner menschlichen Seite als Glied des eigenen Volkes.

Zugleich entsteht bei einem solchen Israeliten ein Weh, welches das Weh eines nicht israelitschen Jüngers Jesu übersteigt. Gewiss kann ein solcher den ganzen Jammer der Christenheit ebenfalls tief empfinden; aber auf einen bekehrten Israeliten legt sich das ganze Weh des Volkes aus dessen langer Glaubenslosigkeit. Was bei einzelnen Israeliten immer wieder der Fall ist, das wird aber noch in größerem Umfang geschehen müssen, dass nämlich innerhalb dieses Volkes ein Aufwachen stattfindet, und ein Wiederanknüpfen an das Beste seiner Vergangenheit. Es handelt sich vorerst schwerlich um Bekehrungen in größerer Zahl - die große Umkehr eines Teils Israels ist der Endzeit vorbehalten - , aber um Änderungen und Umwälzungen der Seele des Volkes, geweckt durch Gottes Geist. Das braucht Zeit, und seitens der Christenheit fürbittende Teilnahme.

Die zionistische Bewegung innerhalb der Juden mag der großen Wendung vorausgehen; aber sie ist in ihrem oberflächlichen Sinn bis jetzt noch nicht als Wegbereiterin der großen Reue anzusehen. Es wäre gut, wenn die Christenheit die Zeichen einer beginnenden Wandlung in weiteren Kreisen Israels für sich in Anspruch nehmen wollte, und den Zutritt der Bekehrten Israels zur heidenchristlichen Gemeinde begehren würde. Es ist wahrscheinlich besser, still beiseite zu stehen und die Wirkung des Geistes Gottes, der der Geist Jesu Christi ist, abzuwarten. Es ist ja Christi Volk aus der Bahn geraten, aber nicht aus der Gnade gefallen.

Das Verlangen nach einem Tempel, nach Rückkehr zum alttestamentlichen Gottesdienst, wäre bereits als Zeichen einer beginnenden Wandlung zu werten, nicht als Zeichen neuer Selbstgerechtigkeit. Israels alttestamentlicher Gottesdienst hat auch im Rahmen des Anschlusses an Jesus Raum, wenn er nur nicht Christi Gnade bestreiten will. So soll sich die Christenheit und die Gemeinde Jesu in ihr freuen, wenn neues Leben innerhalb des jüdischen Volkes sich regt, auch wenn es zunächst nicht als Annäherung an Jesus erscheint, und nur eine Rückkehr zum alttestamentlichen Stand erstrebt. Bereits eine solche Wendung wird nur unter Schmerzen zustande kommen. Denn ein Israel, das um Gottes willen nach dem Heiligen Land, nach dem Heiligtum, und nach dem Gottesdienst Verlangen bekommt, wird sich des Unterschieds vom fleischlich gewordenen Hauptteil des Volkes mit innerem Weh bewusst werden. Auch solange es noch keine Anfeindungen vom letzteren zu erfahren hat, macht es bereits ein inneres Märtyrertum durch; und die Zeit wird eintreten, wo das äußere dazu kommt. Aber zunächst wird der Gang wohl der sein, dass die Erbauung des Tempels als Ehrenpflicht des ganzen Volkes erscheint, auch wenn nur ein Teil des Volkes sich mit dem Herzen nach der Wiederkehr des alten Verhältnisses zu Gott sehnt.

Die inneren Gegensätze mögen in jener Zeit durch die Mitte der Familien hindurchgehen; ebenso durch die Scharen, die im Land der Väter sich sammeln werden. Jerusalem wird in Offb 11:8 Sodom und Ägypten genannt, nicht nur im Blick auf die der Endzeit vorausgehenden Zeiten; sondern in dem Sinn, dass es auch in den kommenden Entscheidungszeiten einen sittlich und religiös bösen Anblick darbietet. Nach der gleichen Richtung wird Offb 11:2 weisen, wo der äußere Vorhof des Tempels vom inneren abgetrennt wird. Drinnen sind die Anbetenden; draußen sind die irdisch Gesinnten, die Gott noch nicht die Ehre geben, und dies erst unter dem Eindruck furchtbarer Gerichte tun (Offb 11:13)

Das 7. Reich als Übergang zur Endzeit

Die angestellten Erwägungen haben bereits über die Schwelle des 7. Reichs hinübergeführt. Es wurde weiter oben versucht, ein Bild zu entwerfen von der Menschheit in diesem Zeitalter, die unter der Führung des freigeistigen, liberalen Weltjudentums, das sich der Bindung an den Gott der Väter immer mehr entfremdet, einer einheitlichen natürlichen Menschheitsreligion entgegen reift. Die Großchristenheit, das Judentum, der Islam, die heidnischen Religionen finden sich zusammen und erkennen sich als Einheit, vielleicht unter Anerkennung einzelner Schattierungen. Dem Judentum wird gerne die Führung zugestanden, weil es sich als das Bindemittel erweist. Es mag wohl auch sein, dass der Gegensatz zwischen Kapitalismus und Sozialismus sich unter der Menschheitsflagge verwischt.

In diese Richtung weist ein, von dem amerikanischen Rechtsanwalt Philipp Mauro, bereits vor dem Krieg herausgegebenes Buch mit dem Titel: „Des Menschen Zahl". Es gibt einen erschütternden Einblick in die Hintergründe der großen Zeitbewegungen und zeigt, wie sie alle, die geistigen, sozialen, wirtschaftlichen, politischen, trotz aller zeitweiligen Gegensätzlichkeit, aber teuflisch verzerrten Ziel der "Humanität" zustreben, bis sie dann mitsamt ihrer letzten unheimlichen Spitze, der Führerpersönlichkeit des Antichrists, von Christus, dem rechten Führer der Gott zugehörigen Menschheit, gerichtet werden. Dem Verfasser hat dieses Buch einen großen Eindruck gemacht, als er es vor einigen Jahren in seinen Gedankenwelt hinein zu lesen bekam, die dem gleichen Gegenstand von anderer Seite her beizukommen suchte.

Es ist von keinem Theologen gedacht und geschrieben worden, sondern von einem mitten im kulturellen Leben stehenden Mann von hochstehender geistiger Bildung. Auch das ist beachtenswert, dass es von einem Amerikaner stammt, also von einem Angehörigen eines Landes, wo sonst die Gefahr groß ist, allgemein menschliche Ziele in allzu nahe Beziehung zum Reich Gottes zu setzen, so dass sie als Mittel zu seiner Verwirklichung erscheinen; umso nüchterner erscheint neben dieser Verehrung der Kultur, die in dem genannten Buch vertretende ernste Auffassung der Kulturentwicklung. Weitere Gründe für den starken Eindruck dieses Buches sind: die Aufzeigung der Verbindungslinien, die von den, jedermann zugänglichen Zeitströmungen zur Endzeit hinüberführen, und die Aufdeckung der gemeinsamen Wurzel, und des gemeinsamen Ziels, der bis jetzt noch im Gegensatz zueinander stehenden Bestrebungen: es wird gezeigt, wie Imperialismus und Kommunismus, Sozialismus und Kapitalismus, das geistige und das wirtschaftliche Leben aufeinander zustreben und sich noch zusammenfinden. Dieser Weitblick ist umso merkwürdiger, als das Buch eine Anzahl von Jahren vor dem Kriege erschienen ist, als die wohlgemute Erwartung einer fortdauernden Aufwärtsbewegung noch nicht erschüttert war.

Das Einheitsband des Reichs

Über die politischen Verhältnisse lässt sich in der, bereits früher besprochenen, Schriftstelle Offb 17:12 ein Anhaltspunkt finden. Dort werden zur Zeit des Antichrists 10 Könige, bzw. Reiche genannt. Die früheren Ausführungen sind in diesem Zusammenhang noch zu ergänzen. Es wird schwerlich anzunehmen sein, das diese Reiche erst zur Zeit des Antichristen entstehen; vielmehr setzt die freiwillige Abtretung ihrer Macht an den Antichristen, das Bestehen ihrer Herrschaft zur Zeit des Antichrists voraus. Weil aber ihre Zeit so nahe an die antichristliche hingerückt ist, so werden sie schwerlich mit den gegenwärtigen Staatsgebilden zusammen gesehen werden dürfen. Es ist schon vermutet worden, diese Reiche seien im europäischen Staatensystem zu suchen. Wahrscheinlich aber wird es sich um die Machtmittelpunkte im Bereich der gesamten Völkerwelt handeln. Denn der Antichrist fasst die ganze Menschheit zu einem Ganzen zusammen. Wie die Staatenkarte der Welt dann aussehen wird, das lässt sich jetzt noch nicht sagen. Bis dahin können neue Staatsbildungen entstanden, und frühere staatliche Gebilde vergangen sein. Fast könnte man den Eindruck bekommen, ob nicht in der Zeit der Menschheitszusammenfassung die Zahl der vielen Staatsgebilde sich verringert haben werde, sei es auf gewaltsamen Weg, sei es auf dem des Zusammenschlusses.

Es ist sehr fraglich, ob in der Endzeit die Bevormundung der Menschheit durch die Kolonialmächte noch in gleicher Weise fortdauert wie bisher. Eine einfache Erwägung dieser Möglichkeiten zeigt, wie inhaltsreich die Zeit bis zum Ende noch sein kann, und wie viele Überraschungen und Erschütterungen sie noch bringen kann. Ob z. B. in Asien nicht große geschichtliche Entwicklungen noch bevorstehen? So ist in Offb 16:12 von den Königen östlich vom Euphrat die Rede; in Offb 16:14 von den Königen des ganzen Erdkreises. Maßgebend dabei ist nicht die Staatsform, ob es sich um lauter Königreiche handelt, wiewohl das auch möglich ist; denn gerade aus großen Umwälzungen entwickelt sich königliche Gewalt, wie es am napoleanischen Frankreich sichtbar ist. Ob solche weissagenden Andeutungen nicht einen Hinweis geben, dass es noch einheitliche staatliche Zusammenfassungen der Völker geben wird, unter Abschüttelung fremder politischer Oberhoheit? Ob es nicht vielleicht zu seiner Zeit ein geeinigtes China, ein zusammengefasstes Indien, ein politisch einheitliches Afrika geben wird. Es kann wohl sein, dass das Band, das die einzelnen Gebiete zusammenschließt, nicht nur die politische Macht sein wird, sondern eine zusammenhaltende Idee. Vermutungen, die auf Einzelheiten gehen oder Wahrscheinlichkeit beanspruchen, sind zwecklos, weil die Einzelblicke versagt sind. Aber das ist wohl denkbar, dass aus den großen Bewegungen, wie sie z. B. gegenwärtig durch die oben genannten Gebiete Afrika, Indien, China gehen, sich schließlich Ergebnisse heraus gestalten, die zu einer Machtverteilung auf etwa 10 Gebiete führen. Vielleicht gehört zum Ende des 6. Reichs auch das Aufhören der kolonialen Vorherrschaft.

Eine Frage taucht in diesem Zusammenhang auf: ob von einem 7. Reich überhaupt gesprochen werden könne, wenn anzunehmen ist, dass es gegen die Endzeit eine Anzahl von Machtmittelpunkten geben werde, die gegeneinander verhältnismäßig selbstständig sind? Es kommt darauf an, was unter "Reich" verstanden wird. Von einem Reich kann nicht nur dann gesprochen werden, wenn straffe politische Bindung vorliegt, sondern auch dann, wenn nur ein zusammenhaltendes Band vorhanden ist. Eine gemeinsame Idee bindet stärker als die Gewalt der Waffen. Und als solches Band kann das Judentum sich wohl erweisen, auch wenn ihm keine starke militärische Macht zur Verfügung steht, namentlich dann, wenn es die liberale Idee der Gleichberechtigung ausgibt. Wenn das Gefühl des Zurückgesetzseins, der geistigen Unterlegenheit schwindet, dann ist eine Hauptquelle des Widerwillens und des Hasses versiegt. Durch kluge Verwendung einer solchen Idee kann das Band zwischen auseinanderrstrebenden Völkern und Staaten stärker geknüpft werden als durch Anwendung politischer Druckmittel.

Einen weiteren Anhaltspunkt für die Zustände in 7. Reich bieten die Ausführungen über das Großbabylon der Endzeit, sofern dasselbe als buhlerisches Weib dargestellt wird, das die ganze Menschheit in ihren Bann zieht, und das auf diese Weise die Herrschaft über die Könige der Erde ausübt (Offb 17:18). Die Völker sind von diesem Weltmittelpunkt berauscht. Was die Welt außer der Luft, die dort zu finden ist, an Großbabylon kettet, das ist die Verflochtenheit der Weltwirtschaft mit ihm. Sein Fall zerrüttet alle wirtschaftlichen Verhältnisse, und veranlasst die Trauerklage der ganzen Handelswelt (Offb 18:9-19). In all diesen Dingen sind die alten und gegenwärtigen Weltstädte Vorausdarstellungen des einstigen Babylon. Im Grunde genommen ist in Offb 18 das Gepräge aller dieser Städte gezeichnet. Die Großstadt hat im Rahmen eines staatlichen Gebildes eine überragende Bedeutung. In ihr verkörpert sich das politische, wirtschaftliche, soziale und geistige Leben eines Landes. Und wiederum gehen von solchen Städten kräftige Wirkungen in das Land hinein, und auf das Land hinaus, so dass sich das Land - "Land" politisch und kulturell gemeint - derselben nur schwer erwehren kann.

Es ist eine eigenartige Wechselwirkung: die großen Städte stützen sich einerseits auf das Land, und beeinflussen es dann wieder tief. Die Völker und Reiche sind verantwortlich für ihre Städte; denn diese spiegeln den Stand eines Volkes wider. Und sind die Städte verderbt, dann wird das Land und Volk, dem sie zugehören, wieder mit ihnen gestraft. Manchmal muss ein ganzes Volk schwer tragen an der Verderbensflut, die von einzelnen Städten aus auf das Volksleben hinaus strahlt. Sie können zu Giftquellen werden. Es mögen etwa 100 Jahre her sein, seit das Schwergewicht des Volkslebens in die Städte gewandert ist. Jetzt schon sind die Folgen ernst. Großbabylon vollends wird auf die Welt verheerende Wirkungen ausüben. Wegen seiner Bedeutung im Weltganzen leitet deshalb auch sein Fall den Abschluss der ganzen bisherigen Menschheitsentwicklung ein.

Es wurde bereits gesagt, dass die Anfänge Großbabylons noch der Zeit des 6. Reichs angehören können, dass vielleicht England in irgendeiner Weise am Entstehen der neuen Welthauptstadt beteiligt sein werde. Darum ist es nicht nötig, sie als eine Gründung des Judentums zu erwarten. Das Judentum, solange es noch Gotteserkenntnis in sich hat, richtet seine Blicke nach dem Heiligen Land und nach Jerusalem. Aber es ist wohl möglich, dass die neue Stadt, wenn sich das Judentum noch mehr als bisher seines göttlichen Gehalts entäußert, mehr und mehr Mittelpunkt des un- und widergötttlichen Judentums wird. Es kann sein, dass die Scheidung, die im Judentum noch zustande kommen muss, sich auch in dessen Stellung zu Jerusalem zur Zeit des 7. Reichs, den Hauptanziehungspunkt bildet für den Teil des Volkes, der noch Gottesfurcht hat und zu ihr zurückkehrt, und dass Babel der Mittelpunkt wird für das weltförmige Judentum. Der Gegensatz zwischen den beiden verschiedenen Teilen des Volks wird sich vertiefen. Wenn die Vermutung richtig ist, dass der Antichrist dem widergöttlich gewordenen Judentum entstammt, dann geht schließlich das letztere zum Angriff gegen seine gesetzestreuen Glieder über: Babel zieht gegen Jerusalem und gegen den Tempel.

Das Hereinbrechen der großen Gerichte

Die Einordnung, der in der Offenbarung genannten ernsten Ereignisse in den Geschichtsgang, ist nicht leicht. Ob die Siegelgerichte dem Ausgang des gegenwärtigen Zeitlaufs angehören, darüber sind, wie schon bemerkt, die Ausleger nicht einig. Aber auch wenn die genannten Gesichte einen Überblick geben über den ganzen Gang der Geschichte vom Kommen des Reiches in Niedrigkeit an, bis zu seiner Vollendung in Herrlichkeit, so wird doch gesagt werden dürfen, dass die letzte Erfüllung dieser Gesichte den Ausgang dieses Geschichtslaufs angehört. Das 6. Siegel greift wohl über das 1000jährige Reich hinüber, und ist als Darstellung des Abbruchs der ganzen alten Welt zu verstehen. Was das 2. - 4. Siegel anbelangt, so hätte die Christenheit noch vor 15 Jahren an eine derartige Verwirklichung dieser weissagenden Bilder im Großen, wie sie im Weltkrieg Tatsache wurde, nicht gedacht. Trotz Völkerbunds und Pazifismus ist nicht gesagt, dass das Ende des Weltkriegs das Ende größerer kriegerischer Verwicklungen bedeute. Kleinere haben überhaupt nicht aufgehört. Und eine neue Art des Kriegs, ohne Kriegerklärung, mit dem Wort "Frieden" im Mund, ist angekommen. Der Friede ist von der Erde genommen. Die Menschheit kann ihn nicht wieder holen, ehe er ihr von oben geschenkt wird im Reich Gottes. Es ist wohl möglich, ja wahrscheinlich, dass es noch Kriege oder kriegerische Verwicklungen gibt in kleinerem oder größerem Rahmen. Angesichts der wahrscheinlichen kirchlichen Entwicklung wäre auch der Beginn von Verfolgungen der Gemeinde Jesu nicht ausgeschlossen. Die im 5. Siegel angedeuteten Hassausbrüche sind von den früheren Verfolgungen ausdrücklich unterschieden. -

Vor der eigentlichen antichristlichen Zeit steht die Mehrzahl der sog. Posaunengerichte, d. h. solcher Eingriffe göttlicher und teuflischer Art in den Gang der Völkerwelt, die wie mit Posaunenschall oder Trompetenstoß die Nähe der Entscheidungszeit ankünden. Dass diese Eingriffe in ununterbrochener Reihe vor sich gehen müssten, ist nicht gesagt. Namentlich zwischen den 4 ersten und den letzten könnte ein Einschnitt gedacht werden. Die sich gegenwärtig häufenden schweren Naturereignisse, bei denen man den Eindruck bekommt, als ob auch die Elemente in Aufruhr geraten seien neben dem Toben der Völker, können verstanden werden als Vorstufen der ersten 4 Posaunengerichte, deren Deutung auf bis jetzt unerhörte Naturkatastrophen als das Natürlichste erscheint. Sie sind Warnrufe, die nicht überhört werden können, die aber trotzdem keine Umkehr bewirken.

Es ist mehr als begreiflich, wenn man über derartige Möglichkeiten erschrickt. Solche Gedanken sind leichter zu ertragen, wenn man sie in weiter Zukunft denken darf. Obwohl jeder Einzelne mit dem Abbruch seiner irdischen Zeit als einem über kurz oder lang eintretenden Ereignis rechnen muss, kann sich die Menschheit als Ganzes mit dem Gedanken nicht vertraut machen, dass der gegenwärtige Zeitlauf der Menschheitsgeschichte zu Ende gehen muss, ja, dass dieser Zeitpunkt rasch näherrückt. Dieser Abbruch bringt den Zusammenbruch aller Menschenherrlichkeit. Er ist verbunden mit einer Überfülle von Jammer. Er beweist, wie weit die Menschheit vom Ursprung des Lebens abgekommen ist, und wie tief sie hineingeraten ist in die große gemeinsame Schuld. Davor verschließt sie die Augen, bis sie mitten drinnen steht. Ja, dahinter kommt noch einmal ein Menschheitstag, ein Sabbat nach den Werktagen der Mühsal und Sünde, wo die Menschheit zu Gottes Ruhe geladen ist. Aber den sieht die Menschheit nicht, weil es ihr graut vor dem dunklen Tor, durch das es in diesen Sabbat hinübergeht. Darum macht sie selbsterfundene Bilder eines kommenden goldenen Zeitalters und sonnt sich darin. Aber sie alle berücksichtigen nicht das göttliche Gesetz, dass der Weg zum Frieden das Gericht über die Sünde zur Voraussetzung hat. -

Die Dämonisierung der Menschheit

Die weiter oben genannten Naturkatastrophen kommen von oben; auch die in den Siegelgerichten genannten Eingriffe sind göttlichen Ursprungs trotz teuflischer Auswirkung. Aber schlimmer sind die nach Naturkatastrophen einsetzenden Ereignisse. Zu diesen wird zwar von oben das Signal gegeben; aber sie selber stammen aus dem Abgrund, und werden darum die 3 großen Wehe genannt. Das Schreckliche dieser 3 Wehe ist die Preisgabe der Menschheit an die höllische Welt. Sie ist von der Menschheit verdient, durch ihren fortgesetzten Ungehorsam gegen Gott, der sich in der Endzeit zu offener Empörung steigern wird. Aus den jetzt schon merkbaren Einbrüchen aus der satanischen Welt kann man einen Eindruck bekommen, was es bedeutet, wenn Gott die Riegel zurückschiebt, die bis jetzt noch die Hölle zurückhalten. Sie ist immer noch zurückgehalten, trotz der Gewalt, die der Satan seit dem Beginn der menschlichen Geschichte um der Sünde willen üben darf, und die sich von Versuchung und Anfechtung zur Beeinflussung und Leitung, ja bis zur Besessenheit steigern kann. Luther hat völlig recht, wenn er die Erlösung und Lösung aus der Gewalt des Teufels als Hauptstück des Heilandswirkens Jesu preist. Gegen den Schluss dieses Zeitlaufs soll die satanische Beeinflussung der Menschheit ihren Höhepunkt erreichen. Diesem Einfluss unterliegt die ganze Menschheit, soweit sie nicht zur Gemeinde Jesu gehört. Das Stärkerwerden dieses Einflusses ist freilich durch menschliche Schuld mitverursacht, die im Lauf der Zeit an Umfang und Tiefe gewachsen ist.

Aber die Unterstellung unter den Satan ist für die Menschheit zugleich ein Leiden. Welchen tatsächlichen Inhalt auch das 5. und 6. Posaunengericht haben mag, so ist unter allen Umständen das ein wesentliches Stück dieser ersten Wehe, dass die Menschheit gegen des Schluss ihrer derzeitigen Geschichte der höllischen Geisterwelt preisgegeben wird. Sie verfällt der Dämonisierung. Nicht, als ob im Lauf der Geschichte und in der Gegenwart Dämonisches fehlen würde. Aber das allgemeine Herfallen der höllischen Welt über die Völker ist doch der Endzeit vorbehalten. Gerichte, schwere Gerichte, gibt's auch schon vorher. Aber sie kommen von oben, trotzdem der Satan eine Freude daran hat und sie für seine Zwecke zu nutzen sucht. Wenn aber die Unterwelt sich öffnet, wenn im buchstäblichen Sinn "die Hölle los ist", dann ist das große Wehe da, das sich in drei Stufen entfalten soll.

Der Menschheit wird es schwerlich klar zum Bewusstsein kommen, welche Mächte es sind, die in jenen Zeiten von ihr Besitz ergreifen. Sie wird den Menschheitstraum träumen. Eine äußere Veranlassung zu diesem Traum wird ja vorhanden sein: die Menschheit lernt sich als Ganzes erfassen, da die Geschichte der Völker aus ihrer Vereinzelung heraustritt, und zur Weltgeschichte wird. Vielleicht wird der Hauptnenner, der vollends alle geistigen Abstufungen zu einer Einheit zusammenfasst, die Idee der Humanität sein. In dieser Idee erfasst sich die Menschheit als zusammengehöriges Ganzes, und ehrt sich gleichzeitig selber. Eine derartige Herausstellung der Humanität ist Selbstverherrlichung, und grenzt an Selbstanbetung. Es gibt ja auch eine göttliche Humanität; denn die Menschheit ist vor Gott hoch geachtet und zu göttlicher Ehre bestimmt. Der Mensch ist ja Gottes Geschöpf, nach seinem Bild, und zu seinem Bild geschaffen. Zwar ermangelt es seit seinem Fall der Herrlichkeit und Ehre Gottes, die er haben könnte und sollte (Röm 3:23), aber er könnte ihrer wieder teilhaftig werden, durch bußfertige Unterstellung unter Gott und seinen Christus. So wäre die gläubige Buße der rechte Weg zur göttlichen Humanität.

Wo aber die Menschheit sich selbst zum Ideal wird, ohne Gott, ohne Christus, ohne Umkehr vom selbsterwählten bösen Weg, da verkehrt sich die Humanität vom Göttlichen ins Teuflische. Der alte Rat der Schlange taucht in großem Maßstab wieder auf: ihr werdet sein wie Gott! (1Mo 3:5). Von solchen selbstherrlichen Menschheitsgedanken ließ sich einst Nebukadnezar bewegen, als er die stolze menschliche Gestalt, die er im Traum gesehen hatte, auch nachbilden ließ in jener Kolossalstatue, deren Anbetung er erzwingen wollte. Was ihm Daniel vom Fall seines Traumbildes gesagt hatte, das hätte ihn zum Denken bringen können. Diese Geschichte wird sich noch in großem Maßstab wiederholen, wenn einst die Menschheit kurz vor ihrem schlimmen Ausgang, sich selbst an Stelle Gottes auf den Thron setzt, und sich selbst anbetet, und damit das Tier. Denn Nebukadnezar sah nur das schöne Menschenbild; Daniel dagegen, dem die gleiche Offenbarung zuteil wurde, sah die schlimmen Tiere. Auch an dieser Stelle wird es klar, warum Offb 13:18 Tierzahl und Menschenzahl einander gleichgesetzt werden. Durch ihren sündigen Stolz sinkt die Menschheit zum Tier herab; und das Tierische vollendet sich gerade in dem Augenblick, wenn die Völkerwelt meint, die Stufe der vollen Menschheit erreicht zu haben.

Die Dauer des 7. Reiches

An dieser Stelle möge noch einmal die Rede kommen auf die Tier- und Menschenzahl 666. Sie wurde an anderer Stelle dargestellt als Sinnbild zur Kennzeichnung der von Gott abgewandten Menschheit, die mit aller ihrer Anstrengung, ihr Ziel ohne Gott und gegen Gott zu erreichen, die heilige Zahl 7 nicht erreicht, sondern in der 6 stecken bleibt. Weiter wurde die Zahl 666 als Zeitbezeichnung verwendet, um über die, dem 4. Tier Daniels gelassene Frist, Klarheit zu erhalten. Aber dieses 4. Tier bekommt, da es dem 6. Tierkopf der Offenbarung entspricht, seine dem antichristlichen Schlussreich zugewandte Fortsetzung im 7. Reich, von dem weiter oben die Rede war. Sollte dementsprechend die Zahl auch eine Kennzeichnung des 7. Reiches sein? Dass sie als Sinnbild für die geistige Haltung der Menschheit zur Zeit dieses Reiches verwendet werden könne, wurde eben gezeigt, insofern die Menschheit den Gedanken der selbstherrlichen Humanität vollends ausbildet, dessen Zeichen die Zahl 666 ist. Aber es wäre auch nicht ausgeschlossen, dass sie für das 7. Reich ebenfalls als Zeitbemessung in Betracht käme. Zu gleicher Weise, wie zur Bemessung der Dauer des 6. Reiches, kann die Zahl in diesem Fall freilich nicht verwendet werden. Denn dem 7. Reich ist nach Offb 17:10 nur eine kurze Dauer zugeschrieben. Aber sie könnte, halb sinnbildlich, halb zahlenmäßig, auch als dreimalige Wiederholung der Sechszahl gelesen werden, also 6+6+6. Ob nicht das 7. Reich in drei Zeiträumen von je 6 Jahren gerichtsreif wird? Auch bei solcher Kürze könnte die genannte Zeit inhaltsreich genug sein, da der Geschichtsverlauf gegen Ende des gegenwärtigen Zeitalters immer gedrängter wird.

Die Erwägung über den Sinn der Menschenzahl 666 möge hier zu Ende geführt werden, obwohl die weitere Besprechung dieser Zahl über die bisherige Betrachtung der Geschichte bereits hinausgreift. Auch das 7. Reich erreicht das Menschheitsziel nicht ganz. Aber nun scheint es doch noch wirklich zu werden unter dem einen Herrscher, der das Gegenstück des Christus ist, der aber der Menschheit nicht als solcher erscheinen wird, sondern als ihr Helfer, ihr Heiland, ihr Retter, der endlich einmal die Menschheit zur Ruhe bringt. Nun scheint die Menschheit die Zahl 7 doch noch zu erreichen, und zwar ohne Gott und gegen Gott. Der Kampf gegen den Tempel gelingt, wo die beiden Zeugen 3 1/2 Jahre standgehalten haben. Das Gottesvolk scheint besiegt. Aber die bekehrte israelische Gemeinde der Endzeit wird der Wut des Antichrists entzogen. So erfährt der Jubel seine erste Unterbrechung nach 3 1/2 Jahren. Es reichte nur halb zur erstrebten Zahl 7. - Noch einmal erscheint die Zahl 666: sie ist im Namen des Antichrists enthalten. Vielleicht schon vorher, nicht erst jetzt nach dem Kampf gegen die, zum Glauben kommende Gemeinde aus Israel, wird der Gemeinde aus der Völkerwelt das Geheimnis dieses letzten Weltherrschers klar werden aus seinem Namen, bzw. aus der Zahl seines Namens, ihr zur Warnung und zugleich zum Trost: jetzt ist die Entscheidung da; nun kommt der letzte Kampf, und gleich dahinter der Sieg des Gottesreiches unter dem gekreuzigten und erhöhten, und wiederkommenden Gottes- und Menschensohn.

So wird in diesem Buch bei der Deutung der Zahl 666 unterschieden: eine Grundbedeutung für die Menschheit und drei Sonderbedeutungen, welche vom Beginn des Endes an, den scheinbaren Aufstieg des Mensch abschatten, der aber in Wirklichkeit ein Abgleiten ist mit dem schließlichen tiefen Fall. Der erste Spezialfall war die Beziehung auf das 6. Reich; der zweite die als möglich genannte, aber nicht sichere Beziehung zum 7. Reich; der dritte die Beziehung zur antichristlichen Zeit, mit deren Zusammenfassung im Antichristen. Es war kurz vorher vom Beginn des Endes die Rede. Dieses Wort muss im vollen biblischen Sinn verstanden werden. Das Ende der Welt und des jetzigen Weltlaufs begann mit Christi Geburt. Damals nahm das Gottesreich seinen Anfang in aller Niedrigkeit. Damals stieß der Stein von oben an das Gebilde, das Nebukadnezar im Traum gesehen hatte. Das war das letzte Reich Daniels. Seitdem ist es letzte Zeit, obwohl die Jahrhunderte sich dehnen zu fast zwei Jahrtausenden. Seitdem heißt's: Über ein Kleines! Bald! In Kürze! Dieses "bald! kann nur mit dem Auge des Glaubens verstanden werden, der, nachdem der König des Gottesreichs gekommen ist, seine Aufnahme in den Himmel, seinen himmlischen Aufenthalt nur als eine Zwischenzeit ansieht, zwischen dem Beginn des Reichs in Schwachheit, und seiner Aufrichtung in Kraft.

Wo Glauben entstanden ist, hat die neue Welt bereits begonnen; es gibt auch eine Erstlingsschöpfung der neuen Welt, bereits in der genannten Zwischenzeit, das ist die Gemeinde Jesu, die als Ganzes nirgends in äußere Erscheinung tritt, die mit keiner Kirche, auch keiner Freikirche, auch keiner Gemeinschaft verwechselt werden darf, die in keine sichtbare Organisation eingefangen werden kann, die aber trotzdem nicht ganz unsichtbar ist, sondern das Beste ist in Gemeinschaft, und Kirche und ihr Halt, und die Salz und Licht ist für die Welt. Die ganze Schöpfung, wozu durchaus nicht bloß die sogenannte Kreatur gehört, sondern die in erster Linie die Menschheit umfasst mit ihrem vielen Jammer, ihrer Sünde, ihrem Seufzen und Sehnen, wartet auf das Heraustreten der Gemeinde Jesu aus ihrer Verborgenheit (Röm 8:19).

So kommt die Menschheit doch noch zur 7, aber nicht durch eigenes und eigenmächtiges sündiges Ringen, sondern wenn ihr König offenbar wird, und seine Gemeinde mit ihm.

Indem die Zahl 666 den höchsten Stand des un- und widergöttlichen Menschheitsstrebens darstellt, sowohl nach seiner sündigen, wie nach seiner leidvollen Seite, drückt sie schon in ihrer sinnbildlichen Bedeutung den Gedanken des Abschlusses aus. Diesen Sinn eines jeweiligen, durch Gottes Eingreifen herbeigeführten Abschlusses, hat sie auch bei der, in diesem Buch durchgeführten Verwendung in buchstäblich zahlenmäßigem Sinn. Die Jahreszahlen 637, 1303, 1970 wurden gewertet als jeweiliger Abschluss eines großen Zeitabschnittes des 6. Reiches, bzw. als Abschluss dieses Reiches selber. Und wenn die weitere Verwendung als Angabe der Dauer des 7. Reiches gerechtfertigt ist, so ist die Meinung wieder die, dass nach je 6 Jahren eine wichtige Stufe erreicht sein werde, bis nach Ablauf der letzten 6 Jahre der Übergang erfolge zur eigentlichen antichristlichen Zeit. Die Aufzeichnung solcher Stufen im Voraus ist freilich eine schwierige Sache. Aber vielleicht dürfen die Posaunengerichte in diesem Sinn gedeutet werden, dass etwa die außerordentlichen Naturereignisse der ersten 4 Posaunen in das erste Drittel, das 1. Wehe in das 2. Drittel, fielen und der Anfang des sich in die antichristliche Zeit hinüberziehenden 2. Wehes das 7. Reich zum Abschluss brächte. Was mit dem 1. Wehe (Offb 9:1-12) tatsächlich gemeint ist, entzieht sich menschlichen Vermutungen. Vielleicht haben aber diejenigen nicht unrecht, die an eine völlige Zerrüttung der geschlechtlichen Verhältnisse denken unter dämonischen Einfluss, der von jeher auf diesem Gebiet besonders stark war, und dem sich vielleicht in jener Zeit niemand zu entziehen vermag, der nicht durch den Heiligen Geist als Glied der Gemeinde Jesu und Gottes gekennzeichnet ist.

Auf derartige Zerrüttungen ist in den neutestamentlichen Briefen mehrfach hingewiesen, so Röm 1:18-32; für spätere Zeiten sind sie 1Tim 4:1-5 und Jud 1:17.18, für die Endzeit 2Tim 3:1-9 bezeugt. Welche Zustände eintreten können, wenn die dämonischen Geister auf diesem Gebiet, auch nur kurze Zeit, ungehemmt ihr Wesen treiben dürfen, das kann man jetzt schon ahnen. Das Hemmnis der Bindung des Willens an den heiligen Gott ist ja dann geschwunden. Nur die Gemeinde Jesu steht dann noch unter der bewahrenden Zucht des Heiligen Geistes. Es wird gut sein, wenn sie von der ihr gegebenen Wehr heute schon Gebrauch macht, nicht erst dann, wenn alle Dämme brechen. Ob freilich mit dämonischen Einwirkungen dieser Zeit alles beschrieben ist, was in der Zeit der 5. Posaunen aus der Unterwelt auf die Menschheit einstürmt, das lässt sich nicht sagen.

Vielleicht bilden die genannten Zerrüttungen die Voraussetzung für die furchtbare Zeit der 6. Posaune (Offb 9:13-21), die wohl kaum anders verstanden werden kann, denn als Hervorbrechen der Völker Asiens über den Euphrat, mit dem Erfolg eines ungeheuerlichen Sterbens, das aber keine Buße zur Folge hat. Solche Völkererschütterungen sind in Zeiten sittlichen Verderbens eher denkbar, als wenn noch sittliche Hemmungen wirksam sind.

Innerhalb der Zeit der 6. Posaune beginnt der letze Abschnitt der derzeitigen Menschheitsgeschichte, die antichristliche Zeit. Denn der Schluss des 2. Wehes fällt bereits in die Mitte der letzteren (Offb 11:14). Es wird aus dem Zusammenhang anzunehmen sein, dass die Menschheit am Schluss des 7. Reichs sich am Rand des Verderbens befindet. Die Zerrüttung muss unter den eingreifenden Gerichten Gottes, und unter der Dämonisierung, die eine Aufpeitschung aller Triebe (1. Wehe) und einen Aufruhr aller gegen alle (2. Wehe) im Gefolge hat, einen entsetzlichen Grad erreichen. Es mag sein, dass die Menschheit dem Untergang nahe erscheint, und weiter als je vom Ziel der "Humanität“ entfernt ist. Aber die Wunde wird heil durch einen, der die Geister zu meistern versteht, eben durch den Antichristen, dem deshalb alles zujubelt als dem rettenden Heiland. Aus solchen Zuständen heraus würde es sich erklären, wie es möglich sein könne, dass ein Mann die Leitung der Menschheit in die Hand bekomme. Er bekommt sie nicht bloß, und vielleicht nicht einmal in erster Linie durch Gewaltanwendung, sondern vor allem durch die Autorität erzeugende Macht seiner Persönlichkeit. Wir müssen uns unter dem Antichristen eine Führerpersönlichkeit denken von hinreißendem Einfluss. Geschichtliche Vorbilder sind vorhanden, vielleicht ist das uns deutlichste Beispiel von der Macht einer, in Mitteln nicht wählerischen Persönlichkeit der erste Napoleon, der sein ganzes, noch von der Revolution her zerrissenes Volk mit sich riss und Bewunderung fand selbst unter den von ihm gequälten Völkern.

Lies weiter:
3. Das antichristliche Reich der Endzeit